BGH-Beschluss zu Patientenverfügungen nicht haltbar - Deutsche Hospiz Stiftung fordert Korrektur
Berlin. Heute stellte die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung in Berlin den aktuellen „10-Fragen-Katalog“ vor. Dieser beantwortet die wichtigsten Fragen zum Beschluss des BGH. Die juristische Instanz hatte im Zusammenhang mit lebensverlängernden Maßnahmen an einwilligungsunfähigen Patienten beschlossen, dass für Maßnahmen, die zum Tode führen, eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt werden muss. So ging es im konkreten Fall um die Einstellung von künstlicher Ernährung, die in einer Patientenverfügung eingefordert wurde. War jedoch Klärung grundsätzlicher Fragen das Anliegen des BGH, hat dieser sein Ziel eindeutig verfehlt. „Das Chaos bei der Regelung von Betreuungsrechtsfragen der örtlichen Vormundschaftsgerichte ist jetzt erst recht ausgebrochen“, kommentierte Eugen Brysch, der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung. „Der Beschluss ist so nicht haltbar, er schafft mehr Unsicherheiten als vorher“, urteilte der renommierte Verfassungsrechtler Prof. Wolfram Höfling aus Köln.
„Validität und Praktikabilität“ – Ansprüche stellen, Hilfen geben
8% (ca. 7 Mio.) der in einer repräsentativen Emnid-Studie befragten Menschen in Deutschland haben eine Patientenverfügung aufgesetzt, 81% (das sind ca. 53 Mio.) hingegen wollen eine Patientenverfügung schreiben. Am Schmerz- und Hospiztelefon der Deutschen Hospiz Stiftung – der bundesweiten Hotline für Anfragen zu Patientenverfügungen – melden sich täglich viele, völlig verunsicherte Menschen. Sie stellen Fragen wie: Ist meine Patientenverfügung weiterhin wirksam und sinnvoll? Was kann ich tun, um bestmöglich vorzusorgen? Der „10-Fragen-Katalog“ hilft allen, sich im vom BGH-Beschluss verursachten juristischen Dschungel zurechtzufinden. Die kompetente Empfehlung heißt: Umfassend Vorsorge treffen mit der Medizinischen Patientenanwaltschaft, der juristisch geprüften Patientenverfügung der Deutschen Hospiz Stiftung. Sie enthält alle wichtigen Dokumente und umfassende Erläuterungen. Denn jetzt ist es umso wichtiger, bei der Erstellung einer Verfügung auf Validität und Praktikabilität zu achten. Wichtige Erläuterungen zu Qualitätskriterien für Patientenverfügungen – auch zur Überprüfung bereits erstellter Dokumente - finden sich im 12-Punkte-Check der Deutschen Hospiz Stiftung.
Forderungen:
Der Gesetzgeber ist aufgefordert zu handeln und die Verwirrung, die aus dem BGH-Beschluss entstand, zu korrigieren. An der Entwicklung eines solchen Gesetzes müssen alle gesellschaftlich relevanten Gruppen beteiligt sein. Die Deutsche Hospiz Stiftung als Anwalt und Sprecher der Schwerstkranken, der Sterbenden und ihrer Angehörigen wird sich daran gerne beteiligen.
Dringender Handlungsbedarf ergibt sich aber auch in anderer Hinsicht: Nicht nur die Verfasser von Verfügungen sind verunsichert. Die Vormundschaftsgerichte sind nicht vorbereitet: Richtern fehlen die Grundlagen, um in diesem Umfang rechtlich-ethische Entscheidungen zu treffen. Deshalb muss es für die Richter Fortbildungsmöglichkeiten geben. Und es müssen endlich Qualitätskriterien für Patientenverfügungen geschaffen werden, die Validität und Praktikabilität der Willenserklärung sichern und bei Entscheidungen als Grundlage dienen können. Gleiches gilt für Mediziner. Auch sie sind oft unsicher, was die Handhabung von Patientenverfügungen angeht. „Hier herrscht ein unübersichtlicher Wirrwarr. 50% der Ärzte können z.B. den Begriff der passiven Sterbehilfe – also der erlaubten Maßnahmen im Sterbeprozess - nicht definieren“, so Brysch. Konsequenz daraus: Auch bei den Ärzten ist Fortbildung dringend notwendig!
Hintergrund
Die Deutsche Hospiz Stiftung ist die Patientenschutzorganisation für Schwerstkranke und Sterbende. Sie hat 55.000 Spender und Mitglieder. Das Zentralinstitut für soziale Fragen hat der gemeinnützigen Organisation sein Spendensiegel verliehen – das Markenzeichen seriöser spendensammelnder Organisationen.
Hinweis:
Als besonderes Service-Angebot ist der 10-Fragen-Katalog – sowie der 12-Punkte-Check und andere Informationen - auch im Internet kostenlos abrufbar: http://www.hospize.de „Aktuelles“
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Hospiz Stiftung in Dortmund vom 10.7.2003
Patientenverfügung - Fragen zu BGH-Beschluss
Moderator: WernerSchell
Re: Fragen zu BGH-Beschluss
Die Kritik am Beschluss des BGH vom 17.3.2003 halten wir für nicht berechtigt. Im Ergebnis kann die BGH-Entscheidung nur begrüßt werden. Allerdings haben wir hinsichtlich der Begründung des Beschlusses eine teilweise andere Auffassung (Auslegungsproblematik).
Unserer Meinung nach kann nur Klarheit geschaffen werden, wenn sich der Gesetzgeber des Themas annimmt und eindeutige Regeln schafft.
Zahlreiche Beiträge zum Thema finden Sie in unserem Rechtsalmanach, Nr. 13; u.a.:
Beschluss des BGH zur Sterbehilfe vom 17.03.03 bringt für die Patientenrechte mehr Schaden als Nutzen - Keine Auswirkung für den Traunsteiner Komapatienten
Behandlungsabbruch im Rahmen einer "Rechtlichen Betreuung" genehmigungspflichtig! Nachfolgend
- der Vorlagebeschluss des OLG Schleswig vom 12.12.2002 PDF und
- der Beschluss des BGH vom 17.3.2003 PDF
Unserer Meinung nach kann nur Klarheit geschaffen werden, wenn sich der Gesetzgeber des Themas annimmt und eindeutige Regeln schafft.
Zahlreiche Beiträge zum Thema finden Sie in unserem Rechtsalmanach, Nr. 13; u.a.:
Beschluss des BGH zur Sterbehilfe vom 17.03.03 bringt für die Patientenrechte mehr Schaden als Nutzen - Keine Auswirkung für den Traunsteiner Komapatienten
Behandlungsabbruch im Rahmen einer "Rechtlichen Betreuung" genehmigungspflichtig! Nachfolgend
- der Vorlagebeschluss des OLG Schleswig vom 12.12.2002 PDF und
- der Beschluss des BGH vom 17.3.2003 PDF
Patientenverfügung - Fragen zu BGH-Beschluss
"Das BGH-Urteil ist ein Glanzstück an juristischer Konfusion", so Prof. Wolfram Höfling, Verfassungsrechtler (Uni Köln) und Vorstandsmitglied der Hospiz Stiftung gestern in Berlin (Dokumentation in PHOENIX vom 10.7.2003)
Die Deutsche Hospizstiftung hofft den Streit um das jüngste BGH-Urteil zur Patientenverfügung durch eine neue Rechtsgrundlage beilegen zu können: Patientenautonomie und -integrität würden dadurch eingeschränkt, daß laut Urteil in Konfliktfällen zwischen Arzt und Betreuer ein Vormundschaftsgericht entscheiden soll, wie eine Patientenverfügung anzuwenden ist. Zumeist hätten jedoch Vormundschaftsrichter weder die Zeit noch die Kompetenz, um die Komplexität von Einzelfällen beurteilen zu können. Die Hospizstiftung will stattdessen das ärztliche Beratungsgespräch im Zusammenhang mit Patientenverfügungen gesetzlich verankert sehen. "Die ganzen Musterformulare helfen wenig. 98 Prozent der Patienten wissen nicht, was sie da unterschreiben", sagte Höfling.
______________________________
Juristische Konfusion
(Auszug aus Kommentar von Hanno Kautz aus Aerztezeitung.de vom 11.7.):
"Der Versuch des Bundesgerichtshofes, den Umgang mit Patientenverfügungen eindeutig zu regeln (wir berichteten), ist gescheitert. Das beweist der Aufschrei der Betroffenen, die zweifeln, was der Patientenwille in der Nähe des Todes noch wert ist. Das beweist der Blick auf die Vormundschaftsgerichte, die mit ihrer neuen Rolle als Schlichter in Streitfällen über Leben und Tod überfordert sind. Angesichts juristischer Konfusion und privater Angst muß der Gesetzgeber handeln..."
Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 11.7.2003
Die Deutsche Hospizstiftung hofft den Streit um das jüngste BGH-Urteil zur Patientenverfügung durch eine neue Rechtsgrundlage beilegen zu können: Patientenautonomie und -integrität würden dadurch eingeschränkt, daß laut Urteil in Konfliktfällen zwischen Arzt und Betreuer ein Vormundschaftsgericht entscheiden soll, wie eine Patientenverfügung anzuwenden ist. Zumeist hätten jedoch Vormundschaftsrichter weder die Zeit noch die Kompetenz, um die Komplexität von Einzelfällen beurteilen zu können. Die Hospizstiftung will stattdessen das ärztliche Beratungsgespräch im Zusammenhang mit Patientenverfügungen gesetzlich verankert sehen. "Die ganzen Musterformulare helfen wenig. 98 Prozent der Patienten wissen nicht, was sie da unterschreiben", sagte Höfling.
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Juristische Konfusion
(Auszug aus Kommentar von Hanno Kautz aus Aerztezeitung.de vom 11.7.):
"Der Versuch des Bundesgerichtshofes, den Umgang mit Patientenverfügungen eindeutig zu regeln (wir berichteten), ist gescheitert. Das beweist der Aufschrei der Betroffenen, die zweifeln, was der Patientenwille in der Nähe des Todes noch wert ist. Das beweist der Blick auf die Vormundschaftsgerichte, die mit ihrer neuen Rolle als Schlichter in Streitfällen über Leben und Tod überfordert sind. Angesichts juristischer Konfusion und privater Angst muß der Gesetzgeber handeln..."
Quelle: PATIENTENVERFUEGUNG NEWSLETTER vom 11.7.2003
Die Ohnmacht der Sterbenden
Die Ohnmacht der Sterbenden
URTEIL / Der Bundesgerichtshof hat das Selbstbestimmungsrecht eingeschränkt. Selbst bei Fachleuten herrscht nun Verwirrung.
BERLIN. An die 30 000 Menschen wählen jedes Jahr die Nummer 738 07 30 in Dortmund an. Es ist der Anschluss der Deutschen Hospiz-Stiftung. Und seit März gibt es fast nur noch ein Thema, die Patientenverfügung, oder besser: Das jüngste Urteil dazu. Der Bundesgerichtshof, klagt der Kölner Staatsrechtler Wolfram Höfling, maße sich "die Rolle eines Ersatzgesetzgebers" an.
Indes musste der BGH Recht sprechen, weil Klagen vorlagen, mehrere Oberlandesgerichte sich widersprachen und in der Tat ein verfassungskonformes Sterbehilferecht fehlt; vielleicht, weil "die Frage des Sterbens einer Verdrängung unterliegt", wie Eugen Brysch beobachtet hat, geschäftsführender Vorstand der Stiftung.
...
Weiter unter
http://www.nrz.de/nrz/nrz.politik.vollt ... n=National
URTEIL / Der Bundesgerichtshof hat das Selbstbestimmungsrecht eingeschränkt. Selbst bei Fachleuten herrscht nun Verwirrung.
BERLIN. An die 30 000 Menschen wählen jedes Jahr die Nummer 738 07 30 in Dortmund an. Es ist der Anschluss der Deutschen Hospiz-Stiftung. Und seit März gibt es fast nur noch ein Thema, die Patientenverfügung, oder besser: Das jüngste Urteil dazu. Der Bundesgerichtshof, klagt der Kölner Staatsrechtler Wolfram Höfling, maße sich "die Rolle eines Ersatzgesetzgebers" an.
Indes musste der BGH Recht sprechen, weil Klagen vorlagen, mehrere Oberlandesgerichte sich widersprachen und in der Tat ein verfassungskonformes Sterbehilferecht fehlt; vielleicht, weil "die Frage des Sterbens einer Verdrängung unterliegt", wie Eugen Brysch beobachtet hat, geschäftsführender Vorstand der Stiftung.
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http://www.nrz.de/nrz/nrz.politik.vollt ... n=National
Dok. Patientenverfügung
DOKUMENTATION
"Eine Patientenverfügung sollte individuell, aussagekräftig und rechtsverbindlich sein"
Nach dem BGH-Urteil (wir berichteten) ist es wichtiger denn je, Patientenverfügungen so eindeutig wie möglich zu verfassen. Die folgenden, von der Deutschen Hospiz Stiftung entwickelten Fragestellungen helfen Ärzten, wenn sie ihre Patienten beim Verfassen der Verfügungen unterstützen wollen. Die "Ärzte Zeitung" dokumentiert die Fragen in Auszügen.
...
Weiter unter
http://www.aerztezeitung.de/docs/2003/0 ... system_uns
"Eine Patientenverfügung sollte individuell, aussagekräftig und rechtsverbindlich sein"
Nach dem BGH-Urteil (wir berichteten) ist es wichtiger denn je, Patientenverfügungen so eindeutig wie möglich zu verfassen. Die folgenden, von der Deutschen Hospiz Stiftung entwickelten Fragestellungen helfen Ärzten, wenn sie ihre Patienten beim Verfassen der Verfügungen unterstützen wollen. Die "Ärzte Zeitung" dokumentiert die Fragen in Auszügen.
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http://www.aerztezeitung.de/docs/2003/0 ... system_uns
Sterbebegleiter rügen Richterspruch
Sterbebegleiter rügen Richterspruch
Verfasser: Rabbata, Samir
Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 31-32 vom 04.08.2003, Seite A-2064
Mit scharfer Kritik hat die Deutsche Hospiz Stiftung auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) reagiert, wonach schriftliche Patientenverfügungen zur Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen in der Regel nicht mehr ausreichend seien. Wollte der BGH grundsätzliche Fragen klären, sei dieses Ziel eindeutig verfehlt worden, kommentierte Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, das Urteil. Die Richter hatten im Zusammenhang mit lebensverlängernden Maßnahmen an einwilligungsunfähigen Patienten beschlossen, dass für Vorhaben, die zum Tode führen, eine vormundschaftliche Genehmigung erteilt werden muss.
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http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=37903
Verfasser: Rabbata, Samir
Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 31-32 vom 04.08.2003, Seite A-2064
Mit scharfer Kritik hat die Deutsche Hospiz Stiftung auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) reagiert, wonach schriftliche Patientenverfügungen zur Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen in der Regel nicht mehr ausreichend seien. Wollte der BGH grundsätzliche Fragen klären, sei dieses Ziel eindeutig verfehlt worden, kommentierte Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, das Urteil. Die Richter hatten im Zusammenhang mit lebensverlängernden Maßnahmen an einwilligungsunfähigen Patienten beschlossen, dass für Vorhaben, die zum Tode führen, eine vormundschaftliche Genehmigung erteilt werden muss.
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http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=37903