Ruhig gestellte Patienten beobachten

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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Gast

Ruhig gestellte Patienten beobachten

Beitrag von Gast » 15.10.2003, 16:20

Ruhig gestellte Patienten beobachten – ein Gebot der Sorgfaltspflicht !

Ein Leitsatz zu einer interessanten Entscheidung:

Wird ein Patient bei einer ambulanten Behandlung so stark sediert, daß seine Tauglichkeit für den Straßenverkehr für einen längeren Zeitraum erheblich eingeschränkt ist, kann dies für den behandelnden Arzt die Verpflichtung begründen, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß sich der Patient nach der durchgeführten Behandlung nicht unbemerkt entfernt.

Der Fall und die Entscheidung:

Ein Arzt muss dafür sorgen, dass ein mit Medikamenten ruhig gestellter Patient die Praxis oder das Krankenhaus nicht unbemerkt verlassen kann. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe vom 08.04.2003 - VI ZR 265/02 – hervor. Notfalls müsse er den Patienten unter ständiger Beobachtung lassen. Der BGH hob damit ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück.
In dem entschiedenen Fall hatte sich ein Familienvater einer Magenspiegelung unterzogen. Er war dazu mit Medikamenten ruhig gestellt und auch belehrt worden, er dürfe keinesfalls mit dem Wagen nach Hause fahren. Dem Patienten gelang es jedoch, unbemerkt die Klinik zu verlassen. Er geriet mit seinem Auto auf die Gegenfahrbahn, kollidierte mit einem Lastwagen und starb noch an der Unfallstelle. Anders als das OLG hielt der BGH dem behandelnden Arzt eine Verletzung seiner Sorgfaltspflichten vor. Das OLG muss nun in einem neuen Verfahren dem Umfang des Schadenersatzes an die Hinterbliebenen klären.

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