Fehlerhafte Dokumentation - Haftung für Fehler?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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FuchurHD
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Fehlerhafte Dokumentation - Haftung für Fehler?

Beitrag von FuchurHD » 21.05.2004, 16:35

Guten Tag @alle,

folgende Fragen :

1. Wie sieht es aus mit der Haftung, wenn die Dokumentation einer Patientenakte fehlerhaft ist und daraus Behandlungsfehler entstehen?
Wer haftet ? Der, der den Eintrag getätigt hat, der der die daraufhin fehlerhafte Behandlung durchführte?

2. In eine Patientenakte dokumentieren ja verschiedenste Berufsgruppen: Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Stationsärzte, Zahnärzte etc. ... Haftet also jeder für den eigenen EIntrag oder der letzte, der einen EIntrag tätig ?

3. WO kann ich darüber was lesen? Welches Gesetz gibt mir darüber Auskunft ?

4. Anmerkung: Was wäre, wenn der Autor der Akte ein Computersystem ist, das auf Abruf die wichtigsten Daten des Patienten wie Voruntersuchungen etc. zusammenstellt und dem Arzt, der den neu eingewiesenen Patienten untersucht, vorliegt.
(elektronische Patientenakte)? Wenn hierbei Fehler entstehen, sei es, dass ein Laborwert einen falschen Wert hat oder in der Medikation ein falsches Medikament steht oder auch ein Medikament z.B. Marcumar nicht dokumentiert ist .... wer haftet dann?

Berti
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Wer handelt haftet - Einzelumstände entscheiden

Beitrag von Berti » 22.05.2004, 11:34

Hallo,
in diesem Forum wird seit geraumer Zeit zu unterschiedlichsten Haftungsfragen diskutiert. Ich empfehle zunächst, in dieser Rubrik „Arzt- und Patientenrecht“ alle diesbezüglichen Texte durchzusehen; z.B.:
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... ;start=2#2
http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... ;start=1#1
Dabei ergibt sich ein Grundsatz: Wer fehlerhaft handelt (auch durch Unterlassen) muss dafür Verantwortung übernehmen. Anhand dieses Grundsatzes sind m.E. die gestellten Einzelfragen zu beantworten.
Grundsätzliche Ausführungen zum aktuellen Haftungsrecht mit rd. 280 Gerichtsentscheidungen sind nachlesbar unter http://www.pflegerechtportal.de (entgeltpflichtig).
Ich bin im Moment in Zeitdruck und werde mich voraussichtlich erst in einigen Tagen konkreter zum Fragetext äußern können. Möglicherweise kommen aber weitere Hinweise zusätzlich von anderer Seite.
Gruß Berti

Berti
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Wer fehlerhaft handelt, der haftet !

Beitrag von Berti » 24.05.2004, 11:28

Hallo,
ich gebe zu Deinen Fragen nunmehr einige weitere Hinweise, die aber nicht als verbindliche Rechtsberatung verstanden werden dürfen. Einzelsituationen sind oft so komplex, dass ohnehin nicht gezielt geantwortet werden kann.
1. Wenn sich in der Krankendokumentation fehlerhafte Angaben befinden, die kausal zu einer Patientenschädigung geführt haben, kann grundsätzlich von einer Haftpflichtsituation ausgegangen werden. Ob und ggf. wer dafür einzustehen hat, müssen die Einzelumstände ergeben. Es ist vorstellbar, dass allein derjenige Verantwortung zu tragen hat, der vorwerfbar den Dokumentationsfehler verursacht hat. Denkbar ist aber auch, dass derjenige – ggf. zusätzlich - fehlerhaft handelt, der den Fehler in der Krankendokumentation hätte erkennen können und dennoch falsch gehandelt hat.
2. Die Krankendokumentation besteht aus verschiedenen Teilen, z.B. ärztliche Aufzeichnungen (Arztberichte, Röntgenbilder, Operationsprotokolle), Pflegedokumentation (Pflegeberichte) usw. Meist werden diese Teile getrennt geführt und nach Abschluss der Behandlung zusammengeführt (vgl. hierzu u.a. Schell, W. „Staatsbürgerkunde, Gesetzeskunde …; Thieme Verlag, Stuttgart 1998, Seite 185ff. – Abschnitt Krankendokumentation). Wie auch immer die Dokumentation angelegt bzw. geführt wird, jeder der Daten hinzufügt, ist in aller Regel für die Richtigkeit seiner eigenen Angaben verantwortlich. Grundsätzlich kann von einem Vertrauensschutz ausgegangen werden. D.h., in der arbeitsteiligen Medizin darf man grundsätzlich auf die korrekte Dienstverrichtung des anderen Mitarbeiters vertrauen.
3. Die Regeln über die Führung der Krankendokumentation sind weitgehend von der Rechtsprechung geprägt. Es gibt eine Reihe von Veröffentlichungen, die nähere Hinweise geben (siehe z.B. die unter Nr. 2 genannte Lehrbuchveröffentlichung). Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat eine kleine sehr informative Broschüre mit „Hinweisen zur Dokumentation der Krankenhausbehandlung“ herausgegeben. In der bereits (am 22.5.2004) erwähnten Online-Veröffentlichung „Pflegerecht im Spiegel der Rechtsprechung“ werden einige Gerichtsentscheidungen vorgestellt, die sich mit der Pflicht zur ordnungsgemäßen Krankendokumentation (z.B. zur Dekubitusprophylaxe) und der sich daraus evtl. ergebenen Haftpflichtproblematik befassen.
4. Werden Angaben der Krankendokumentation elektronisch aufbereitet, werden wohl vorrangig denjenigen Verantwortlichkeit treffen, der für die Erstellung bzw. Zusammenstellung der Daten dienstlich verpflichtet ist (siehe Nr. 1). Ich denke, dass elektronische Angaben ggf. auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft werden müssen.
Gruß Berti

FuchurHD
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Re: Fehlerhafte Dokumentation - Haftung für Fehler

Beitrag von FuchurHD » 24.05.2004, 16:00

Vielen Dank Berti,
Deine Informationen sind ziemlich genau die Informationen, die ich mir erhofft habe.
Bei weiteren Fragen, die aufkommen, wende ich mich wieder ans Forum.

THX
Bastian

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