Neue „christliche Patientenverfügung“
Verfasst: 26.01.2011, 18:15
Vorwegbemerkung der Moderation:
Die von EKD und DBK gemeinsam herausgegebene christliche Patientenverfügung wurde vollständig, unter Berücksichtigung der neuen Gesetzeslage überarbeitet.
Infos dazu finden Sie unter:
http://www.ekd.de/presse/pm25_2011_chri ... sorge.html
Die neue Handreichung (incl. Formular):
http://www.ekd.de/presse/pm25_2011_chri ... sorge.html
Das Formular separat:
http://www.ekd.de/download/patientenvor ... rmular.pdf
++++
Statement von Lutz Barth:
Die neue „Christliche Patientenverfügung“, die heute der Öffentlichkeit von den Kirchen vorgestellt wurde, verdient in einem säkularen Verfassungsstaat in erster Linie Respekt und eine Bewertung des Dokuments wird sich in erster Linie daran zu orientieren haben, dass Art. 4 des Grundgesetzes zu den zentralen Grundfreiheiten in unserer Gesellschaft zählt.
Insofern ist die christliche Patientenverfügung Ausdruck tiefster christlicher Überzeugungen und genau dies macht den beachtlichen Unterschied im Vergleich zu anderen Einstellungen und damit Patientenverfügungs-Vorlagen aus.
Insofern überrascht es nicht, dass in der christlichen Patientenverfügung zugleich darauf hingewiesen wird, dass „aus ethischer Sicht ist die Beihilfe zur Selbsttötung, die in manchen Ländern (z.B. Schweiz oder die Niederlande) von so genannten Sterbehilfe-Organisationen praktiziert wird, abzulehnen ist (vgl. S. 8 der Christlichen Patientenverfügung)“.
Bereits aber im Geleitwort (S. 5) wird aber ausgeführt, dass die christliche Patientenverfügung sich von christlichen Überzeugungen leiten lässt, mithin also auch „beispielsweise von der deutlichen Ablehnung der Tötung auf Verlangen und der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung.“
Damit haben sich die Kirchen deutlich positioniert und ich möchte ausdrücklich betonen, dass diese Position nicht nur zu akzeptieren ist, sondern angesichts der christlichen Überzeugungen nur allzu konsequent ist.
Indes verbleibt es aber dabei, dass der säkulare Verfassungsstaat für abweichende Positionen offen bleiben muss und zur ethischen und religiösen Neutralität verpflichtet ist und zwar insbesondere in den Fällen, wo unsere Verfassungsordnung uns allen Bürgerinnen und Bürgern das Selbstbestimmungsrecht nebst der individuellen Gewissensentscheidung einräumt. Der Beurteilungsspielraum des staatlichen Gesetzgebers reicht nicht soweit, wie er den verfassten Amtskirchen oder anderen Glaubensgemeinschaften zu konzedieren ist, bei denen u.a. die christlichen Überzeugungen von den Gesetzen und Lehren eines „göttlichen Gesetzgebers“ maßgeblich vorgegeben und dem Inhalte nach bestimmt werden. Aus christlicher Sicht sind hier „Gesetze“ zu befolgen, die zu übertreten den gläubigen Christen nicht gestattet sind, während demgegenüber der zur Neutralität verpflichtete Gesetzgeber nach einer Regelung zu streben hat, die dem Pluralismus von Werten – aus welchen Quellen diese sich auch immer speisen mögen – entspricht. Auch das „Selbstbestimmungsrecht“ in seiner konkreten verfassungsrechtlichen Ausformung ist insoweit „neutral“, als dass sein Inhalt und seine Ingebrauchnahme nicht von christlichen Überzeugungen her bestimmt oder abhängig gemacht werden darf und insofern verbleibt es bei dem auch von Theologen völlig zu Recht angemahnten Prinzip der Toleranz – einem Prinzip mit Verfassungsrelevanz, dem der staatliche Gesetzgeber aus guten Gründen verpflichtet ist und – was vorausgesetzt werden darf – sich auch verpflichtet weiß!
Lutz Barth
Vgl. weiterführend zur Christlichen Patientenverfügung
>>> http://www.dbk.de/presse/details/?press ... 3fe40e8b53
Die von EKD und DBK gemeinsam herausgegebene christliche Patientenverfügung wurde vollständig, unter Berücksichtigung der neuen Gesetzeslage überarbeitet.
Infos dazu finden Sie unter:
http://www.ekd.de/presse/pm25_2011_chri ... sorge.html
Die neue Handreichung (incl. Formular):
http://www.ekd.de/presse/pm25_2011_chri ... sorge.html
Das Formular separat:
http://www.ekd.de/download/patientenvor ... rmular.pdf
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Statement von Lutz Barth:
Die neue „Christliche Patientenverfügung“, die heute der Öffentlichkeit von den Kirchen vorgestellt wurde, verdient in einem säkularen Verfassungsstaat in erster Linie Respekt und eine Bewertung des Dokuments wird sich in erster Linie daran zu orientieren haben, dass Art. 4 des Grundgesetzes zu den zentralen Grundfreiheiten in unserer Gesellschaft zählt.
Insofern ist die christliche Patientenverfügung Ausdruck tiefster christlicher Überzeugungen und genau dies macht den beachtlichen Unterschied im Vergleich zu anderen Einstellungen und damit Patientenverfügungs-Vorlagen aus.
Insofern überrascht es nicht, dass in der christlichen Patientenverfügung zugleich darauf hingewiesen wird, dass „aus ethischer Sicht ist die Beihilfe zur Selbsttötung, die in manchen Ländern (z.B. Schweiz oder die Niederlande) von so genannten Sterbehilfe-Organisationen praktiziert wird, abzulehnen ist (vgl. S. 8 der Christlichen Patientenverfügung)“.
Bereits aber im Geleitwort (S. 5) wird aber ausgeführt, dass die christliche Patientenverfügung sich von christlichen Überzeugungen leiten lässt, mithin also auch „beispielsweise von der deutlichen Ablehnung der Tötung auf Verlangen und der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung.“
Damit haben sich die Kirchen deutlich positioniert und ich möchte ausdrücklich betonen, dass diese Position nicht nur zu akzeptieren ist, sondern angesichts der christlichen Überzeugungen nur allzu konsequent ist.
Indes verbleibt es aber dabei, dass der säkulare Verfassungsstaat für abweichende Positionen offen bleiben muss und zur ethischen und religiösen Neutralität verpflichtet ist und zwar insbesondere in den Fällen, wo unsere Verfassungsordnung uns allen Bürgerinnen und Bürgern das Selbstbestimmungsrecht nebst der individuellen Gewissensentscheidung einräumt. Der Beurteilungsspielraum des staatlichen Gesetzgebers reicht nicht soweit, wie er den verfassten Amtskirchen oder anderen Glaubensgemeinschaften zu konzedieren ist, bei denen u.a. die christlichen Überzeugungen von den Gesetzen und Lehren eines „göttlichen Gesetzgebers“ maßgeblich vorgegeben und dem Inhalte nach bestimmt werden. Aus christlicher Sicht sind hier „Gesetze“ zu befolgen, die zu übertreten den gläubigen Christen nicht gestattet sind, während demgegenüber der zur Neutralität verpflichtete Gesetzgeber nach einer Regelung zu streben hat, die dem Pluralismus von Werten – aus welchen Quellen diese sich auch immer speisen mögen – entspricht. Auch das „Selbstbestimmungsrecht“ in seiner konkreten verfassungsrechtlichen Ausformung ist insoweit „neutral“, als dass sein Inhalt und seine Ingebrauchnahme nicht von christlichen Überzeugungen her bestimmt oder abhängig gemacht werden darf und insofern verbleibt es bei dem auch von Theologen völlig zu Recht angemahnten Prinzip der Toleranz – einem Prinzip mit Verfassungsrelevanz, dem der staatliche Gesetzgeber aus guten Gründen verpflichtet ist und – was vorausgesetzt werden darf – sich auch verpflichtet weiß!
Lutz Barth
Vgl. weiterführend zur Christlichen Patientenverfügung
>>> http://www.dbk.de/presse/details/?press ... 3fe40e8b53