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Grober Behandlungsfehler / grober Pflegefehler

Verfasst: 19.07.2003, 23:10
von Rolf Kamper
Was muss man sich unter einem „groben Behandlungsfehler“ vorstellen?

Was muss man sich unter einem „groben Behandlungsfehler“ vorstellen?
Wer hat eine einfache Antwort parat?
Danke!
Rolf Kamper

Re: Grober Behandlungsfehler

Verfasst: 19.07.2003, 23:11
von Gast
Hallo Rolf,
ein grober Behandlungsfehler liegt z.B. vor, wenn der Arzt einfachste Diagnose- und Kontrollbefunde zum Behandlungsgeschehen nicht erhoben hat. Es tritt dann eine Umkehr der Beweislast zu Lasten des Arztes ein, wenn ein grober Behandlungsfehler zur Herbeiführung des konkret eingetretenen Schadens abstrakt geeignet ist. D.h. andererseits, dass ein rein theoretischer Zusammenhang zwischen Ursache und Schädigung nicht ausreicht.
Siehe hierzu u.a. Urteil des BGH vom 21.09.1982 - VI ZR 302/80 -
Quelle: BGHZ 85, 212; NJW 1983, 333; VersR 1982, 1193
Gruß Berti

Re: Grober Behandlungsfehler

Verfasst: 27.07.2003, 17:49
von Gast
Siehe hierzu (Texte im archivierten Forum)
GBE-Heft 04/01 "Medizinische Behandlungsfehler" erschienen

Die Häufigkeit von Vorwürfen vermuteter medizinischer Behandlungsfehler liegt bundesweit bei etwa 40.000 pro Jahr. Bei einer durchschnittlichen Fehleranerkennungsrate von rund 30 Prozent entspricht dies einer Anzahl anerkannter medizinischer Behandlungsfehler von etwa 12.000 pro Jahr. Das neue Heft der Gesundheitsberichterstattung des Bundes am Robert Koch-Institut zum Thema Medizinische Behandlungsfehler gibt einen Überblick über die verschiedenen Wege, einen Fehlerverdacht klären zu lassen und zu den Häufigkeiten, mit denen diese Wege beschritten werden. Außerdem werden Fehlerursachen verdeutlicht, fehlerverursachende Konstellationen analysiert, Möglichkeiten der Fehlervermeidung aufgezeigt und der aktuelle Stand der einschlägigen Rechtsprechung skizziert.
Das Robert Koch-Institut, das die Gesundheitsberichterstattung des Bundes in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt durchführt, veröffentlicht seit vergangenem Jahr regelmäßig Themenhefte. Die Themen umfassen alle Bereiche des Gesundheitswesens. Neben der Information über Gesundheit und Krankheit ist die Analyse und Identifikation von Handlungsbedarf ein besonderer Schwerpunkte dieser Reihe. "Die Gesundheitsberichterstattung bietet eine wissenschaftliche Grundlage für politische Weichenstellungen an", sagt Bärbel-Maria Kurth, Leiterin der Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung.
Bislang sind die GBE-Hefte Schutzimpfungen, Sterbebegleitung, Gesundheitsprobleme bei Fernreisen, Armut bei Kindern und Jugendlichen erschienen. Autoren der Berichte sind renommierte Experten von Hochschulen oder Institutionen, darunter auch aus dem Robert Koch-Institut selbst. Das GBE-Heft Medizinische Behandlungsfehler stammt von Martin Hansis vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen und Dieter Hart, Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen.
Als Behandlungsfehler bezeichnet man eine nicht angemessene, z. B. nicht sorgfältige, nicht richtige oder nicht zeitgerechte Behandlung. Ein solcher Fall kann alle Bereiche ärztlicher Tätigkeit (Tun oder Unterlassen) betreffen: Prophylaxe, Diagnostik, Auswahl des Behandlungsverfahrens, Therapie und Nachsorge. Er kann rein medizinischen Charakter haben, zum Beispiel die fehlerhafte Beurteilung eines Befundes, oder sich auf organisatorische Fragen beziehen, zum Beispiel fehlerhafte Ablaufplanung im Operationssaal oder fehlende interne Arbeitsanweisungen. Dabei präsentieren sich organisatorische Defizite unterschiedlichster Art als offenbar bedeutende, fachunabhängige fehlerverursachende Faktoren. "Sofern es gelingt, diesen durch qualitätssichernde Maßnahmen beizukommen, müsste sich ein Gutteil der Fehlervorwürfe bzw. der tatsächlich nachgewiesenen Fehler vermeiden lassen", folgern die Autoren.
Das GBE-Heft Medizinische Behandlungsfehler kann kostenlos angefordert werden: Robert Koch-Institut, Gesundheitsberichterstattung, General-Pape-Straße 62 - 66 12101 Berlin, Fax: 01888/754-3513, E-Mail gbe@rki.de
Weitere Informationen: www.rki.de/GBE/GBE.HTM

Quelle: Pressemitteilung des Robert Koch-Instituts vom 18.12.2001

Grober Pflegefehler - auch Beweistlastumkehr?

Verfasst: 21.01.2007, 08:03
von Claer
Guten Morgen,
hier wird auf den groben Behandlungsfehler hingewiesen und Folgerungen aufgezeigt.
Gibt es auch grobe Pflegefehler und sind die Folgerungen ähnlich?
MfG
Claer

Beweislastumkehr bei groben Fehlern!

Verfasst: 21.01.2007, 08:37
von Herbert Kunst
Claer hat geschrieben: .... hier wird auf den groben Behandlungsfehler hingewiesen und Folgerungen aufgezeigt. - Gibt es auch grobe Pflegefehler und sind die Folgerungen ähnlich?...
Hallo Claer,

ob Behandlungs- oder Pflegefehler, es gelten im Zivilrecht die gleichen Haftungsgrundsätze. Bedeutsam bei groben Fehlern ist im Haftungsrecht die sog. Umkehr der Beweislast.
Ein grober Fehler wird angenommen, wenn der Arzt / die Pflegekraft in ganz unverständlicher Weise gegen den fachärztlichen / fachpflegerischen Standpunkt verstoßen (selbstverständliches Prüfungswissen in den Wind geschlagen oder völlig gedankenlos gehandelt) hat.

Zum Haftungsrecht gibt es weitere Informationen, u.a. unter:
viewtopic.php?t=1760&highlight=arzthaftung
viewtopic.php?t=4380&highlight=arzthaftung
viewtopic.php?t=3569&highlight=arzthaftung
viewtopic.php?t=992&highlight=arzthaftung
http://www.pflegerechtportal.de

Im Normalfall muss der Patient beweisen, dass der Fehler des Arztes / der Pflegekraft zu dem Gesundheitsschaden geführt hat; beim groben Behandlungsfehler / Pflegefehler kehrt sich die Beweislast aber um, so dass jetzt der Arzt / die Pflegekraft zur Entlastung beweisen muss, dass im vorliegenden Fall der Behandlungsfehler / Pflegefehler ausnahmsweise nicht zu dem Gesundheitsschaden geführt hat.
Vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.11.2004 – VI ZR 328/03 -

Gruß
Herbert Kunst