Ein Patient hat das Recht, unentgeltlich eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht
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WernerSchell
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Ein Patient hat das Recht, unentgeltlich eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten

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PRESSEMITTEILUNG Nr. 161/23
Luxemburg, den 26. Oktober 2023



Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-307/22 | FT (Kopie der Patientenakte)
Schutz personenbezogener Daten: Ein Patient hat das Recht, unentgeltlich eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten

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Ein Patient verlangt von seiner Zahnärztin eine Kopie seiner Patientenakte, um gegen sie Haftungsansprüche wegen Fehlern geltend zu machen, die ihr bei seiner zahnärztlichen Behandlung unterlaufen sein sollen. Die Zahnärztin fordert jedoch, dass er, wie nach deutschem Recht vorgesehen, die Kosten für die Zurverfügungstellung der Kopie der Patientenakte übernimmt.

Da der Patient der Ansicht ist, Anspruch auf eine unentgeltliche Kopie zu haben, ruft er die deutschen Gerichte an. Unter diesen Umständen hat der deutsche Bundesgerichtshof beschlossen, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Denn nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts, nämlich der Datenschutz-Grundverordnung1
(im Folgenden: DSGVO), ab.

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass in der DSGVO das Recht des Patienten verankert ist, eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich ohne dass ihm hierdurch Kosten entstehen. Der Verantwortliche kann ein solches Entgelt nur dann verlangen, wenn der Patient eine erste Kopie seiner Daten bereits unentgeltlich erhalten hat und erneut einen Antrag auf diese stellt.

Die betreffende Zahnärztin ist als Verantwortliche für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ihres Patienten anzusehen. Als solche ist sie verpflichtet, ihm eine erste Kopie seiner Daten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Patient ist nicht verpflichtet, seinen Antrag zu begründen.

Selbst mit Blick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Behandelnden dürfen die nationalen Regelungen dem Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie seiner Patientenakte auferlegen.

Des Weiteren hat der Patient das Recht, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in seiner Patientenakte befinden, wenn dies zum Verständnis der in diesen Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten erforderlich ist. Dies schließt Daten aus der Patientenakte ein, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten.



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HINWEIS: Mit einem Vorabentscheidungsersuchen haben die Gerichte der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dem
Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsstreits, über den sie zu entscheiden haben, Fragen betreffend die Auslegung
des Unionsrechts oder die Gültigkeit einer Handlung der Union vorzulegen. Der Gerichtshof entscheidet dabei nicht
den beim nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit. Dieser ist unter Zugrundelegung der Entscheidung des
Gerichtshofs vom nationalen Gericht zu entscheiden. Die Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise

Direktion Kommunikation
Referat Presse und Information curia.europa.eu
curia.europa.eu

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nicht amtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Der Volltext des Urteils wird am Tag der Verkündung auf der Curia-Website veröffentlicht. Pressekontakt: Marguerite Saché ✆ (+352) 4303 3549
Filmaufnahmen von der Verkündung des Urteils sind abrufbar über „Europe by Satellite“ ✆ +32 2 2964106

Quelle: https://curia.europa.eu/jcms/upload/doc ... 0161de.pdf



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Deutsches Ärzteblatt vom 26.10.2023:

EuGH: Patient darf kostenfreie Kopie seiner Krankenakte verlangen
Luxemburg – Patienten können nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von ihrem Arzt eine kostenfreie Kopie ihrer Krankenakte verlangen.
Die Ärzte dürften Patienten nur dann dafür zur Kasse bitten, wenn der Patient bereits einen ersten Durchschlag gratis erhalten habe, wie die Richter heute in Luxemburg mitteilten.
Hintergrund ist ein Fall vor dem deutschen Bundesgerichtshof (BGH). Ein Patient verlangte von seiner Zahn¬ärztin eine Kopie seiner Unterlagen, weil er einen Behandlungsfehler vermutete. Die Zahnärztin forderte jedoch, dass er – wie nach deutschem Recht vorgesehen – die Kosten dafür übernimmt.

… (weiter lesen unter) … > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... 7ac2e8834e
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