Meinungsumfrage unter Medizinern: Jeder Dritte fuer assistierten Suizid - jeder Sechste fuer aktive Sterbehilfe
Hamburg (ALfA). Laut einer aktuellen repraesentativen, anonymen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Healthcare im Auftrag des Nachrichtenmagazins Spiegel unter 483 Aerzten wuerden 35 Prozent der Befragten eine Regelung befuerworten, die es Aerzten ermoeglicht, Patienten mit fortgeschrittener, schwerer, unheilbarer Krankheit beim Suizid zu helfen. Beihilfe zum freiverantwortlichen Suizid ist in Deutschland straflos, kann aber berufsrechtliche Konsequenzen haben. Ganze 16,4 Prozent der Mediziner sprachen sich zudem fuer die bislang in Deutschland verbotene aktive Sterbehilfe aus. Diese Ergebnisse wurden am 22. November bei Spiegel Online veroeffentlicht. Befragt wurden Mediziner, die als Hausarzt oder Internist, Onkologe, Anaesthesist und Palliativmediziner im Krankenhaus Schwerstkranke behandeln. Erschreckend ist auch, dass sich demnach fast 40 Prozent vorstellen koennen, selbst Patienten beim Suizid zu helfen. Ueber 3,3 Prozent der befragten Mediziner gaben an, bereits ein- oder mehrmals einem Patienten beim Suizid geholfen und damit ihrem Standesrecht zuwidergehandelt zu haben. Laut Spiegel waeren das hochgerechnet allein unter den befragten Aerztegruppen ca. 3000 Mediziner. Nicht mitgerechnet sei dabei die Dunkelziffer der aktiven Sterbehilfe.
Die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht fuer Alle e.V., Dr. med. Claudia Kaminski, erklaerte am 24. November in einer Pressemitteilung, die Ergebnisse der Befragung seien "ein Skandal". "Anderseits kann es kaum wundern, dass in einer Gesellschaft, welche die Toetung von Kindern im Mutterleib bereits weitreichend legalisiert hat und teilweise sogar mit den Steuergeldern ihrer Buerger subventioniert, auch andere, fuer selbstverstaendlich erachtete ethische Prinzipien aus dem Blick geraten. Standesvertretung und Gesetzgeber sind nun gefordert, unmissverstaendlich klarzustellen, dass die Beihilfe zum Selbstmord dem aerztlichen Ethos diametral entgegengesetzt ist", mahnte Kaminski. Aerzte seien moralisch verpflichtet, soweit ihnen das mittels der aerztlichen Kunst moeglich ist, zu heilen und Leid zu lindern. Aerzte und Patienten muessten dabei grundsaetzlich akzeptieren, dass auch die aerztliche Kunst bisweilen an Grenzen stoeßt. "Werden diese Grenzen erreicht, ist es ethisch keine akzeptable Alternative, anstelle des Leids den Leidenden aus der Welt zu schaffen oder ihn dabei zu unterstuetzen, dies selbst zu tun. Dies waere vielmehr ein entsetzlicher Verrat am aerztlichen Heilauftrag, der zudem weitreichende Konsequenzen fuer das Vertrauen der Patienten in die gesamte Aerzteschaft haette", so die Aerztin.
Aus Sicht der Aktion Lebensrecht fuer Alle e.V. (ALfA) sei es darueber hinaus dringend erforderlich, dass sich unsere Gesellschaft rechtzeitig darueber Gedanken macht, welche Folgen eine Legalisierung des aerztlich assistierten Suizids fuer den Rest der Gesellschaft haette. "Dazu gehoert auch, sich klar zu machen, dass angesichts der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen und des demografischen Wandels sehr schnell eine gesellschaftliche Erwartungshaltung entstehen koennte, die dann all jene unter Druck setzen wuerde, sich ebenfalls zu toeten, wenn es fuer sie keine Aussicht auf Heilung mehr gibt", warnte Kaminski. Aus der aus falsch kanalisiertem Mitleid geborenen Moeglichkeit, aerztliche Hilfe beim Selbstmord in Anspruch zu nehmen, koenne sehr leicht eine Pflicht zum Suizid werden. "Um dies zu verhindern, gibt es nur einen sicheren Weg: Beihilfe zum Selbstmord muss fuer Aerzte tabu bleiben", so Kaminski abschließend.
Die Deutsche Hospiz-Stiftung forderte in einer Pressemitteilung angesichts der Befragungsergebnisse verpflichtende ethische Fortbildungen fuer aerztliche Berufe und mehr Geld fuer eine professionelle Sterbebegleitung. Die Umfrage zeige, "wie wenig sattelfest Aerzte sowohl in ethischen als auch medizinischen Fragen sind".
Weitere Informationen:
Ein Drittel deutscher Aerzte befuerwortet Sterbehilfe
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland strafbar, Beihilfe zum Suizid kann berufsrechtliche Konsequenzen haben. Dennoch plaedieren viele Aerzte dafuer, Patienten beim Suizid helfen oder gar auf Wunsch der Kranken deren Leben beenden zu duerfen. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des SPIEGEL.
SPIEGEL Online 22.11.08
http://www.spiegel.de/politik/debatte/0 ... 70,00.html
Quelle: Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA) e.V. - ALfA-Newsletter 45/08 vom 29.11.2008