Beschwerdestelle gegen Pflegeheim?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Antworten
Kimmy
Newbie
Beiträge: 2
Registriert: 06.06.2012, 11:51

Beschwerdestelle gegen Pflegeheim?

Beitrag von Kimmy » 07.06.2012, 22:33

Hallo,
ich habe die Linkadresse vom elternpflege-forum bekommen.
Vielleicht kann mir hier jemand raten was ich tun kann.
Gewisse Vorkommnisse in einem Senioren-Pflegeheim haben dazu geführt das ich meine Mutter da so schnell wie möglich rausgeholt habe. Gibt es so etwas wie eine Besschwerdestelle?
Ich habe schon mit der Krankenkasse darüber gesprochen, die zucken nur die Schulter.

Wir waren gezwungen unsere Mutter kurzfristig in dieses Heim zu geben. Das Pflegeheim welches wir ausgesucht hatten, da war nichts frei und deshalb habe ich Mutter auf die Warteliste gesetzt.

Schon nach 4-5 Wochen hatte meine Mutter gut 3 Kleidergrößen zugelegt. Auch in ihre normalen Schuhe passten sie nicht mehr. Meine Mutter war, solange ich denken, kann immer sehr schlank, fasst schon zu dünn, aß aber immer gut.

Dann war auf einmal ihre Gebiss-Teilprothese weg und tauchte nie wieder auf.

Da meine Mutter so zu genommen hatte, brauchte sie natürlich neue Sachen. Eigentlich war ich ständig neue Kleidung am kaufen, nur habe ich bis auf zwei dünne Rollkragenpullis davon nichts mehr wieder gesehen(obwohl in die Sachen an den Etiketten mit Namen versehen habe).
Man muss sich mal vorstellen, als ich sie ins neue Pflegeheim brachte, hatte sie keine Unterwäsche, kein Unterhemd und kein T-Shirt mehr. Blumen die ich ihr mitbrachte, meist langlebige Orchieen, waren ein paar Tage später nicht mehr da.
Kosmetika hielten auch nicht lange und waren weg. Dabei waren die Zimmer, wie auch die Schränke abgeschlossen. Es konnte also nur das Personal dran. Wenn wir dran mussten wurde uns aufgeschlossen und die Pflegerin blieb die ganze Zeit dabei stehen.

Die Senioren die dort lebten kamen mir alle ruhiggestellt vor. Was heisst lebten, für mich vegetierten sie bloss vor sich hin. Egal zu welcher Tageszeit wir dort ankamen alle saß im Aufenthaltsraum, wo auch gegessen wurde und wartete auf die drei High Lights des Tages. Frühstück, Muttag und Abendbrot. Mindestens 5 Leute sah ich da die immer an ihrem Stuhl angeschnallt waren, dabei war die Etage abgeschlossen und sie hätten dort ruhig rumlaufen können.
Es wurde kaum geredet, nein die meisten saßen sowieso immer da und schliefen. Es war eine sehr bedrückende Stimmung dort, so das man schnellstens wieder weg wollte. Auch meine Mutter saß da, richtig weggetreten.
Waren wir allerdings angemeldet, weil wir mit ihr was unternehmen wollten, war sie auf einmal hellwach und ansprechbar.
Ja sie selber komunizierte, soweit ihr das noch möglich war. Das fanden wir schon sehr auffällig. Wenn man sie dann fragte wie es ihr dort gefällt, sagte sie immer "Beschissen".

Jetzt im neuem Heim, da ist eine ganz andere Athmosphäre. Wir sind manchmal Stunden da, die Zeit verfliegt wie im Fluge. Wir bekommen sogar Essen angeboten. Ach ja und die Pflegerinnen essen hier mit den Senioren an einem Tisch.

Im ersten Heim haben wir beobachtet, das die Pflegerinnen sich zum Essen in einem Extraraum zurückzogen und die Senioren unterdessen warteten bis sie an der Reihe waren.

Hier im neuen Heim wird auch sehr viel mit den Demenzkranken unternommen. Meine Mutter ist neuerdings ständig beschäftigt. Hier ist sie auch gerne sagt sie und fühlt sich wohl. Das sie hier ein eigenes Zimmer hat ist auch optimal.
Da hat sie ihr eigenes kleines Reich, mit den ihr gewohnten Möbeln und Gegenständen.

Ein nächster Beschwerdepunkt über das erste Heim ist die letzte Abrechnung.
Wir mussten ja eine ausserordentliche Kündigung schreiben. Weil wir ja keine Zeit hatten. Die Chance musste ja sofort wahr genomme werden. Und da meine Mutter sich da eh nicht wohl fühlte, ich mich jedesmal ärgerte, wenn ich da weg bin und auch mein Vater so viel leichter zu ihr hin kann, haben wir sie natürlich sofort da rausgenommen.

Sie war noch ganze 2 Tage dort und jetzt bekomme ich eine Abrechnung, wo ich über 300 Euro mehr zahlen soll, als die Monate davor. Die haben die gesammten Kosten wie gehabt verlangt und wir sollen das Pflegegeld für die 29 Tage die sie jetzt im neuem Heim ist, aus eigener Tasche bezahlen. Weil das Pflegegeld ja das neue Heim bekommt.
Als wir mit dem 1. Heim den Vertag besprochen hatten, sagte man uns im Falle einer vorzeitigen Kündigung würden noch 70% für Bett und Essen anfallen und zwar für den Zeitraum, den sie das Bett noch nicht belegt haben. (komisch da war mir schon klar, das sie uns den ganzen letzten Monat berechnen werden).
Wir bekamen einen Mustervertrag mit, den wir uns durchlesen sollten. Da war auch eine Seite wo das mit den 70% erklärt wurde. Als wir dann den Originalvertrag unterschieben, gab es für mich erst mal keine Zweitschrift. Sie würden ihn kopieren und mir die Kopien zuschicken. Was sie dann nach 2 Wochen auch taten.
Jetzt habe ich festgestellt, das da besagte Seite mit den 70% fehlt. Was mir im nachhinein noch auffällt, das neue Heim hat uns den Vertrag am gleichen Tag in doppelter Ausführung zum Unterschreiben gegeben und bei beiden waren die Seitenecken oben rechts umgeknickt, festgeheftet und darüber mit einem Stempel versehen. So kann nichts wegkommen oder hinzugefügt werden.
Im alten Heim bekamen wir nur fliegende Blätter.
Im Rechnungs-Begleitbrief stand, es hätte kein Grund für die Kündigung vorgelegen.

Beim Auszug habe ich der Heimleiterin gesagt, das ich dem Heim die fehlenden Sachen meiner Mutter und auch die Gebiss-Teilprothese in Rechnung stellen werde. Für die Gebiss-Teilprothese wollte ich mit Mutter zu ihrem Zahnarzt und schon mal einen Kostenvoranschlag machen lassen. Den könnten sie dann an ihre Hauseigene Haftpflichtversicherung weiterleiten.
Darauf entgegnete sie, so einfach ginge das nicht.


Was habe ich das schon bereut Mutter dorthin gebracht zu haben. Aber zwischenzeitlich ging es nicht anders. Wer hätte denn 24 Stunden auf sie aufpassen sollen. So gegen Ende April waren ich und mein Mann schon am überlegen ob wir sie nicht solange zu uns holen, bis in dem anderen Heim ein Platz frei wird.

Sicherlich gibt es Heime die noch schlimmer sind, aber man muss sich ja nicht alles gefallen lassen.
Bei der KK meinte man sogar, sie glaubten nicht, das das alte Heim Mutters Bett den ganzen Monat nicht mehr belegt bekommen hat. Es würden händeringend Plätze gesucht.
Aber das würden wir nie raus bekommen. Die bekommen doch die Pflegegelder, davon kann man doch ableiten, wieviel Betten belegt sind. Aber angeblich müssen die Heime nicht bekannt machen, wieviel Betten sie zur Verfügung haben.

Soviel Ungereimtheiten und Fragen habe ich, das ist schon wieder ein kleiner Roman geworden.
Ich hoffe es kann mir jemand Tipps geben, was ich machen kann.

LG Kimmy

Herbert Kunst
phpBB God
Beiträge: 894
Registriert: 13.11.2005, 13:48

Heimunterbringung - Umgang mit Pflegemängel

Beitrag von Herbert Kunst » 08.06.2012, 06:41

Hallo Kimmy,
es gab bezüglich der pflegerischen und sonstigen Versorgung in einem Heim Beanstandungen. Nunmehr ist die Mutter in einem anderen Heim untergebracht und dort ist offensichtlich alles gut.
Da es nun um die Benennung der Mängel um das zuerst in Anspruch genommene Heim geht und wegen Auszug dort keine Repressalien zu befürchten sind, können unter Nennung von "Ross und Reiter" zur weiteren Veranlassung v.a. informiert und um weitere Veranlassung gebeten werden: Heimaufsicht und Medizinischer Dienst (ggf. über die zuständige Pflegekasse informieren). Je nach Schwere der Beanstandungen kann auch eine Strafanzeige wegen Körperverletzung, unterlassene Hilfeleistungen usw. erwogen werden. Ergänzend kann man, wenn nicht gehörig eingegriffen wird, daran denken, das zuständige Landesgesundheitsministerium oder die Medien zu informieren.
Es muss allerdings geraten werden, die Beanstandungen ggf. mit entsprechenden Beweisen zu unterlegen. Denn sonst kann es seitens des kritisierten Heimes auch eine Returkutsche in Form einer Schadensersatzklage (weg. Rufschädigung) geben.
Wenn es dann auch noch um Abrechnungsprobleme geht, ist an die Einschaltung der jeweiligen Verbraucherzentrale zu denken. Möglicherweise ist dabei zu erwägen, die Abrechnung wegen mangelhafter Pflegeleistungen zu reduzieren. Sollte die Beurteilung und Abwicklung all der angesprochenen Punkte schwierig sein, sollte an die Beauftragung eines Rechtsanwaltes gedacht werden. Wenn eine Rechtsschutzversicherung mit Vertragsrechtsschutz vorliegt, kann das aus finanziellen Erwägungen unproblematisch sein.
Es gibt eine passende Buchveröffentlichung, die vielleicht ausgewertet werden sollte. Dazu habe ich einen Hinweis angefügt.
Gruß Herbert Kunst

Schell, Werner: "100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen"
viewtopic.php?t=15822
Pflegemängel – schnelle Hilfe für den Notfall
viewtopic.php?t=15828
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Rob Hüser
phpBB God
Beiträge: 611
Registriert: 13.11.2005, 16:47

Pflegemängel und deren Überprüfung

Beitrag von Rob Hüser » 08.06.2012, 08:01

Guten Morgen,
Herbert hat im Prinzip schon die richtigen Hinweise gegeben. Auf den Buchtipp mache ich auch noch einmal aufmerksam.
Es gibt also vielfältige Möglichkeiten, Pflegemängeln nachzuspüren und ggf. Sanktionen durchzusetzen. Es hängt aber alles davon ab, ob die angenommenen Fehler und Unzulänglichkeiten auch belegt, d.h. bewiesen, werden können.
Man kann im Übrigen die Pflegedokumentation in Kopie herausverlangen, so dass anhand der Aufzeichnungen der Ablauf der Dinge auch ein wenig nachvollzogen werden kann. Allerdings stellen sich insoweit Fragen, ob denn die Dokumentation vollständig ist oder ggf. nachträglich komplettiert wurde.
Was ich nicht verstehe ist, dass sich die Kranken- bzw. Pflegekasse nicht für die Mängel interessiert hat. Sie muss ggf. doch den MDK beauftragen, Kontrollen durchzuführen. Im Übrigen sind die Pflegekassen diejenigen, die mit den Heimen Verträge abschließen, damit also erst die Zulassung zur Versorgung der pflegebedürftigen Menschen ermöglichen. Also insoweit kann man auch noch einmal konkreter nachhaken.
Viele Grüße
Rob
Das Pflegesystem muss dringend zukunftsfest reformiert werden!

Herbert Kunst
phpBB God
Beiträge: 894
Registriert: 13.11.2005, 13:48

Behandlungs- und Pflegefehler - Krankenkassen können prüfen

Beitrag von Herbert Kunst » 10.06.2012, 07:31

Hallo Kimmy,
mir ist noch ein Hinweis eingefallen:
Die Krankenkassen können nach § 66 SGB V wegen mutmaßlicher Behandlungs- und Pflegefehler Patienten unterstützen (siehe den angefügten Text). Damit wäre es möglich, eventuelle "Ungereimtheiten" in der Vergangenheit näher unter die Lupe zu nehmen. Die Regelung des § 66 SGB V soll im Rahmen der Verabschiedung des geplanten Patientenrechtegesetzes übrigens in eine Soll-Vorschrift umgewandelt werden.
Gruß Herbert Kunst

§ 66 SGB V Unterstützung der Versicherten bei Behandlungsfehlern
Die Krankenkassen können die Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind und nicht nach § 116 des Zehnten Buches auf die Krankenkassen übergehen, unterstützen.
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Kimmy
Newbie
Beiträge: 2
Registriert: 06.06.2012, 11:51

Beitrag von Kimmy » 12.06.2012, 16:04

Hallo Herr Kunst,
danke für den Hinweiss auf diesen Paragraphen.:)

LG Kimmy

Antworten