Immer mehr Ältere erleiden nach Stürzen ein Schädel-Hirn-Trauma

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung
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Immer mehr Ältere erleiden nach Stürzen ein Schädel-Hirn-Trauma

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Immer mehr Ältere erleiden nach Stürzen ein Schädel-Hirn-Trauma


Etwa 270.000 Menschen erleiden in Deutschland jedes Jahr ein Schädel-Hirn-Trauma. Zunehmend betroffen sind davon die über 65-Jährigen. Das hat eine Studie von Forschenden der BG Kliniken unter Leitung der Neurologischen Klinik der Ruhr-Universität Bochum (RUB) des BG Klinikums Bergmannsheil ergeben. Stürze sind häufig die Ursache. Die Forschenden raten zu mehr Prävention, etwa durch den Abbau von Stolperfallen in der Wohnung oder den geschulten Einsatz von Gehhilfen. Die Studie ist die erste zu Häufigkeiten und Ursachen von Schädel-Hirn-Traumata seit über 20 Jahren. Das Forschungsteam berichtet in der Fachzeitschrift BMJ Open vom 4. Juni 2021.


Sturz und Radfahren ohne Helm sind häufige Ursachen

Vom leichten Sturz mit dem Fahrrad bis hin zum schweren Verkehrsunfall: Die Ursachen für ein Schädel-Hirn-Trauma sind vielfältig. Etwa 90 Prozent der jährlich rund 270.000 Fälle werden als leicht, zehn Prozent als mittelschwer oder schwer klassifiziert. Vermehrt betroffen von einem Schädel-Hirn-Trauma ist nach aktuellen Erkenntnissen die Altersgruppe der über 65-Jährigen. Das Forschungsteam der BG Kliniken an den Standorten Bochum, Hamburg, Berlin, Halle, Frankfurt, Ludwigshafen und Murnau hat festgestellt, dass eine Verschiebung der am häufigsten betroffenen Altersgruppe stattgefunden hat und dass ein erkennbarer Zusammenhang zwischen der Schwere eines Schädel-Hirn-Traumas, dem Lebensalter und der Ursache besteht.

Die Studie zeigt, dass häufigste Auslöser eines Schädel-Hirn-Traumas Stürze sind und nicht mehr Verkehrsunfälle. Bei den Verkehrsunfällen hat sich auch eine Verschiebung ergeben: Hier stellen mittlerweile nicht mehr Pkw-Insassen, sondern Fahrradfahrende ohne Helm die größte Gruppe dar.

„Wir registrieren eine deutliche Verschiebung der mehrheitlich betroffenen Altersgruppe hin zu der älteren Generation. Ein Phänomen, das man in nahezu allen Industriestaaten beobachten kann“, erklärt Prof. Dr. Peter Schwenkreis, Oberarzt der Neurologischen Klinik im Bergmannsheil. Erkennbar ist demnach auch ein Zusammenhang mit dem Alter der Betroffenen. Gerade bei älteren Frauen und Männern sind Stürze die häufigste Ursache. „Ältere Menschen sind deutlich anfälliger für Stürze und erleiden so schneller ein Schädel-Hirn-Trauma als andere Altersgruppen. Zudem liegt der Schweregrad der Verletzung hier höher“, konkretisiert Schwenkreis. „Das erklärt auch, warum wir in dieser Altersgruppe einen Anstieg von Todesfällen verzeichnen, die durch eine derartige Verletzung verursacht wurden.“

Studie mit über 3.500 Teilnehmenden

Eine neurowissenschaftliche Forschungsgruppe der BG Kliniken hat für die Studie die Entstehung, Behandlung und die Folgen für Patientinnen und Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma beobachtet und ausgewertet. In die Studie eingeschlossen wurden insgesamt 3.514 Patienten. Alle von ihnen wurden im Zeitraum zwischen dem 1. Oktober 2014 und dem 30. September 2015 in einer der beteiligten BG Kliniken versorgt. Voraussetzung war, dass die Versorgung innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Erleiden des Schädel-Hirn-Traumas stattgefunden hat.

Die Ergebnisse wurden mit zwei verschiedener Verfahren erhoben: Zum einen durch die Auswertung der Dokumentationsbögen von der Erstversorgung bis zur Rehabilitation, zum anderen fanden standardisierte Telefoninterviews mit den Betroffenen statt, jeweils drei und zwölf Monate nach Erleiden des Traumas. Seit 2000/2001 wurde in Deutschland keine derart groß angelegte Studie zur Entstehung von Schädel-Hirn-Traumata mehr veröffentlicht.


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Banale Maßnahmen können große Wirkung erzielen

Da mittelschwere bis schwere Schädel-Hirn-Traumata häufiger bei älteren Menschen auftreten, sieht die Forschungsgruppe hier einen gesonderten Bedarf für mehr Präventionsarbeit. „Vorstellbar sind Trainingsmaßnahmen zum sicheren Gehen, das geschulte Verwenden von Gehhilfsmitteln oder die Umgestaltung der Wohnung durch das Entfernen von Stolperfallen. So banal diese Maßnahmen klingen, sie können schwerwiegenden Verletzungen vorbeugen“, sagt Peter Schwenkreis. „Die Fortschritte beim Insassenschutz im Pkw haben eine deutlich nachweisbare Wirkung gezeigt“, erläutert er weiter. Nun komme es darauf an, den Schutz von Menschen, die auf dem Rad oder zu Fuß unterwegs sind, im Rahmen der sich anbahnenden Mobilitätswende umzusetzen.

Schädel-Hirn-Trauma

Als Schädel-Hirn-Trauma wird jede Verletzung des Schädels mit oder ohne Fraktur bezeichnet, die mit einer Schädigung des Gehirns einhergeht. Ebenso wie die Ursachen können auch die Symptome sehr vielfältig sein. Sie reichen von Kopfschmerzen, Schwindel und Benommenheitsgefühl bis hin zur Amnesie oder zu Bewusstseinsstörungen. Schon geringe Verletzungen des Schädels können jedoch Blutungen oder Schwellungen im Gehirn hervorrufen, weshalb ein Schädel-Hirn-Trauma nach einem Unfall unverzüglich untersucht werden sollte.

Pressekontakt

Melina Jasmine Kalwey
Unternehmenskommunikation
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH
Tel.: +49 234 302 3597
E-Mail: melina.kalwey@bergmannsheil.de

Robin Jopp
Unternehmenskommunikation
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH
Tel.: +49 234 302 6125
E-Mail: robin.jopp@bergmannsheil.de

Über das Bergmannsheil

Das BG Universitätsklinikum Bergmannsheil zählt zu den größten Akutkliniken der Maximalversorgung im Ruhrgebiet. 1890 als erste Unfallklinik der Welt zur Versorgung verunglückter Bergleute begründet, vereint das Bergmannsheil heute 23 hochspezialisierte Kliniken und Fachabteilungen unter einem Dach. Rund 2.200 Mitarbeitende stellen die qualifizierte Versorgung von rund 84.000 Patientinnen und Patienten pro Jahr sicher.

Das BG Universitätsklinikum Bergmannsheil gehört zur Unternehmensgruppe der BG Kliniken. Die BG Kliniken sind spezialisiert auf die Akutversorgung und Rehabilitation schwerverletzter und berufserkrankter Menschen. In neun Akutkliniken, einer Klinik für Berufskrankheiten und zwei Ambulanzen versorgen über 14.000 Beschäftigte mehr als 560.000 Fälle pro Jahr. Träger der BG Kliniken sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Peter Schwenkreis
Neurologische Klinik und Poliklinik
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH
E-Mail: peter.schwenkreis@bergmannsheil.de

Originalpublikation:
Peter Schwenkreis, Andreas Gonschorek, Florian Berg et al.: Prospective observational cohort study on epidemiology, treatment and outcome of patients with traumatic brain injury (TBI) in German BG hospitals, in: BMJ Open, 2021, DOI: 10.1136/bmjopen-2020-045771, https://bmjopen.bmj.com/content/11/6/e045771

Quelle: Pressemitteilung vom 06.07.2021
Meike Drießen Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum
https://idw-online.de/de/news772221
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Langfristige Kortison-Einnahme begünstigt Knochenbrüche – Rheumatologen setzen auf frühzeitige Vorbeugung

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Langfristige Kortison-Einnahme begünstigt Knochenbrüche – Rheumatologen setzen auf frühzeitige Vorbeugung

Schätzungen zufolge werden bis zu einem Prozent der Bevölkerung westlicher Länder langfristig mit Glukokortikoiden, umgangssprachlich bekannt unter dem Namen Kortison, behandelt. Die Substanzen werden vielfach bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen verschiedener Organe, wie beispielsweise rheumatischen Krankheiten, eingesetzt. Eine mögliche Folge der Langzeit-Einnahme ist eine Abnahme der Knochendichte bis hin zur Osteoporose.

Daher sollten Rheumapatientinnen und -patienten, die wiederholt oder langfristig Glukokortikoide einnehmen, vorbeugende Maßnahmen ergreifen und vorsorglich auf eine sich entwickelnde Osteoporose untersucht und behandelt werden. In ihrer aktuellen Empfehlung zum Management der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose weist die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) auf Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten dieser Folgeerkrankung hin.



Eine Kortison-Behandlung ist häufiger Bestandteil der medikamentösen Behandlung von Autoimmunerkrankungen. Gerade bei Krankheitsschüben verschafft das Medikament zuverlässig und rasch Linderung. Im Gegensatz zum meist gut verträglichen kurzzeitigen Einsatz von Kortison auch in höheren Dosierungen, bleibt die Langzeitbehandlung – definiert als Behandlung über mindestens drei Monate, die in der Realität häufig über Jahre andauert – oft nicht ohne Nebenwirkungen. Eine der häufigsten ist die Glukokortikoid-induzierte Osteoporose (GIOP), eine durch Kortison-Präparate verursachte sekundäre Osteoporose. Bei rund 30 bis 40 Prozent der Patienten, die über einen Zeitraum von rund 4,5 Jahren mit Kortison behandelt wurden, lassen sich aktuelle oder alte Frakturen nachweisen. „Aufgrund der medikamentösen Behandlung spüren viele von ihnen gerade bei kleinen Knochenbrüchen kaum oder keine Schmerzen, weswegen sie oft übersehen und nicht behandelt werden“, sagt PD Dr. med. Jan Leipe, Sektionsleiter Rheumatologie an der Universitätsmedizin Mannheim, Mitglied der Kommission Pharmakotherapie der DGRh und Mitautor der aktuellen Stellungnahme der Fachgesellschaft. Die Folge ist ein immer fragileres Skelett, das erneute Frakturen begünstigt.

Aufgrund der Häufigkeit einer sekundären Osteoporose sollte eine langfristige Kortison-Behandlung durch eine kalziumreiche Ernährung und die Gabe von Vitamin D von Beginn an begleitet werden. Die Knochendichte sollte gemäß Leitlinie des Dachverbandes Osteologie e.V. (DVO) regelmäßig geprüft und die zusätzliche Gabe von Medikamenten, die den Knochenabbau hemmen oder sogar den Aufbau fördern, erwogen werden. „Bereits in den ersten drei bis sechs Monaten der Glukokortikoid-Therapie sinkt die Knochendichte um bis zu 12 Prozent, was die Dringlichkeit der genannten Maßnahmen unterstreicht“, so Leipe. Dabei stehe die Abnahme der Knochendichte in direktem Zusammenhang mit der Dosierung und Dauer der Medikamentengabe. Nach Behandlungsende sinke das Frakturrisiko wieder. Eine kurzfristige und hochdosierte Einnahme von Kortison wirke sich vergleichsweise gering auf die Knochendichte aus. „Erhebungen zeigen uns, wie sorgfältig abgewogen der Einsatz von Kortison erfolgen sollte“, so Leipe. Es gelte: So viel wie nötig – so wenig wie möglich, begleitet von der umgehenden Prävention einer sekundären Osteoporose.

Bei der Therapie rheumatischer Erkrankungen seien Glukokortikoide ein unerlässlicher Baustein. „Umso wichtiger ist es, möglichen Nebenwirkungen und damit Folgeerkrankungen rechtzeitig vorzubeugen“, ergänzt DGRh-Präsident Professor Dr. med. Andreas Krause aus Berlin. Anlässlich der Veröffentlichung der aktuellen Empfehlungen weist die DGRh daher darauf hin, dass zu einer optimalen Versorgung von Patientinnen und Patienten, die beispielsweise aufgrund einer rheumatischen Erkrankung Kortison erhalten, aber auch bei allen anderen Patientinnen und Patienten mit einer langfristigen Kortison-Therapie, immer auch die Prävention einer möglichen Osteoporose gehört.

Literatur:
Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie zum Management der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose: Z Rheumatol 2021, 80:670–687
https://doi.org/10.1007/s00393-021-01028-w
Springer Medizin Verlag GmbH

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Pressekontakt DGRh für Rückfragen:
Janina Wetzstein, Stephanie Priester
Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh)
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: +49 711 8931-605
Fax: +49 711 8931-167
E-Mail: priester@medizinkommunikation.org

Kontakt DGRh:
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V.
Geschäftsstelle
Anna Julia Voormann
Generalsekretärin
Wilhelmine-Gemberg-Weg 6, Aufgang C
10179 Berlin
Tel. +49 30 240484-70
Fax +49 30 240484-79
E-Mail: anna.voormann@dgrh.de
http://www.dgrh.de

Quelle: Pressemitteilung vom 16.11.2021
Anna Julia Voormann Geschäftsstelle der DGRh
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.
https://idw-online.de/de/news779463
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Studie: Schulung des gesamten Personals senkt Sturzrisiko in Pflegeheimen

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Deutsches Ärzteblatt vom 19.01.2022:

Studie: Schulung des gesamten Personals senkt Sturzrisiko in Pflegeheimen

Nottingham – Eine Schulung des gesamten Personals von Pflegeeinrichtungen hat in einer randomisier­ten Studie die Zahl von Stürzen bei den pflegebedürftigen Bewohnern beinahe halbiert, wie aus einer Studie im Britischen Ärzteblatt (BMJ, 2021; DOI: 10.1136/bmj-2021-066991) hervorgeht.
Stürze der Bewohner sind in Pflegeheimen keine Seltenheit und führen häufig zu Verletzungen. Nach früheren Studien verursacht jeder 10. Sturz eine Fraktur, jeder 5. Bewohner muss ins Krankenhaus einge­liefert werden und 1 von 5 stirbt innerhalb 1 Jahres an den Folgen der Verletzungen.
In Großbritannien entfällt 1/3 der Hüftfrakturen auf Bewohner von Pflegeheimen. Die Stürze lassen sich häufig auf vermeidbare Ursachen zurückführen. Das können Ernährungsstörungen oder eine Dehydration der Bewohner, die Einnahme von Medikamenten oder auch bauliche „Fallstricke“ in den Einrichtungen sein. Während es erfolgreiche Programme zur Vermeidung von Stürzen in der eigenen Wohnung gibt, bleiben Präventionsbemühungen in Pflegeheimen oft vergeblich.
... (weiter lesen unter) ... > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... 7ac2e8834e
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KI-unterstützte Sturzsensoren im Pflegealltag ...

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Institut Arbeit und Technik
der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen – Bocholt – Recklinghausen



KI-unterstützte Sturzsensoren im Pflegealltag – Neues IAT-Projekt untersucht Nutzen für Betroffene und Personal

Kann künstliche Intelligenz (KI) – etwa durch die intelligente Auswertung von Daten von Sturzsensoren – helfen, den Pflegealltag zu erleichtern und die Arbeit zu entlasten? Am Institut Arbeit und Technik (IAT/Westfälische Hochschule Gelsenkirchen) untersucht ein interdisziplinäres Konsortium aus Sozialwissenschaften, Pflegewissenschaften, Gesundheitsökonomie und Medizininformatik in Zusammenarbeit mit Praxiseinrichtungen der ambulanten und stationären Langzeitpflege, ob und wie KI-Anwendungen zur Be- oder Entlastung von Pflegearbeit beitragen können.
Zum Kickoff des Projektes traf sich das Konsortium jetzt online. Das Projekt ETAP (Evaluation von teilautomatisierten Pflegeprozessen in der Langzeitpflege) wird vom Bundesministerium für Gesundheit über den Zeitraum von drei Jahren gefördert.
Im Projekt werden die Einführung von Sturzrisiko-Sensoren und zugehöriger Dokumentation unter Beteiligung von Pflege(fach)kräften in der ambulanten und stationären Langzeitpflege untersucht. Ziel ist es, den Umgang der Pflegekräfte mit diesen KI-Anwendungen im Pflegealltag zu erproben, um Effekte auf ihre Arbeitssituation zu messen und den Nutzen zu erheben. Die eingesetzte Technologie wird anhand der Untersuchungsergebnisse und in enger Abstimmung mit den Erfordernissen der Praxispartner und unter Berücksichtigung der ethischen und sozialen Implikationen weiterentwickelt und angepasst.
Der IAT-Forschungsschwerpunkt „Gesundheitswirtschaft & Lebensqualität“ ist verantwortlich für die Koordination des Projektes und die ELSI-Begleitforschung. Der IAT-Forschungsschwerpunkt „Arbeit und Wandel“ ist verantwortlich für die Analyse der Be- und Entlastungseffekte im Rahmen der Einführung des KI-Services, die Entwicklung von Handlungsempfehlungen sowie den Transfer der Ergebnisse in Wissenschaft und Praxis.
Am Projekt beteiligt sind neben dem IAT die Universität Bremen (IPP und CSL), die Unternehmen Future App Solutions Care und DHC Digital HealthCare-Systems und die Praxiseinrichtungen AWO Karlsruhe und Stift Tilbeck.

Kontakt:
Dr. Peter Enste, Tel.: (0)209 1707 133; enste@iat.eu, Michaela Evans, 0209 1707-121, evans@iat.eu;

Qulle: Pressemitteilung vom 22.02.2022
Claudia Braczko
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik
Zentrale wissenschaftliche Einrichtung der
Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen Bocholt Recklinghausen
Telefon: 0209/1707-176
E-Mail: braczko@iat.eu
Web: www.iat.eu
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Altersmediziner veröffentlichen erste globale Sturzleitlinie: „Wir könnten Krankenhauseinweisungen um 20 Prozent reduzie

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Altersmediziner veröffentlichen heute erste globale Sturzleitlinie: „Wir könnten Krankenhauseinweisungen um 20 Prozent reduzieren“


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Foto: Altersmediziner Professor Clemens Becker

Heute wird die erste globale Leitlinie zur Sturzprävention (> https://academic.oup.com/ageing/article ... ng/afac205 ) veröffentlicht. Daran mitgewirkt haben insgesamt 96 Wissenschaftler aus 39 Ländern – darunter einer aus Deutschland: der Altersmediziner Professor Clemens Becker (Foto), Sturz-Experte der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG). „Uns ist es nach zwei Jahren Arbeit erstmals gelungen, einen globalen Konsens zu schaffen für die Prävention, Diagnostik und Therapie von Stürzen“, sagt der Altersmediziner. Jährlich gebe es in Deutschland eine halbe Million Krankenhauseinweisungen, die unmittelbar auf einen Sturz zurückzuführen sind. Viele ältere Menschen versterben an den Folgen. „Durch eine frühzeitige Prävention – also gezielter Vorsorge – könnten wir die Zahl der Einweisungen um 20 Prozent reduzieren“, so Becker. Dafür haben die Experten nun neue Empfehlungen aufgestellt, die sämtliche soziodemografischen Unterschiede der Weltbevölkerung berücksichtigen. Veröffentlicht wurde die neue Leitlinie heute im Rahmen des Kongresses der European Geriatric Medicine Society (EuGMS) in London.

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Die aktuelle Herausforderung: Stürze und sturzbedingte Verletzungen kommen bei älteren Erwachsenen häufig vor – mit oftmals negativen Auswirkungen auf die funktionelle Unabhängigkeit und Lebensqualität. Damit einher gehen in der Gruppe der Über-65-Jährigen eine steigende Krankheitshäufung, eine erhöhte Sterberate sowie steigende gesundheitsbezogenen Kosten. Zudem sind bisher gültige Präventions- und Behandlungsrichtlinien uneinheitlich. Mit den jetzt veröffentlichen „World Falls Guidelines“ stellen die Expertinnen und Experten eine Reihe von evidenz- und konsensbasierten Empfehlungen zur Sturzprävention und -behandlung für ältere Erwachsene zur Verfügung, die insbesondere den medizinischen Fachkräften neue Möglichkeiten bieten.

Empfehlungen für Deutschland: Jährliche Hausarzt-Befragung und Ganganalyse
Insbesondere für Industrieländer wie Deutschland ergeben sich nun diese Empfehlungen: Alle älteren Erwachsenen sollten wesentlich umfänglicher als bisher zur Sturzprävention und körperlichen Aktivität beraten werden. Mindestens einmal im Jahr sollte der Hausarzt betroffene Patienten nach Stürzen oder Sturzrisiken befragen. Zur Untersuchung sollte auch eine Ganganalyse gehören. „Wir wissen: Unterschreitet das Schritttempo 0,8 Meter in der Sekunde, steigt das Sturzrisiko“, so Becker, Leiter der Forschung zur Mobilität des Menschen am Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart und Leiter des Bereichs Digitale Geriatrie am Universitätsklinik Heidelberg. „Außerdem sollten Menschen mit Demenz oder Parkinson unbedingt Zugang zu systematischen Trainingsprogrammen erhalten.“ Betroffene sollten eine gezielte Physiotherapie und Übungsprogramme durchlaufen. Insbesondere für ältere Menschen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Pflegeheimen soll es eine auf den individuellen Gesundheits- oder Krankheitszustand zugeschnittene Prävention für das Sturzrisiko geben. „Personen mit hohem Risiko sollte eine umfassende multifaktorielle Bewertung angeboten werden, um eine personalisierte und fachübergreifende medizinische Behandlung zu gewährleisten. Damit ließe sich das zukünftige Sturzrisiko dieser Personen erheblich reduzieren“, so Clemens Becker.

Multifaktorielles Risiko-Assessment: Jede ältere Person wird untersucht
Weitere Empfehlungen der neuen globalen Sturzleitlinie umfassen Einzelheiten zu Bewertungs- und Interventionskomponenten sowie -kombinationen. „Uns war es wichtig, einmal genau zu definieren, was medizinisch als Sturz oder auch schwerer Sturz klassifiziert werden kann und wie dann mit den Betroffenen genau umgegangen werden sollte“, so Clemens Becker. „Von einer schlanken bis umfassenden Bewertung des Gesundheitszustandes eines Patienten ist ja grundsätzlich alles möglich.“ Der Konsens der beteiligten Autoren: Jede ältere Person – auch jene ohne erkennbare Verletzungen – mit Gebrechlichkeitserscheinungen oder Schwierigkeiten, selbstständig aufzustehen, wird tiefergehend untersucht. „Bisher wurden die Menschen nur bei Verletzungen oder wiederholten Stürzen umfassender untersucht“, erklärt Becker. Wie solch ein multifaktorielles Risiko-Assessment genau auszusehen hat, wird in der neuen Leitlinie genau ausgeführt. „Ein Hausarzt sollte drei bis sechs Monate im Anschluss den Zustand des Patienten erneut prüfen.“

Nationaler Aktionsplan: Geriatrische Ambulanzen für präzise Prävention
Die neuen Empfehlungen zur Sturzprävention und -behandlung berücksichtigen insbesondere die folgenden Aspekte: Einen personenzentrierten Ansatz, der die Perspektiven älterer Erwachsener einschließt – auch in Bezug auf Betreuer und andere Interessensgruppen. Vorhandene Lücken in früheren Leitlinien sollen geschlossen werden. Jüngste Entwicklungen im Bereich der elektronischen Gesundheitsdienste werden mit einbezogen. Und Standorten mit begrenztem Zugang zu Ressourcen – dazu zählen Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen – werden implementiert. „Damit ist uns methodisch eine Rundumbeleuchtung der Sturzprävention und -behandlung gelungen, die sämtliche Bevölkerungsschichten auf dem Globus einbezieht“, so Becker. Wichtig sei das, da Stürze bei älteren Menschen vor allem in einkommensschwachen Kreisen vorkämen. Der Stuttgarter Mediziner plädiert dafür, dass nach dem Vorbild der geriatrischen Rehabilitation nun verstärkt in geriatrische Institutsambulanzen als Anlaufstelle für ältere Patienten investiert werden sollte: „Es wird höchste Zeit, das in Deutschland voranzubringen. Diese Ambulanzen müssen entsprechend finanziert und ausgestattet werden, um mit präzisen Präventions- und Behandlungsprogrammen den Menschen zu helfen. Dafür brauchen wir jetzt einen nationalen Aktionsplan“, fordert Becker.

Hier finden Sie die erste globale Leitlinie zur Sturzprävention und -behandlung „World Guidelines for Falls Prevention and Management for Older Adults: A Global Initiative“ in vollständiger Fassung. > https://academic.oup.com/ageing/article ... ng/afac205

Quelle: Pressemitteilung vom 30.09.2022
Pressekontakt der DGG
Torben Brinkema
medXmedia Consulting KG
Nymphenburger Str. 19
80335 München
Tel: +49 (0)89 / 230 69 60 49
E-Mail: presse@dggeriatrie.de
https://www.dggeriatrie.de/presse/press ... n%E2%80%9C
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Blaue Flecken, v.a. an Händen und Armen, entstehen häufig nach einem Stoß oder einem Sturz

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Blaue Flecken, v.a. an Händen und Armen, entstehen häufig nach einem Stoß oder einem Sturz. In der Folge bilden sich blaue Flecken, die auch mit Schmerzen oder Schwellungen verbunden sein können. Neben einem unbemerkten Anstoßen kommen auch andere Ursachen für plötzlich entstehende blaue Flecken infrage; z.B. Medikamente, Alter und Vitaminmangel. Sofortiges Kühlen kann häufig verhindern, dass sich blaue Flecken ausbreiten. Bei bereits entstandenen blauen Flecken kann eine Salbe mit dem Wirkstoff Heparin die Blutgerinnung fördern und die Heilung beschleunigen. Ggf. kann eine ärztliche Beurteilung und Behandlung angezeigt sein (möglicherweise handelt es sich um ein Raynaud-Syndrom). … Näheres dazu u.a. unter > https://www.gesundheit.de/krankheiten/h ... ue-flecken

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Weniger Nebenwirkungen als befürchtet: Kortison in niedrigen Dosen

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Weniger Nebenwirkungen als befürchtet: Kortison in niedrigen Dosen

Bei rheumatoider Arthritis – oft ungenau als Rheuma bezeichnet – ist Kortison sehr wirksam, medizinische Leitlinien raten aber von einer längerfristigen Einnahme ab. Grund sind eine Reihe von Nebenwirkungen – die allerdings vor allem bei den früher üblichen hohen Dosierungen beobachtet wurden. Zur Verabreichung von kleinen Mengen Kortison über einen längeren Zeitraum gibt es dagegen wenig aussagekräftige Daten. Eine Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin in Annals of Internal Medicine* zeigt jetzt: Zumindest der Blutdruck steigt nach zweijähriger Therapie mit niedrig dosiertem Kortison nicht an. Und die oft befürchtete Gewichtszunahme fällt mit rund einem Kilogramm moderat aus.

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Als Kortison wird umgangssprachlich die Gruppe der Glukokortikoide bezeichnet. Das sind körpereigene und auch synthetische Wirkstoffe, die unter anderem das Immunsystem hemmen. Kortison-Präparate werden deshalb schon seit Langem gegen eine ganze Reihe von entzündlichen Erkrankungen eingesetzt, darunter Autoimmunkrankheiten wie die rheumatoide Arthritis. Und sie wirken: Kortison-Präparate helfen gegen die Entzündung in den Gelenken, mindern Schmerzen und lindern die krankheitsbedingte körperliche Behinderung. Außerdem werden die Gelenke deutlich weniger geschädigt.

Kortison wird entgegen Leitlinien verwendet

„Weil Kortison-Präparate so gut gegen die rheumatoide Arthritis helfen, nehmen 30 bis 50 Prozent der Betroffenen sie auch zwei Jahre nach der Diagnose noch – und zwar entgegen den aktuellen medizinischen Leitlinien und Empfehlungen“, erklärt Dr. Andriko Palmowski, Erstautor der Studie von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité. „Die Leitlinien und Empfehlungen raten eigentlich, Kortison – wenn überhaupt – nur vorübergehend zu verabreichen, weil sonst relevante Nebenwirkungen zu befürchten sind.“ Allerdings: Viele dieser Nebenwirkungen sind für die früher viel häufiger verabreichten hohen Kortison-Dosierungen gut belegt, für die heute bevorzugten geringeren Mengen ist die Datenlage weniger eindeutig. Dr. Palmowski: „So genau wissen wir also gar nicht, wie stark die Nebenwirkungen bei niedrig dosierten Kortison-Präparaten sind.“

In der Vergangenheit hatten einige Beobachtungsstudien beispielsweise darauf hingedeutet, dass eine langfristige Einnahme von geringen Mengen Kortison bei rheumatoider Arthritis den Blutdruck ansteigen lässt und zu einer Gewichtszunahme führt. „Allerdings haben Beobachtungsstudien aufgrund verschiedener verzerrender Effekte nur eine begrenzte Aussagekraft“, betont Prof. Dr. Frank Buttgereit, stellvertretender Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité und Leiter der Studie. „Für eine stärkere Beweiskraft benötigt man ein höherwertiges Untersuchungsdesign, die sogenannten randomisierten kontrollierten Studien.“ Von dieser Art der Studien, bei der der Zufall entscheidet, ob die Teilnehmenden das Medikament oder ein Scheinpräparat erhalten, gab es sogar schon eine Handvoll. Für eine statistisch verlässliche Analyse der beiden Nebenwirkungen hatte jede für sich genommen jedoch zu wenige Patient:innen eingeschlossen.

Charité-Studie analysiert Daten von über 1.100 Personen

Das Charité-Forschungsteam holte deshalb von fünf der bereits abgeschlossenen randomisierten kontrollierten Studien die Messwerte zu Blutdruck und Körpergewicht ein und analysierte diese gemeinsam. So kamen Daten von insgesamt mehr als 1.100 Menschen mit rheumatoider Arthritis aus zwölf europäischen Ländern zusammen, die über zwei Jahre hinweg niedrig dosierte Kortison-Präparate oder ein Scheinpräparat beziehungsweise Kontrollmedikamente erhalten hatten. Alle Patient:innen hatten zudem, wie üblich, eine dauerhafte Begleitmedikation zur besseren Eindämmung der Erkrankung bekommen. Das Ergebnis: Unter der Kortison-Therapie veränderte der Blutdruck sich nicht signifikant, und die Betroffenen nahmen im Schnitt nur 1,1 Kilogramm mehr zu als die Teilnehmenden in der Kontrollgruppe. Ähnliches galt auch für Risikopatient:innen, die zu Studienbeginn bereits übergewichtig waren oder einen hohen Blutdruck hatten.

„Die Ergebnisse unserer Studie machen die Leitlinien nicht obsolet, denn Glukokortikoide können auch andere schwerwiegende Nebenwirkungen wie Osteoporose, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder eine Neigung zu Infektionen mit sich bringen“, resümiert Prof. Buttgereit. „Aber für viele Rheuma-Betroffene und auch ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte ist die Sorge vor einem Blutdruckanstieg und einer Gewichtszunahme ein wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen eine Kortison-Therapie. Das sollte sie jedoch nicht sein, weil beide Effekte – wie unsere Ergebnisse zeigen – keine große Relevanz haben. Stattdessen sollte die Entscheidungsfindung eher die anderen Nebenwirkungen in den Blick nehmen.“

Um das Für und Wider einer Therapie mit niedrig dosiertem Kortison künftig noch besser abwägen zu können, plant das Charité-Forschungsteam nun, zu weiteren Nebenwirkungen hochqualitative Daten zu sammeln. Als nächstes im Fokus: die Osteoporose.

*Palmowski A et al. The Effect of Low Dose Glucocorticoids Over Two Years on Weight and Blood Pressure in Rheumatoid Arthritis: Individual Patient Data from Five Randomized Trials. Ann Intern Med 2023 Jul 14. doi: 10.7326/M23-0192

Weitere Informationen:
https://www.acpjournals.org/doi/10.7326/M23-0192 Originalpublikation
https://rheumatologie.charite.de/ Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie
https://www.charite.de/service/pressemi ... auskommen/ Rheuma: Mit weniger Kortison auskommen (Pressemitteilung v. 30.07.2020)

Quelle: Pressemitteilung vom 15.08.2023
Manuela Zingl GB Unternehmenskommunikation
Charité – Universitätsmedizin Berlin
https://idw-online.de/de/news819121
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Bei der Behandlung von Entzündungen mit Kortison kommt es auf das richtige Timing an

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Bei der Behandlung von Entzündungen mit Kortison kommt es auf das richtige Timing an

Forschungsteam der Universität Jena, des Universitätsklinikums Jena und der Harvard Medical School klärt einen wichtigen Mechanismus der Wirkung von Kortisonpräparaten bei der Behandlung von akuten und chronischen Entzündungserkrankungen auf

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Ob Sportverletzung, „Mausarm“ oder Schmerzen im Knie – zur Behandlung von akuten Entzündungen kommen häufig Kortisonpräparate zum Einsatz. Auch chronische Entzündungskrankheiten wie Asthma, Diabetes und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen werden mit Kortison-haltigen oder davon abgeleiteten Medikamenten behandelt. Der Grund: Diese Medikamente haben in der Regel einen sehr schnellen entzündungshemmenden Effekt. Allerdings gibt es auch Nachteile: Zum einen ist ihre therapeutische Wirkung oftmals zeitlich begrenzt, was anfangs sehr gut wirkt, zeigt über den Behandlungsverlauf einen immer geringeren Effekt; zum anderen können schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten, darunter Osteoporose, erhöhte Infektanfälligkeit, Magengeschwüre und Stoffwechselstörungen.

„Es kommt beim Einsatz dieser Präparate folglich darauf an, ihre Anwendung zeitlich zu begrenzen und zu optimieren“, sagt Prof. Dr. Oliver Werz, Professor für Pharmazeutische Chemie von der Uni Jena. Doch wann ist das optimale Behandlungsfenster und wann ist der Einsatz von Kortisonpräparaten eher kontraindiziert? Diese Frage ließ sich bislang nicht eindeutig beantworten. In einer aktuellen Studie haben Prof. Dr. Oliver Werz und Dr. Markus Werner vom Institut für Pharmazie gemeinsam mit weiteren Forschenden der Uni Jena, des Jenaer Uniklinikums und der Harvard Medical School (USA) nun einen wichtigen biochemischen Mechanismus aufgeklärt, wie Kortisonpräparate in menschlichen Immunzellen entzündungsauflösend wirken und ebnen damit den Weg für einen optimierten Einsatz dieser Medikamente. In der heute erschienenen Ausgabe des renommierten Fachjournals „PNAS“ stellen die Forschenden ihre Ergebnisse vor (DOI: 10.1073/pnas.2302070120).

Kortison beeinflusst Enzyme zur Bildung entzündungsauflösender Botenstoffe

Im Verlauf einer Entzündungsreaktion treten zu Beginn zunächst entzündungsfördernde Immunzellen auf, darunter die sogenannten M1-Makrophagen. Sie produzieren entzündungsfördernde Botenstoffe (Prostaglandine und Leukotriene), welche die typischen Symptome wie Fieber und Schmerzen auslösen. Nach einigen Tagen folgt die zweite Phase, in der die Entzündung abklingt. Dann sind vermehrt Makrophagen vom Typ „M2“ aktiv, die entzündungsauflösende Botenstoffe produzieren (Resolvine). „Wir konnten in Untersuchungen an Zellkulturen zeigen, dass Kortison in den Immunzellen die Aktivität bestimmter Enzymgene reguliert, die das Entzündungsgeschehen direkt beeinflussen“, erklärt Markus Werner. Dadurch veranlasse Kortison in früh auftretenden M1-Makrophagen die Bildung entzündungsauflösender Resolvine, schwächt diese Funktion in den später auftretenden M2-Makrophagen aber stark ab.

Reguliert wird dieser Effekt durch das Enzym 15-Lipoxygenase, das in zwei Formen in den Immunzellen vorkommt, der 15-Lipoxygenase-1 und der 15-Lipoxygenase-2. „Wir fanden heraus, dass Kortison die 15-Lipoxygenase-2 in entzündungsfördernden M1-Makrophagen der frühen Entzündungsphase hochreguliert. Dieses Enzym katalysiert die Bildung von Resolvinen, wodurch Entzündungsprozesse gestoppt und aufgelöst werden, was für die positiven Effekte des Kortisons mitverantwortlich ist“, so Werner weiter. Zugleich zeigte sich in den Versuchen auch, dass Kortison diese für die Heilung wichtige Resolvinbildung in entzündungsauflösenden M2-Makrophagen unterdrückt, indem die 15-Lipoxygenase-1 quasi „abgeschaltet“ wird. „Das erklärt, warum die Anwendung von Kortison in der späteren Phase entzündlicher Erkrankungen nicht mehr zu einer Linderung der Symptome führt, ja sogar kontraproduktiv sein kann und Regenerationsprozesse hemmt“, ergänzt Oliver Werz.

Von der Laborbank in die Klinik

Nachdem die Forschenden die Mechanismen auf der Genregulationsebene entschlüsselt hatten, haben sie diese in weiteren Untersuchungen an Immunzellen aus Patientenproben überprüft. Eingeschlossen wurden Patientinnen und Patienten am Universitätsklinikum Jena, sowohl mit chronischen Entzündungserkrankungen, wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa, als auch solche mit schweren akuten Entzündungen durch COVID-19, die mit Kortisonpräparaten behandelt wurden. Diesen Patientinnen und Patienten ist jeweils vor und nach der Medikamentengabe Blut abgenommen und dieses hinsichtlich der Entzündungsparameter und der Enzymaktivitäten untersucht worden. „Wie in den Versuchen an den Zellkulturen konnten wir in den mit Kortison therapierten Patientengruppen eine deutliche Hochregulierung der 15-Lipoxygenase-2 nachweisen“, unterstreicht Dr. Benjamin Giszas, der als Arzt aus der Klinik für Innere Medizin IV im Rahmen eines Clinician Scientist-Programms von der DFG gefördert wird.

Ihre Ergebnisse implizieren, so das Fazit der Forschenden, dass sich die Therapie entzündlicher Erkrankungen durch einen zeitlich limitierten Einsatz von Kortison und durch neue 15-Lipoxygenase-basierte Therapieprinzipien verbessern ließe und so auch das Auftreten typischer Kortison-bedingter Nebenwirkungen reduziert werden könnte.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Markus Werner und Prof. Dr. Oliver Werz
Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Philosophenweg 14, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949801
E-Mail: werner.markus@uni-jena.de oder oliver.werz@uni-jena.de

Originalpublikation:
Rao Z, Brunner E, Giszas B et al. Glucocorticoids regulate lipid mediator networks by reciprocal modulation of 15-lipoxygenase isoforms affecting inflammation resolution. PNAS 2023, https://doi.org/10.1073/pnas.2302070120

Quelle: Pressemitteilung vom 21.08.2203
Dr. Ute Schönfelder Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena
https://idw-online.de/de/news819359
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