Kein Zwang zum Heimwechsel aufgrund Behinderung

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WernerSchell
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Kein Zwang zum Heimwechsel aufgrund Behinderung

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Kein Zwang zum Heimwechsel aufgrund Behinderung


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Bildquelle: MDR

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass behinderte Pflegeheimbewohner nicht gegen ihren Willen in eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung wechseln müssen.

Zugrunde lag ein Eilverfahren eines 52-jährigen schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mannes. Dieser lebt seit Februar 2019 in einem Pflegeheim im Harz. Die nicht durch sein Einkommen gedeckten Heimkosten übernahm zunächst das zuständige Sozialamt des Ennepe-Ruhr-Kreises. Dieses teilte dem Mann jedoch im Oktober 2020 mit, dass eine Betreuung in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung bei seinen Einschränkungen geeigneter sei. Die derzeitige Unterstützung stellte das Sozialamt ein: Er solle stattdessen einen Antrag bei dem für Eingliederungshilfe zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe stellen.

Der Mann fühlt sich in der bisherigen Einrichtung gut versorgt und lehnt einen Wechsel ab. Er befürchtet, dass die erforderliche pflegerische Versorgung in einer anderen Einrichtung nicht ausreichend gewährleistet wird und sich seine angegriffene Psyche verschlechtert. Aus Überforderung habe er schon mehrfach Essen und Untersuchungen verweigert. Wegen des hohen Pflegebedarfs hätten Behinderteneinrichtungen ihn abgelehnt. Ohne die jetzt eingestellte Unterstützung des Sozialamts drohe die Kündigung des Pflegeheimplatzes.

Das LSG hat das Sozialamt vorläufig zur weiteren Übernahme der Heimkosten verpflichtet. Für das Recht auf Eingliederungshilfe sei die Wahrung von Menschenwürde und Selbstbestimmung von wesentlicher Bedeutung. Die freie Entscheidung behinderter Menschen gegen die Inanspruchnahme von Leistungen der Eingliederungshilfe müsse geachtet und respektiert werden. Autonomie, Eigenverantwortung und Selbstbestimmung behinderter Menschen seien vorrangig vor vermeintlich besseren Hilfsangeboten. Da der Pflegebedarf des Mannes in dem derzeit bewohnten Heim gedeckt werde, habe er weiterhin Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Mit der Verweigerung der bisherigen Unterstützung habe das Sozialamt unzulässig Druck ausgeübt.


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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Mai 2021 – L 8 SO 47/21 B ER, veröffentlicht bei www.juris.de; Vorinstanz: SG Braunschweig >>>> https://landessozialgericht.niedersachs ... oad/168808

Quelle: Pressemitteilung vom 25.05.021
https://landessozialgericht.niedersachs ... 00454.html


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Deutsches Ärzteblatt vom 25.05.2021:
Beschluss: Kein Zwang zum Heimwechsel aufgrund Behinderung
Celle – Pflegeheimbewohner mit Behinderungen müssen nach einer Gerichtsentscheidung nicht gegen ihren Willen in eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung wechseln. Das teilte das Landessozial­gericht Niedersachsen-Bremen (LSG) heute mit (L 8 SO 47/21 B ER).
Grundlage dafür ist ein Beschluss in einem Eilverfahren eines 52-jährigen schwerbehinderten und pfle­ge­bedürftigen Mannes, der seit Februar 2019 in einem Pflegeheim im Harz lebt. Das zuständige Sozial­amt des Ennepe-Ruhr-Kreises hatte dem Mann im Oktober 2020 mitgeteilt, dass eine Betreuung in einer Ein­richtung für Menschen mit Behinderung bei seinen Einschränkungen geeigneter sei.
... (weiter lesen unter) ... > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... 7ac2e8834e
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