Häusliche Pflege versus Erwerbstätigkeit - Mehr Unterstützung für pflegende An- und Zugehörige dringend notwendig

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WernerSchell
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Häusliche Pflege versus Erwerbstätigkeit - Mehr Unterstützung für pflegende An- und Zugehörige dringend notwendig

Beitrag von WernerSchell »

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg


Häusliche Pflege versus Erwerbstätigkeit

Mehr Unterstützung für pflegende An- und Zugehörige dringend notwendig – Erlanger Studie für Online-Supplement neu ausgewertet

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Rund fünf Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig und über 80 Prozent von ihnen werden zu Hause versorgt, so das Statistische Bundesamt. Oft übernehmen An- oder Zugehörige ihre Betreuung. Das Online-Supplement „Pflegebedürftigkeit im Alter“ der Thieme-Fachzeitschrift „Das Gesundheitswesen“ widmet sich in sechs Originalbeiträgen den Herausforderungen, die damit einhergehen. Herausgegeben wird die Sonderausgabe von PD Dr. Anna Pendergrass und Prof. Dr. Elmar Gräßel vom Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. Johannes Kornhuber) des Uniklinikums Erlangen. Besonders im Fokus steht die Belastung pflegender – meist weiblicher – Angehöriger. Um pflegen zu können, treten sie oft beruflich kürzer oder geben ihre Erwerbstätigkeit komplett auf. Gleichzeitig nutzen viele der Pflegenden keines der vorhandenen Unterstützungsangebote. Ein bedürfnisgerechter Ausbau der Entlastungsangebote sei deshalb dringend notwendig, so die Herausgeberin und der Herausgeber.

Laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend pflegen in Deutschland rund 2,5 Millionen An- und Zugehörige neben ihrer Erwerbstätigkeit pflegebedürftige Menschen. Beides gleichzeitig ist oft einfach zu viel, wie die Erlanger Studie „Benefits of Being a Caregiver“ zeigt. Knapp 23 Prozent der befragten Betroffenen reduzierten ihre Arbeitszeit, rund 11 Prozent gaben ihre Arbeit sogar ganz auf. Insbesondere Frauen, das belegt einer der Beiträge im Online-Supplement deutlich, beenden ihre Erwerbstätigkeit. „Das Geschlecht ist damit der bedeutendste Risikofaktor für die Beendigung der beruflichen Tätigkeit“, erklärt PD Dr. Pendergrass, die gemeinsam mit Prof. Gräßel und weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die sechs Beiträge für die Sonderausgabe verfasst hat.

Die Reduktion oder die Beendigung der Erwerbstätigkeit habe persönliche und gesamtgesellschaftliche Konsequenzen, so Prof. Gräßel: „Der Ausstieg aus dem Beruf ist nicht nur mit finanziellen Einbußen für die Betroffenen verbunden. Ihr Ausscheiden bedeutet auch einen Verlust für den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Diskrepanz zwischen beabsichtigter und tatsächlicher Nutzung von Hilfsangeboten

Gleichzeitig zeigt sich, dass pflegende An- und Zugehörige ambulante Unterstützungsangebote oft nicht wahrnehmen, obwohl der Wunsch danach besteht. Diese Erkenntnis beruht auf einer repräsentativen Stichprobe von Pflegenden, die eine gesetzlich versicherte Person zu Hause pflegten und die beim Medizinischen Dienst Bayern entweder einen Erstantrag oder einen Antrag auf Erhöhung des Pflegegrads nach Sozialgesetzbuch XI gestellt hatten. Bei der von den Erlanger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durchgeführten Befragung konnten die pflegenden An- und Zugehörigen angeben, ob sie einen ambulanten Pflegedienst, eine Haushaltshilfe, Tagespflege, Essen auf Rädern, einen Fahr- oder Betreuungsdienst, 24-Stunden-Betreuung oder eine Betreuungsgruppe in Anspruch nehmen.

Die Auswertung ergab, dass lediglich 1,7 Prozent eine Betreuungsgruppe nutzten. Den höchsten Zuspruch fand der ambulante Pflegedienst mit 38,4 Prozent. Über 40 Prozent der Befragten nahmen allerdings keines der acht abgefragten Angebote wahr. Gleichzeitig äußerten jedoch 72 Prozent von ihnen den Wunsch, zukünftig mindestens eines davon nutzen zu wollen.

Ausbau ambulanter Angebote ist dringend erforderlich

„Der Wunsch nach Unterstützung durch ambulante Entlastungsangebote ist deutlich höher als die tatsächliche Inanspruchnahme. Es ist dringend notwendig, die Gründe dafür zu erforschen, warum Wunsch und Wirklichkeit so sehr auseinandergehen. Daraus können dann wirksame Strategien abgeleitet werden, An- und Zugehörige bedarfsgerecht zu unterstützen“, erläutert Anna Pendergrass. Nur so könne in Zukunft sichergestellt werden, dass häusliche Pflege ins Lebenskonzept von pflegenden An- und Zugehörigen passt. „Auf jeden Fall müssen ambulante Angebote in den nächsten Jahren massiv ausgebaut und deren Finanzierung gesichert werden. Nur so können der bereits jetzt vorhandene Wunsch nach Unterstützung gedeckt und die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und häuslicher Pflege ermöglicht werden. Es geht um nichts weniger als die Sicherstellung der Versorgung von Pflegebedürftigen in ihrer häuslichen Umgebung“, erklärt Elmar Gräßel abschließend.

Zur Datengrundlage

Alle sechs Beiträge im Online-Supplement „Pflegebedürftigkeit im Alter“ beruhen auf einer Sekundäranalyse von Daten, die im Rahmen der von der G. und I. Leifheit Stiftung geförderten Studie „Benefits of Being a Caregiver“ erhoben wurden. Für diese Querschnittsstudie hatten 50 Pflegegutachterinnen und -gutachter des Medizinischen Diensts Bayern zwischen Oktober 2019 und März 2020 insgesamt 5.000 Fragebögen an pflegende An- und Zugehörige – repräsentativ für das Bundesland Bayern – verteilt. Die Auswertung erfolgte im Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung der Psychiatrie des Uniklinikums Erlangen. Ziel des Forschungsprojekts war die Entwicklung eines Fragebogens zur Messung des „Zugewinns des Pflegenden durch die häusliche Pflege“. Die im Rahmen der Befragungsstudie erhobenen Daten wurden für das Thieme-Supplement in Hinblick auf die häusliche Pflege- und Versorgungssituation pflegebedürftiger Menschen und ihrer An- und Zugehörigen neu ausgewertet.

Das Supplement ist frei zugänglich und kann hier heruntergeladen werden: https://www.thieme-connect.de/products/ ... -014-59049

Ansprechpartnerin für Medien:
PD Dr. Anna Pendergrass
Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie
Tel.: 09131/85-34642
anna.pendergrass@uk-erlangen.de

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
PD Dr. Anna Pendergrass
Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie
Tel.: 09131/85-34642
anna.pendergrass@uk-erlangen.de

Originalpublikation:
https://www.thieme-connect.de/products/ ... -014-59049

Quelle: Pressemitteilung vom 27.02.2024
Blandina Mangelkramer Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
https://idw-online.de/de/news829362


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Zum Thema nachfolgend die 'Thieme-Pressemitteilung vom 27.02.2024:

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Erwerbstätigkeit versus häusliche Pflege
Mehr Unterstützung für pflegende An- und Zugehörige dringend notwendig


Ende 2021 belief sich die Zahl pflegebedürftiger Menschen hierzulande auf 4,96 Millionen. 84 Prozent von ihnen wurden zuhause versorgt, so das statistische Bundesamt. Oft übernehmen An- oder Zugehörige ihre Betreuung. Ein Online-Supplement der Thieme Fachzeitschrift „Das Gesundheitswesen“ widmet sich in sechs Originalbeiträgen den Herausforderungen, mit denen Pflegebedürftigkeit im Alter verbunden ist. Dazu gehört unter anderem die Belastung pflegender – meist weiblicher – Angehöriger. Um pflegen zu können, treten sie oft beruflich kürzer oder geben ihre Erwerbstätigkeit auf. Gleichzeitig nutzen viele der Pflegenden vorhandene Unterstützungsangebote nicht. Ein bedürfnisgerechter Ausbau der Entlastungsangebote sei deshalb dringend notwendig, so die Herausgebenden, Priv. Doz. Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Anna Pendergrass und Prof. Dr. med. Elmar Gräßel vom Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung in Erlangen.

Diese Pressemeldung finden Sie auch unter: Mehr Unterstützung für pflegende An- und Zugehörige (thieme.com) > https://www.thieme.com/de-de/wen-wir-un ... ngehoerige
Das Online-Supplement ist freizugänglich und hier abrufbar: Thieme E-Books & E-Journals - Das Gesundheitswesen / Ausgabe (thieme-connect.de) > https://www.thieme-connect.de/products/ ... -014-59049


Insbesondere Frauen geben ihren Beruf für die Pflege eines Angehörigen auf

Laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend pflegen rund 2,5 Millionen An- und Zugehörige neben ihrer Erwerbstätigkeit pflegebedürftige Menschen. Beides gleichzeitig ist oft einfach zu viel, wie die Studie der Erlanger Wissenschaftler*innen zeigt. Knapp 23 Prozent der Betroffenen reduzierten ihre Arbeitszeit, rund 11 Prozent gaben sie sogar ganz auf. Insbesondere Frauen, das belegt einer der Beiträge deutlich, beenden ihre Erwerbstätigkeit. „Das Geschlecht ist damit der bedeutendste Risikofaktor für die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit“, erklären Pendergrass und Gräßel, die gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlerinnen die Beiträge für das Online-Supplement verfasst haben.
Die Reduktion oder Beendigung der Erwerbstätigkeit habe persönliche und gesamtgesellschaftliche Konsequenzen, so die Herausgebenden: „Der Ausstieg aus dem Beruf ist nicht nur mit finanziellen Einbußen für die Betroffenen verbunden. Ihr Ausscheiden bedeutet auch einen Verlust für den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Diskrepanz zwischen beabsichtigter und tatsächlicher Nutzung von Hilfeangeboten

Gleichzeitig zeigt sich, dass pflegende An- und Zugehörige ambulante Unterstützungsangebote oft nicht wahrnehmen, obwohl der Wunsch danach besteht. Diese Erkenntnis beruht auf einer repräsentativen Stichprobe von Pflegenden, die eine gesetzlich versicherte Person zu Hause pflegten und die beim MD Bayern entweder einen Erstantrag oder einen Antrag auf Erhöhung des Pflegegrads nach Sozialgesetzbuch XI gestellt hatten. Bei der von den Erlanger Wissenschaftler*innen durchgeführten Befragung konnten die pflegenden An- und Zugehörigen angeben, ob sie einen ambulanten Pflegedienst, eine Haushaltshilfe, Tagespflege, Essen auf Rädern, einen Fahr- oder Betreuungsdienst, 24-Stunden-Betreuung oder eine Betreuungsgruppe in Anspruch nehmen.
Die Auswertung ergab, dass lediglich 1,7 Prozent eine Betreuungsgruppe nutzten. Den höchsten Zuspruch fand der ambulante Pflegedienst mit 38,4 Prozent. Über 40 Prozent der Befragten nahmen jedoch keines der acht abgefragten Angebote wahr. Gleichzeitig äußerten jedoch 72 Prozent von ihnen den Wunsch, zukünftig mindestens eines davon nutzen zu wollen.

Ausbau ambulanter Angebote ist dringend erforderlich

„Der Wunsch nach Unterstützung durch ambulante Entlastungsangebote ist deutlich höher als die tatsächliche Inanspruchnahme. Es ist dringend notwendig, die Gründe dafür zu erforschen, warum ‚Wunsch und Wirklichkeit’ so sehr auseinandergehen. Daraus können dann wirksame Strategien abgeleitet werden, An- und Zugehörige bedarfsgerecht zu unterstützen“, so Pendergrass und Gräßel. Nur so könne in Zukunft sichergestellt werden, dass häusliche Pflege ins Lebenskonzept von pflegenden An- und Zugehörigen passt. „Auf jeden Fall müssen ambulante Angebote in den nächsten Jahren massiv ausgebaut und deren Finanzierung gesichert werden. Nur so kann der bereits jetzt vorhandene Wunsch nach Unterstützung gedeckt und die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und häuslicher Pflege ermöglicht werden. Es geht um nichts weniger als die Sicherstellung der Versorgung von Pflegebedürftigen in ihrer häuslichen Umgebung“, erklären sie abschließend.

Zur Datengrundlage:
Sämtliche Beiträge beruhen auf einer Sekundäranalyse von Daten, die im Rahmen der von der G. u. I. Leifheit-Stiftung geförderten Studie „Benefits of Being a Caregiver“ 8> https://www.psychiatrie.uk-erlangen.de/ ... caregiver/ 9 erhoben wurden. Für diese Querschnittsstudie hatten 50 Pflegegutachtende des Medizinischen Diensts (MD) Bayern zwischen Oktober 2019 und März 2020 insgesamt 5.000 Fragebögen an pflegende An- und Zugehörige – repräsentativ für das Bundesland Bayern – verteilt. Die Auswertung erfolgte am Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Bereich Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Psychiatrische Universitätsklinik Erlangen. Ziel des Forschungsprojekts war die Entwicklung eines Fragebogens zur Messung des „Zugewinns des Pflegenden durch die häusliche Pflege“. Die im Rahmen der Befragungsstudie erhobenen Daten wurden für das Supplement im Hinblick auf die häusliche Pflege- und Versorgungssituation pflegebedürftiger Menschen und ihrer An- und Zugehörigen neu ausgewertet.

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