Demenz - Demenzdiagnose - Demenztest

Allgemeine Informationen zu allen relevanten Themen einschließlich interessante Nachrichten aus dem weiten Gebiet der Medizin und Heilkunde (z.B. Studien- und Forschungsergebnisse)
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Anti-Aging fürs Gehirn? Studie liefert neue Erkenntnisse über altersbedingte Hirnveränderungen

Beitrag von WernerSchell »

Bild


Anti-Aging fürs Gehirn? Studie liefert neue Erkenntnisse über altersbedingte Hirnveränderungen

• Wichtiger Signalweg bei der Hirnalterung identifiziert
• Neuartiges Medikament zur Umkehr altersbedingter Veränderungen bei Mäusen eingesetzt
• Publikation in Nature


Eine wegweisende Studie, die am 2. August 2023 in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, liefert neue Erkenntnisse über die Alterungsprozesse im Gehirn und mögliche Ansatzpunkte zur Bekämpfung altersbedingter neurodegenerativer Erkrankungen. Das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Andrea Ablasser von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), Schweiz, hat die Studie in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg durchgeführt.

Neuartiges Medikament macht altersbedingte Veränderungen rückläufig

Die Forscher*innen des Instituts für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg zeigten gemeinsam mit ihren Schweizer Kolleg*innen, dass der Signalweg cGAS-STING, der die Immunantwort auf DNA vermittelt, bei Mäusen ein entscheidender Faktor für chronische Immunzellaktivierung und Nervenzellverlust und den funktionellen Abbau im Alter sein kann. „Nach Einsatz eines zuvor entwickelten, neuartigen Medikaments zur Blockade von STING waren die altersbedingten, zellulären Veränderungen rückläufig“, erklärt der Mitautor der Studie Dr. Marius Schwabenland, Wissenschaftler am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg und Fellow im IMM-PACT-Clinician Scientist-Programm der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. „Parallel hierzu zeigte sich eine Verbesserung der Gehirnfunktion wie beispielsweise ein verbessertes Lern- und Erinnerungsvermögen.“

Im umgekehrten Fall konnten die Forscher*innen den cGAS-STING-Signalweg in Mäusen mittels einer genetischen Veränderung in Mikrogliazellen, den Fresszellen im Gehirn, verstärken. Diese Verstärkung allein sorgte für das vorzeitige Einsetzen altersbedingter zellulärer Veränderungen sowie einer kognitiven Verschlechterung.

Potential für das Stoppen von neurodegenerativen Prozessen im Alter

Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg und ebenfalls Mitautor der Studie, betont die Bedeutung dieser Ergebnisse: „Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die gezielte Blockade des cGAS-STING-Signalwegs ein vielversprechender Ansatz sein könnte, um neurodegenerative Prozesse im Alter zu stoppen. Dennoch müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um das volle Potenzial dieser Erkenntnisse zu verstehen.“ Die Studie ist im Rahmen des Sonderforschungsbereichs / Transregio 167 „Development, function and potential of myeloid cells in the central nervous system“ (NeuroMac) entstanden, dessen Sprecher Prinz ist.

„Diese Studie ist ein großartiges Zeichen, was die internationale Forschungsstärke der Universitätsmedizin Freiburg betrifft“, sagt Prof. Dr. Lutz Hein, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg und Vorstandsmitglied des Universitätsklinikums Freiburg. „Es bestätigt sich, dass die umfassende Unterstützung junger, talentierter Wissenschaftler*innen der richtige Weg ist.“

Originalpublikation: Gulen, M.F., Samson, N., Keller, A., Schwabenland, M., Liu, C., Glück, S., Thacker, V.V., Favre, L., Mangeat, B., Kroese, L.J., Krimpenfort, P., Prinz, M., Ablasser, A. cGAS–STING drives ageing-related inflammation and neurodegeneration. Nature (2023). https://doi.org/10.1038/s41586-023-06373-1

Kontakt:
Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-4302
E-Mail: kommunikation@zv.uni-freiburg.de

Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Freiburg
Tel.: 0761/270-84830
E-Mail: kommunikation@uniklinik-freiburg.de

Quelle: Pressemitteilung vom 03.08.2023
Rimma Gerenstein Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
https://idw-online.de/de/news818742
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Geistig fit im hohen Alter: Widerstandsfähigkeit gegen Abbauprozesse im Hirn

Beitrag von WernerSchell »

Bild

Geistig fit im hohen Alter: Widerstandsfähigkeit gegen Abbauprozesse im Hirn

Über-80-Jährige, deren Gedächtnisleistung der von 30 Jahre Jüngeren entspricht, verdanken ihre geistige Fitness vor allem ihrer Widerstandsfähigkeit gegen altersbedingte Veränderungen des Gehirns. Kompensations- und Bewältigungsstrategien von Alterserscheinungen spielen eine untergeordnete Rolle. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die diesen als Super-Ager bezeichneten Menschen im Altersvergleich auch eine deutlich bessere körperliche und seelische Verfassung bescheinigt.

Bild
Super-Ager sind widerstandsfähiger gegen altersbedingte Veränderungen der Hirnstruktur.
Anna Schroll/UKJ - Universitätsklinikum Jena


Vor mehr als zehn Jahren startete die Vallecas-Studie in Spanien, an der weit über 1000 Menschen jenseits der 70 ohne neurologische oder schwere psychiatrische Störungen teilnehmen. Das Studienteam bittet die Senioren einmal im Jahr zu Tests und Untersuchungen, darunter auch MRT-Scans des Gehirns. Ziel des Gesamtprojektes ist es, frühe Anzeichen für kognitive Beeinträchtigungen und beginnende Demenz zu identifizieren.

Zusammen mit spanischen Kollegen wertete der Neurowissenschaftler Prof. Dr. Christian Gaser vom Universitätsklinikum Jena jetzt im Projekt erhobene MRT-Daten zur Hirnstruktur aus und interessierte sich dabei vor allem für Super-Ager. So werden Menschen im Alter von 80 Jahren und älter bezeichnet, wenn sie über eine Gedächtnisleistung verfügen, die eigentlich für 30 Jahre jüngere Menschen typisch ist. Die Analyse ging der Frage nach, warum Super-Ager anders altern als die Mehrheit der Bevölkerung.

Mithilfe eines Gedächtnistests filterte das Studienteam 64 Super-Ager aus der gesamten Kohorte und stellte ihnen 55 ältere Erwachsene mit alterstypischer Gedächtnisfunktion gegenüber. In diesen Gruppen verglichen die Wissenschaftler die Hirnstrukturscans, Testergebnisse und Laborwerte, die im Schnitt über mehrere Jahre erhoben wurden. “Diese Studie ist eine der bisher größten Beobachtungsstudien über Super-Ager und die erste, die die Gehirnstruktur von Super-Agern im Laufe der Zeit untersucht”, sagt Christian Gaser und erklärt, dass dieses Längsschnittdesign der Studie entscheidend ist, um zu verstehen, warum Super-Ager anders altern.

Im Ergebnis wurden frühere Studien bestätigt, die zeigten, dass die Gehirne von Super-Agern mehr graue Substanz haben als typisch alternde Erwachsene. Die aktuelle Analyse ergab zudem, dass bei Super-Agern die graue Substanz in Schlüsselbereichen des Gehirns im Laufe von fünf Jahren insgesamt langsamer abnahm als bei der Vergleichsgruppe. Die Konzentration von Demenz-Biomarkern im Blut war dagegen in beiden Gruppen ähnlich. „Wir schließen daraus, dass es nicht einfach bessere Bewältigungsmechanismen sind, die Super-Ager vor altersbedingtem Gedächtnisverlust bewahren, sondern dass sie widerstandsfähiger gegen altersbedingte Veränderungen der Hirnstruktur sind“, so Christian Gaser. „Die genauen Gründe dafür sind jedoch noch unklar."

Unter insgesamt 89 demografischen, lebensstilbezogenen und klinischen Faktoren suchten die Forscher schließlich mit einem maschinellen Lernmodell nach denjenigen, die mit Super-Agern in Verbindung stehen. Dabei zeigte sich, dass Super-Ager über eine bessere geistige Gesundheit und mehr Mobilität verfügen als andere in ihrer Altersgruppe. "Allerdings war das Modell nur in zwei Dritteln der Fälle in der Lage, Super-Ager von typischen älteren Erwachsenen zu unterscheiden", so Gaser. Dies deutet darauf hin, dass das Superaging möglicherweise durch zusätzliche genetische Faktoren beeinflusst wird.

Gaser merkt an, dass es nicht klar ist, ob alle Menschen das Potenzial haben, Super-Ager zu werden. Er betont jedoch, dass lebenslanges Lernen, soziale Aktivitäten, ein aktiverer Lebensstil und die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit im täglichen Leben dazu beitragen können, dass man ein Super-Ager werden kann. "Ein aktiverer Lebensstil in der Lebensmitte und Aktivitäten wie das Spielen eines Instruments sowie die Aufrechterhaltung der Beweglichkeit und Kontrolle des Bluthochdrucks und des Blutzuckerspiegels könnten dazu beitragen, ein gesundes Gedächtnis im Alter zu erhalten", sagt er.

Die Forschungsarbeit wurde im Rahmen des IMPULS-Verbundes von der Carl-Zeiss-Stiftung und als Teil des Promotionsnetzwerkes SmartAge von der EU gefördert.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Christian Gaser
Structural Brain Mapping Group, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641 - 9325778
E-Mail: christian.gaser@uni-jena.de

Originalpublikation:
Garo-Pascual, M., et al. Brain structure and phenotypic profile of superagers compared with age-matched older adults: a longitudinal analysis from the Vallecas Project. Lancet Healthy Longev. 2023 Jul 12, doi: 10.1016/S2666-7568(23)00079-X. https://doi.org/10.1016/s2666-7568(23)00079-x

Weitere Informationen:
https://www.impuls.uni-jena.de IMPULS-Homepage
https://www.uniklinikum-jena.de/etnsmartage ITN SmartAge

Quelle: Pressemitteilung vom 03.08.2023
Dr. Uta von der Gönna Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Jena
https://idw-online.de/de/news818744
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Neues Projekt will Menschen mit Demenz im Krankenhaus unterstützen

Beitrag von WernerSchell »

Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft e.V. (iso)

Neues Projekt will Menschen mit Demenz im Krankenhaus unterstützen

Das Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) hat in Zusammenarbeit mit dem Caritasverband Trier und weiteren Partnern ein Projekt mit dem Ziel gestartet, demenzkranke Menschen im Krankenhaus im Saarland besser zu betreuen. Das Projekt „Sektorenübergreifender Einsatz gewohnter Betreuungskräfte für Demenzkranke – SEBDem“ wird vom Innovationsfonds gefördert. Im Rahmen des Projektes werden Menschen mit Demenz bei einem Krankenhausaufenthalt durch ihnen bereits vertraute Kräfte aus der ambulanten Versorgung mit betreut. Wissenschaft und Praxispartner erwarten dadurch positive Effekte für das Wohlbefinden und die Sicherheit der Patienten sowie für den Therapieverlauf.

Bild

Das Modellprojekt SEBDem setzt an der Problematik an, die entsteht, wenn Menschen mit Demenz im Krankenhaus behandelt werden müssen: Diese Menschen empfinden einen Krankenhausaufenthalt als besonders belastend, weil sie sich in der fremden Umgebung häufig nicht zurechtzufinden können. Demenzsymptome verstärken sich, oft kommt es zu Verwirrtheitszuständen oder Patienten zeigen aufgrund ihrer Demenzerkrankung ein „herausforderndes Verhalten“. Eine Mit-Betreuung durch ihnen bereits vertraute Personen aus dem ambulanten Pflegedienst, der sie auch zuhause betreut, kann hier helfen. Dank dieser Unterstützung soll zudem die Zahl an kostenintensiven Komplikationen gesenkt und gleichzeitig die medizinische und pflegerische Versorgung verbessert werden.

Unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft katholischer Krankenhäuser im Saarland arbeiten an diesem Projekt neben dem iso-Institut die Saarländische Pflegegesellschaft sowie die AOK Saarland/Rheinland-Pfalz sowie die IKK-Südwest mit. Unterstützung leisten darüber hinaus zahlreiche Kooperationspartner wie die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, das Saarländische Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sowie die Saarländische Krankenhausgesellschaft und die Ärztekammer des Saarlandes. Das Konzept wird saarlandweit umgesetzt. Das bedeutet, dass sich alle Krankenhäuser und ambulanten Pflege- und Betreuungsdienste beteiligen können.

Mit dem Projekt wird versorgungspolitisches Neuland beschritten. Denn aufgrund der sozialrechtlichen Trennung der Kranken- und Pflegeversicherung ist ein solches sektorübergreifendes Unterstützungsangebot bisher nicht möglich. Um zu prüfen, ob sich das Konzept für eine Regelversorgung im gesamten Bundesgebiet eignet, führt das iso-Institut eine Evaluation durch. Der Fokus der Wirkungsanalyse liegt auf der Entwicklung der Patientensicherheit und auf der Entwicklung der Kosten in Kranken- und Pflegeversicherung. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei, ob sich belastende Komplikationen wie Stürze oder Delirien vermeiden lassen und die Menschen dadurch wieder schneller in ihre häusliche Umgebung zurückkehren können.

Das Projekt wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit 1,2 Mio. Euro gefördert.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Sabine Kirchen-Peters
Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) e.V.
Trillerweg 68
66117 Saarbrücken
Telefon: +49 681 9 54 24-0
Telefax: +49 681 9 54 24-27
E-Mail: kirchen-peters@iso-institut.de
Web: https://www.iso-institut.de/

Quelle: Pressemitteilung vom 10.08.2023
Dr. Volker Hielscher Pressestelle
Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft e.V. (iso)
https://idw-online.de/de/news819031
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Sind Alzheimer und Demenz das Gleiche?

Beitrag von WernerSchell »

Bild


"Sind Alzheimer und Demenz das Gleiche?“ - Das ist eine Frage, die viele Menschen stellen. Und es ist eine sehr gute Frage. Denn es gibt ungefähr 50 verschiedene Arten von Demenz. Und Alzheimer ist die am häufigsten vorkommende Form. Aber auch andere Demenzformen sind relativ häufig.- Drei Videos informieren … > https://www.youtube.com/playlist?list=P ... IPC7o8ETzu

Quelle: Mitteilung vom 10.08.2023
Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI)
Stiftung Alzheimer Initiative gGmbH (SAI)
Kreuzstr. 34 | 40210 Düsseldorf
Postfach 20 01 29 | 40099 Düsseldorf
Tel.: 0211 - 86 20 66 0 und
Tel.: 0800 - 200 400 1 (gebührenfrei)
Fax: 0211 - 86 20 66 11
E-Mail: info@alzheimer-forschung.de
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Demenzrisiko bei langfristigem Gebrauch von Protonenpumpenhemmern

Beitrag von WernerSchell »

Bild

Daten der ARIC-Studie zeigen kumulatives Demenzrisiko bei langfristigem Gebrauch von Protonenpumpenhemmern

Protonenpumpenhemmer (PPI) werden weltweit relativ großzügig bereits bei leichten Magenbeschwerden und Sodbrennen eingenommen, um die Magensäure zu reduzieren. Der Dauergebrauch ist nicht selten, obwohl PPI dafür nicht zugelassen sind. Einige Studien zeigten in der Vergangenheit wiederholt Hinweise auf den möglichen Anstieg des Demenzrisikos durch PPI-Einnahme. Andere Erhebungen konnten dies nicht bestätigen, so auch zwei jüngere Metaanalysen. Die Auswertung von Daten aus der prospektiven, bevölkerungsbasierten, longitudinalen ARIC-Studie [1] liefert nun neue Evidenz, dass die kumulative Anwendung von PPI über einen Zeitraum von >4,4 Jahren mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert ist.


Bild


Protonenpumpenhemmer (PPI) reduzieren die Magensäureproduktion und werden zur Therapie der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) und bei Magengeschwüren eingesetzt. Empfohlen wird dabei die Behandlung von 4-8 Wochen. Obwohl für den Dauergebrauch keine Zulassung besteht, ist die chronische Einnahme von PPI weit verbreitet. In kleinen Mengen sind die Tabletten rezeptfrei erhältlich, aber auch die Verschreibungen nehmen in den letzten Jahrzehnten weltweit zu – so hat sich der PPI-Einsatz in den USA beispielsweise von 2002 bis 2009 verdoppelt [2].

Seit einiger Zeit wird die chronische Einnahme von PPI mit verschiedenen chronischen Erkrankungen in Verbindung gebracht wie Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, chronische Nierenerkrankungen und Demenz. Für den Zusammenhang zwischen PPI-Konsum und Demenz zeigten bisherige Studien widersprüchliche Ergebnisse. Zwei aktuelle Metaanalysen konnten den Zusammenhang nicht bestätigen [3, 4]; die Qualität dieser Metaanalysen wird jedoch aus verschiedenen Gründen kritisiert, beispielsweise wegen der Heterogenität der eingeschlossenen Studien. So lag beispielsweise in vielen der Studien der Fokus gar nicht auf der Langzeit-PPI-Exposition (PPI-Nutzung war definiert als kurzfristige oder jegliche Verwendung während der Nachbeobachtungszeit).

Da die Entwicklung einer Demenz eine lange Latenzzeit aufweist, erscheint es aber sinnvoll, die kumulative Exposition (langfristig, aber auch regelmäßig kurzfristig) zu untersuchen. Die vorliegende Studie ging daher der Frage nach, ob eine längere kumulative PPI-Exposition mit einem höheren Risiko für Demenzerkrankungen einhergeht. Die verwendeten Daten stammen aus der prospektiven bevölkerungsbasierten longitudinalen ARIC-Studie („Atherosclerosis Risk in Communities“). Diese Langzeitstudie hat die umfassende Untersuchung der Ätiologie von Atherosklerose, kardiovaskulären Risikofaktoren sowie deren klinischen Folgen zum Ziel. Von 1987 bis 1989 wurden 15.792 Männer und Frauen im Alter von 45-64 Jahren in ARIC eingeschlossen.

Der PPI-Gebrauch wurde anhand einer visuellen Medikamentenerfassung bei sieben planmäßigen Klinikbesuchen zwischen 1987 und 2019 und jährlichen Studientelefonaten (ab 2012 halbjährlich) ermittelt. Die vorliegende Studie verwendet die ARIC-Visite 5 (2011 - 2013) als Basis, da ab dieser Zeit der PPI-Einsatz üblich war. Die PPI-Exposition wurde auf zwei Arten erfasst: aktuelle Verwendung bei Besuch 5 und Häufigkeit und Dauer der Verwendung vor Besuch 5. Bei Besuch 5 konnten (insgesamt 6.538 untersuchte Teilnehmende) 5.712 Personen ohne Demenz (Durchschnittsalter 75,4±5,1 Jahre; 58 % weiblich) in die Analyse einbezogen werden. Studienendpunkt war die Demenzinzidenz nach Visite 5, die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 5,5 Jahre. Die Ergebnisse wurden hinsichtlich demografischer Faktoren, Begleiterkrankungen und Begleitmedikationen statistisch adjustiert (d.h. Störeffekte herausgerechnet).

Die niedrigste kumulative PPI-Exposition aller Teilnehmenden betrug 112 Tage; die maximale 20,3 Jahre. Bei 585 Teilnehmenden wurde während des Follow-up eine Demenzdiagnose gestellt. Personen, die bei Besuch 5 aktuell PPI verwendeten, hatten kein höheres Demenzrisiko als diejenigen, die keine PPIs verwendeten. Personen mit einer kumulativen PPI-Einnahme von mehr als 4,4 Jahren vor Visite 5 hatten allerdings ein um 33% höheres Risiko (HR: 1,3) als diejenigen ohne PPI-Gebrauch. Bei geringerem PPI-Gebrauch (kumulativ <4,4 Jahre) gab es keine signifikanten
Assoziationen zum Demenzrisiko.

„Die Ergebnisse dieser Studie sind als Sicherheitssignal bei häufiger PPI-Einnahme ernst zu nehmen. Weitere Forschung ist aber dringend notwendig, um die Zusammenhänge zwischen dem kumulativen PPI-Einsatz und der Entwicklung von Demenz zu sichern und vor allem die Kausalität zu verstehen“, so Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN. „Eine dauerhafte Verschreibung und die längerfristige Behandlung mit PPI ohne gesicherte Indikation sollte nicht erfolgen und die Patientinnen und Patienten sollten auf mögliche Risiken bei Langzeitgebrauch hingewiesen werden, auch in den Apotheken, da kleine PPI-Packungen frei käuflich sind.“

[1] Northuis C, Bell E, Lutsey P et al. Cumulative Use of Proton Pump Inhibitors and Risk of Dementia: The Atherosclerosis Risk in Communities Study. Neurology 2023 Aug 9; 10.1212/WNL.0000000000207747. doi: 10.1212/WNL.0000000000207747. Online ahead of print.
[2] Rotman SR, Bishop TF. Proton pump inhibitor use in the U.S. ambulatory setting, 2002-2009. PLoS One 2013; 8 (2): e56060
[3] Khan MA, Yuan Y, Iqbal U et al. No Association Linking Short-Term Proton Pump Inhibitor Use to Dementia: Systematic Review and Meta-analysis of Observational Studies. Am J Gastroenterol 2020; 115 (5): 671-678
[4] Hussain S, Singh A, Zameer S et al. No association between proton pump inhibitor use and risk of dementia: Evidence from a meta-analysis. J Gastroenterol Hepatol 2020; 35 (1): 19-28

Pressekontakt
Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
c/o Dr. Bettina Albers, albersconcept, Jakobstraße 38, 99423 Weimar
Tel.: +49 (0)36 43 77 64 23
Pressesprecher: Prof. Dr. med. Peter Berlit
E-Mail: presse@dgn.org

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
sieht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren über 11.500 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

Präsident: Prof. Dr. med. Lars Timmermann
Stellvertretende Präsidentin: Prof. Dr. med. Daniela Berg
Past-Präsident: Prof. Dr. med. Christian Gerloff
Generalsekretär: Prof. Dr. med. Peter Berlit
Geschäftsführer: David Friedrich-Schmidt
Geschäftsstelle: Reinhardtstr. 27 C, 10117 Berlin, Tel.: +49 (0)30 531437930, E-Mail: info@dgn.org

Originalpublikation:
doi: 10.1212/WNL.0000000000207747

Quelle: Pressemitteilung vom 21.08.2023
Dr. Bettina Albers Pressestelle der DGN
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
https://idw-online.de/de/news819364
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Wichtige Erkenntnis für die Therapie der Alzheimer Demenz: APOE4 beschleunigt die Entstehung der Krankheit

Beitrag von WernerSchell »

Bild

Wichtige Erkenntnis für die Therapie der Alzheimer Demenz: APOE4 beschleunigt die Entstehung der Krankheit

Etwa die Hälfte aller Patientinnen und Patienten mit der Alzheimer-Demenz trägt die problematische e4-Variante des Apolipoprotein-Gens im Erbgut. Wie genau diese Genvariante das Fortschreiten des Erkrankungsprozesses beeinflusst, hat ein Team von Forschenden des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung des LMU Klinikums unter Leitung von Dr. Nicolai Franzmeier erforscht. „Unser Befund könnte Auswirkungen auf die zeitliche Planung neuer Anti-Amyloid-Therapien haben, die wahrscheinlich bald auch in Europa zugelassen werden“, sagt Anna Mary Steward, die Erstautorin der neuen Publikation, die jetzt im renommierten Fachjournal „JAMA Neurology“ erscheint.

Die Alzheimer-Krankheit (AK) zählt zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems und ist die Hauptursache für Demenz im Alter. Ihre Kennzeichen: Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Sprachstörungen, Störungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie Veränderungen der Persönlichkeit. Sie machen die Bewältigung des Alltagslebens immer schwieriger.

Für die Entstehung der Erkrankung wesentlich ist zunächst die Verklumpung von Amyloid-Eiweißen im Gehirn, die zeitlich verzögert zur Entstehung von fehlgefalteten Tau-Eiweißen führen. Im Zuge der amyloid-assoziierten Entstehung und Ausbreitung der Tau-Ablagerungen werden schließlich die Nervenzellen und die Kontaktstellen zwischen den Neuronen, die Synapsen, immer weiter zerstört, was letztlich zur Demenz führt. „Die zeitliche Verzögerung, mit der Amyloid die Tau-Ausbreitung anstößt, variiert aber von Mensch zu Mensch“, sagt Dr. Nicolai Franzmeier vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung des LMU Klinikums.

Die Forschenden haben fast 370 Patient:innen, Durchschnittsalter 70plus, näher beleuchtet. Sie wussten dabei genau, wer schon welche kognitiven Einschränkungen hatte und wer nicht – und wer die APOE-e4-Variante in den Genen trägt. Über einen Zeitraum von rund zwei Jahren wurden die Probanden immer wieder mit ausgefeilten bildgebenden Verfahren (Tau- und Amyloid-PET) untersucht. Diese Untersuchungen können dabei die Ausbreitung der krankhaften Amyloid- und Tau-Eiweiße im Gehirn erfassen. Über die Zeit lässt sich so ermitteln, wie rasch die Krankheit fortschreitet.

Ergebnis: Bei Patient:innen mit der e4-Risikovariante im APOE-Gen entwickelt sich die Kaskade der Erkrankung offenbar schneller. „Weniger Amyloid im Gehirn ist notwendig, um die Tau-Ausbreitung auszulösen“, sagt Franzmeier. Das heißt: Bei Patient:innen mit der e4-Risikovariante scheint das Amyloid den fatalen Tau-Prozess früher zu triggern als bei Patient:innen ohne die e4-Risikovariante.

Nun ist es so, dass vermutlich bald auch in Europa neue Medikamente zugelassen werden, die das klinische Fortschreiten der Erkrankung leicht verzögern können, weil sie Amyloid-Proteine aus dem Gehirn entfernen. „Und da sagen die Daten unserer Studie, dass Patient:innen mit e4 vermutlich früher mit diesen Medikamenten behandelt werden müssten, um die Ausbreitung von Tau und damit die Entstehung von Symptomen zu bremsen“, erklärt Anna Mary Steward. Dafür spricht, dass die Anti-Amyloid Medikamente in der klinischen Erprobungsphase bei Patient:innen mit e4 eine geringere klinische Wirksamkeit zeigen, so Steward: „Sie verlangsamen den Abbau der Hirnleistung lange nicht so gut, obwohl das Amyloid-Protein aus dem Gehirn weggeräumt wird, weil wahrscheinlich der nächste entscheidende Schritt im Krankheitsprozess mit Tau früher begonnen hat.“

Die Münchner Mediziner:innen sagen, dass sich diese Hypothese mit einer spezifischen klinischen Studie erproben ließe. Franzmeier: „Der Zeitpunkt der Intervention sollte bei ApoE4-Trägern in der Alzheimer-Behandlung überdacht werden, um möglicherweise die Ausbreitung von Tau zu verlangsamen und den kognitiven Verfall abzumildern. Angesichts der Tatsache, dass 40 bis 60 Prozent der sporadischen Alzheimer-Patienten die e4-Variante tragen, ist dies für die Zukunft der Anti-Amyloid-Therapien von entscheidender Bedeutung."

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Nicolai Franzmeier
Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD)
LMU Klinikum München
Campus Großhadern
Tel: +49 89 4400- 46162
E-Mail: nicolai.franzmeier@med.uni-muenchen.de

Originalpublikation:
ApoE4 and Connectivity-Mediated Spreading of Tau Pathology at Lower Amyloid Levels
Anna Steward, Davina Biel; Anna Dewenter; Sebastian Roemer; Fabian Wagner; Amir Dehsarvi; Saima Rathore; Diana Otero Svaldi; Ixavier Higgins; Matthias Brendel; Martin Dichgans; Sergey Shcherbinin; Michael Ewers; Nicolai Franzmeier
JAMA Neurol., 2023
doi:10.1001/jamaneurol.2023.4038
https://jamanetwork.com/journals/jamane ... ct/2811627

Quelle: Pressemitteilung vom 07.11.2023
Philipp Kressirer Kommunikation und Medien
Klinikum der Universität München
https://idw-online.de/de/news823429
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Alzheimer ist eine Erkrankung des mittleren Lebensalters

Beitrag von WernerSchell »

Bild

Alzheimer ist eine Erkrankung des mittleren Lebensalters

Beim „Presidential Symposium“ auf dem DGN-Kongress wurde gestern herausgestellt, dass neurodegenerative Erkrankungen, wie z. B. Alzheimer, Jahrzehnte vor den ersten Gedächtnisstörungen beginnen und somit nicht, wie bisher allgemein angenommen, Erkrankungen des hohen Lebensalters sind. Die frühe Diagnose wird zeitnah möglich sein, Bluttests sind in der Entwicklung. Die Früherkennung ermöglicht nicht nur, das Potenzial der Prävention voll auszuschöpfen, sondern birgt auch die Chance auf bessere Therapieergebnisse. Doch sie wirft auch gesellschaftliche Fragen auf.

Auf dem „Presidential Symmposium“ des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) standen neurodegenerative Erkrankungen im Fokus, insbesondere Alzheimer und Parkinson. Beide Krankheiten verbindet, dass die Prävalenzen steigen, und zwar drastischer als allein die Alterung der Gesellschaft rechtfertigt: Bis zum Jahr 2050 wird weltweit eine Verdopplung der Betroffenen vorausgesagt. Doch es gibt noch mehr Gemeinsamkeiten: Beide Erkrankungen beginnen Jahre, sogar Jahrzehnte, bevor die ersten klinischen Symptome sichtbar werden. Wie Prof. Dr. Michael Heneka, Luxemburg, ausführte, ist damit die Alzheimer-Krankheit eigentlich keine Alterserkrankung, wie bisher angenommen, sondern eine Erkrankung des mittleren Lebensalters. Das, was man allgemein unter dieser Krankheit versteht, ist bereits das „Endstadium“ eines langsamen, aber stetigen Abbauprozesses von Nervenzellen.

Diese Erkenntnis kann auch erklären, warum Therapien oft nicht mehr greifen, wenn bereits klinische Symptome vorliegen und sich der Zustand der Betroffenen zunehmend verschlechtert. „Denn je früher Therapie und Sekundärprävention, also Maßnahmen zur Verlangsamung des Krankheitsprozesses, einsetzen, desto erfolgsversprechender sind sie. Das gilt für jede Krankheit, auch für Alzheimer und Parkinson“, erklärte Kongress-Präsidentin Prof. Dr. Daniela Berg, Kiel.

Die Crux war, dass bislang verlässliche Früherkennungstest für neurodegenerative Erkrankungen fehlten, die Diagnose also erst anhand der klinischen Symptome – und damit im höheren Alter – erfolgt. Hier zeichnen sich nun ganz neue Möglichkeiten ab. Für Alzheimer wie Parkinson werden derzeit Bluttests für die Früherkennung entwickelt, die bereits in wenigen Jahren in die Klinik überführt werden könnten. „Damit hat man die Möglichkeit, diese Erkrankungen bereits in den Frühstadien zu behandeln und früher in die Erkrankungskaskade einzugreifen – und damit effektiver zu bekämpfen“, so Prof. Berg. Denn, so erklärte Prof. Heneka, das Fortschreiten neurodegenerativer Erkrankungen gleicht einem Staffellauf: Eine krankhafte Veränderung stößt die nächste an und hierbei spielen auch noch verschiedene Krankheitsmechanismen eine Rolle. Diese Veränderungen finden zeitgleich in verschiedenen Hirnregionen statt, so wie bei einem Staffellauf mehrere Teams parallel neben- und gegeneinander laufen. Ideal wäre demnach, in einem Krankheitsstadium zu behandeln, in dem die Betroffenen noch klinisch beschwerdefrei sind.

Die neuen, greifbaren Möglichkeiten der Frühdiagnostik und Therapie machen das möglich, werfen aber große gesellschaftliche Fragen auf: Sollte man auf neurodegenerative Krankheiten screenen? Wenn ja, ab welchem Alter? Wie viele potenzielle Betroffene müssten dann medikamentös versorgt werden – und wie ist das gesundheitsökonomisch überhaupt zu stemmen?

Dr. Eva Schäffer, Kiel, führte in ihrem engagierten Vortrag aus, dass es ohne Prävention nicht gehen werde. Die wiederum habe ein großes, bisher weitgehend ungenutztes Potenzial: Bis zu 40 % der neurodegenerativen Erkrankungen könnten durch die Vermeidung von Risikofaktoren verhindert werden. Viel habe man selbst in der Hand, vor allem durch eine gesunde Lebensführung. Doch es gebe auch äußere Risikofaktoren, wie z. B. die Exposition gegenüber Umwelttoxinen. Beispielhaft führte sie Pestizide an, die nicht nur in Verdacht stehen, die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen zu begünstigen, sondern sogar in der Forschung genutzt werden, um in Versuchstieren Parkinson auszulösen. „Hier bedarf es ein gesellschaftliches Umdenken, der Einsatz solcher Gifte muss sehr viel restriktiver gehandhabt werden“, lautete der abschließende Appell der Kongresspräsidentin. „Neurodegenerative Erkrankungen sind auf dem Vormarsch und wir müssen jetzt konsequent handeln, um ihnen Einhalt zu gebieten.“

Pressekontakt
Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
c/o Dr. Bettina Albers, albersconcept, Jakobstraße 38, 99423 Weimar
Tel.: +49 (0)36 43 77 64 23
Pressesprecher: Prof. Dr. med. Peter Berlit
E-Mail: presse@dgn.org

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
sieht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren 12.000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

Quelle: Pressemitteilung vom 10.11.2023
Dr. Bettina Albers Pressestelle der DGN
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.
https://idw-online.de/de/news823741
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Überversorgung mit Magensäureblockern abbauen

Beitrag von WernerSchell »

Bild


Studie: Überversorgung mit Magensäureblockern abbauen

Medikamente, die auf Dauer eingenommen werden, gehen in der Regel mit einem bestimmten Nebenwirkungsprofil einher. So auch bei den oft langfristig verordneten Protonenpumpeninhibitoren (PPI). Eine groß angelegte und vom Innovationsfonds geförderte Studie konnte nun zeigen, dass es mit dem digitalen Beratungsprogramm „arriba-PPI“ gelingt, die Verordnungen zu senken.

Bild

Protonenpumpeninhibitoren (PPI) – so genannte Säureblocker – gehören zu den am häufigsten verordneten Medikamenten. Bekannte Wirkstoffe sind: Pantoprazol, Omeprazol. PPI werden aufgrund zahlreicher Gründe verordnet, unter anderem zur Behandlung einer akuten Gastritis, bei Refluxbeschwerden oder bei Geschwüren des Magen-Darm-Traktes. Kurzfristig haben diese Arzneimittel in der Regel kaum Nebenwirkungen, bei einer langfristigen Einnahme jedoch schon. Wegen der Langzeitrisiken und um Überversorgung zu vermeiden, sollte immer wieder sorgfältig geprüft werden, ob das Medikament nicht abgesetzt werden kann.

Eine solche Entscheidung wird von Hausärztinnen und Hausärzten immer gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten gefällt. In der Praxis kann dieser Prozess durch eine digitale Entscheidungshilfe wie „arriba“ erleichtert werden. Vor dem Hintergrund stark steigender PPI-Verordnungszahlen wurde für „arriba“ ein spezielles Modul entwickelt, mit dem Ärztinnen und Ärzte mit ihren Patientinnen und Patienten die Indikation der PPI-Einnahme prüfen können und über Vor- und Nachteile der Einnahme sprechen. Auf Basis dieser Informationsgrundlage wird schließlich über das Absetzen oder eine Therapiefortführung entschieden. Soll das Medikament abgesetzt werden, unterstützt arriba-PPI bei der konkreten Umsetzung, indem Hinweise zum Herunterdosieren des Medikaments sowie Informationen zu unterstützenden nicht-medikamentösen Maßnahmen gegeben werden.

Dass ein Überprüfen mit digitalem Tool erfolgversprechend ist, zeigte kürzlich eine vom Innovationsfonds geförderte Studie in Zusammenarbeit der Universitäten Marburg, Düsseldorf und Witten/Herdecke: 143 Hausarztpraxen wurden randomisiert der Beratung mit „arriba-PPI“ zugeteilt, in der Kontrollgruppe wurden die Patientinnen und Patienten in herkömmlicher Weise behandelt. Ausgewertet wurden die Verordnungsdaten von 2.370 Patientinnen und Patienten in den teilnehmenden Praxen, außerdem Verordnungsdaten der Krankenkassen AOK Nordwest und Hessen sowie der BARMER. In jeder zweiten Beratung mit arriba-PPI einigten sich Arzt und Patient auf ein Absetzen oder auf ein Reduzieren der PPI-Medikation. Sechs Monate nach dem Gespräch waren die PPI-Verordnungsdaten in der arriba-PPI-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe um 22 Prozent niedriger.

„Wir als Fachgesellschaft setzen uns intensiv dafür ein, Überversorgung in der Medizin als strukturelles Problem wahrzunehmen und abzubauen“, kommentiert Prof. Martin Scherer, Präsident der DEGAM. „Die oft dauerhaften Verordnungen von PPI sind ein gutes Beispiel für die ganz alltägliche Überversorgung in der Medizin. Damit werden nicht nur Ressourcen verschwendet, sondern auch eventuell vermeidbare Nebenwirkungen in Kauf genommen. Deshalb sollte auch aus Gründen der Patientensicherheit eine langfristige Verordnung immer wieder überprüft werden.“

Prof. Annika Viniol, stellvertretende Sprecherin der Sektion Forschung der DEGAM und Mitautorin der Studie, ergänzt: „Vor dem Hintergrund des zunehmenden Polypharmazierisikos sollten wir als Ärztinnen und Ärzte bei jedem Review der Patienten-Medikamentenpläne die PPI-Einnahme kritisch reflektieren.“

Literatur: Rieckert Anja, Becker Annette, Donner-Banzhof Norbert, Viniol Annika, Bücker Bettina, Wilm Stefan, Sönnichsen Andreas, Barzel Anne. Reduction of the long-term use of proton pump inhibitors by a patient-oriented electronic decision support tool (arriba-PPI): study protocol for a randomized controlled trial. Trials 2019; 20:636.:

Hinweis auf Interessenskonflikt: Die DEGAM ist Mitglied in der Genossenschaft arriba.

Pressekontakt:
Natascha Hövener
Pressesprecherin
Telefon: 030 – 20 966 98 16
E-Mail: hoevener@degam.de

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
Schumannstraße 9, 10117 Berlin
Präsident: Prof. Dr. med. Martin Scherer (Hamburg)
http://www.degam.de

Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft. Ihre zentrale Aufgabe ist es, die Allgemeinmedizin als anerkannte wissenschaftliche Disziplin zu fördern und sie als Rückgrat der Patientenversorgung weiterzuentwickeln. Die DEGAM ist Ansprechpartnerin bei allen Fragen zur wissenschaftlichen Entwicklung der Allgemeinmedizin an den Hochschulen, zur Fort- und Weiterbildung sowie zum Qualitätsmanagement. Sie erarbeitet eigene wissenschaftlich fundierte Leitlinien für die hausärztliche Praxis und beteiligt sich auch an interdisziplinären Leitlinien anderer Fachgesellschaften. Die Aktivitäten der Nachwuchs- und Forschungsförderung sind in der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) zusammengefasst.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Martin Scherer, Präsident der DEGAM
E-Mail: m.scherer@uke.de

Prof. Dr. med. Annika Viniol, Stellvertretende Sprecherin der Sektion Forschung
E-Mail: annika.viniol@staff.uni-marburg.de

Originalpublikation:
Rieckert Anja, Becker Annette, Donner-Banzhof Norbert, Viniol Annika, Bücker Bettina, Wilm Stefan, Sönnichsen Andreas, Barzel Anne. Reduction of the long-term use of proton pump inhibitors by a patient-oriented electronic decision support tool (arriba-PPI): study protocol for a randomized controlled trial. Trials 2019; 20:636.: DOI: 10.1186/s13063-019-3728-2

Quelle: Pressemitteilung vom 13.11.2023
Natascha Hövener Pressekontakt
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V.
https://idw-online.de/de/news823842
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Transkranielle Pulsstimulation (TPS) - Wirksamkeit der Behandlung fraglich ...

Beitrag von WernerSchell »

Bild

Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist eine Methode zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit im frühen und mittleren Krankheitsstadium. Die Wirksamkeit der Behandlung konnte durch Studien bisher nicht belegt werden. Entsprechende Behandlungsmaßnahmen werden von der GKV nicht finanziert. Ob und ggf. inwieweit die TPS empfohlen werden kann, bedarf noch einer gründlichen Überprüfung (> viewtopic.php?p=6448#p6448 ). Dieserhalb wird von hier entsprechend recherchiert. - Präventionsmaßnahmen können aber auf jeden Fall empfohlen werden … > viewtopic.php?f=5&t=78&p=2426
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3725
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Eine frühe Diagnose kann den Unterschied machen: Neue S3-Leitlinie Demenz erschienen[

Beitrag von WernerSchell »

Bild


Eine frühe Diagnose kann den Unterschied machen: Neue S3-Leitlinie Demenz erschienen

1,6 Millionen Menschen *) sind in Deutschland aktuell an einer Demenz erkrankt. Ihnen die optimale Therapie zu ermöglichen, ist das Ziel der jetzt neu erarbeiteten Behandlungsempfehlungen. Die neue S3-Leitlinie Demenzen wurde unter gemeinsamer Federführung von DGN und DGPPN erarbeitet. Sie umfasst insgesamt 109 Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung von Demenzen.

Bild

Oft betrifft eine Demenz zunächst das Gedächtnis – erst das Kurz- und dann das Langzeitgedächtnis. Betroffene haben aber auch Probleme mit Aufmerksamkeit, Sprache, Denkvermögen und Orientierungssinn. Aktuell sind 1,6 Millionen Menschen in Deutschland an einer Demenz erkrankt, bis zum Jahr 2050 könnten es 2,8 Millionen sein. Mit einem Anteil von etwa 65 % ist die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form der Demenz. Etwa 15% sind vaskulär, d. h. gefäßbedingt. Bei einem Teil der Betroffenen liegt eine Kombination dieser Erkrankungen vor. Seltener sind frontotemporale Demenzen, sie betreffen meist Personen, die jünger sind als 65 Jahre.

Eine Demenz ist nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Angehörigen eine große Belastung. Sie ist nicht heilbar. Mit der optimalen medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Versorgung kann ihr Fortschreiten aber verlangsamt und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen verbessert werden.

Wissenschaftlich basierte Therapieempfehlungen

Die jetzt neu erschienene S3-Leitlinie Demenzen fasst die Empfehlungen für eine optimale Versorgung zusammen. Sie wurde unter gemeinsamer Federführung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Dafür wurden alle relevanten Untersuchungen und Studien zum Thema zusammengetragen und gesichtet. Mehr als 30 Delegierte aller Fachrichtungen sowie Angehörige und Betroffene haben die Ergebnisse anschließend diskutiert und gemeinsame Empfehlungen formuliert.

„Die neue Leitlinie macht umfassende Empfehlungen für die ganzheitliche Behandlung der erkrankten Menschen“, erläutert der Psychiater Prof. Dr. Frank Jessen, der für die DGPPN als Koordinator an den Leitlinien gearbeitet hat. „Die Empfehlungen berücksichtigen biologische, psychologische und soziale Aspekte und richten sich mit Hinweisen zu Diagnostik, Therapie, Betreuung und Beratung an alle Fachleute, die mit Menschen mit Demenzen zu tun haben, sowie an Betroffene und Angehörige.“

Frühe Behandlung dank früher Diagnose

Die wichtigste Neuerung der Leitlinie ist Frank Jessen zufolge die Möglichkeit, die Diagnose bereits in einem früheren Stadium der Erkrankung zu vergeben. „Bislang musste für die Diagnose Demenz die Selbstständigkeit der Menschen deutlich beeinträchtigt sein, was eine echte Frühdiagnostik erschwert. Mit der Diagnose der leichten kognitiven Beeinträchtigung, des ‚mild cognitive impairment bei einer Alzheimer-Krankheit‘, können wir den Betroffenen künftig deutlich früher Behandlungsangebote machen und so hoffentlich das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.“

Um diese Diagnose zu stellen, muss aber gesichert sein, dass die Beeinträchtigung tatsächlich auf die Alzheimer-Krankheit zurückzuführen ist. Die neue Leitlinie empfiehlt, dafür u. a. per Liquordiagnostik Biomarker zu bestimmen. Der Neurologe Prof. Dr. Richard Dodel, für die DGN Koordinator der Leitlinie, erläutert: „Über die Rückenmarksflüssigkeit können Pathologien im Bereich der Amyloide und der Tau-Proteine nachgewiesen werden, die ursächlich für die Alzheimer-Erkrankung sind. So kann Alzheimer diagnostiziert werden, auch wenn die Symptomatik noch nicht voll ausgeprägt ist.“

Digital und dynamisch

Die neue Leitlinie wird erstmals nicht nur als Textdokument veröffentlicht, sondern auch in digitaler Form in der nicht kommerziellen Web-Plattform „MAGICapp“. Via „MAGICapp“ werden aktuell schon mehr als 200 internationale Leitlinien präsentiert. Die digitale Darstellung ermöglicht es allen Interessierten, unmittelbar auf die Leitlinie und jede einzelne Empfehlung zuzugreifen. Auch die Studien, die den Empfehlungen zugrunde liegen, können direkt aus der App aufgerufen werden. Ein weiterer Vorteil der digitalen Leitlinie: Neue Erkenntnisse können in die Empfehlungen schnell aufgenommen werden, sobald ihre Wirksamkeit nachgewiesen ist.

Betroffene können dann künftig schon früher mit neuartigen Therapien behandelt werden. Die Haupt-Autoren der Leitlinie, Frank Jessen und Richard Dodel, sind zuversichtlich, dass auch die derzeit rasanten Fortschritte in der Diagnostik und Behandlung der Alzheimer-Demenz schon bald in die digitale Leitlinie einfließen werden.

Hintergrund

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN)

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) ist die größte deutsche medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit. Sie bündelt die Kompetenzen von mehr als 11.200 Fachärztinnen und Fachärzten, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Forschenden. Die DGPPN vertritt die Interessen ihrer Mitglieder in Versorgung, Wissenschaft, Lehre, Aus-, Fort- und Weiterbildung und bringt sich aktiv in die Gesundheitspolitik ein. Immer steht die ganzheitliche Sicht auf den Menschen mit allen individuellen psychischen, körperlichen und sozialen Aspekten im Zentrum. Die Fachgesellschaft engagiert sich in der Erforschung psychischer Erkrankungen, stellt hierzu Netzwerke zum Austausch bereit und informiert über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse – unter anderem beim DGPPN Kongress, der jährlich im November in Berlin stattfindet. Darüber hinaus gibt die DGPPN Leitlinien zur Sicherung der Qualität bei der Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen heraus und entwickelt Richtlinien für ethisches Verhalten in Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)

sieht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren 12.000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

Präsident: Prof. Dr. med. Lars Timmermann
Stellvertretende Präsidentin: Prof. Dr. med. Daniela Berg
Past-Präsident: Prof. Dr. med. Christian Gerloff
Generalsekretär: Prof. Dr. med. Peter Berlit
Geschäftsführer: David Friedrich-Schmidt
Geschäftsstelle: Reinhardtstr. 27 C, 10117 Berlin, Tel.: +49 (0)30 531437930, E-Mail: info@dgn.org

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Frank Jessen frank.jessen@uk-koeln.de
Prof. Dr. Richard Dodel richard.dodel@uk-essen.de

Weitere Informationen:
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-013 Leitlinie, Leitlinienreport und Patienteninformationen
https://app.magicapp.org/#/guideline/nYPaxL Die Leitlinie als Living Guideline auf MAGIcapp
https://dgn.de
https://dgppn.de

Quelle: Pressemitteilung vom 30.11.2023
Katja John Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN)
> https://idw-online.de/de/news825137


*) Richtig ist wohl eher: 1,8 Millionen Menschen!
Gesperrt