Unterbringung von gesetzlich Betreuten in psychiatrischen Krankenhäusern

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht
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WernerSchell
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Unterbringung von gesetzlich Betreuten in psychiatrischen Krankenhäusern

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Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAGS) hat im Zusammenhang mit der Unterbringung von gesetzlich Betreuten in psychiatrischen Krankenhäusern grundsätzliche Ausführungen hinsichtlich der gebotenen Kommunikation zwischen den Kliniken und den rechtlichen Betreuerinnen und Betreuern gemacht. Dabei wird u.a. klargestellt, dass auch während des Vollzuges der Unterbringung der Betreuer die Verantwortung für den Betreuten nicht an die Ärzte oder das sonstige Personal der Einrichtung abgibt. Er ist im Rahmen des § 1901 BGB weiterhin an das Wohl des Betreuten, seine (zumutbaren) Wünsche und die Rehabilitationsverpflichtung gebunden. - Näheres ergibt sich aus dem nachfolgenden Erlass vom 12.04.2022. Der Text dieses Erlasses wird hier vorgestellt, weil das MAGS ausdrücklich eine breite Information über Erlass wünscht.

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Überörtliche Arbeitsgemeinschaft für das
Betreuungswesen in NRW
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Unterbringung von gesetzlich Betreuten in psychiatrischen Krankenhäusern

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen einer Petitionsangelegenheit hatte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) aus krankenhausaufsichtsrechtlicher
Perspektive zu bewerten, ob eine psychiatrische Klinik im Rahmen einer zivilrechtlichen Unterbringung eines Patienten ihren Aufsichts-und
Fürsorgepflichten nachgekommen ist.
Die Bearbeitung der Petition hat gezeigt, dass die Kommunikation zwischen den Kliniken und den rechtlichen Betreuerinnen und Betreuern,
insb. bzgl. etwaiger Beteiligungspflichten, häufig nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht und die Verantwortlichen erst im Nachgang von
Handlungen der Klinik erfahren, die eigentlich einer Beteiligung bedurft hätten.

Das Ministerium der Justiz stellt in diesem Zusammenhang klar: „Hat das Gericht die Unterbringung genehmigt, ist es Sache des Betreuers, zu
entscheiden, ob er von der Genehmigung Gebrauch macht. Auch während des Vollzuges der Unterbringung gibt der Betreuer die
Verantwortung für den Betreuten nicht an die Ärzte oder das sonstige Personal der Einrichtung ab, sondern ist im Rahmen des § 1901 BGB
weiterhin an das Wohl des Betreuten, seine (zumutbaren) Wünsche und die Rehabilitationsverpflichtung gebunden. Der Gesetzgeber habe davon abgesehen, Vorschriften über den Vollzug der zivilrechtlichen Unterbringung zu erlassen. Anders als im öffentlichen Unterbringungsrecht liegen daher alle Maßnahmen während einer Unterbringung (Besuch, Ausgang, Schriftverkehr) in der ausschließlichen Verantwortung des Betreuers, soweit diesem der entsprechende Aufgabenkreis zugewiesen ist (z. B. Post- und Fernmeldekontrolle). Die Einrichtung ist aus eigenem Recht zu keinen weitergehenden Eingriffen in die Rechte des Betroffenen befugt (Jürgens/Marschner, 6. Aufl. 2019, BGB § 1906 Rn. 46). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers liegt es in der Verantwortung des Betreuers, mit der jeweiligen Einrichtung Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Rahmen der zivilrechtlichen Unterbringung abzustimmen.“

Die oben genannte Petition zum Anlass nehmend beabsichtigt das MAGS, in seiner Funktion als Krankenhausaufsicht einen klarstellenden
Erlass bezüglich der Rechte und Pflichten der gesetzlichen Betreuer an die psychiatrischen Kliniken zu versenden und diese zu einer den
gesetzlichen Anforderungen entsprechenden engen Zusammenarbeit mit den Betreuerinnen und Betreuern zu verpflichten und die entsprechenden
Absprachen in der Patientenakte in angemessener und nachvollziehbarer Form zu dokumentieren.

Flankierend möchten wir an die Mitglieder der üAG für das Betreuungswesen in Nordrhein-Westfalen mit der Bitte herantreten, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten auch die gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuer sowie alle beteiligten Akteure für die erforderliche enge Zusammenarbeit mit den psychiatrischen Krankenhäusern im Rahmen der zivilrechtlichen Unterbringung zu sensibilisieren.
Die erforderliche enge Abstimmung sollte von Seiten der Betreuerinnen und Betreuer bei Bedarf aktiv von der Klinik eingefordert werden.
Zudem wäre eine sorgfältige Dokumentation der Absprachen aus unserer Sicht nicht nur in den Patientenakten der Kliniken, sondern ebenfalls für
die Aktenführung der Betreuerinnen und Betreuer zu empfehlen, auch vor dem Hintergrund möglicher zivilrechtlicher Schadensersatz- bzw.
Schmerzensgeldforderungen potentiell Geschädigter.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Information möglichst breit über Ihre Verteiler an die wesentlichen Akteure kommunizieren würden.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. Ulrich Lensing
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