Erklärungspflicht verfassungswidrig
Verfasst: 19.09.2011, 19:07
Montgomery gegen staatsmedizinische Anträge in Sachen Transplantationsgesetz
In einem dringlichen Schreiben hat Bundesärztekammer-Präsident Dr. Frank Ulrich Montgomery an die Regierungschefs der Länder appelliert, der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses des Bundesrates in Sachen Transplantationsgesetzes (TPG) nicht zu folgen. „Diese Beschlussempfehlung würde zu einem für die Ärzteschaft unbegreiflichen Einstieg in eine patientenferne Staatsmedizin führen, die keinerlei Nutzen für diese zumeist vital bedrohten Patienten erkennen lässt“, schreibt Montgomery. Das Votum des Gesundheitsausschuss sieht unter anderem vor, künftig sämtliche Richtlinien der Bundesärztekammer zur Organtransplantation einschließlich der Richtlinien zur Hirntodfeststellung einem Genehmigungsvorbehalt durch das Bundesgesundheitsministerium zu unterstellen. „Woher das BMG die notwendige Sachkompetenz zur Beurteilung der Richtlinien nehmen soll, ist der Beschlussempfehlung nicht zu entnehmen“, kritisiert Montgomery.
Zudem könnten Meinungsverschiedenheiten über den Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft nicht durch eine Entscheidung des BMG behoben oder ersetzt werden. „Ebenso wenig ist erkennbar, wieso die zuständige Kommission von der Bundesärztekammer losgelöst werden und künftig als kleines autonomes Gremium unmittelbar Beschlüsse fassen soll.“ Das sei eine „demonstrative Abkehr von einer selbstverwaltungsgetragenen Aufgabenwahrung“, die die verfasste Ärzteschaft nicht nachvollziehen könne. „Noch dazu hat bisher niemand bezweifelt, dass die Richtlinientätigkeit der Bundesärztekammer sachlich angemessen ist und zu akzeptierten Ergebnisse führt.“ Insgesamt wäre eine Veränderung der Rechtslage mit einer „unverständlichen und nicht vertretbaren Einschränkung der Arbeit zu den Richtlinien zur Organtransplantation belastet“, die nicht gerechtfertigt und für die Patientenversorgung sehr nachteilig sei. „Wir möchten Sie daher nachdrücklich bitten, von den Novellierungsvorschlägen in diesen Punkten in der kommenden Bundesratssitzung Abstand zu nehmen“, schreibt Montgomery.
Verfassungsjuristen sehen Erklärungspflicht als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar
Als der 114. Deutsche Ärztetag im Juni den Beschluss für eine "Selbstbestimmungslösung mit Information und Erklärungspflicht" fasste, glaubte die Ärzteschaft, es sei möglich, jeden Bürger zu einer klaren Aussage für oder gegen die Organspende verpflichten zu können. „Verfassungsjuristen haben uns inzwischen zu der Erkenntnis gebracht, dass eine Erklärungspflicht, bei der sie einen Menschen zwingen, zur Organspende Ja oder Nein zu sagen, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist“, sagte Montgomery in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ (19.09.2011). „Wir haben zu akzeptieren, dass ein Mensch keine Entscheidung über die Organspende treffen möchte.“ Insofern unterstütze die Bundesärztekammer die von den Fraktionschefs der Union und der SPD, Kauder und Steinmeier, vorgeschlagene Entscheidungslösung. „Jetzt geht es darum, wie die Bürger besser informiert werden können, wann das Gespräch mit ihnen gesucht und wo die Antwort dokumentiert wird“, sagte der Ärztepräsident. Er schlug vor, auf der elektronischen Gesundheitskarte freiwillige Angaben zu speichern. „Nichts spricht dagegen, hier auch das "Ja", "Nein" oder "Keine Entscheidung" zur Organspende zu vermerken.“
Quelle: Pressemitteilung vom 19.09.2011
In einem dringlichen Schreiben hat Bundesärztekammer-Präsident Dr. Frank Ulrich Montgomery an die Regierungschefs der Länder appelliert, der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses des Bundesrates in Sachen Transplantationsgesetzes (TPG) nicht zu folgen. „Diese Beschlussempfehlung würde zu einem für die Ärzteschaft unbegreiflichen Einstieg in eine patientenferne Staatsmedizin führen, die keinerlei Nutzen für diese zumeist vital bedrohten Patienten erkennen lässt“, schreibt Montgomery. Das Votum des Gesundheitsausschuss sieht unter anderem vor, künftig sämtliche Richtlinien der Bundesärztekammer zur Organtransplantation einschließlich der Richtlinien zur Hirntodfeststellung einem Genehmigungsvorbehalt durch das Bundesgesundheitsministerium zu unterstellen. „Woher das BMG die notwendige Sachkompetenz zur Beurteilung der Richtlinien nehmen soll, ist der Beschlussempfehlung nicht zu entnehmen“, kritisiert Montgomery.
Zudem könnten Meinungsverschiedenheiten über den Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft nicht durch eine Entscheidung des BMG behoben oder ersetzt werden. „Ebenso wenig ist erkennbar, wieso die zuständige Kommission von der Bundesärztekammer losgelöst werden und künftig als kleines autonomes Gremium unmittelbar Beschlüsse fassen soll.“ Das sei eine „demonstrative Abkehr von einer selbstverwaltungsgetragenen Aufgabenwahrung“, die die verfasste Ärzteschaft nicht nachvollziehen könne. „Noch dazu hat bisher niemand bezweifelt, dass die Richtlinientätigkeit der Bundesärztekammer sachlich angemessen ist und zu akzeptierten Ergebnisse führt.“ Insgesamt wäre eine Veränderung der Rechtslage mit einer „unverständlichen und nicht vertretbaren Einschränkung der Arbeit zu den Richtlinien zur Organtransplantation belastet“, die nicht gerechtfertigt und für die Patientenversorgung sehr nachteilig sei. „Wir möchten Sie daher nachdrücklich bitten, von den Novellierungsvorschlägen in diesen Punkten in der kommenden Bundesratssitzung Abstand zu nehmen“, schreibt Montgomery.
Verfassungsjuristen sehen Erklärungspflicht als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar
Als der 114. Deutsche Ärztetag im Juni den Beschluss für eine "Selbstbestimmungslösung mit Information und Erklärungspflicht" fasste, glaubte die Ärzteschaft, es sei möglich, jeden Bürger zu einer klaren Aussage für oder gegen die Organspende verpflichten zu können. „Verfassungsjuristen haben uns inzwischen zu der Erkenntnis gebracht, dass eine Erklärungspflicht, bei der sie einen Menschen zwingen, zur Organspende Ja oder Nein zu sagen, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist“, sagte Montgomery in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ (19.09.2011). „Wir haben zu akzeptieren, dass ein Mensch keine Entscheidung über die Organspende treffen möchte.“ Insofern unterstütze die Bundesärztekammer die von den Fraktionschefs der Union und der SPD, Kauder und Steinmeier, vorgeschlagene Entscheidungslösung. „Jetzt geht es darum, wie die Bürger besser informiert werden können, wann das Gespräch mit ihnen gesucht und wo die Antwort dokumentiert wird“, sagte der Ärztepräsident. Er schlug vor, auf der elektronischen Gesundheitskarte freiwillige Angaben zu speichern. „Nichts spricht dagegen, hier auch das "Ja", "Nein" oder "Keine Entscheidung" zur Organspende zu vermerken.“
Quelle: Pressemitteilung vom 19.09.2011