Aus einem Schriftwechsel:
Fixierungsmaßnahmen – überwiegend entbehrlich!
Frau ... schrieb:
Im Rahmen der Überprüfung eines Pflegeheims fiel auf, dass ein hiesiger Amtsrichter sehr umfangreiche Fixierungsmaßnahmen genehmigt, wie z.B. Bettgitter + Bauchgurt beim Sitzen + regelmäßiges Verschließen der Zimmertür nachts, bei Unruhezuständen und Störung anderer Bewohner. Das Heim unternimmt anscheinend wenig, um anders mit der Problematik klar zu kommen. Gibt es Richtlinien für Richter, wann welche Fixierungsmaßnahmen angemessen sind?
Sehr geehrte Frau ...,
bei den angesprochenen Maßnahme geht es um Eingriffe in die von der Verfassung garantierten Freiheitsrechte (Art. 1, 2, 104 GG). Dass Richter bei der Genehmigung solcher Eingriffe nicht selten relativ großzügig verfahren, ist bekannt und wurde in den Medien wiederholt unter Darstellung von konkreten Einzelfällen kritisiert. Mit Rücksicht auf die Rechte der hilfe- und pflegebedürftiger Menschen (siehe auch den Chartatext hierzu!) erscheint es daher geboten, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen nicht gerechtfertigte Fixierungsmaßnahmen vorzugehen (Beschwerde, Information an die Heimaufsicht bzw. den MDK, Öffentlichkeit, Strafanzeige usw.).
Zu bedenken ist aber, dass bei solchen Maßnahmen auch immer eine Mitwirkung von Pflegekräften, Ärzten, Rechtliche Betreuung bzw. Bevollmächtigte zu erfolgen hat und daher auch Fehleinschätzungen im Vorstadium des richterlichen Genehmigungsverfahrens erfolgen können.
Es gibt mittlerweile zahlreiche Veröffentlichungen, die die rechtlichen Gegebenheiten im Umgang mit Fixierungen näher beschreiben und vor allem alternatives Verhalten aufzeigen. Sie finden dazu in meinem Rechtsalmanach unter Betreuungs- und Unterbringungsrecht zahlreiche Beiträge:
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... srecht.htm
Weitere Informationen z.B. im Forum unter
Freiheitsentzug - Freiheitsbeschränkende Maßnahmen – Selbstbestimmung des Patienten / Pflegebedürftigen achten!
viewtopic.php?t=5281&highlight=freiheitsentziehende
Eine hilfreiche Buchveröffentlichung zum Thema:
Hofmann / Klie (Hrsg.): Freiheitsentziehende Maßnahmen - Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen in Betreuungsrecht und -praxis
Näheres unter: http://www.wernerschell.de/Aktuelles/fr ... nahmen.htm
Der Pflege-Selbsthilfeverband e.V. (Pflege-SHV) – http://www.pflege-shv.de – geht im Übrigen Pflegemissständen (im weitesten Sinne) nach und ist daher an konkreten Hinweisen („Ross und Reiter“) zu Menschenrechtsverletzungen im Bereich der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen interessiert.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
....
Fixierungsmaßnahmen – überwiegend entbehrlich!
Moderator: WernerSchell
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Fixierungsmaßnahmen – überwiegend entbehrlich!
Zuletzt geändert von WernerSchell am 11.11.2007, 07:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Selbstbestimmung muss Vorrang haben. Charta beachten!
Volle Zustimmung - Selbstbestimmung muss Vorrang haben. Charta beachten!
Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen muss konsequent Beachtung finden!
Chartatext hier:
http://www.wernerschell.de/Medizin-Info ... 120505.PDF
Chartatext hier:
http://www.wernerschell.de/Medizin-Info ... 120505.PDF
Fixierungsmaßnahmen – überwiegend entbehrlich!
Gut so! Diese Feststellung muss immer wieder getroffen werden, weil die Praxis zum Teil anders aussieht.WernerSchell hat geschrieben: .... Fixierungsmaßnahmen – überwiegend entbehrlich! ....
Alle am Thema interessierten LeserInnen auch folgende Beiträge auswerten:
Fixierung Demenzkranker nur mit Genehmigung!
viewtopic.php?t=6540&highlight=fixierung
Pflegekräfte verzichten bei Demenzkranken auf Fixierung
viewtopic.php?t=4970&highlight=fixierung
Zu viele Zwangsmaßnahmen in Pflegeheimen
viewtopic.php?t=4884&highlight=fixierung
Angehörige aufgepasst - Zwangsmaßnahmen drohen
viewtopic.php?t=4123&highlight=fixierung
"Die Menschenwürde ist unanstastbar" (Art. 1 Grundgesetz). Dies muss in der Pflege oberste Handlungsmaxime sein - für alle!
Fixierungsmaßnahmen - vielfach missbräuchlich!
Hi !
Fixierungsmaßnahmen sind auch deswegen entbehrlich, da Mißbrauch betrieben wird !
Laut der Pressemitteilung vom 02.03.2007 der Staatsanwaltschaft Stuttgart wurde Haftbefehl gegen einen Amtsrichter erlassen.
Der beschuldigte Amtsrichter habe die Vorwürfe bestritten.
Das Strafgesetzbuch sieht für Rechtsbeugung eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr vor.
Dem beschuldigten Richter wurde nach dem Ermittlungsstand vorgeworfen, als Vormundschaftsrichter für betreute, in Senioren und Pflegeheimen befindliche Personen freiheitsentziehende Maßnahmen ohne die gesetzlich erforderliche Anhörung angeordnet zu haben.
In der Mehrzahl der Fälle soll er durch Protokolle in den Akten eine Anhörung fingiert haben.
Teilweise waren die Betroffenen zum Zeitpunkt der angeblichen Anhörung bereits verstorben.
Teilweise konnten die in den Protokollen als anwesend vermerkten Personen ausschließen, dass sie bei der behaupteten Anhörung dabei gewesen waren.
In einigen Fällen seien gar keine Anhörungsprotokolle in den Akten vorhanden gewesen.
Die Staatsanwaltschaft ging aufgrund der zu erwartenden Strafe und bestehender Auslandsverbindungen des Beschuldigten von Fluchtgefahr aus.
Der Richter sei in ein Justizvollzugskrankenhaus gebracht.
http://www.justiz.baden-wuerttemberg.de ... OT=1177700
Unter solchen Umständen sind Fixierungsmaßnahmen völlig entbehrlich !
Aufwiederschreiben
didado
Fixierungsmaßnahmen sind auch deswegen entbehrlich, da Mißbrauch betrieben wird !
Laut der Pressemitteilung vom 02.03.2007 der Staatsanwaltschaft Stuttgart wurde Haftbefehl gegen einen Amtsrichter erlassen.
Der beschuldigte Amtsrichter habe die Vorwürfe bestritten.
Das Strafgesetzbuch sieht für Rechtsbeugung eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr vor.
Dem beschuldigten Richter wurde nach dem Ermittlungsstand vorgeworfen, als Vormundschaftsrichter für betreute, in Senioren und Pflegeheimen befindliche Personen freiheitsentziehende Maßnahmen ohne die gesetzlich erforderliche Anhörung angeordnet zu haben.
In der Mehrzahl der Fälle soll er durch Protokolle in den Akten eine Anhörung fingiert haben.
Teilweise waren die Betroffenen zum Zeitpunkt der angeblichen Anhörung bereits verstorben.
Teilweise konnten die in den Protokollen als anwesend vermerkten Personen ausschließen, dass sie bei der behaupteten Anhörung dabei gewesen waren.
In einigen Fällen seien gar keine Anhörungsprotokolle in den Akten vorhanden gewesen.
Die Staatsanwaltschaft ging aufgrund der zu erwartenden Strafe und bestehender Auslandsverbindungen des Beschuldigten von Fluchtgefahr aus.
Der Richter sei in ein Justizvollzugskrankenhaus gebracht.
http://www.justiz.baden-wuerttemberg.de ... OT=1177700
Unter solchen Umständen sind Fixierungsmaßnahmen völlig entbehrlich !
Aufwiederschreiben
didado
Hüftprotektoren als Kassenleistung
Mittel Hüftprotektoren lassen sich viele Fixierungen vermeiden. Laut Urteil des Landessozialgerichtes NRW vom 31.5.2007 ( AZ: L 16 (5,2) KR 70/00) ist die Anschaffung von Hüftprotektoren in das Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen aufzunehmen.
Siehe auch unter
viewtopic.php?t=4246
Mittel Hüftprotektoren lassen sich viele Fixierungen vermeiden. Laut Urteil des Landessozialgerichtes NRW vom 31.5.2007 ( AZ: L 16 (5,2) KR 70/00) ist die Anschaffung von Hüftprotektoren in das Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen aufzunehmen.
Siehe auch unter
viewtopic.php?t=4246