Menschen mit Demenz ein würdevolles Sterben ermöglichen
Kuratorium Deutsche Altershilfe fordert den Ausbau und die geriatrische Qualifizierung der spezialisierten ambulanten Palliativersorgung
Köln, 24. Mai 2011. Der Freitod von Gunter Sachs, vermutlich aufgrund der Diagnose Alzheimer, hat ein großes Medienecho ausgelöst - häufig mit dem Tenor, dass Sachs in Würde sterben wollte. „Leider ist in der Öffentlichkeit das Bild entstanden, dass der Sterbeprozess mit der Diagnose Alzheimer einem ‚aus dem Leben leiden' entspricht. Tatsächlich aber ist ein würdevolles Ende des Lebens auch mit Demenz möglich", erklärt Dr. Peter Michell-Auli, Geschäftsführer des Kuratorium Deutsches Altershilfe (KDA). „Ein Sterbeprozess, bei dem sich Menschen nach und nach vom Leben verabschieden können, ist das letzte Geschenk des Lebens." Allerdings muss die Versorgung sterbender Menschen mit Demenz dringend verbessert werden, wie eine Tagung des KDA gezeigt hat: Sterbende Menschen mit Demenz werden besonders häufig falsch behandelt.
An der KDA-Tagung „Demenz und Sterbebegleitung - Was gibt es Neues?" am 12. Mai nahmen Praktiker, Wissenschaftler und Mediziner teil. Bei ihr wurde deutlich, dass psychosoziale, spirituelle und medizinische Maßnahmen zu selten koordiniert eingesetzt werden, um Demenzpatienten bei ihrem Sterbeprozess zu begleiten. Das KDA fordert, dass die spezialisierte ambulante Palliativersorgung (SAPV) nach § 37b SGB V ausgebaut wird.
Die Versorgung sterbender Menschen mit Demenz stellt Ärzte, Pfleger und Angehörige vor viele Schwierigkeiten. Der Sterbeprozess vollzieht sich bei Menschen mit Demenz graduell, ist kaum vom allgemeinen altersbedingten Abbau zu unterscheiden. Akute Verwirrtheit beispielsweise kann ein Anzeichen für Schmerz sein, wird aber leicht mit den Symptomen von Demenz verwechselt. Dadurch werden die Schmerzen sterbender Menschen oft nicht erkannt und nicht behandelt. Zudem sind Angehörige immer wieder mit der Situation überfordert und rufen einen Notarzt oder weisen den Bewohner eines Alten- und Pflegeheims ins Krankenhaus ein. „Diese Maßnahmen sind oft unnötig. Noch dazu stellen sie gerade für Menschen mit Demenz eine große Belastung dar, die Patienten reagieren oft mit akuter Verwirrtheit", sagt Gerlinde Strunk-Richter, Leiterin des Bereichs Demenz im KDA.
Viele der Probleme könnten gelindert werden, indem Ärzte, Pfleger und pflegende Angehörige durch Maßnahmen der SAPV unterstützt würden. Bei der SAPV werden je nach Bedarf auch Leistungen von Seelsorgern, Sozialarbeitern, Psychologen, etc., besonders im Bereich der Schmerztherapie und der Symptomkontrolle, angefordert. Dadurch können schwerstkranke und sterbende Menschen auch mit Demenz häufiger in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Palliative Care Teams koordinieren die spezialisierte ambulante Palliativ Versorgung. Derzeit können keine genauen Angaben zur Anzahl existierender SAPV-Verträge gemacht werden. Praxisberichte legen nahe, dass die Situation von Bundesland zu Bundesland variiert. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel gibt es aktuell acht Pallitativ Care Teams für Erwachsene und vier für Kinder und Jugendliche.
Das KDA fordert, dass entsprechende Verträge flächendeckend abgeschlossen und realisiert werden. Auch die geriatrische Versorgung hochaltriger und Menschen mit Demenz müsse in die Maßnahmen eingebunden werden, so Strunk-Richter. Hier sollten Möglichkeiten im Rahmen der integrierten Versorgung nach § 140a-d SGB V geprüft werden.
Hintergrund
In Deutschland leben ca. 1.3 Millionen Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind. Laut Prognosen wird sich die Anzahl der Erkrankten bis 2050 verdoppeln. Immer häufiger erreichen dabei Menschen auch ein fortgeschrittenes Stadium der Demenz. Altenheime, Hospize, Krankenhäuser und ambulante Pflegedienste benötigen deshalb zunehmend Konzepte zur Begleitung und Pflege von Menschen mit Demenz in ihrer letzten Lebensphase um ihnen ein selbstbestimmtes und würdevolles Sterben zu ermöglichen.
Das Kuratorium Deutsche Altershilfe
Das KDA setzt sich seit 1962 für die Lebensqualität und Selbstbestimmung älterer Menschen ein. Unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten führen unabhängige Experten Projekte und Studien durch. Das KDA berät Ministerien, Kommunen, Unternehmen, Sozialverbände, Leistungserbringer wie Heimträger und ambulante Dienste, bietet Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Führungs- und Fachkräfte an und informiert die Öffentlichkeit mit seinem Fachmagazin ProAlter sowie durch Tagungen und Publikationen.
Kontakt
Simone Helck, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0221/ 93 18 47 - 10 // Mail: presse@kda.de
Weitere Informationen:
http://www.kda.de
Quelle: Pressemitteilung vom 24.05.2011
Dr. Peter Michell-Auli Fachbereich Öffentlichkeitsarbeit
Kuratorium Deutsche Altershilfe - Wilhelmine Lübke Stiftung e. V.
URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/de/news424631
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Siehe zur Patientenverfügung auch u.a. unter
http://www.wegweiser-demenz.de/patientenverfuegung.html ( >>> Informationen für Demenzkranke ).
"Schaltet mich ab!" Ein Film über den Umgang mit Patientenverfügung im Alltag von Ärzten.
http://www.nahrungsverweigerung.de/scri ... spekt.html
Menschen mit Demenz ein würdevolles Sterben ermöglichen
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Sterbebegleitung ja - aktive Sterbehilfe nein

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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
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16.01.2014
An die
Abgeordneten des Landtages von Nordrhein-Westfalen
Palliativversorgung und Hospizarbeit ausweiten - Vorschriften für das Land Nordrhein-Westfalen präzisieren bzw. erweitern !
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihnen liegt u.a. ein Gesetzentwurf vor, durch den das Wohn- und Teilhabegesetz NRW neu gefasst werden soll (Drucksache 16/3388). Darin wird in § 4 auch eine "angemessene Palliativversorgung" angesprochen. Die vorliegende Fassung ist m.E. unzureichend und sollte erweitert bzw. präziser gefasst werden. Es sollte verdeutlicht werden, dass die stationären Pflegeeinrichtungen gewährleisten müssen, jeder Pflegefachkraft eine Fortbildung in der Palliativpflege zu ermöglichen. Zwingend vorgeschrieben werden sollte, dass für 10 BewohnerInnen mindestens eine besonders weitergebildete Palliativpflegekraft in jeder Einrichtung zur Verfügung steht.
Mit solchen ergänzenden Vorgaben kann dann auch sichergestellt werden, dass die "Rahmenempfehlung für die Hospizkultur und Palliativversorgung in Pflegeeinrichtungen für das Land Nordrhein-Westfalen" - Stand: 24.09.2013 - zielgerichtet umgesetzt wird.
Unabhängig von den o.a. Vorschriften sollten die landesrechtlichen Vorgaben für die allgemeine Palliativversorgung und Hospizarbeit der demografischen Entwicklung angepasst werden. Die Zahl der Palliativ- und Hospizbetten sollte für das Land NRW auf 80 - 100 pro 1 Million Einwohner erhöht werden. Zur Zeit liegen die Planzahlen weit darunter, so dass immer wieder behauptet werden kann, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Palliativ- und Hospizbetten auskömmlich sei. Dies entspricht aber leider nicht der realen Nachfrage. Dass Verbesserungen im Bereich der Palliativversorgung und Hospizarbeit geboten sind, ergibt sich auch aus den Vereinbarungen der großen Koalition in Berlin. Dort heißt es z.B. im Koalitionsvertrag, Abschnitt Pflege: "Zu einer humanen Gesellschaft gehört das Sterben in Würde. Wir wollen die Hospize weiter unterstützen und die Versorgung mit Palliativmedizin ausbauen." Insoweit sind Bund und Länder gemeinsam in der Pflicht.
Es erscheint geboten, die hier angesprochenen Themen alsbald umfassend aufzugreifen. Denn eine aktuelle Umfrage der DAK-Gesundheit macht deutlich, dass eine Mehrheit der Deutschen für aktive Sterbehilfe eintritt. Diese Befragungsergebnis ist möglicherweise damit zu erklären, dass die in großer Zahl älter werdenden Menschen Besorgnisse haben, bei schwerer Krankheit und vor allem im Sterbeprozess nicht angemessen / schmerzfrei versorgt zu werden. Es sind daher schnellstmöglich politische Konsequenzen angesagt. Mit dem angefügten Brieftext habe ich heute auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages angeschrieben.
Für weitere Informationen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
>>>>>>>>> Brief an die Abgeordneten im Deutschen Bundestag vom 16.01.2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Mehrheit der Deutschen tritt angeblich für aktive Sterbehilfe ein - so eine Umfrage der DAK-Gesundheit. Es wird von einer breiten Zustimmung für eine gesetzliche Regelung durch den Deutschen Bundestag gesprochen.
Dazu ergibt sich von hier in Kürze folgendes Statement:
"Sterbebegleitung ja - aktive Sterbehilfe nein"
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk spricht sich seit Jahren mit Entschiedenheit gegen eine aktive Sterbehilfe aus und wird auch weiterhin für diese Position eintreten. Vorstellungen, die in eine andere Richtung führen, wollen wir erneut eine Absage erteilen. Anlass für diese Klarstellung ist eine Umfrage der DAK-Gesundheit. Danach ist die Mehrheit der Deutschen für aktive Sterbehilfe.
Quelle: viewtopic.php?f=2&t=20138&p=78013#p78013
Es gilt weiterhin die hiesige Aussage: "Sterbebegleitung ja - aktive Sterbehilfe nein". Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk tritt seit Jahren für eine Verbesserung der Palliativversorgung und Hospizarbeit ein. In diesem Sinne wurde z.B. auch der Neusser Pflegetreff am 19.11.2013 durchgeführt:
viewtopic.php?f=7&t=18242
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk steht für weitere Informationen und Stellungnahmen zur Verfügung. Am 30.01.2014 gibt es in der Neusser Volkshochschule eine Vortragsveranstaltung: "Palliativerversorgung und Hospizarbeit". Diese Versorgungsstrukturen gilt es deutlich zu stärken!
Näheres dazu unter -> viewtopic.php?f=7&t=19762
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell