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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
08.12.2023
Es erscheint absolut verfrüht, die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) als neue effektive Therapieform der Alzheimer-Erkrankung oder anderer Erkrankungen des Gehirns anzusehen und zu bewerben
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat sich - u.a. neben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft - seit geraumer Zeit bemüht, hinsichtlich der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) eine im Interesse der Menschen mit Alzheimer liegende Klärung herbeizuführen.
Es wurde immer wieder in unterschiedlicher Weise über entsprechende Therapieangebote in den Medien berichtet. Zuletzt informierte die Neuss-Grevenbroicher Zeitung in ihrer Ausgabe vom 26.10.2023 mit der Titelung: "Mit neuartiger Methode gegen Alzheimer" (> https://rp-online.de/nrw/staedte/greven ... d-99887713 ). In diesem Beitrag wurde sehr positiv über die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) berichtet. Es wird eigentlich suggeriert, dass diese Methode sehr hilfreich im Kampf gegen die Alzheimer-Krankheit sei.
Daraufhin wurde von hier (nachdem bereits 2019 Nachfragen veranlasst wurden) nochmals intensiv recherchiert und bei verschiedenen Institutionen um eine fachliche Einschätzung gebeten. Es gab daraufhin verschiedene hilfreiche Rückmeldungen; u.a. seitens der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) und dem GKV-Spitzenverband. Insoweit werden einige Infos vorgestellt:
(1) Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN), übermittelt von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft am 06.12.2023: Menschen mit Alzheimer und ihren Angehörigen wird seit einiger Zeit Hoffnung gemacht: Die sogenannte Transkranielle Pulsstimulation (TPS) wird als neue, scheinbar „bahnbrechende“ Therapiemethode angepriesen. Die Kosten müssen die PatientInnen selbst tragen. Verschiedene Medien haben darüber berichtet. Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) e.V. hat die Datenlage bewertet und unter der Federführung von Vorstandsmitglied Prof. Ulf Ziemann, Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie und Co-Direktor am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen, eine Stellungnahme ausgearbeitet. Das Resümee: Es erscheint absolut verfrüht, die TPS als neue effektive Therapieform der Alzheimer-Erkrankung oder anderer Erkrankungen des Gehirns anzusehen und zu bewerben. Bislang gibt es keine veröffentlichte kontrollierte randomisierte Studie zur TPS bei Menschen mit Alzheimer …. (Quelle: Presseinfo Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung - DGKN - e.V. vom 14.09.2022, aktualisiert am 06.12.2023 > https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... 921#p10921 ).
(2) GKV-Spitzenverband - Rückmeldung vom 08.11.2023 an Pro Pflege … : Sie berichten, dass trotz fehlender wissenschaftlicher Evidenz zur Wirksamkeit der Methode immer wieder Artikel in der Presse erscheinen, die eine Behandlung mit TPS bewerben und vermuten dahinter finanzielle Abhängigkeiten. Sie berichten zudem, dass einige private Krankenkassen die Kosten für die Behandlung übernehmen. Schließlich schreiben Sie, dass Sie es ablehnen, dass Patientinnen und Patienten „vorgegaukelt“ wird, dass eine Behandlung für sie nützlich sei, wenn dem gar nicht so ist. Diese Einschätzung teilen wir als Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen. Im SGB V § 135 ist zum Schutz der gesetzlich Versicherten ein Verfahren etabliert, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vor Einführung in den Regelleistungskatalog des GKV erst einer sogenannten Nutzenbewertung unterzieht. Diese basiert auf hochwertiger wissenschaftlicher Evidenz wie Metaanalysen von randomisiert kontrollierten Studien. Weitere Informationen können Sie auf den Seiten des Gemeinsamen Bundesausschusses finden, der diese Nutzenbewertung durchführt: > https://www.g-ba.de/themen/methodenbewe ... tationaer/
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk - führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
- ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
- ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
- ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".
- tritt für wirksame Patientenrechte und deren Durchsetzung ein.
- unterstützt im Rahmen der Selbsthilfe auch Patienten mit Schlaganfall einschließlich deren Angehörige.
- ist Mitgründer und Mitglied bei "Runder Tisch Demenz" (Neuss).
Arzt aus Grevenbroich verteidigt sich Streit um Alzheimer-Therapie
Grevenbroich · Am MVZ in Grevenbroich wird die neuartige TPS-Therapie für Alzheimer-Patienten angeboten. Das kritisiert Werner Schell vom Runden Tisch Demenz Neuss. Er hält die Effekte für nicht bewiesen.
Der Grevenbroicher Mediziner Dr. Joachim F. Treppmann. - Foto: Georg Salzburg (salz)
Von Heribert Brinkmann
TPS – diese drei Buchstaben sorgen weiterhin für Aufregung. TPS ist eine neue Therapie für Alzheimer-Patienten. Die Abkürzung steht für Transkranielle Pulsstimulation. Transkraniell heißt durch den Schädel hindurch. Mit einer Art Ultraschallgerät werden bestimmte Gehirnregionen mit Schallwellen stimuliert. Als unsere Redation im Herbst darüber berichtete, waren es nur 20 Krankenhäuser und Praxen, die diese Therapie anboten. Eine dieser Praxen ist nach wie vor das MVZ an der Bahnstraße in Grevenbroich. Dr. Joachim F. Treppmann berichtete von seinen hoffnungsvollen Erfahrungen.
Mit Stoßwellen für das Gehirn gegen Alzheimer
Der Artikel suggeriere mehr oder weniger eine hilfreiche Methode. Das kritisierte NGZ-Leser Werner Schell. Das hat ihn nicht ruhen lassen. Der Oberamtsmann im Ruhestand hat vor zehn Jahren in Neuss den Runden Tisch Demenz mitgegründet. Weil es für die verschiedenen Formen der Demenz keine Heilungsmöglichkeiten gebe, habe er sich für Präventionsmaßnahmen stark gemacht. In den Medien tauchten immer wieder mal Berichte über erfolgsversprechende Heilmittel bei Demenz auf. In den USA werde gerade ein wenig erfolgreiches Medikament angepriesen, das Nebenwirkungen aufweise und in Europa noch nicht zugelassen sei.
Es sei natürlich, dass jeder dementiell Erkrankte oder seine Angehörigen nach jedem Strohhalm griffen. Und als so einen „Strohhalm“ sieht Schell auch die TPS an. Bereits vor Jahren habe Schell erlebt, wie einer Patientin aus Erfttal diese Therapie für viel Geld angeboten worden sei. Er habe das damals verhindern können. Stattdessen habe eine Therapeutin die Patientin regelmäßig besucht, was die Pflegekasse bezahlt habe. Die TPS-Therapie dagegen werde nicht von der Krankenkasse bezahlt, weil „es wissenschaftlich keinerlei Anhaltspunkte für eine Anerkennung gibt“. Schell will grundsätzlich nichts gegen Forschung in diesem Bereich einwenden, aber die Angebote müssten klar Ausschlüsse und hohe Kosten benennen. Im Zusammenhang mit TPS seien erhebliche Summen im Spiel. „Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die betriebenen Forschungsarbeiten in der Erwartung laufen, einer teuren Methode einen seriösen Charakter zu verleihen.“
Dr. Treppmann verwahrt sich gegen den Vorwurf der Geldmacherei. „Bei der Studie über TPS bei Alkoholikern bezahlen wir sogar alles selbst“, so Treppmann. Bei neuen Therapien seien die Kassen immer zuerst skeptisch. „Wenn wir es in der Praxis nicht machen und Erfahrungen sammeln, werden es die Kassen nie bezahlen“. Inzwischen sei auch die Universität Bonn dem TPS-Kreis beigetreten. Inzwischen sei die Therapie anhand der Fallzahlen evidentbasiert.
Ein Mediziner, der ebenfalls die TPS-Therapie erforscht, ist Prof. Dr. Ulrich Sprick, Departementleiter Neurostimulationszentrum am Alexius/Josef-Krankenhaus in Neuss. Ihm sind Schells Ansichten bekannt, hält sie aber nicht mehr für „up to date“. Auf verschiedenen internationalen Kongressen seien die positiven Ergebnisse von TPS immer wieder bestätigt worden. Es sei aber auch richtig, dass große placebokontrollierte Studien derzeit noch liefen. Immer mehr Krankenkasse übernähmen auf Antrag die Kosten oder beteiligten sich daran. Prof. Sprick berichtet selbst von eigenen positiven Erfahrungen bei Patienten seiner Klinik. Um die positiven Effekte zu erhalten, brauche man alle vier bis sechs Wochen eine Booster-Sitzung. Der Mediziner richtet an der Neusser Klinik am 11./12. Oktober ein internationales TPS-Symposium aus.
+++ Zu dem Beitrag wurde wie folgt kurz Stellung genommen:
Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist nach Auffassung der einschlägigen Fachverbände und der gesetzlichen Krankenversicherung keine effektive Therapieform der Alzheimer-Erkrankung oder anderer Erkrankungen des Gehirns. Darauf wurde in einer Pressemitteilung vom 08.12.2023 hingewiesen und auf die entsprechenden Statements aufmerksam gemacht (> https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... 938#p10938 ). Es wäre sinnvoll gewesen, auf diese fachliche Beurteilung näher einzugehen. Denn darauf stützt sich vornehmlich die hiesige Kritik.
Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist nach Auffassung der einschlägigen Fachverbände und der gesetzlichen Krankenversicherung keine effektive Therapieform der Alzheimer-Erkrankung oder anderer Erkrankungen des Gehirns. Darauf wurde in einer Pressemitteilung vom 08.12.2023 hingewiesen und auf die entsprechenden Statements aufmerksam gemacht (> https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... 938#p10938). Die NGZ berichtete am 23.03.2024 ergänzend (> https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... 962#p11962 ).
Es wäre sinnvoll gewesen, in der ergänzenden Berichterstattung auf die von hier benannten fachlichen Beurteilungen näher einzugehen, statt vorrangig eher erneut werbliche Ausführungen zu gestalten. Die hiesige Kritik stützt sich vorrangig auf die Beurteilungen der Fachverbände, die aktuell nochmals die Fortgeltung ihrer klar abwertenden Stellungnahmen bezüglich TPS bekräftigt haben. Im Übrigen stellen sich beim Angebot und Durchführung von TPS grundlegende patientenrechtliche Fragen. Darauf wurde in der Zeitungsberichterstattung auch nicht aufmerksam gemacht.
Es stellen sich im Übrigen auch patientenrechtliche Fragen; z.B. ob und ggf. inwieweit Alzheimerpatienten wirksam in eine TPS-Therapie einwilligen können. Angesichts des infrage zu stellenden Nutzens müsste eine umfängliche Aufklärung gewährleistet werden, auch hinsichtlich der Kosten. - Siehe dazu u.a. > https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... f=3&t=1094
Neues Zentrum für Neuro-Stimulation eröffnet - NGZ-Bericht vom 18.12.2024
In dem Bericht (unten) wird (erneut) über die Aktivitäten von Prof. Sprick und die kritisch beurteilte Transkraniellen Pulsstimulation bei Alzheimerpatienten berichtet. Siehe insoweit u.a. unter > https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... ?f=7&t=932
Transkranielle Pulsstimulation TPS bei Alzheimer: Wirksamkeit weiterhin nicht ausreichend belegt trotz erstmals kontrolliert randomisierter Studie
Kritische Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) e. V.
14. April 2025 – Menschen mit Alzheimer und ihren Angehörigen wird seit einiger Zeit Hoffnung gemacht: Die sogenannte Transkranielle Pulsstimulation (TPS) wird als neue, scheinbar „bahnbrechende“ Therapiemethode angepriesen. Verschiedene Medien haben darüber berichtet. Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten die Behandlung nicht, sie muss privat finanziert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) e. V. hat die Datenlage bewertet und unter der Federführung von Vorstandsmitglied Prof. Ulf Ziemann, Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie und Co-Direktor am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen, eine aktualisierte Stellungnahme ausgearbeitet. Das Resümee: Auch die im April 2025 neu veröffentlichte, erstmals kontrolliert randomisiert durchgeführte Studie zur TPS bei Menschen mit Alzheimer [1] liefert keinen eindeutigen Wirksamkeitsnachweis. Es ist laut DGKN daher aktuell weiterhin nicht gerechtfertigt, TPS als neue effektive Therapieform der Alzheimer-Erkrankung anzusehen und zu bewerben.
TPS: Transkranielle Ultraschall-Pulstherapie
Die Alzheimer-Krankheit ist trotz intensiver Forschung bislang unheilbar. Sie zählt wie Parkinson oder Multiple Sklerose zu den neurodegenerativen Erkrankungen und zeichnet sich durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen aus. Dies führt zu einer Beeinträchtigung bestimmter Hirnfunktionen wie zunehmendem Gedächtnisverlust oder Sprachstörungen. Forschende der Universitätsklinik für Neurologie in Wien haben gemeinsam mit der Firma Storz Medical AG die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) entwickelt. Die TPS ist eine gepulste ultraschallbasierte Methode zur nichtinvasiven Stimulation des Gehirns. Eine spezielle Ultraschallsonde emittiert sehr kurze (30 µs) Ultraschall-Pulse mit einer typischen Frequenz von 5 Hz. Dem TPS-Konzept liegt eine mehr als zehnjährige Forschungstätigkeit der Arbeitsgruppe um Prof. Roland Beisteiner von der Universitätsklinik für Neurologie und Psychiatrie der Medizinischen Universität Wien zugrunde.
Die neue Therapie, die umfangreich öffentlich beworben wird, soll die Regeneration des Gehirns stimulieren. Laut Aussage der Studienautoren ist es damit „weltweit erstmalig möglich, mit einem Ultraschall-Puls direkt am Schädelknochen, nichtinvasiv, schmerzfrei und bei vollem Bewusstsein in alle Bereiche des Gehirns vorzudringen und dort ganz gezielt Hirnareale anzusteuern und diese zu aktivieren“. In einigen überregionalen Medienberichten wird TPS bei Alzheimer als „bahnbrechender Fortschritt“ oder „Durchbruch“ bezeichnet. Die „Ärztliche Interessensgemeinschaft Alzheimer-Demenz-Therapie“ bezeichnet die Methode unter www.alzheimer-deutschland.de als „sicher und gut verträglich“. Dort sind auch die internationalen Behandlungsstandorte gelistet.
Erste randomisierte kontrollierte Studie zur Wirksamkeit von TPS bei Alzheimer
2025 wurde die erste durch eine Scheinstimulation kontrollierte randomisierte doppelt verblindete Crossover-Studie bei n = 60 Patientinnen und Patienten mit klinisch diagnostizierter Alzheimer-Erkrankung im Alter zwischen 51 und 82 Jahren publiziert [1]. Die Studie wurde unter anderem von der Firma Storz Medical AG finanziert. Diese Firma hat auch bei der Entwicklung des Studiendesigns beraten und eine Clinical Research Organization (CRO) beauftragt, eine statistische Interimsanalyse durchzuführen.
Die Behandlung umfasste entweder 6 Sitzungen mit transkranieller Stimulation frontoparietaler Hirnregionen innerhalb von 2 Wochen oder eine Scheinstimulation. Nach einer 4-monatigen Washout-Periode wurde die jeweils andere Behandlung appliziert. Primärer Endpunkt der Studie war der korrigierte Gesamtwert nach dem Consortium to Establish a Registry for Alzheimers Disease (CERAD), ein spezifisch für Alzheimer-Patientinnen und -Patienten validierter neurokognitiver Test.
Der über drei Monate nach der Stimulation nachbeobachtete primäre Endpunkt zeigte einen signifikanten Anstieg (Besserung des CERAD) über die Zeit. Es konnte bezogen auf die Gesamtpopulation aber keine signifikante Interaktion zwischen Sitzung (die verschiedenen Messzeitpunkte vor und nach Intervention) und Intervention (TPS vs. Scheinstimulation) gezeigt werden, sodass ein Wirksamkeitsnachweis von TPS für den primären Endpunkt deutlich verfehlt wurde.
Post-hoc-Analysen der Altersuntergruppen: Besserung nur bei Jüngeren
Die beiden Therapiegruppen (zuerst TPS, dann Scheinstimulation vs. zuerst Scheinstimulation, dann TPS) unterschieden sich signifikant im Alter. Die Gruppe, die zuerst TPS erhielt, war jünger. Das veranlasste die Autorinnen und Autoren zu nicht geplanten Sekundäranalysen. Es zeigte sich eine signifikante Interaktion, wenn zusätzlich zu Sitzung und Intervention noch das Alter ( 70 Jahre vs. > 70 Jahre) als Variable eingeführt wurde. Spezifisch für die Gruppe der Patientinnen und Patienten, die jünger als 70 Jahre waren, wurde eine signifikante Interaktion zwischen Zeit und Intervention gefunden, mit einer Verbesserung der kognitiven Leistung ausschließlich nach echter TPS, nicht nach Scheinstimulation. Dieser Effekt war in der Gruppe der Patientinnen und Patienten, die älter als 70 Jahre waren, nicht nachweisbar. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die beobachteten Effekte allein durch Lerneffekte (bei in kurzen Intervallen wiederholter Testung des CERAD) erklären lassen, die bei der Gruppe 70 Jahre stärker ausgeprägt waren als bei der Gruppe > 70 Jahre. Zudem zeigt die Studie eine große Gruppe von „non-Respondern“ (d. h. die neurokognitive Leistung im CERAD wurde schlechter), insbesondere in der Gruppe, die zuerst die Scheinstimulation und dann TPS erhielt.
Möglicherweise könnte TPS also jüngeren Menschen mit Alzheimer helfen, aber unspezifische Effekte sind nicht ausgeschlossen. Die Autorinnen und Autoren resümieren selbst: „Based on our data and given the large interindividual variability, we suggest sample sizes exceeding 100 participants and longer follow-up periods to optimize future therapeutic research“ [1].
Weitere publizierte Studien zu klinischen Effekten der TPS
Alle zuvor veröffentlichten Studien zur Wirksamkeit von TPS bei Alzheimer [2-10] sind offene (d. h. nicht durch eine andere Intervention kontrollierte) Fallserien, die den Evidenzgrad der einzigen randomisierten kontrollierten Studie [1] nicht erhöhen.
Kritik am Studiendesign: dünne Studienlage und unklare Wirkung
Trotz interessanter Ergebnisse: Zahlreiche Kritiker, darunter die Selbsthilfeorganisation Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. und Forschende unterschiedlicher Universitäten, zweifeln an der Aussagekraft der Studien und an der (Langzeit-)Wirkung der neuen Therapie. Auch die DGKN sieht die neue Methode auf Basis der aktuellen Datenlage unverändert kritisch.
Prof. Ziemann fasst das Fazit und die Bewertung der DGKN wie folgt zusammen: „Sieht man sich die publizierten Studien im Detail an, so gibt es derzeit keine ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit der neuen Methode. Für einen Wirksamkeitsnachweis der neuen Therapie sind mittels Scheinstimulation kontrollierte, randomisierte verblindete Studien mit höherer Patientenzahl, Parallelgruppendesign und längerer Nachbeobachtungszeit erforderlich. Die erste 2025 publizierte Studie [1] geht hierin den richtigen Weg, die Ergebnisse zeigen gute Verträglichkeit aber keinen Wirksamkeitsnachweis für den primären Studienendpunkt und Einschränkungen in der Beurteilbarkeit der durchgeführten Sekundäranalysen.“
Literatur
1. Matt et al. 2025, Ultrasound Neuromodulation With Transcranial Pulse Stimulation in Alzheimer Disease: A Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open 8:e2459170. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.59170
2. Beisteiner et al. 2020, Transcranial Pulse Stimulation with Ultrasound in Alzheimer's Disease – A New Navigated Focal Brain Therapy. Adv Sci (Weinh). 7:1902583
3. Matt et al. 2022, Transcranial pulse stimulation (TPS) improves depression in AD patients on state-of-the-art treatment. Alzheimers Dement (N Y). 10;8(1):e12245
4. Dörl et al. 2022, Functional Specificity of TPS Brain Stimulation Effects in Patients with Alzheimer's Disease: A Follow-up fMRI Analysis. Neurol Ther. 11(3):1391-1398
5. Cont et al. 2022, Retrospective real-world pilot data on transcranial pulse stimulation in mild to severe Alzheimer's patients. Front Neurol. 13:948204. doi:10.3389/fneur.2022.948204
6. Fong et al. 2023, Transcranial pulse stimulation in the treatment of mild neurocognitive disorders. Ann Clin Transl Neurol 10:1885-1890. doi: 10.1002/acn3.51882
7. Shinzato et al. 2024, Non-invasive sound wave brain stimulation with Transcranial Pulse Stimulation (TPS) improves neuropsychiatric symptoms in Alzheimer's disease. Brain Stimul 17:413-415. doi: 10.1016/j.brs.2024.03.007
8. Wojtecki et al. 2024, Electrical brain networks before and after transcranial pulsed shockwave stimulation in Alzheimer's patients. Geroscience 47:953-964. doi:10.1007/s11357-024-01305-x
9. Lo et al. 2024, Enhanced Cognition and Modulation of Brain Connectivity in Mild Neurocognitive Disorder: The Promise of Transcranial Pulse Stimulation. Biomedicines 12:2081. doi: 10.3390/biomedicines12092081
10. Radjenovic et al. 2025, A retrospective analysis of ultrasound neuromodulation therapy using transcranial pulse stimulation in 58 dementia patients. Psychol Med 55:e70. doi:10.1017/s0033291725000406
Quelle: Pressemitteilung vom 14.04.2025
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