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Vorsorge - Patientenverfügungen im Altersheim ?

Verfasst: 10.08.2010, 06:26
von Presse
Vorsorge für den Notfall: Patientenverfügungen für Altersheime
Ärzte, Juristen und Ethiker testen in einem Modellprojekt, wie Altenheimbewohner überzeugt werden können, eine Patientenverfügung zu erstellen.
http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/arti ... tersheime/
Quelle: taz-die tageszeitung

Patientenverfügung - nicht Bedingung

Verfasst: 10.08.2010, 07:39
von Rüdiger Bastigkeit
§ 1901a Abs. 4 BGB lautet:
"Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden."

Ich hoffe doch sehr, dass in dem Modellprojekt nicht versucht wird, die o.a. Vorschrift, die aus gutem Grund so formuliert worden ist, zu unterlaufen. Wenn überhaupt, sollte man HeimbewohnerInnen zur Erstellung einer Vorsorge-Vollmacht animieren.

R.B.

Patientenwille: Pilotprojekt für Grevenbroich

Verfasst: 12.08.2010, 08:08
von KPHNeuss
Zu dem o.a. Projekt berichtete die Neuss-Grevenbroicher Zeitung, Lokalteil Grevenbroich:
Patientenwille: Pilotprojekt für Grevenbroich
von Ruth Wiedner

Nach dem Bericht soll den HeimbewohnerInnen vermittelt werden, dass die Erstellung einer Patientenverfügung Sinn macht. Das Modell, vom Bundesforschungsministerium gefördert, erstreckt sich in Grevenbroich zunächst bis zum Frühjahr 2011.
Obwohl die Erstellung einer Patientenverfügung als freiwillig beschrieben wird, darf nicht verkannt werden, dass unter den gegebenen Umständen, Heimunterbringung in Abhängigkeit von verschiedenen Personen, "Druck" erzeugt und die Freiwilligkeit höchst fraglich wird. Und damit erscheint das gesamte Forschungsprojekt, das ja auch eine Menge Geld kostet, fragwürdig und höchst entbehrlich.

KPH Neuss

Vorsorge - Patientenverfügungen im Altersheim ?

Verfasst: 22.08.2010, 07:02
von Herbert Kunst
Guten Morgen!

Es spricht nichts dagegen, ältere Menschen über Patientenverfügungen bzw. Vorsorge-Vollmachten usw. zu informieren. Im Gegenteil.
Was aber das jetzt vorgestellte 500.000 Euro teure Modellprojekt fragwürdig erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass man mit den Informationen in die Altenheime geht.
Möglicherweise kann bei Informationsveranstaltungen dieser Art die Meinung entstehen, man müsse in der gewünschten Form reagieren und eine Patientenverfügung erstellen. Dabei kann ein Heimträger auch schnell geneigt sein, seine eigene Auffassung zur Patientenverfügung den BewohnerInnen nahe zu bringen. Dies kann bedenkliche Ausmaße annehmen, wenn man berücksichtigt, dass z.B. die kirchliche Kirche weiterhin an einer Reichenweitenbeschränkung festhält und insoweit informiert.

Gruß
Herbert Kunst

Personalnot - und noch Neben-"Baustellen"?

Verfasst: 26.08.2010, 07:04
von Rita Reinartz
Hallo Leute,
wir klagen zurecht über das fehlende Pflegepersonal, jetzt wieder aktuell im Zusammenhang mit Hygienemängeln.
Und dann soll zeitaufwendig in Pflegeeinrichtungen über Patientenverfügungen informiert werden. Möglicherweise soll sogar noch Druck auf die BewohnerInnen ausgeübt werden. In welche Richtung eigentlich?
Nein, wir sind in vielen Situationen auf einem Holzweg.
Wir müssen uns pflegerisch den Menschen ausreichend zuwenden können. Und da sind alle Kräfte, und mehr noch, gefordert.
MfG
Rita R.

Verfasst: 26.08.2010, 16:41
von thorstein
Wie so häufig, kann auch hier wieder davon ausgegegangen werden, das wirklich keiner der Kommentatoren in einem Heim arbeitet. Herr Bastigkeit verschweigt uns zum Beispiel, was für ein Interesse ein Heim an einer Patientenverfügung haben könnte. Was müßte denn in so einer Verfügung stehen? Was wäre den "gut" für das Heim? Herr Kunst mutmasst, dass die Kirchen in Bezug auf eine Reichweitenbeschränkung indoktrinieren. Wie sollte das genau aussehen?

Realiter ist es gerade umgekehrt so, dass die Bewohnerinnen von Heimen - meist über den Heimbeirat - Informationsveranstaltungen zur Patientenverfügung im Heim wünschen oder gar fordern. In den meisten Heimen, die ich kenne, werden deshalb solche Informationen und Beratungen auch regelmäßig angeboten.

Darum verstehe ich das Modellprojekt auch nicht. Erfahrungswerte müßten mehr als ausreichend vorhanden sein.

Patientenverfügungen - bitte keinen Druck ausüben (lassen)

Verfasst: 30.08.2010, 07:43
von Sabrina Merck
thorstein hat geschrieben: .... Herr Kunst mutmasst, dass die Kirchen in Bezug auf eine Reichweitenbeschränkung indoktrinieren. Wie sollte das genau aussehen? ....
Hallo,
ich kann mir gut vorstellen, dass Heimträger (z.B. Caritas) darauf drängen, Patientenverfügungen nur mit Reichenweitenbeschränkung zu verfassen. Das würde einmal den Statements und Forderungen der kath. Kirche gerecht fertigen, und im Übrigen sicherstellen, dass BewohnerInnen nur im Sterbeprozess Willensäußerungen bezüglich einer Behandlungsbeendigung zur Geltung bringen können.
Was die Heimbeiräte angeht, ist auch wichtig zu wissen, dass diese oft von Personen beeinflusst werden, die der Heim- bzw. Pflegedienstleitung nahe stehen. Man darf sich also nicht vorstellen, dass Heimbeiräte Einrichtungen sind, die rückhaltlos nur die Interessen der BewohnerInnen im Auge haben. Es gibt da in unterschiedlicher Weise Abhängigkeiten.
Lb. Grüße Sabrina

Patientenwille: Pilotprojekt in Grevenbroich überflüssig

Verfasst: 31.08.2010, 07:42
von Gaby Modig
KPHNeuss hat geschrieben:Zu dem o.a. Projekt berichtete die Neuss-Grevenbroicher Zeitung, Lokalteil Grevenbroich:
Patientenwille: Pilotprojekt für Grevenbroich
von Ruth Wiedner
Nach dem Bericht soll den HeimbewohnerInnen vermittelt werden, dass die Erstellung einer Patientenverfügung Sinn macht. Das Modell, vom Bundesforschungsministerium gefördert, erstreckt sich in Grevenbroich zunächst bis zum Frühjahr 2011.
Obwohl die Erstellung einer Patientenverfügung als freiwillig beschrieben wird, darf nicht verkannt werden, dass unter den gegebenen Umständen, Heimunterbringung in Abhängigkeit von verschiedenen Personen, "Druck" erzeugt und die Freiwilligkeit höchst fraglich wird. Und damit erscheint das gesamte Forschungsprojekt, das ja auch eine Menge Geld kostet, fragwürdig und höchst entbehrlich. ...
Guten Morgen,
ich habe den Bericht nach Rückkehr aus einem Kurzurlaub auch gelesen und war erstaunt, dass für eine Informationskampagne soviel Geld ausgegeben wird. Auf dem hier angesprochenen Gebiet gibt es nichts zu forschen. Die Rechtssituation ist seit Jahren klar. Es mangelt nur an der Durchsetzung des Patientenwillens. Und insoweit sind eher die Rechtsvertreter (Bevollmächtigter, Betreuer) gefordert. V.a. Ärzte müssen in die Pflicht genommen werden, den Patientenwillen zu achten.
Ich sehe auch kritisch, dass bei dem Projekt offensichtlich doch Druck aufgebaut wird, Verfügungstexte (mit welchem Inhalt?) zu schreiben. Das sollte man in dieser Form lassen, jedenfalls mit Steuergeld unterstützt.
MfG Gaby