Totschlagsverfahren wegen aktiver Sterbehilfe ...

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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WernerSchell
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Patientenwille bei Behandlungsabbruch ausschlaggebend

Beitrag von WernerSchell » 25.06.2010, 10:19

Zu den Beiträgen im Forum unter
RA Putz - Courage und patientenrechtliches Engagement
viewtopic.php?t=11710
Totschlagsverfahren wegen aktiver Sterbehilfe ...
viewtopic.php?t=11786
Der Bundesgerichtshof hat die einzig zu erwartende Entscheidung getroffen - Freispruch für RA Wolfgang Putz!

Abbruch lebenserhaltender Behandlung auf der Grundlage des Patientenwillens ist nicht strafbar

Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die ursprünglich mitangeklagte Frau G. hat das Landgericht rechtskräftig freigesprochen.

Der Angeklagte ist ein für das Fachgebiet des Medizinrechts spezialisierter Rechtsanwalt. Nach den Feststellungen des Landgerichts beriet er die beiden Kinder der 1931 geborenen Frau K., nämlich die mitangeklagte Frau G. und deren inzwischen verstorbenen Bruder. Frau K. lag seit Oktober 2002 in einem Wachkoma. Sie wurde in einem Pflegeheim über einen Zugang in der Bauchdecke, eine sog. PEG-Sonde, künstlich ernährt. Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten.

Entsprechend einem von Frau K. im September 2002 mündlich für einen solchen Fall geäußerten Wunsch bemühten sich die Geschwister, die inzwischen zu Betreuern ihrer Mutter bestellt worden waren, um die Einstellung der künstlichen Ernährung, um ihrer Mutter ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Nach Auseinandersetzungen mit der Heimleitung kam es Ende 2007 zu einem Kompromiss, wonach das Heimpersonal sich nur noch um die Pflegetätigkeiten im engeren Sinne kümmern sollte, während die Kinder der Patientin selbst die Ernährung über die Sonde einstellen, die erforderliche Palliativversorgung durchführen und ihrer Mutter im Sterben beistehen sollten.

Nachdem Frau G. am 20.12.2007 die Nahrungszufuhr über die Sonde beendet hatte, wies die Geschäftsleistung des Gesamtunternehmens am 21.12.2007 jedoch die Heimleitung an, die künstliche Ernährung umgehend wieder aufzunehmen. Den Kindern der Frau K. wurde ein Hausverbot für den Fall angedroht, dass sie sich hiermit nicht einverstanden erklären sollten. Darauf erteilte der Angeklagte P. Frau G. am gleichen Tag den Rat, den Schlauch der PEG-Sonde unmittelbar über der Bauchdecke zu durchtrennen.

Frau G. schnitt Minuten später mit Unterstützung ihres Bruders den Schlauch durch. Nachdem das Heimpersonal dies bereits nach einigen weiteren Minuten entdeckt und die Heimleitung die Polizei eingeschaltet hatte, wurde Frau K. auf Anordnung eines Staatsanwalts gegen den Willen ihrer Kinder in ein Krankenhaus gebracht, wo ihr eine neue PEG-Sonde gelegt und die künstliche Ernährung wieder aufgenommen wurde. Sie starb dort zwei Wochen darauf eines natürlichen Todes auf Grund ihrer Erkrankungen.

Das Landgericht hat das Handeln des Angeklagten als einen gemeinschaftlich mit Frau G. begangenen versuchten Totschlag durch aktives Tun – im Gegensatz zum bloßen Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung durch Unterlassen – gewürdigt, der weder durch eine mutmaßliche Einwilligung der Frau K. noch nach den Grundsätzen der Nothilfe oder des rechtfertigenden Notstandes gerechtfertigt sei. Auch auf einen entschuldigenden Notstand könne sich der Angeklagte nicht berufen. Soweit er sich in einem sog. Erlaubnisirrtum befunden habe, sei dieser für ihn als einschlägig spezialisierten Rechtsanwalt vermeidbar gewesen.

Die Mitangeklagte G. hat das Landgericht freigesprochen, weil sie sich angesichts des Rechtsrats des Angeklagten in einem unvermeidbaren Erlaubnisirrtum befunden und deshalb ohne Schuld gehandelt habe.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil auf die Revision des Angeklagten aufgehoben und ihn freigesprochen.

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen in Fällen aktueller Einwilligungsunfähigkeit von einem bindenden Patientenwillen auszugehen ist, war zur Tatzeit durch miteinander nicht ohne weiteres vereinbare Entscheidungen des Bundesgerichtshofs noch nicht geklärt. Divergenzen in der Rechtsprechung betrafen die Verbindlichkeit von sog. Patientenverfügungen und die Frage, ob die Zulässigkeit des Abbruchs einer lebenserhaltenden Behandlung auf tödliche und irreversibel verlaufende Erkrankungen des Patienten beschränkt oder von Art und Stadium der Erkrankung unabhängig ist, daneben auch das Erfordernis der gerichtlichen Genehmigung einer Entscheidung des gesetzlichen Betreuers über eine solche Maßnahme. Der Gesetzgeber hat diese Fragen durch das sog. Patientenverfügungsgesetz mit Wirkung vom 1. September 2009 ausdrücklich geregelt. Der Senat konnte daher entscheiden, ohne an frühere Entscheidungen anderer Senate gebunden zu sein.

Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die durch den Kompromiss mit der Heimleitung getroffene Entscheidung zum Unterlassen weiterer künstlicher Ernährung rechtmäßig war und dass die von der Heimleitung angekündigte Wiederaufnahme als rechtswidriger Angriff gegen das Selbstbestimmungsrecht der Patientin gewertet werden konnte. Die im September 2002 geäußerte Einwilligung der Patientin, die ihre Betreuer geprüft und bestätigt hatten, entfaltete bindende Wirkung und stellte sowohl nach dem seit dem 1. September 2009 als auch nach dem zur Tatzeit geltenden Recht eine Rechtfertigung des Behandlungsabbruchs dar. Dies gilt jetzt, wie inzwischen § 1901 a Abs. 3 BGB ausdrücklich bestimmt, unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung.

Dagegen trifft die Bewertung des Landgerichts nicht zu, der Angeklagte habe sich durch seine Mitwirkung an der aktiven Verhinderung der Wiederaufnahme der Ernährung wegen versuchten Totschlags strafbar gemacht. Die von den Betreuern – in Übereinstimmung auch mit den inzwischen in Kraft getretenen Regelungen der §§ 1901 a, 1904 BGB – geprüfte Einwilligung der Patientin rechtfertigte nicht nur den Behandlungsabbruch durch bloßes Unterlassen weiterer Ernährung, sondern auch ein aktives Tun, das der Beendigung oder Verhinderung einer von ihr nicht oder nicht mehr gewollten Behandlung diente. Eine nur an den Äußerlichkeiten von Tun oder Unterlassen orientierte Unterscheidung der straflosen Sterbehilfe vom strafbaren Töten des Patienten wird dem sachlichen Unterschied zwischen der auf eine Lebensbeendigung gerichteten Tötung und Verhaltensweisen nicht gerecht, die dem krankheitsbedingten Sterbenlassen mit Einwilligung des Betroffenen seinen Lauf lassen.

Urteil vom 25. Juni 2010 – 2 StR 454/09
Landgericht Fulda – Urteil vom 30. April 2009 – 16 Js 1/08 - 1 Ks –

Karlsruhe, den 25. Juni 2010
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Quelle: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... =0&anz=129

Vollständige Urteilsschrift abrufbar unter
Urteil des 2. Strafsenats vom 25.6.2010 - 2 StR 454/09 -
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... kument.pdf
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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johannes
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Beitrag von johannes » 25.06.2010, 16:56

Wenn ich mir den Richterspruch durchlese, eine gute Entscheidung.

1. Es wird durch dieses Urteil keine aktive Tötung eines Dritten legitimiert, sondern die Möglichkeit gestärkt, dem natürlichen Lauf des Lebens Raum zu geben.

2. Der unsäglichen Entwicklung, alles tun zu dürfen, was machbar ist, wurde endlich ein klares Nein erteilt. Vor allem dann, wenn es von einem Betroffenen nicht gewünscht wird.
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Patientenwille und Behandlungsabbruch

Beitrag von Service » 25.06.2010, 18:20

Presseschau zum BGH-Urteil vom 25.06.2010:

Prozess um Sterbehilfe: Freispruch für Rechtsanwalt
Karlsruhe (dpa). Mit einem Grundsatzurteil zur Sterbehilfe hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Selbstbestimmungsrecht von Patienten gestärkt. Ärzte dürfen demnach auch dann lebensverlängernde Maßnahmen abbrechen, wenn der unmittelbare Sterbevorgang noch nicht begonnen hat. Nach dem am Freitag verkündeten Urteil kommt es nicht darauf an, ob der Abbruch durch aktive Handlungen erfolgt, also beispielsweise das Entfernen eines Ernährungsschlauchs. Auch bei bewusstlosen Patienten sei allein deren mutmaßlicher Wille entscheidend. Der BGH sprach damit einen auf Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalt frei. Er hatte seiner Mandantin geraten, den Ernährungsschlauch durchzuschneiden, über den ihre seit Jahren im Wachkoma liegende Mutter versorgt wurde. Die Patientin hatte, bevor sie ins Koma fiel, den Wunsch geäußert, nicht künstlich ernährt zu werden. Das Pflegeheim in Bad Hersfeld, in dem die Frau lebte, lehnte es jedoch ab, die Ernährung zu beenden.
Das Gericht entsprach damit den Anträgen von Verteidigung und Bundesanwaltschaft, die beide Freispruch gefordert hatten. Das Landgericht Fulda hatte den Anwalt wegen versuchten Totschlags zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt. Der inzwischen verstorbenen Patientin war nach der Tat ein neuer Schlauch gelegt worden, so dass sie zunächst überlebte.
Mehr zum Thema in den PRint-Ausgaben von CAREkonkret
Quelle: Mitteilung vom 25.9.2010
Vincentz Network, Hannover, http://www.vincentz.net

Stellungnahme der EKD zum BGH-Urteil zur Sterbehilfe/ Stärkung des Patientenwillens und größere Rechtssicherheit für Ärzte und Angehörige
Hannover (ots) - Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßt, dass durch das heutige Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) das Recht des Patienten auf die Umsetzung seines Willens gestärkt wird. Zugleich trägt diese Entscheidung zu einer größeren Rechtssicherheit bei Ärzten, Pflegepersonal und Angehörigen bei.
Der Abbruch lebenserhaltender Behandlung ist künftig nicht mehr strafbar, wenn ein Patient dies in einer Patientenverfügung festgelegt hat. Dabei ist zwar das Unterbrechen der künstlichen Ernährung (im vorliegenden Fall das Durchschneiden des Schlauches) - rein äußerlich betrachtet - ein aktives Tun. Es beendet aber eine Behandlung gegen den Patientenwillen und stellt dadurch einen Zustand her, der dem "natürlichen" Sterben eines Menschen entspricht. Der BGH hat klargestellt, dass dies keine aktive Tötungshandlung darstellt, sondern eine zulässige Hilfe zum Sterbenlassen, da der Patient letztlich nicht an der fehlenden Ernährung, sondern an seiner Krankheit stirbt, zu der in der Endphase die Unmöglichkeit der natürlichen Nahrungsaufnahme gehört.
Nach Auffassung der christlichen Ethik gibt es keine Verpflichtung des Menschen zur Lebensverlängerung um jeden Preis und auch kein ethisches Gebot, die therapeutischen Möglichkeiten der Medizin bis zum Letzten auszuschöpfen. Einen Menschen sterben lassen ist bei vorher verfügtem Patientenwillen nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten. Zur Endlichkeit des Lebens gehört auch, dass man das Herannahen des Todes zulässt, wenn seine Zeit gekommen ist.
Demgegenüber ist und bleibt die gezielte Tötung eines Menschen in der letzten Lebensphase aus christlicher Sicht ethisch nicht vertretbar, auch wenn sie auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin erfolgt. Gesetzliche Regelungen und gesellschaftliche Konventionen, die der Tötung auf Verlangen oder der Beihilfe zur Selbsttötung den Weg ebnen, sind ein Irrweg, den die christlichen Kirchen entschieden ablehnen. Sie werden sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass an den bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Tötung auf Verlangen festgehalten wird und keine Lockerung erfolgt.
Quelle: Pressemitteilung vom 25. Juni 2010
Pressestelle der EKD
Silke Römhild
Pressekontakt:
Evangelische Kirche in DeutschlandReinhard MawickHerrenhäuser Strasse 12
D-30419 HannoverTelefon: 0511 - 2796 - 269E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de

Kauch: Sterbehilfe-Urteil stärkt Selbstbestimmungsrecht von Patienten
BERLIN. Zum Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Sachen Sterbehilfe erklärt der Berichterstatter der FDP-Bundestagsfraktion für Palliativmedizin, MICHAEL KAUCH:
Das Urteil des BGH stärkt in erfreulicher Klarheit das Selbstbestimmungsrecht sterbender Patienten. Denn es sichert die Durchsetzung einer Patientenverfügung rechtlich erneut ab - auch dann, wenn sich das Behandlungsteam wie im vorliegenden Fall nicht an den
Willen der Patientin halten will.
Der Deutsche Bundestag hatte im vergangenen Jahr nach jahrelanger Diskussion in freier Abstimmung das Gesetz über Patientenverfügungen
verabschiedet. Damals hatten die Liberalen nahezu geschlossen für das Gesetz gestimmt.
Quelle: Pressemitteilung vom 25.06.2010
Marc Jungnickel
Pressesprecher und
Leiter der Pressestelle
der FDP-Bundestagsfraktion
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel.: 030/227-52388
Fax: 030/227-56778
eMail: jungnickel@fdp-bundestag.de

Freispruch kein Freibrief für eigenmächtiges Handel
MB-Vorsitzender Henke zum sogenannten Sterbehilfe-Urteil des BGH

Berlin - Der Marburger Bund warnt davor, das heutige Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen als Aufruf zu eigenmächtigem Handeln Angehöriger in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen misszuverstehen. „Der Freispruch für den Rechtsanwalt ist kein Freibrief für eigenmächtiges Vorgehen bei der Entscheidung über die Fortsetzung von lebenserhaltenden Maßnahmen“, sagte der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke. Das Gericht habe lediglich die geltende Rechtslage klargestellt, nach der es einzig und allein auf den Willen des Patienten ankommt, ob ärztliche Maßnahmen beendet werden können. Gebe es keine schriftliche Patientenverfügung, seien die Behandlungswünsche oder der mutmaßliche Wille des Patienten anhand konkreter Anhaltspunkte, etwa früherer mündlicher Äußerungen, zu ermitteln. Diese seit Jahren entwickelte Praxis sei 2009 im Patientenverfügungsgesetz konkretisiert worden.
„Aus dem Zustand des Wachkomas darf nicht abgeleitet werden, dass solche Menschen per se nicht mehr leben wollen. Es gibt Berichte über positive Reaktionen etwa auf Musik oder zarte Berührung, die auf eine eigene Erlebensfähigkeit hindeuten. Wachkoma-Patienten sind keine Sterbenden, ihr Leben ist nicht sinn- oder wertlos. Sie haben ein Recht auf bestmögliche Pflege und Physiotherapie. Ehe lebenserhaltende Maßnahmen beendet werden, muss auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften festgestellt werden, welche Handlungsweise dem Willen des Patienten entspricht“, so Henke. "Die Tötung von Menschen bleibt weiterhin verboten".
Quelle: Marburger Bund - Bundesverband
Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.
Pressemitteilung Nr. 68 vom 25. Juni 2010
Pressestelle
Reinhardtstraße 36 - 10117 Berlin
Tel.: 030 746846-41 - Fax: 030 746846-45
presse@marburger-bund.de
http://www.marburger-bund.de
Hans-Jörg Freese, Pressesprecher,
Tel.: 030 746846-40
mobil: 0162-2112425

Bundesgerichtshof stärkt Patientenrechte
Ministerin und Kirche loben Sterbehilfe-Urteil

zuletzt aktualisiert: 25.06.2010 - 13:16
Karlsruhe (RPO). In einem Grundsatzurteil zur Sterbehilfe hat der Bundesgerichtshof einen Rechtsanwalt vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Der Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung auf der Grundlage eines Patientenwillens ist damit nicht mehr strafbar. Die Evangelische Kirche und Bundesjustizministerium lobten das Urteil. Im Gerichtssaal gab es Beifall.
.... (mehr)
http://www.rp-online.de/politik/deutsch ... 73759.html

Erklärter Patientenwille ist entscheidend
„Der Bundesgerichtshof ändert seine Rechtsprechung in Sachen Sterbehilfe. Das Durchtrennen eines Schlauchs für die künstliche Ernährung wird nicht mehr bestraft. Entscheidend für den Behandlungsabbruch sind die Wünsche des Erkrankten …“
Quelle: http://www.ftd.de/politik/deutschland/: ... 34186.html
„... Das Urteil geht weit über den Einzelfall hinaus. Die Besucher im Bundesgerichtshof in Karlsruhe applaudierten nach der Urteilsverkündung. Erstmals gaben die Bundesrichter die Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe auf, sondern sprachen vom Behandlungsabbruch.
Die Vorsitzende Ruth Rissing-van-Saan sagte dazu, die Unterscheidung sei juristisch ungenau. Es hänge oft von Zufällen ab, ob eine lebensverlängernde Behandlung unterlassen oder später aktiv beendet werde. Der übergeordnete Begriff sei der Behandlungsabbruch. … "
Quelle: http://www.tt.com-anwalt-wurde-freigesprochen
Grundsatzurteil aus Karlsruhe - BGH stärkt Recht auf menschenwürdiges Sterben
„Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die juristische Handhabe für die passive Sterbehilfe erleichtert. Der Abbruch lebenserhaltender Behandlungen ist künftig nicht mehr strafbar, wenn ein Patient dies in einer Verfügung festgelegt hat. Das entschied der 2. Strafsenat in Karlruhe in einem Grundsatzurteil.
Das Gericht sprach damit einen Rechtsanwalt vom Vorwurf des gemeinschaftlichen versuchten Totschlags frei...."
Quelle: http://www.tagesschau.de
Verbände bewerten humanes Sterben gegensätzlich
Die Deutsche Hospiz-Stiftung meldet Bedenken an und appelliert an die Politik, das Patientenverfügungsgesetz (worauf sich das BGH-Urteil von heute maßgeblich stützt), zu ändern. Dies wurde bereits von dem FDP-Politiker Michael Kauch entschieden zurückgewiesen.
Der Humanistische Verband Deutschland hingegen begrüßt das Urteil und sieht darin eine Fortschreibung der geltenden Rechtsprechung. Statt von missverständlicher "aktiver" Sterbehilfe sollte in Zukunft nur noch von Tögung auf Verlangen (§ 216 StGB) oder Tötung aus Mitleid gesprochen werden, wenn ein Strafdelikt gemeint ist.
Hintergründe und Zitate zum Streit zwischen den beiden Positionen hier:
http://www.patientenverfuegung.de/humanes-sterben
Quelle: Mitteilung vom 25.06.2010 - http://www.patientenverfuegung.de

Bundesgerichtshof stärkt Patientenwillen am Ende des Lebens
Im Prozess um angebliche Sterbehilfe hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag den Münchner Medizinrechtler Wolfgang Putz freigesprochen. Mit ihrem Grundsatzurteil unterstrichen die Karlsruher Richter die Verbindlichkeit einer auch nur mündlichen Patientenverfügung und stärkten Angehörige und Betreuer in ihrem Einsatz für ein menschenwürdiges Sterben. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=609 ... tung&n=253

Freispruch im Sterbehilfe-Prozess
Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) hob heute die Verurteilung eines Fachanwalts für Medizinrecht auf und sprach ihn frei. Zur Vorgeschichte: Entsprechend einem von Frau K. im September 2002 geäußerten Wunsch bemühten sich die beiden Kinder der Patientin um die Einstellung der künstlichen Ernährung, um ihrer Mutter ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Nach Auseinandersetzungen mit der Heimleitung kam es Ende 2007 nach Angaben des BGH zu einem Kompromiss, wonach das Heimpersonal sich nur [mehr]
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/lette ... m&id=36156

WernerSchell
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Patientenwille und Behandlungsabbruch

Beitrag von WernerSchell » 25.06.2010, 18:42

>> Patientenautonomie am Lebensende gestärkt <<
Urteil des 2. Strafsenats vom 25.6.2010 - 2 StR 454/09

Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk begrüßt das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.06.2010 im Verfahren gegen RA Wolfgang Putz und sieht damit das Patienten-Selbstbestimmungsrecht gestärkt!

Pressemitteilung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk vom 25.06.2010 hier:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... nsende.php

Vollständige Urteilsschrift abrufbar hier (PDF)
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... kument.pdf
Siehe auch die Beiträge im Forum Werner Schell hier
viewtopic.php?t=14370

Patientenautonomie am Lebensende gestärkt
Medien greifen die Pressemitteilung von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk auf:
http://www.pflegen-online.de/nachrichte ... 20b4b6d820
http://www.openpr.de/news/442229.html
http://www.presseanzeiger.de/meldungen/ ... 360029.php
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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ingod
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Re: Revisionsverfahren RA Putz - 2 StR 454/09 -

Beitrag von ingod » 27.06.2010, 11:50

Hallo,

mich stört eigentlich dieser Satz.
WernerSchell hat geschrieben:Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten.
Sollte besser heissen : "Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten aber auch nicht ausgeschlossen."

Denn "Wahrsagerei" hat meiner Meinung in der Medizin nichts zu suchen.

Grüsse
Ingo

Gaby Modig
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Revisionsverfahren RA Putz - 2 StR 454/09 -

Beitrag von Gaby Modig » 28.06.2010, 06:38

ingod hat geschrieben: .... mich stört eigentlich dieser Satz.
WernerSchell hat geschrieben:Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten.
Sollte besser heissen : "Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten aber auch nicht ausgeschlossen." Denn "Wahrsagerei" hat meiner Meinung in der Medizin nichts zu suchen. ....
Hallo,
wer sich zu der Strafsache Putz äußert, sollte schon die Fakten gehen. Der o.a. Satz betreffend des nicht besserungsfähigen Gesundheitszustandes stammt aus Gerichtsunterlagen, gut recherchiert. Anhand der Sachverhaltsbeschreibung war für alle Beteiligten klar, dass eine irreversible Schädigung vorlag. Besserungsmöglichkeiten waren unwidersprochen ausgeschlossen. Hier jetzt irgend etwas hinein zu interpretieren und von Wahrsagerei zu sprechen, geht an der Situation, in der sich die die pflegebedürftige Frau befand, völlig vorbei.
Aber selbst wenn es Besserungsmöglichkeiten gegeben hätte: Es gab eine klare Willensbekundung, dass die Frau unter den gegebenen Umständen nicht künstlich ernährt werden wollte. Auch dieser Sachverhalt ist unbestritten.
MfG Gaby
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

Gaby Modig
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Patientenwille allein maßgeblich

Beitrag von Gaby Modig » 05.07.2010, 06:51

Guten Morgen,

mittlerweile habe ich zum Richterspruch vom 25.06.2010 viele Kommentierungen gelesen. Dabei fiel auf, dass insbesondere kirchennahe Personen / Institutionen wieder mit den alten Vorbehalten und Forderungen nach Reichenweitenbeschränkungen argumentierten. Nach meinem Eindruck will man nicht so richtig wahrhaben, dass der Patient allein entscheidet, und zwar unabhängig von der Schwere der Krankheit / Lebenssituation. Es kommt damit einzig darauf an, ob der Patient klar und unmissverständlich seinen Willen formuliert hat. Allein insoweit sehe ich Probleme, die aber vom Gesetzgeber nicht gelöst werden können.

MfG Gaby
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

Presse
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Straflose Sterbehilfe endlich geklärt

Beitrag von Presse » 12.11.2010, 13:37

Ärzte nicht mehr mit einem Bein im Gefängnis
Straflose Sterbehilfe endlich geklärt
Medical Tribune Bericht
KARLSRUHE – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Voraussetzungen für Sterbehilfe geklärt. Ärzte, Betreuer und Pflegeheime müssen lebens­erhaltende Behandlungen beenden, wenn es dem Willen des Patienten entspricht. .... (mehr)
http://www.medical-tribune.de/patienten/magazin/26573/

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