Pflegenotstand - Hilfreiche Reformen sind (noch) nicht in Sicht

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung
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WernerSchell
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Pflegenotstand - Hilfreiche Reformen sind (noch) nicht in Sicht

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Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss


20.09.2021


Pflegenotstand - Hilfreiche Reformen sind (noch) nicht in Sicht


Pflegenotstand, ambulant und stationär, ist offensichtlich nur ein Thema der unmittelbar "Betroffenen" (= pflegebedürftige Menschen, pflegende Angehörige, Pflegekräfte und einige Kenner der Szene mit Expertenwissen, die sich wegen der Pflegemisere immer wieder zu Wort melden und Reformen einfordern). - Alle anderen Bürgerinnen und Bürger sind wohl teilweise interessiert (denken an eigene Hilfeerfordernisse), engagieren sich aber eher nicht - denken: das wird schon. Und das ist ein fataler Irrtum!

Parteien präsentieren sich mit vielen wohlklingenden Reformabsichten und Versprechen in alle Richtungen. Für die Gestaltung guter Pflegebedingungen hat das aber bislang nichts gebracht. Die bisherigen Reformen können dem nicht einmal ansatzweise gerecht werden. - Auch in allernächster Zeit sind wohl eher keine wirkungsvollen Verbesserungen zu erwarten, weil angesichts der in letzter Zeit aufgehäuften Staatsverschuldung (rd. 500 Milliarden Euro mit steigender Tendenz) die erforderlichen Finanzmittel fehlen werden.

Es gibt auch wieder Schnapsideen, wie man die Pflege verbessern sollte. Aiwanger, FW in Bayern, will (Langzeit)Arbeitslose in der Pflege einsetzen. Früher waren es schon mal die Schleckerfrauen usw. - Die Vorschläge von Aiwanger liegen völlig daneben. Wer über die Pflege und die erforderliche Pflegereform redet, sollte schon ein wenig Ahnung haben. Die Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen. Dazu gehören u.a. qualifiziertes Personal mit ausreichenden Stellenschlüsseln und deutlich verbesserten Vergütungen!

Der Bayerische Gesundheitsminister Holetschek konterte Aiwangers Ideen folgerichtig und hält eine Revolution in der Pflege für notwendig: "Unser Ziel ist es, die Pflege zu professionalisieren und den Beruf aufzuwerten. Mit Zwangsdiensten wird uns das nicht gelingen."

Ausreichend qualifizierte Pflegekräfte können gerne durch Pflegehilfskräfte, Assistenzkräfte bzw. Ehrenamtler unterstützt werden. Aber in erster Linie muss die Fachlichkeit durch entsprechende gesetzliche Vorgaben gewährleistet sein! Denn in den Stationären Pflegeeinrichtungen sind die schwerstpflegebedürftigen Menschen (viele davon demenziell erkrankt) untergebracht. Es ist ein Trugschluss anzunehmen, allein mehr Hilfskräfte könnten die seit vielen Jahren bekannten Pflegemängel auflösen. Problembereiche, die zwingend Fachkompetenz erfordern sind z.B.: Arzneimittelversorgung, Psychopharmaka, Fixierungen, Mangelernährung, unzureichende Mobilisation - Reha -, Zuwendung im Zusammenhang mit pflegerischen Verrichtungen, Sterbebegleitung …. Hilfskräfte sind eine Ergänzung, aber kann Ersatz für die Pflegefachkräfte (> viewtopic.php?f=4&t=22&p=2137#p2137 ).

Es wird nach all dem geboten sein, in aller Deutlichkeit den Pflegenotstand immer wieder anzusprechen. Die pflegebedürftigen Menschen dürfen trotz Klimawandel, Sorgen der nachfolgenden Generation, Rentenmisere, Digitalisierung, illegale Zuwanderung usw. nicht vergessen werden!

Parteien, die auf Wachstum setzen, sollten im Übrigen bedenken, dass auch kommunale Quartierskonzepte mit präventiven Hausbesuchen und der Gestaltung von wohnortnahen Beratungs- und Unterstützungsstrukturen viel bewirken können. Dienstleistungen dieser Art, nahe bei den Menschen, können auch kräftiges Wachstum in Gang bringen.

Dies zu verdeutlichen, war eigentlich im Rahmen des für den 06.05.2020 geplanten Neusser Pflegetreffs, der wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden musste, vorgesehen. Die insoweit gegebenen Hinweise sind weiterhin zutreffend (> https://www.wernerschell.de/forum/neu/v ... =7&t=23481 ).

Werner Schell

Diplom-Verwaltungswirt - Oberamtsrat a.D. - Buchautor/Journalist - Dozent für Pflegerecht
Mitglied im Verband der Medizin- und Wissenschaftsjournalisten e. V.- https://www.vmwj.de
https://www.wernerschell.de - Pflegerecht und Gesundheitswesen
Infos auch bei https://www.facebook.com/werner.schell.7 bzw. https://twitter.com/SchellWerner


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Pflegenotstand auflösen und in den Kommunen unterstützende Netzwerke gestalten. Bund, Länder und Kommunen sind gefordert - eine umfassende Reform an "Haupt und Gliedern" ist dringlich. Jedes Zögern macht alles nur noch schwieriger! - Statement vom 28.06.2021 >>> viewtopic.php?f=5&t=194

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Dazu in den sozialen Medien gepostet:


• "Der Wahlkampf spielt sich komplett auf moralischen Nebenschauplätzen ab." - Florian Schröder, Kabarettist (zitiert in Rhein. Post am 19.09.2021)
• Schlumpfiges Grinsen im Wahlkampf und völlig unverbindliche - zum Teil inhaltslose - Aussagen (Sprechblasen) und schrille Töne … helfen nicht weiter!
• Pflegereformankündigungen kommen vereinzelt vor - unterscheiden sich aber nicht wirklich von dem, was wir seit vielen Jahren hören … Die Frage nach der menschenwürdige Pflege und uneingeschränkt guten Patientenversorgung wird wohl unbeantwortet bleiben!
• Auch die aktuellen Fragen, wie die innere Sicherheit dauerhaft gewährleistet werden kann, bleiben offen. - Ohne Sicherheit keine Freiheit!

Und dann sollte noch Loriot zu Wort kommen …


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Aus Forum > viewtopic.php?f=4&t=230&p=2909#p2909

Bemerkenswert ist, dass es nur bescheidene Andeutungen hinsichtlich einer Pflegereform gibt. Im Sonderungspapier heißt es: "Wir wollen eine Offensive für mehr Pflegepersonal. Hochwertige Pflege gibt es nur mit gut ausgebildeten Pflegekräften, guten Arbeitsbedingungen und angemessenen Löhnen in der Pflege. Wir wollen mehr qualifizierte ausländische Pflegekräfte gewinnen und die nötigen Voraussetzungen dafür schaffen. Pflegerinnen und Pfleger sollen mehr Zeit für ihre eigentliche Tätigkeit mit den Patientinnen und Patienten haben. Das wollen wir durch Entbürokratisierung, die Nutzung digitaler Potentiale und klare bundeseinheitliche Vorgaben bei der Personalbemessung gewährleisten." Diese wohlklingenden Äußerungen, bereits seit vielen Jahren politisches Vokabular, lassen die Vermutung zu, dass es insoweit bislang keine bemerkenswerten Annäherungen oder Übereinstimmungen gegeben hat.

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Ergänzende Info vom 21.10.2021:
„Spahn hat viel gemacht, aber wenig bewegt“, so lautet die aktuelle Beurteilung von Sylvia Bühler vom Verdi-Bundesvorstand. Laut Bühler sind die grundlegenden Probleme in der Altenpflege ungelöst (Quelle: Altenpfleger-Newsletter vom 21.10.2021). … Und diese Einschätzung wird von zahlreichen Verbänden und Experten geteilt. Aber nicht nur die Altenpflege ist dramatisch notleidend, sondern das gesamte Pflegesystem, ambulant und stationär! … Siehe dazu auch das hiesige Statement vom 20.09.2021 > viewtopic.php?f=5&t=242
WernerSchell
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Professionelle Pflege sicherstellen

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Professionelle Pflege sicherstellen
DBfK veröffentlicht Positionspapier zur Zukunft der Pflegefinanzierung und Personalausstattung


Eine sichere pflegerische Versorgung im Krankenhaus hängt von einer guten Personalausstattung ab. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) skizziert deshalb in einem neuen Positionspapier, welche Anforderungen ein Personalbemessungsinstrument für die Pflege im Krankenhaus erfüllen muss.

„Für uns ist der wichtigste Punkt, dass sich die Personalbemessung am individuellen Pflegebedarf orientieren muss, um fachlich gute Pflege zu gewährleisten“ sagt DBfK-Bundesgeschäftsführerin Bernadette Klapper. „Dies ist selbstverständlich nur möglich, wenn die Personalausstattung dem Bedarf angepasst ist und die dafür notwendigen Personalkosten gedeckt sind.“

Zur Finanzierung der Pflege müssten laut DBfK jedoch auch Leistungen einbezogen werden, die über die einzelnen Pflegemaßnahmen an den Patient:innen hinausgingen und die ebenfalls für eine gute pflegerische Versorgung erforderlich seien wie beispielsweise die Steuerung und Koordination der Versorgungsprozesse. Deshalb dürfe die Finanzierung von Pflege weder allein über die erbrachten Leistungen in der direkten Versorgung der Patient:innen noch auf Basis von Pflegediagnosen erfolgen.

„Pflegediagnosen sind wichtig für die Planung von Pflegeprozessen, aber sie sind zum derzeitigen Entwicklungsstand nicht zur Einschätzung der individuellen Pflegebedarfe geeignet. Auch bergen sie das Risiko, dass damit ähnliche Fehlanreize gesetzt werden, wie wir sie aus dem System der Vergütung nach ICD-Schlüsseln kennen“, so Klapper.

Das neue Personalbemessungsinstrument müsse so angelegt sein, dass es die individuellen Pflegebedarfe und den Personalbedarf für übergreifende pflegerische Leistungen in allen Bereichen des Krankenhauses erfassen könne.

„Pflege ist weit mehr als eine Aneinanderreihung von einzelnen Pflegeinterventionen. Gute Pflege ist auf Beziehungsarbeit, Beratung, Anleitung, Prävention und Interaktion angewiesen. All das ist nur bei guter Personalausstattung möglich und muss entsprechend in eine wirkungsvolle Bemessung einbezogen werden. Eine Vorgabe von Pflegeleistungen durch Algorithmen, wie sie für das Bemessungsverfahren über Pflegediagnosen erfolgen soll, lässt keinen Spielraum für individuell gute Pflege“, so Klapper.


Das Positionspapier „Zukunft der Pflegefinanzierung und Personalausstattung im Krankenhaus (§137k SGB V)“ steht hier zum Download bereit: > https://www.dbfk.de/media/docs/download ... _22-01.pdf

Quelle: Pressemitteilung vom 19.01.2022
Anja Kathrin Hild | Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe - Bundesverband e. V.
hild@dbfk.de | www.dbfk.de | Alt-Moabit 91 | 10559 Berlin | Fon 030-219157- 30 | Fax 030-219157-77
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Pflegemängel - Wie man konkret dagegen vorgeht ...

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"100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen" - Wie man konkret bei Pflegemängeln vorgeht - das verraten die 100 weiterhin gültigen Tipps. … > viewtopic.php?f=4&t=343 Wichtig erscheinen weiterhin Überlastungs- bzw. Gefährdungsanzeigen seitens des Pflegepersonals. Insoweit ist eine Rechtspflicht anzunehmen: > viewtopic.php?p=2569#p2569 - Da der Pflegenotstand immer mehr Probleme auslöst, besteht politisch dringender Handlungsbedarf!
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Ein Gramm gutes Beispiel gilt mehr als ein Zentner Worte

Beitrag von WernerSchell »

"Ein Gramm gutes Beispiel gilt mehr als ein Zentner Worte".
Hl. Franz von Sales



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Pflege in Deutschland: Mies bezahlt, schlechte Arbeitsbedingungen

Beitrag von WernerSchell »

Pflege in Deutschland: Mies bezahlt, schlechte Arbeitsbedingungen. Die "heute-SHOW" brachte es am 14.09.2018 auf den Punkt > https://www.youtube.com/watch?v=rKcKs4o7xso … und nichts hat sich geändert!
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