Bundesländer informieren nur ungenügend über die Qualität von Pflegeheimen

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WernerSchell
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Bundesländer informieren nur ungenügend über die Qualität von Pflegeheimen

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Bundesländer informieren nur ungenügend über die Qualität von Pflegeheimen

Lediglich in sechs Bundesländern sind wichtige Informationen zur Qualität von
Pflegeeinrichtungen für Pflegebedürftige und Angehörige einsehbar. Das zeigt eine Analyse des Projekts "Weisse Liste" der Bertelsmann Stiftung. Besonders gravierend ist, dass einige Länder die Daten zur Pflegequalität bisher nicht veröffentlichen, obwohl die jeweiligen Landesgesetze dies vorschreiben.


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Gütersloh, 13. Januar 2022. Die Bundesländer sorgen in sehr unterschiedlichem Maße für Verbraucherinformation und Qualitätstransparenz in der Pflege. Wie aus einer umfassenden Bestandsaufnahme des Projekts "Weisse Liste" der Bertelsmann Stiftung hervorgeht, erfahren Pflegebedürftige und ihre Angehörigen in zehn von 16 Ländern nichts darüber, ob in einem Heim zum Beispiel Personal fehlt oder schwerwiegende Mängel zu beanstanden sind. Genauso wenig lässt sich andererseits nachvollziehen, welche Einrichtungen gut aufgestellt sind. Dabei liegen solche Informationen allen Bundesländern vor, weil sie Teil der Prüfergebnisse der für die Heimaufsicht zuständigen Behörden sind. Der Mangel an Transparenz entsteht entweder dadurch, dass eine entsprechende landesrechtliche Regelung gar nicht existiert, oder dass vorhandene Gesetze nicht in die Praxis umgesetzt werden.

So ist in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen eine Veröffentlichung der Prüfergebnisse gesetzlich gar nicht vorgesehen. In Bayern, Brandenburg, Bremen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein gibt es zwar Gesetze, die eine Veröffentlichung erlauben – doch aus unterschiedlichen Gründen finden sie bisher keine Anwendung. In Baden-Württemberg und Hessen müssen die Prüfergebnisse zumindest durch die Pflegeheime selbst veröffentlicht werden. Allerdings sind die Daten momentan nur in den Einrichtungen direkt einsehbar und damit für Verbraucher:innen eingeschränkt zugänglich. Lediglich Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen veröffentlichen die Ergebnisse so, dass sie allgemein verfügbar sind. Besonders positiv fällt Hamburg auf. Die Hansestadt stellt im Internet weitere detaillierte Angaben bereit, unter anderem zum Personaleinsatz in den Pflegeheimen und zu vorübergehenden Aufnahmestopps, und informiert zusätzlich über die Ergebnisse einer Angehörigenbefragung. Durch die Corona-Pandemie wurden allerdings in allen Bundesländern die Vor-Ort-Einsätze der Aufsichtsbehörden monatelang unterbrochen, weshalb Datenlücken entstanden sind.

"Gute Arbeit der Pflegefachkräfte öffentlich sichtbar machen"

Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, sagt: "Die Auswahl eines Pflegeheims ist eine Lebensentscheidung. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sind auf verlässliche Angaben angewiesen, um sich ein umfassendes Bild von der Qualität einer Einrichtung machen zu können. Die Bundesländer müssen viel stärker als bisher diesem Informationsbedarf nachkommen. Mit einer Veröffentlichung der Daten erfüllen Pflegeheime und die für sie zuständigen Behörden ihre Rechenschaftspflicht gegenüber den Pflegebedürftigen und Versicherten, die die Pflege finanzieren. Zugleich würde damit die gute Arbeit der vielen Pflegefachkräfte öffentlich sichtbar werden und so eine höhere Wertschätzung erfahren. Umgekehrt sollte es aber auch möglich und erlaubt sein, die Pflegeheime zu erkennen, bei denen Defizite bestehen."

Alle verfügbaren Qualitätsdaten im Internet veröffentlichen

Um die Situation zu verbessern, empfiehlt die Weisse Liste, dass alle Bundesländer die für die Pflegequalität relevanten Daten, die den Aufsichtsbehörden vorliegen, zentral im Internet veröffentlichen. "Die Länder müssen dafür jeweils geeignete und hinreichend konkrete gesetzliche Vorgaben schaffen – und diese dann auch in die Tat umsetzen", erklärt Johannes Strotbek, Projektmanager bei der Weissen Liste. Ergänzend sollte eine Open-Data-Regelung eingeführt werden, wie es sie etwa bereits in Bezug auf die Qualität von Krankenhäusern sowie zu den Daten des Pflege-TÜV auf Bundesebene gibt. Denn die Daten zur Pflegequalität ließen sich besser verbreiten und nutzen, indem Verbraucher:innen, Informationsportale, Beratungsstellen und Versorgungsforschung frei darauf zugreifen können.

Um für mehr Transparenz zu sorgen, komme es laut der Weissen Liste darauf an, nicht nur die Verbände von Pflegeheimbetreibern sowie Pflegefachkräfte einzubinden, sondern auch die Perspektive der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen zu stärken. Es gebe bereits gute Beispiele, wie sich eine Veröffentlichung zum Nutzen der Pflegebedürftigen so gestalten lässt, dass die Arbeit der Pflegefachkräfte und Einrichtungen fair bewertet wird. "Bundesländer und Interessenverbände sollten sich einen Ruck geben, um deutschlandweit für mehr Qualitätstransparenz zu sorgen – im Sinne einer guten, fachgerechten und sicheren Pflege für alle", sagt Brigitte Mohn.

Zusatzinformationen

Für die Untersuchung zur Pflegetransparenz wertete die Weisse Liste die Regelungen aller einschlägigen Landesgesetze aus und legte die Ergebnisse den dort zuständigen Abteilungen zur Prüfung vor. Ergänzend wurden Fragen zur Erhebung von Personalangaben gestellt. Alle Länder haben geantwortet und die vorliegenden Erkenntnisse bestätigt. Abgesehen von der Frage, ob in den Ländern Personalangaben erhoben und veröffentlicht werden, wurden die Prüfmethoden, Aussagekraft und die Inhalte der Veröffentlichungen nicht ausgewertet. Die Weisse Liste forscht bereits länger zur verbraucherorientierten Qualitätsberichterstattung in der Langzeitpflege und entwickelte unter anderem Vorschläge für den „Pflege-TÜV“ auf Bundesebene und eine Methode zur Angehörigenbefragung. Außerdem betreibt die Weisse Liste eine bundesweite Onlinesuche für Pflegeheime. Für Hamburger Einrichtungen sind darüber hinaus landesspezifische Qualitäts- und Befragungsdaten enthalten.

Unser Experte:
Johannes Strotbek, Telefon: 030 27 57 88 320
E-Mail: johannes.strotbek@weisse-liste.de

Weitere Informationen:
http://www.weisse-liste.de/public-reporting-pflege
http://www.weisse-liste-pflege.de (Online-Pflegeheimsuche)
http://www.bertelsmann-stiftung.de/spot ... nz-laender

Quelle: Pressemitteilung vom 13.01.2022
Hendrik Baumann Pressestelle
Bertelsmann Stiftung
https://idw-online.de/de/news786573
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Versorgungsqualität in Pflegeheimen variiert deutlich

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Versorgungsqualität in Pflegeheimen variiert deutlich

Routinedatenbasierte Qualitätsindikatoren für das Setting Pflegeheim zeigen deutliche Qualitätsunterschiede an den Schnittstellen der medizinisch-pflegerischen Versorgung. Dies beschreibt der Ergebnisbericht des vom Innovationsfonds geförderten zweijährigen Forschungsprojektes „Qualitätsmessung in der Pflege mit Routinedaten“, kurz: QMPR.

So zeichnen die insgesamt zwölf QMPR-Indikatoren u. a. eine kritische Versorgungsrealität beim Einsatz von Antipsychotika bei Demenz, welche (inter-) nationalen Empfehlungen entgegensteht: während sich in einem Viertel der Pflegeheime (25. Perzentil) der Anteil an dementiell erkrankten Bewohnenden mit Antipsychotika-Dauerverordnung auf maximal 4 Prozent beläuft, reicht er in einem weiteren Viertel (75. Perzentil) von 11 bis 40 Prozent je Einrichtung (Tabelle). Die deutliche Schwankung der Qualitätsergebnisse setzt sich auch an der Schnittstelle Hospitalisierung fort: in 25 % der Pflegeheime (25. Perzentil) wiesen bis zu 30 % der Bewohnenden einen kurzzeitigen, d. h. maximal dreitägigen, Krankenhausbesuch auf; im Viertel jener Einrichtungen mit den höchsten Anteilen (75. Perzentil) betraf dies 43 bis 81 Prozent. Auch nach Adjustierung dieser Ergebnisse unter Einbeziehung des einrichtungsbezogenen Risikoprofils blieb die Variation bestehen. Die Analysen beruhen auf Abrechnungsinformationen von rund 260.000 AOK-versicherten Bewohnenden in rund 5.000 Pflegeheimen und schlossen damit rund die Hälfte der vollstationären Einrichtungen in Deutschland ein.

QMPR geht neue Wege
Als Ergebnis der rund zweijährigen Kooperation mit der aQua-Institut GmbH und der Ostfalia Hochschule für Angewandte Wissenschaften liegen nunmehr insgesamt zwölf wissenschaftlich fundierte und operationalisierte QMPR-Indikatoren für die Qualitätsmessung im Setting Pflegeheim vor. Sie leisten einen wertvollen Beitrag und eine Perspektivenerweiterung zur Messung der Versorgungsqualität von Pflegeheimbewohnenden, denn: obwohl die teils erhebliche Fehl- und Unterversorgung an den Schnittstellen der pflegerischen und medizinischen Versorgung bekannt ist, stehen diese Qualitätsinformationen bis dato weder dem Pflegeheim, den Kostentragenden noch den (potenziellen) Bewohnenden oder der Öffentlichkeit zur Verfügung. Hinzu kommt: Während im SGB V die Qualitätssicherung mittlerweile Abrechnungsdaten von Krankenkassen (Sozialdaten/Routinedaten) einbezieht und sektorenübergreifend angelegt ist, sind analoge Weiterentwicklungen im SGB XI nicht zu erkennen.

Anwendungskontexte vielfältig
Die Indikatoren bergen nunmehr das Potenzial, die empirische Basis für das interne Qualitätsmanagement zu verbreitern und Impulse für die Optimierung der berufsgruppenübergreifenden Versorgung von Pflegeheimbewohnenden zu liefern. Impulse sind aber auch denkbar in Hinblick auf die Weiterentwicklung der gesetzlichen Qualitätssicherung – u. a. durch eine Integration einrichtungsbezogener QMPR-Indikatoren in die regelhaften Qualitätsprüfungen der Pflegeheime. Ebenso diskutieren lässt sich längerfristig die Nutzung ausgewählter QMPR-Indikatoren für die öffentliche Qualitätsberichtserstattung. Eine Herausforderung bleibt dabei immer die Frage der Zuschreibbarkeit: Wer wird verantwortlich gemacht, die Qualitätsdefizite zu beheben? QMPR impliziert hier ein neues Denken: alle Indikatoren messen Defizite berufsgruppen- und sektorenübergreifender Versorgungsprozesse und sind damit nicht von einzelnen Akteursgruppen zu verantworten.

QMPR-Abschlussbericht liegt vor
Das aktuell erste Set der QMPR-Indikatoren bietet zukünftig die Chance, zur Transparenz des Versorgungsgeschehens in bisher in der Qualitätssicherung unterbelichteten Bereichen beizutragen. Dies ist Grundvoraussetzung für die entsprechende Awareness der Beteiligten auf den unterschiedlichen Ebenen des Versorgungssystems und damit Basis für die Entwicklung jeglicher Optimierungsbemühungen, Strategieentwicklungen und ihrer -evaluationen.


Der Ergebnisbericht zum Projekt „Qualitätsmessung in der Pflege mit Routinedaten (QMPR) ist ab sofort unter als kostenloser Download erhältlich.
zur Webseite >> https://www.wido.de/newsletter/newslett ... 73fa37a31c



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Quelle: Pressemitteilung vom 13.04.2022
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