Gewalt in der Pflege ist ein erhebliches Problem und kann pflegebedürftige Menschen, aber auch alle an der Versorgung Beteiligten betreffen. In einer bundesweiten Studie des ZQP gibt über ein Drittel der befragten Leitungspersonen von Pflegeheimen an, dass Aggressionen und Gewalt gegen Bewohnerinnen und Bewohner ihre Einrichtungen vor besondere Herausforderungen stellt.
Berlin, 31. Mai 2023. Prävention von Gewalt in der Pflege ist eine besonders wichtige Aufgabe. Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen sowie die in deren Versorgung eingebundenen Personen, vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort, können dort Opfer von Gewalt werden – aber auch entsprechend gewaltsam handeln.
Pflegebedürftige Menschen sind als Opfer solcher Gewalt besonders ausgeliefert. Sie sind von der Hilfe in der Einrichtung abhängig und können sich oft schlecht wehren oder nur schwer mitteilen. Eine heute von der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) vorgestellte bundesweite Befragung von über 1.000 Leitungspersonen in Pflegeheimen weist auf die Bedeutung des Themas für das Gesundheits- und Pflegesystem hin. Über ein Drittel (37 Prozent) der Befragten berichtet darin, dass aggressives und gewaltsames Verhalten gegen Bewohnerinnen und Bewohner ihre Einrichtung vor merkliche Herausforderungen stellt. Die Studie unterstreicht, dass es sich bei Gewaltvorkommnissen insgesamt nicht um Einzelfälle handelt. Der Vorstandsvorsitzende des ZQP, PD Dr. Ralf Suhr erklärt dazu: „Gewalt zu erfahren, bedeutet für die oft hochaltrigen pflegebedürftigen Menschen zum Beispiel, dass sie beschimpft werden, körperliche und teilweise auch sexualisierte Übergriffe erleben. Andere Gewaltformen sind etwa pflegerische Vernachlässigung oder die Missachtung des Selbstbestimmungsrechts von Bewohnerinnen und Bewohnern. Gewalterfahrungen bedrohen ihre Lebensqualität, ihre Gesundheit und verletzen ihre Rechte.“
69 Prozent der in der Untersuchung Befragten gaben an, mindestens einen Vorfall von Gewalt gegen Bewohnerinnen oder Bewohner in der Einrichtung im zurückliegenden Jahr im Gedächtnis behalten zu haben. Mit Abstand am häufigsten wurde dabei von Gewaltverhalten innerhalb der Gruppe der Bewohnerinnen und Bewohner berichtet: 63 Prozent der Leitungspersonen erinnerten sich an eine derartige Situation. Zudem gab knapp ein Fünftel (19 Prozent) Gewalthandlungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber Bewohnerinnen oder Bewohnern an und 19 Prozent erinnerten sich an solche von Angehörigen oder Gästen der Einrichtung. Die Studienautoren weisen darauf hin, dass diese Ergebnisse keine Aussagen darüber zulassen, wie häufig Bewohnerinnen und Bewohner insgesamt von entsprechender Gewalt betroffen sind. Suhr ordnet ein: „Die Zahlen führen vor Augen, wie wichtig eine höhere gesellschaftliche Sensibilität für das Thema ist und wie nötig zusätzliche politische Impulse sind, um Gewaltprävention in Pflegeorganisationen stärker zu fördern. Wir haben es hier insgesamt mit einer großen Herausforderung zu tun.“
Zur Umsetzung von gewaltpräventiven Konzepten in der Pflegepraxis müssen sich die Einrichtungen auf genügend qualifiziertes, kompetentes und motiviertes Personal stützen können. Deren Gewinnung, aber gerade auch die Personalentwicklung und -bindung, sind auch deswegen sehr bedeutsam. Doch scheint es für die weitaus meisten Einrichtungen nicht einfach, genügend für sie passende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Dies geben knapp drei Viertel (73 Prozent) der Leitungspersonen an. 59 Prozent sehen einen wiederkehrenden Mangel an geeigneten Bewerbungen aus der Gruppe der Pflegefachpersonen. Für die Gruppe der Pflegehilfskräfte stellten 39 Prozent der Befragten eine solche Mangelsituation fest.
Ralf Suhr sieht die beiden Themen Gewaltprävention und Mitarbeiterzufriedenheit eng miteinander verbunden: „Die Etablierung einer von der Leitungsebene vorgelebten gewaltsensitiven Sicherheitskultur in Pflegeorganisationen zielt darauf ab, die sehr verletzlichen Bewohnerinnen und Bewohner besser zu schützen sowie zur Arbeitssicherheit des Personals beizutragen. Beides fördert attraktive Arbeitsbedingungen und kann die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich erhöhen.“ Denn Pflegende sind ebenfalls von Gewalterlebnissen, Gewaltbeobachtungen und einem damit einhergehenden negativen Klima in den Einrichtungen stark betroffen. Sie können darüber die Motivation für ihre anspruchsvolle Aufgabe verlieren und auch gesundheitlich erheblich belastet werden.
Deutsches Ärzteblatt vom 31.05.2023 Gewalt in Pflegeheimen keine Einzelfälle Berlin – In deutschen Alten- und Pflegeheimen sind aggressives Verhalten und Gewalt keine Einzelfälle. Eine in Berlin veröffentlichte Umfrage der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) zeigt, dass pflegebedürftige Menschen immer wieder Opfer von körperlichen Übergriffen bis zu sexualisierter Gewalt, Freiheitsbeschränkungen oder psychischer Gewalt werden.
69 Prozent der in der Untersuchung befragten über 1.000 Leitungspersonen in Pflegeheimen gaben an, mindestens einen Vorfall von Gewalt gegen Bewohner in der Einrichtung im zurückliegenden Jahr im Gedächtnis behalten zu haben.
... (weiter lesen unter) ... > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... 7ac2e8834e
ZDF heute - 31.05.2023: Befragung von Heim-Personal: Studie: Regelmäßig Gewalt in Pflegeheimen In Alten- und Pflegeheimen kommt es regelmäßig zu Gewalt gegen Patienten, so eine Studie. Dazu gehören auch sexualisierte Gewalt und Vernachlässigung.
... (weiter lesen unter) ... > https://www.zdf.de/nachrichten/panorama ... t-100.html
BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V.
Ältere Menschen vor Gewalt und Vernachlässigung schützen
BAGSO fordert Ombudsstellen in allen Bundesländern
Zum Welttag gegen die Misshandlung alter Menschen am 15. Juni 2023 fordert die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen einen besseren Schutz gegen Gewalt und Vernachlässigung im Erwachsenenalter. So wie Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf staatlichen Schutz haben, gilt dieser auch für Erwachsene in verletzlichen Situationen. Besonders gefährdet sind Menschen, die auf Hilfe und Pflege angewiesen sind. Bislang fehlen jedoch Strukturen, die gezielt auf den Schutz alter Menschen vor Gewalt, Misshandlung oder Vernachlässigung ausgerichtet sind. Die BAGSO setzt sich deshalb dafür ein, dass in allen 16 Bundesländern Ombudsstellen eingerichtet werden, an die sich Betroffene wenden können.
In den vergangenen Jahren haben einige Bundesländer Pflegebeauftragte eingesetzt, die zum Teil auch die Funktion von informellen Ombudsstellen wahrnehmen. Dazu zählen Bayern, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Die BAGSO fordert, dass es solche Anlaufstellen in ganz Deutschland geben muss. Sie sollten sich eng miteinander vernetzen, um Erkenntnisse und Erfahrungen auszutauschen. In Verdachtsfällen muss es zudem behördliche und gerichtliche Eingriffsbefugnisse geben, um Schutz garantieren zu können.
Die BAGSO fordert zudem einen offenen Umgang mit dem tabuisierten Thema Gewalt gegen ältere Menschen. Erkenntnisse aus Studien und Erfahrungen aus Projekten weisen darauf hin, dass Gewalt sowohl in der stationären als auch in der häuslichen Pflegesituation in einem Ausmaß vorkommt, dass deutlich über Einzelfälle hinausgeht. Die Erscheinungsformen sind vielfältig und umfassen unter anderem Vernachlässigung, verbale Aggressionen und körperliche Gewalt. Als Ursache wird meist Überforderung genannt, in Wirklichkeit sind die Zusammenhänge häufig komplexer. Nur ein offener Umgang der Gesellschaft mit dem Thema macht es möglich, bedarfsgerechte Unterstützung anzubieten.
Über die BAGSO
Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vertritt die Interessen der älteren Generationen in Deutschland. Sie setzt sich für ein aktives, selbstbestimmtes und möglichst gesundes Älterwerden in sozialer Sicherheit ein. In der BAGSO sind rund 125 Vereine und Verbände der Zivilgesellschaft zusammengeschlossen, die von älteren Menschen getragen werden oder die sich für die Belange Älterer engagieren.
Quelle: Pressemitteilung vom 13.06.2023
Pressekontakt
Barbara Stupp
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V.
Noeggerathstr. 49
53111 Bonn
Tel.: 0228 24 99 93 - 12
E-Mail: stupp@bagso.de www.bagso.de
twitter.com/bagso_de www.deutscher-seniorentag.de
Gewalt in der Pflege ist ein erhebliches Problem und kann pflegebedürftige Menschen, aber auch alle an der Versorgung Beteiligten betreffen. In einer bundesweiten Studie des ZQP gibt über ein Drittel der befragten Leitungspersonen von Pflegeheimen an, dass Aggressionen und Gewalt gegen Bewohnerinnen und Bewohner ihre Einrichtungen vor besondere Herausforderungen stellt. … > viewtopic.php?f=4&t=724
"Wir nehmen uns nicht mehr die Zeit, wertschätzend mit anderen Menschen umzugehen." Clemens Graf von Hoyos (Deutsche Knigge Gesellschaft, Zitat in RP vom 31.08.2023).
Zum Welttag gegen die Misshandlung älterer Menschen: Deutsche Alzheimer Gesellschaft ruft zu verstärktem Schutz von Menschen mit Demenz auf
Anlässlich des Welttags gegen die Misshandlung älterer Menschen am 15. Juni appelliert die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) an die Öffentlichkeit, die Politik und die Gesundheitsinstitutionen, den Schutz älterer Menschen mit Demenz und die Unterstützung der Pflegenden zu einem Thema mit höchster Priorität zu machen. Millionen ältere Menschen werden jedes Jahr weltweit zu Opfern von Missbrauch, Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. Menschen mit Demenz sind hierbei besonders gefährdet.
„Wie häufig Menschen mit Pflegebedarf und Demenz in Deutschland tatsächlich von Gewalt betroffen sind, wissen wir nicht. Wir müssen davon ausgehen, dass nur die wenigsten Fälle an die Öffentlichkeit gelangen“, so Swen Staack, 1. Vorsitzender der DAlzG. „Diese Menschen können sich aufgrund ihrer Krankheit nicht selbst wehren oder um Hilfe bitten, deshalb brauchen sie besonderen Schutz und ein sensibilisiertes Umfeld.“
Misshandlung und Vernachlässigung sind häufig ein Resultat der Überforderung von Pflegenden. Zum Schutz der Betroffenen gehört daher zwingend die Unterstützung der pflegenden Angehörigen, eine gute Qualifizierung der beruflich Pflegenden, insbesondere zu Demenz, sowie Arbeitsbedingungen, unter denen eine qualitative Pflege möglich ist.
Da in den letzten Jahren viel zu wenig passiert ist, um die Situation zu verbessern, fordert die Deutsche Alzheimer Gesellschaft nach wie vor:
• Mehr Sensibilisierung und Aufklärung:
Öffentliche Kampagnen und Bildungsangebote sollen das Bewusstsein für die Gefahren von Misshandlung und Vernachlässigung schärfen und darüber informieren, wie man Anzeichen erkennt und handelt.
• Mehr Unterstützung für Pflegekräfte und Angehörige:
Pflegekräfte und Familienmitglieder, die Menschen mit Demenz betreuen, benötigen umfassende Unterstützung und Schulungen, um Überforderung und Stress zu vermeiden, die zu Vernachlässigung und Misshandlung führen können.
• Bessere Schutzmechanismen und Hilfeangebote:
Polizei, Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und alle anderen, die im beruflichen Zusammenhang Kontakt zu Menschen mit Demenz haben, müssen sensibilisiert sein und Anzeichen für Gewalt erkennen können. Beratungsangebote zu dem Thema müssen flächendeckend aufgebaut werden.
Zum Welttag gegen die Misshandlung älterer Menschen ruft die Deutsche Alzheimer Gesellschaft dazu auf, Solidarität zu zeigen. An der Misshandlung von älteren und pflegebedürftigen Menschen darf man nicht vorbeischauen. Jeder kann einen Beitrag leisten, sei es durch Aufmerksamkeit, Unterstützung von Betroffenen oder die Förderung entsprechender Initiativen.
Für weitere Informationen und Unterstützung wenden Sie sich bitte an die Deutsche Alzheimer Gesellschaft oder besuchen Sie unsere Webseite unter www.deutsche-alzheimer.de.
Hintergrund
In Deutschland leben heute etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. Rund zwei Drittel davon werden in der häuslichen Umgebung von Angehörigen betreut und gepflegt. Jährlich erkranken etwa 400.000 Menschen neu. Ungefähr 60 Prozent davon haben eine Demenz vom Typ Alzheimer. Die Zahl der Demenzerkrankten wird bis 2050 auf 2,3 bis 2,7 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft engagiert sich für ein besseres Leben mit Demenz. Sie unterstützt und berät Menschen mit Demenz und ihre Familien. Sie informiert die Öffentlichkeit über die Erkrankung und ist ein unabhängiger Ansprechpartner für Medien, Fachverbände und Forschung. In ihren Veröffentlichungen und in der Beratung bündelt sie das Erfahrungswissen der Angehörigen und das Expertenwissen aus Forschung und Praxis. Als Bundesverband von mehr als 130 Alzheimer-Gesellschaften unterstützt sie die Selbsthilfe vor Ort. Gegenüber der Politik vertritt sie die Interessen der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Die DAlzG setzt sich ein für bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, eine gute Betreuung und Pflege sowie eine demenzfreundliche Gesellschaft.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft ist als Interessenvertreterin von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen im Lobbyregister des Deutschen Bundestags eingetragen und hat sich dem dafür geltenden Verhaltenskodex verpflichtet.