Sterbehilfe - Politiker blockieren, Patienten verzweifeln - Filmbeiträge informieren!

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Kein Zugang zum Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung

Beitrag von WernerSchell »

Bild Bild


Kein Zugang zum Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung

Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 02.02.2022 - Aktenzeichen: 9 A 146/21 (I. Instanz: VG Köln 7 K 13803/17), 9 A 147/21 (VG Köln 7 K 14642/17), 9 A 148/21 (VG Köln 7 K 8560/18)

Bild

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn ist nicht verpflichtet, schwerkranken Menschen, die den Entschluss zum Suizid gefasst haben, hierfür den Erwerb des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zu erlauben. Das hat das Oberverwaltungsgericht heute in drei Verfahren entschieden und damit Urteile des Verwaltungsgerichts Köln bestätigt.

Die Kläger - zwei Männer aus Rheinland-Pfalz und Niedersachsen und eine Frau aus Baden-Württemberg - leiden an verschiedenen schwerwiegenden Erkrankungen (u. a. Multiple Sklerose, Krebs). Sie verlangen vom BfArM, ihnen jeweils eine Erlaubnis zum Erwerb von 15 Gramm Natrium-Pentobarbital zu erteilen, um mithilfe dieses Betäubungsmittels ihr Leben zu beenden.

Zur Begründung der Urteile hat die Vorsitzende des 9. Senats ausgeführt:

Der Erteilung der begehrten Erlaubnis steht der zwingende Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 6 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) entgegen. Eine Erwerbserlaubnis, die auf eine Nutzung von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung gerichtet ist, dient nicht dazu, die notwendige medizinische Versorgung sicherzustellen. Das ist bei Anwendungen eines Betäubungsmittels nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur der Fall, wenn diese eine therapeutische Zielrichtung haben, also dazu dienen, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. Grundrechte von Suizidwilligen werden durch diese Auslegung des Betäubungsmittelgesetzes derzeit nicht verletzt. Der mittelbare Eingriff in das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Versagungsgrund schützt das legitime öffentliche Interesse der Suizidprävention und dient der staatlichen Schutzpflicht für das Leben. Diese Schutzpflicht kann gegenüber dem Freiheitsrecht des Einzelnen den Vorrang erhalten, wo die Selbstbestimmung über das eigene Leben gefährdet ist. Vorkehrungen, die eine selbstbestimmte Entscheidung des Suizidenten gewährleisten, sieht das Betäubungsmittelgesetz nicht vor. Sie können auch nicht in das Gesetz hineingelesen werden. Ob ein Zugang zu Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung ermöglicht werden soll, muss der demokratisch legitimierte Gesetzgeber entscheiden, der dann auch ein diesbezügliches Schutzkonzept entwickeln müsste. Die Fragen, welche Anforderungen an den freien Willen, die Dauerhaftigkeit des Selbsttötungsentschlusses oder die Information über Handlungsalternativen zu stellen wären und wie Miss- oder Fehlgebrauch verhindert werden könnte, müssen gesetzlich beantwortet werden.

Die Beschränkung Suizidwilliger durch § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG führt nicht dazu, dass sie ihr Recht auf Selbsttötung nicht wahrnehmen können. Nach aktueller Rechtslage ist vielmehr ein zumutbarer Zugang zu freiwillig bereitgestellter Suizidhilfe real eröffnet. Infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 (zur Verfassungswidrigkeit des in § 217 StGB geregelten Verbots der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung) hat sich die Möglichkeit, den Wunsch nach selbstbestimmtem Sterben zu verwirklichen, wesentlich verbessert. Das ärztliche Berufsrecht steht der Suizidhilfe nicht mehr generell entgegen. Es gibt Ärzte, die tödlich wirkende Arzneimittel verschreiben und andere Unterstützungshandlungen vornehmen. Dabei ist es zumutbar, die Suche auf ein Gebiet jenseits des eigenen Wohnorts oder Bundeslands zu erstrecken. Infolge der Nichtigkeit des § 217 StGB sind auch geschäftsmäßige Angebote der Suizidhilfe wieder verfügbar. Die Inanspruchnahme der Hilfe eines Arztes oder einer Sterbehilfeorganisation ist auch zumutbar. Das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben beinhaltet keinen Leistungsanspruch gegenüber dem Staat. Soweit Ärzte und Sterbehilfeorganisationen in Deutschland bisher wohl nicht Natrium-Pentobarbital als Mittel zur Selbsttötung einsetzen, stehen andere verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Verfügung.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Aktenzeichen: 9 A 146/21 (I. Instanz: VG Köln 7 K 13803/17), 9 A 147/21 (VG Köln 7 K 14642/17), 9 A 148/21 (VG Köln 7 K 8560/18)

Auszug aus den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG):

§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG:
Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
1. Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben […] will.

§ 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG:
Die Erlaubnis nach § 3 ist zu versagen, wenn […]
6. die Art und der Zweck des beantragten Verkehrs nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, daneben aber den Missbrauch von Betäubungsmitteln oder die missbräuchliche Herstellung ausgenommener Zubereitungen sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit soweit wie möglich auszuschließen, vereinbar ist […].

Quelle: Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 02.02.2022
https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/ ... /index.php


+++
Die Rheinische Post hat in ihrem Newsletter vom 03.02.2022 das OVG-Urteil angesprochen und auf einen Bericht aufmerksam gemacht:
Wie viel Leid ein Mensch ertragen kann, kann nur dieser Mensch selbst entscheiden. Darüber von außen zu urteilen, verbietet sich – auch durch den Staat. Vielmehr muss es darum gehen, Menschen in schwerer Krankheit oder tiefer Lebensmüdigkeit nicht allein zu lassen und durch den verlässlichen Zugang zu Palliativmedizin die Angst vor einem qualvollen Sterben zu mindern. Darum ist es gut, dass auch in Deutschland offener über Sterbewünsche gesprochen wird, seit das Bundesverfassungsgericht vor zwei Jahren aus dem Grundgesetz ein sehr weitgehendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben abgeleitet hat. Der Gesetzgeber ist seither allerdings weitgehend untätig geblieben und hat es versäumt, das Betäubungsmittelgesetz anzupassen und Regeln zu schaffen, um etwa die Selbstbestimmtheit von Suizidwünschen sicherzustellen. So musste nun das Oberverwaltungsgericht in Münster ein vorläufiges Urteil sprechen zur Zugänglichkeit zu einem bestimmten Selbsttötungsmittel. Während die großen Fragen offen sind, wurde eine spezielle verhandelt. Das Gericht hat keine neue Türe geöffnet, weil es die bestehenden Möglichkeiten, dem eigenen Leben begleitet ein Ende zu setzen, für ausreichend hält. Es sagt viel über unsere Zeit, dass Menschen heute vielfach glauben, die völlig freie Entscheidung über den eigenen Todeszeitpunkt könne ihnen eher die Angst vor dem Sterben nehmen als der Ausblick, von erfahrenen Menschen gut begleitet zu werden, wenn es schlimm kommt. ... > https://newsletter.rp-online.de/d?o0cnj ... deswestens

Siehe auch den Bericht im Deutschen Ärzteblatt vom 02.02.2022:
Oberverwaltungs­gericht Münster sieht kein Recht auf Zugang zu Suizidmitteln
Münster – Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist nicht ver­pflich­tet, schwer­kranken Menschen, die den Entschluss zum Suizid gefasst haben, den Erwerb des Betäubungs­mittels Natrium-Pentobarbital zu erlauben.
... (weiter lesen unter) ... > https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... 7ac2e8834e
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Wer hilft mir beim Sterben? ...

Beitrag von WernerSchell »

WDR - Fernsehen - Die Story

Wer hilft mir beim Sterben?
Ein Film von Erika Fehse und Renate Werner

Bild

TV 20.04.2022 >>> WDR 22.15 - 23.00 Uhr --- >>> https://www.wdr.de/programmvorschau/wdr ... rben-.html
Video (44 Min.) > https://www.ardmediathek.de/video/die-s ... ZmRlZmUwYQ


Als Natalja Jaxen 2021 die Diagnose ALS erhält, ist ihr sofort klar, dass sie diese tödliche Krankheit nicht bis zum bitteren Ende durchleben will. ALS beginnt mit der Lähmung der Hände, Arme und Beine und endet damit, dass bei vollem Bewusstsein die Sprach- und Atemmuskeln versagen. So weit will es Natalja nicht kommen lassen. Die 68-Jährige will selbst entscheiden, wann sie "über den Regenbogen geht", wie sie es nennt. Also bittet sie ihre Palliativärztin um Hilfe beim Suizid, doch die wehrt ab.

Dabei hat laut Grundgesetz jeder das Recht auf assistierten Suizid - ob gesund oder krank. Denn am Aschermittwoch vor zwei Jahren fällte das Bundesverfassungsgericht ein Aufsehen erregendes Urteil: Es kippte den §217, den so genannten "Sterbehilfe-Paragraph", der die geschäftsmäßige Hilfe zum Suizid unter Strafe stellte. Heute dürfen auch Ärzte helfen.

Harald Mayer begrüßte das Urteil, glaubte nun näher an seinem Ziel zu sein. Der 51-Jährige kann aufgrund von Multipler Sklerose nur noch seinen Kopf bewegen. Gemeinsam mit seinem Rechtsanwalt Robert Roßbruch hat er die Bundesrepublik Deutschland auf Herausgabe des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital verklagt. Damit könnte er sich das Leben nehmen, ohne dass ihm ein Arzt dabei hilft. Für Harald soll das die Notbremse sein, für den Fall, dass er sein Leben nicht mehr erträgt. Doch das Medikament, das Schweizer Sterbehilfevereine verwenden, ist in Deutschland unter Verschluss. Ob es dabei bleibt, muss das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden.

Natalja Jaxen findet zwei Ärzte in ihrem Bekanntenkreis, die ihr eine tödliche Medikamentenmischung besorgen, doch ihr Suizidversuch geht schief und sie wacht im Krankenhaus wieder auf. Sie ist verzweifelt, entscheidet einige Tage später, nichts mehr zu essen und zu trinken, in der Hoffnung, dass ihre Nieren versagen. Auch das gelingt nicht.

Zwei Jahre nach dem Urteil der Karlsruher Richter liegen jetzt neue Gesetzesentwürfe für ein Schutzkonzept vor. Welche verbindliche Regelung für Sterbewillige brauchen wir? Und wie können wir angesichts unserer alternden Gesellschaft gleichzeitig Menschen davor schützen, dass ihnen assistierter Suizid aufgedrängt wird?

Der Film begleitet Natalja Jaxen und Harald Mayer bei der Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Ende und stellt die Frage: Welche politischen Entscheidungen sind notwendig, um Menschen einen würdevollen Tod zu garantieren.

Quelle: https://www.wdr.de/programmvorschau/wdr ... rben-.html
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

EGMR bestätigt Verurteilung wegen Beihilfe zum Suizid

Beitrag von WernerSchell »

Bild

EGMR bestätigt Verurteilung wegen Beihilfe zum Suizid
Ein dänischer Arzt hat zwei Personen Medikamente zum Suizid verschrieben und einer Person geraten, sich eine Plastiktüte über den Kopf zu ziehen. In Dänemark ist das strafbar. Der Arzt scheiterte nun vor dem EGMR.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigte die Verurteilung eines dänischen Arztes wegen Beihilfe zum Suizid. Er sah keinen Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und auch kein unangemessenes Strafmaß seitens der dänischen Gerichte (Urt. v. 18.03.2022, Rs. 15136/20).
…. (weiter lesen unter) … > https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... daenemark/
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Abgeordnete fordern Selbstbestimmung am Lebensende

Beitrag von WernerSchell »

Abgeordnete fordern Selbstbestimmung am Lebensende
Recht/Gesetzentwurf

Bild

Berlin: (hib/SCR) Eine Gruppe von 68 Abgeordneten um Katrin Helling-Plahr (FDP) aus den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grüne, FDP und Die Linke hat einen weiteren Gesetzentwurf zur Regelung der Suizidhilfe (20/2332 > https://dserver.bundestag.de/btd/20/023/2002332.pdf ) vorgelegt. Der Entwurf soll „das Recht auf einen selbstbestimmten Tod legislativ absichern und klarstellen, dass die Hilfe zur Selbsttötung straffrei möglich ist“, heißt es in der Begründung. Dazu solle der vom Bundesverfassungsgericht dargebotene Normierungsspielraum genutzt werden, „um Menschen, die ernstlich sterben möchten und diesen Wunsch frei und eigenverantwortlich im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gebildet haben, ebenso wie Personen, die zur Hilfe bereit sind, einen klaren Rechtsrahmen bieten“.

Die Vorlage soll am Freitag in erster Lesung mit zwei weiteren Gesetzentwürfen anderer Abgeordnetengruppen (20/904 > https://dserver.bundestag.de/btd/20/009/2000904.pdf , 20/2293 > https://dserver.bundestag.de/btd/20/022/2002293.pdf ) zu dem Thema beraten werden. Zudem steht ein fraktionsübergreifender Antrag zur Suizidprävention auf der Tagesordnung (20/1121 > https://dserver.bundestag.de/btd/20/011/2001121.pdf ).

Vorgeschlagen wird ein „Gesetz zur Wahrung und Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende (Suizidhilfegesetz)“. Es sieht in Paragraf 1 vor, dass „jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben beenden möchte“, das Recht hat, „hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen“. Nach Paragraf 2 darf jeder dem Sterbewilligen „Hilfe leisten und ihn bis zum Eintritt des Todes begleiten“. Eine Verpflichtung zur Hilfeleistung soll ausgeschlossen werden.

Sterbewillige sollen sich nach dem Gesetzentwurf von einem Arzt ein „Arzneimittel zum Zweck der Selbsttötung“ nach Aufklärung über Ablauf und mögliche Nebenwirkungen - und gegebenenfalls palliativmedizinische Alternativen - verschreiben lassen können. Voraussetzung dafür ist unter anderem eine Beratung durch eine entsprechende Beratungsstelle, deren Ausgestaltung ebenfalls in dem Entwurf geregelt wird. Die Verschreibung soll grundsätzlich frühestens zehn Tage nach der Beratung und spätestens acht Wochen danach erfolgen.

Die Beratung durch die Beratungsstellen ist demnach „ergebnisoffenen zu führen und darf nicht bevormunden“. Sie solle „die Informationen vermitteln, die dazu befähigen, auf einer hinreichenden Beurteilungsgrundlage realitätsgerecht das Für und Wider einer Suizidentscheidung abzuwägen“. Als Beratungsgegenstände werden unter anderem die „Bedeutung und Tragweite der Selbsttötung“ angeführt. Auch auf Handlungsalternativen bei Erkrankungen, etwa palliativmedizinische Möglichkeiten, soll hingewiesen werden können.

Der Entwurf enthält zudem eine Verordnungsermächtigung. Demnach soll das Bundesgesundheitsministeriums mit Zustimmung des Bundesrates näheres zur Suizidhilfe regeln können, „insbesondere zu den Anforderungen an die fachliche Qualifikation der Ärzte, Meldepflichten, der Vergütung der Hilfe zur Selbsttötung und der Prävention gegen die Etablierung rein auf Gewinnstreben ausgerichteter, insbesondere institutionalisierter, Angebote“.

Eine Änderung ist zudem im Betäubungsmittelgesetz vorgesehen. Hier soll die Abgabe der tödlich wirkenden Mittel ermöglicht werden.
Die hib-Meldung zu dem Gesetzentwurf von 85 Abgeordneten um Lars Castellucci: https://www.bundestag.de/presse/hib/kur ... gen-883512
Die hib-Meldung zum dem Gesetzentwurf von 45 Abgeordneten um Renate Künast: https://www.bundestag.de/presse/hib/kur ... gen-899724
Die hib-Meldung zu dem fraktionsübergreifenden Antrag: https://www.bundestag.de/presse/hib/kur ... gen-886446

Quelle: Mitteilung vom 22.06.2022
Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Fax: +49 30 227-36001
E-Mail: vorzimmer.ik5@bundestag.de
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Assistenz bei einer selbstbestimmten Selbsttötung muss zulässig sein!

Beitrag von WernerSchell »

Assistenz bei einer selbstbestimmten Selbsttötung muss zulässig sein! - Eine entsprechende Regelung gehört in das Bürgerliche Gesetzbuch.

Texteinstellung am 26.07.2022 bei Facebook ( https://www.facebook.com/groehe ):
• Debatte um Suizidbeihilfe - Gröhe: Beim Thema Suizid Hand ausstrecken statt Zeigefinger erheben
Als Gesundheitsminister sprach sich Hermann Gröhe 2014 für das Verbot organisierter Selbsttötungshilfe aus. Heute unterstützt der Christdemokrat einen fraktionsübergreifenden Entwurf, der Regelungen zum assistieren Suizid im Strafrecht vorsieht. Hier erklärt er, warum.
… (weiter lesen unter) … > https://www.pro-medienmagazin.de/groehe ... TZ9d2duENg


Bild Bild

Dazu ergibt sich folgende Anmerkung:
Eine Regelung über die Zulässigkeit zur Assistenz bei einer selbstbestimmten Selbsttötung muss auf der Basis der dazu vom Bundesverfassungsgericht vom 26.02.2020 getroffenen Entscheidung (> https://www.wernerschell.de/forum/neu/v ... 85#p112486 ) ermöglicht werden, und zwar im Bürgerlichen Gesetzbuch und nicht im Strafgesetzbuch. Eine solche Regelung sollte sich am seinerzeit vorgelegten Modell von Peter Hintze und Carola Reinmann orientieren: „Der sterbende Mensch muss selbst bestimmen können, was er ertragen kann und dies mit dem Arzt seines Vertrauens besprechen können“, sagte seinerzeit zurecht der inzwischen verstorbene Peter Hintze. Das Positionspapier sollte die Basis sein für einen Antrag, der letzten Endes auch die gesellschaftlichen Mehrheiten widerspiegelt, erklärte Reimann. Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürgern wolle Selbstbestimmung bis zuletzt. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Zahlreiche Beiträge zum Thema unter
> https://www.wernerschell.de/forum/neu/v ... =2&t=23485
> viewtopic.php?f=3&t=20
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Sterbewilliger Ehemann mit Insulin getötet - Ehefrau freigesprochen!

Beitrag von WernerSchell »

Sterbewilliger Ehemann mit Insulin getötet - Ehefrau freigesprochen!

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Frau freigesprochen, die ihrem Mann nach dessen Einnahme tödlicher Medikamente zusätzlich eine Überdosis Insulin gespritzt hatte. Das Landgericht Stendal hatte die Frau zuvor wegen Tötung auf Verlangen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Die Berufung vor dem 6. Strafsenat des BGH war erfolgreich. Der Senat ent­schied ohne Rückverweis, weil auszuschließen sei, „dass ein neues Tatgericht Feststellungen treffen könnte, die einen Schuldspruch tragen würden“.

Bild

Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 28.06.2022 - 6 StR 68/21 - > https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi- ... 14&anz=863

Die Leitsätze:
1. Die Abgrenzung strafbarer Tötung auf Verlangen von strafloser Beihilfe zum Suizid erfordert eine normative Betrachtung.
2. Der ohne Wissens- und Verantwortungsdefizit gefasste und erklärte Sterbewille führt zur situationsbezogenen Suspendierung der Einstandspflicht für das Leben des Ehegatten.


+++
Anmerkung:
Sterbewilliger Ehemann mit Insulin getötet - Ehefrau freigesprochen … > viewtopic.php?f=3&t=517 - Die Entscheidung ist richtig. Sie entspricht dem Recht auf Selbstbestimmtes Sterben. - Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen (vgl. Urteil des BVerfG vom 26.02.2020 … > viewtopic.php?f=3&t=20 ).
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

BAGSO nimmt Stellung zur Neuregelung der Suizidassistenz

Beitrag von WernerSchell »

Bild



Suizidprävention im Alter stärken
BAGSO nimmt Stellung zur Neuregelung der Suizidassistenz


Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen ruft den Gesetzgeber dazu auf, die Bedingungen für die Suizidassistenz klar zu regeln und dabei insbesondere die Situation älterer Menschen in den Blick zu nehmen. In ihrer Stellungnahme „Suizidprävention im Alter stärken“ weist die BAGSO auf das erhöhte Suizidrisiko im fortgeschrittenen Lebensalter hin. Sie fordert den Ausbau der psychologischen und psychiatrischen Versorgung älterer Menschen und eine intensive gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Wert und der Würde des Lebens, auch in Grenzsituationen des Alters.
„Wir appellieren an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, das Verfahren für einen freiverantwortlichen Suizid und die Hilfe durch Dritte hierbei möglichst bald zu regeln“, sagte BAGSO-Vorsitzende Dr. Regina Görner. „Die aktuelle Situation birgt die Gefahr, dass sich Strukturen etablieren, die politisch nicht gewollt sein können. Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass mit der Not oder der Unsicherheit von Menschen keine Geschäfte gemacht werden.“
Das neu zu regelnde Verfahren der Suizidassistenz muss nach Ansicht der BAGSO der Stabilität und der Freiverantwortlichkeit des Sterbewunsches eine besondere Aufmerksamkeit schenken. Die Prüfung müsse im Rahmen einer qualifizierten und staatlich kontrollierten Beratung erfolgen, die auch mögliche Hilfs- und  
Entlastungsangebote aufzeigt. Es sei wichtig, dass die Beratenden auch in Fragen des Alters über fachliche Expertise verfügen.
Zu den Risikofaktoren für Suizide im hohen Alter zählen Einsamkeit, Depressionen, chronische Erkrankungen und Pflegebedürftigkeit. Dazu könne das Gefühl kommen, nicht mehr gebraucht zu werden, oder die Sorge, anderen eine Last zu sein. Die BAGSO fordert deshalb eine gute pflegerische und palliative Versorgung, die flächendeckend verfügbar sein muss.
Die Neuregelung der Suizidassistenz ist notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht 2020 das Gesetz zum Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nicht verfassungskonform und somit ungültig erklärt hat. Der Bundestag hat im Juni 2022 in einer Orientierungsdebatte über eine Reform der Sterbehilfe beraten.


Zur Stellungnahme > https://www.bagso.de/fileadmin/user_upl ... aerken.pdf

Über die BAGSO
Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen vertritt die Interessen der älteren Generationen in Deutschland. Sie setzt sich für ein aktives, selbstbestimmtes und möglichst gesundes Älterwerden in sozialer Sicherheit ein. In der BAGSO sind mehr als 120 Vereine und Verbände der Zivil-gesellschaft zusammengeschlossen, die von älteren Menschen getragen werden oder die sich für die Belange Älterer engagieren.

Quelle: Pressemitteilung vom 23.08.2022
Pressekontakt
Barbara Stupp
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V.
Noeggerathstr. 49
53111 Bonn
Tel.: 0228 24 99 93 - 12
E-Mail: stupp@bagso.de
www.bagso.de
twitter.com/bagso_de
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

DGHO fordert Debatte über Gestaltung einer guten Praxis bei Anfragen nach ärztlich assistierter Selbsttötung

Beitrag von WernerSchell »

Bild


DGHO fordert Debatte über Gestaltung einer guten Praxis bei Anfragen nach ärztlich assistierter Selbsttötung


Vor dem Hintergrund des Bundesverfassungs­gerichtsurteils aus dem Jahr 2020 und der geplanten Gesetzgebung zur assistierten Selbsttötung fordert die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämato­logie und Medizinische Onkologie e. V. eine sachliche Debatte über die Gestal­tung einer guten Praxis bei Anfragen nach ärztlich assistierter Selbsttötung. Weiterhin sei ein angemessener rechtlicher Rahmen wichtig, der der Komple­xität des Themas Rechnung trage und den Ärztinnen und Ärzten Sicherheit für das praktische Handeln biete.

Ausgehend von einer Umfrage unter ihren Mitgliedern und Diskussionen mit Vertreterinnen und Vertretern von Politik und unterschiedlichen Disziplinen hat die Fachgesellschaft empirische Daten zur aktuellen Handhabung und Stellungnahmen zu einer guten Praxis bei Anfragen nach ärztlich assistierter Selbsttötung im 20. Band ihrer Gesund­heitspolitischen Schriftenreihe veröffentlicht.

Die Debatte zur Sterbehilfe wird auf politischer, gesellschaftlicher und medialer Ebene immer wieder intensiv geführt. Dabei fehlt es den Diskursen angesichts der Komplexität mitunter an einer angemessenen Differenziertheit. Die Situationen, in denen sich die Frage nach Sterbehilfe stellt, sind kompliziert und schwer zu verstehen. Darüber hinaus variieren sie von Individuum zu Individuum und je nach Lebenslage, Lebenssicht und Krankheit stark. Vor diesem Hintergrund hat die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. erneut ihre Mitglieder zur ärztlich assistierten Selbsttötung befragt und hierzu einen gesonderten Band ihrer Gesundheitspolitischen Schriftenreihe veröffentlicht.

Gesellschaft, Politik und Wissenschaft in der Verantwortung

„Als wissenschaftliche medizinische Fachgesellschaft war und ist es unser Ziel, einen sachlichen und substanziellen Beitrag zu der mitunter sehr emotional geführ­ten Debatte zu leisten. Das Thema betrifft die in der Hämatologie und Onkologie tätigen Ärztinnen und Ärzte sehr konkret. Dabei konnten die Ergebnisse unserer ersten Umfrage im Jahr 2015 eine fachlich äußert reflektierte und dabei gleichzeitig empathische und verantwortungsbewusste Haltung unserer Kolleginnen und Kollegen zeigen“, so Prof. Dr. med. Hermann Einsele, Geschäftsführender Vor­sitzender der DGHO und Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitäts­klinikums Würzburg.

Schon seinerzeit habe die Fachgesellschaft deutlich gemacht, dass Gesellschaft und Wissenschaft bei schwersten Erkrankungen und in den Grenzbereichen des Lebens die Verpflichtung haben, das Leiden wo immer möglich so zu lindern, dass Notsituationen nicht auftreten. „Im klinischen Alltag werden wir aber eben auch mit Situationen konfrontiert, in denen Patientinnen und Patienten mit einer unheilbaren Krebserkrankung und einer großen Symptomschwere das Thema der ärztlich assistierten Selbsttötung gegenüber ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten ansprechen. Dass wir diesen Umstand auch gesamtgesellschaftlich nicht ignorieren dürfen, hat uns das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 erneut deutlich vor Augen geführt. Mit Blick auf die Schaffung eines rechtlichen Rahmens ist es für uns als wissenschaftliche medizinische Fachgesellschaft beson­ders wichtig, dass eine gesetzliche Regelung – wie auch immer sie ausgestaltet sein mag – dem komplexen Thema der assistierten Selbsttötung Rechnung tragen muss. Für Ärztinnen und Ärzte braucht es neben Rechtssicherheit immer auch Handlungsspielraum“, so Einsele.

Assistierte Selbsttötung: Standards für eine gute Praxis wichtig

Auch die zweite, im Jahr 2021 durchgeführte Umfrage unter den Mitgliedern der DGHO zeigt, dass die assistierte Selbsttötung bislang ein seltenes Phänomen ist. So gaben lediglich 22 von 745 Befragten an, bereits Assistenz bei der Selbsttötung geleistet zu haben. Allerdings berichteten gleichzeitig 57 Prozent der Umfrageteil­nehmenden, dass sie bereits von Patientinnen und Patienten auf das Thema angesprochen wurden. „Auch wenn die assistierte Selbsttötung nur von wenigen Menschen ernstlich in Erwägung gezogen wird, gehen wir davon aus, dass Ärztinnen und Ärzte in der Hämatologie und Onkologie in Zukunft häufiger mit entsprechenden Anfragen konfrontiert werden“, so Prof. Dr. med. Jan Schildmann, federführender Autor der Umfrage und Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. So habe sich in der Schweiz die Zahl der assistierten Selbsttötungen seit 2010 etwa verdreifacht und mache damit heute knapp 2 Prozent aller Todesfälle in der Schweiz aus. „Ich gehe auch angesichts des veränderten rechtlichen Rahmens davon aus, dass die Anzahl der Todesfälle durch assistierte Selbsttötung bei uns zunehmen wird“, so Schildmann.

Auch vor diesem Hintergrund sei die Entwicklung von Standards guter Praxis in Verbindung mit einem Monitoring sehr wichtig. „Mit Blick auf die in der Forschungs­literatur gezeigte Varianz des praktischen Vorgehens halten wir eine Diskussion über angemessene und praktikable Kriterien bezüglich der Prüfung der Freiverant­wortlichkeit und der Beratung für äußerst wichtig. Darüber hinaus plädieren wir für eine aktive Beteiligung der Ärzteschaft und anderer Berufsgruppen an der Diskus­sion über eine professionelle und kompetente Gestaltung der für alle Beteiligten herausfordernden Praxis“, so Schildmann.

Herausforderungen für den ambulanten Bereich

Dass das Thema der assistierten Selbsttötung die im ambulanten Bereich tätigen Ärztinnen und Ärzte mitunter in speziellen Facetten betrifft, verdeutlicht Dr. med. Carsten-Oliver Schulz, Mitglied im Vorstand der DGHO und niedergelassener Hämatologe und Onkologie in Berlin: „Unsere Patientinnen und Patienten befinden sich teilweise in sehr unterschiedlichen sozio-emotionalen Situationen. Das betrifft beispielsweise die Lebens- und Wohnsituation. Manche Betroffene fühlen sich durch eine enge familiäre Einbindung sozial getragen. Dieses Gefühl müssen andere Betroffene hingegen entbehren, weil es vielleicht keine Familie und auch keine Freundinnen und Freunde gibt und somit eben auch kein soziales Netz, das die Betroffenen tragen könnte. Aus diesem Grund müssen wir im niedergelassenen Bereich auch immer sehr genau bedenken, inwieweit der Wunsch nach assistierter Selbsttötung beispielweise dem Gefühl von Einsamkeit entspringt. Dann ist es unsere Aufgabe als Ärztinnen und Ärzte, gemeinsam mit den Betroffenen mögliche Wege zu finden, die konkrete Situation zu verbessern. Hier kann die Hinzuziehung von Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Sozialarbeit sinnvoll sein.“ Darü­ber hinaus, so Schulz, müsse bei einem Verdacht auf eine psychische Erkrankung wie beispielweise eine Depression auch die Konsultierung einer Psychiaterin oder eines Psychiaters bedacht werden.

Aufgaben des Bundestages bei der Regelung des ärztlich assistierten Suizids

Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied des Deutschen Bundestages und Mitverfasserin des „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbst­bestimmtes Sterben und zur Änderung weiterer Gesetze“, macht deutlich: „Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, damit kann jeder Mensch in jeder Lebenslage selbstbestimmt über sein Lebensende entscheiden und kann sich dabei helfen lassen. Ich meine, der Bundestag hat nun die Aufgabe hier klare Leitplanken aufzustellen, die bundesweit gelten. Wir brauchen Klarheit und Schutz.“

Angesichts der Komplexität des Themas betont Einsele, dass die DGHO eine juristische Verortung der assistierten Selbsttötung im Strafgesetzbuch nicht für sinnvoll halte. Vielmehr plädiert die Fachgesellschaft für Aus-, Fort- und Weiter­bildung zum professionellen Umgang mit Sterbewünschen sowie für Qualitäts­sicherung und Forschung. Das helfe bei der Differenzierung und Einordnung individueller Gründe und Umstände für den Wunsch nach assistierter Selbsttötung.

Der 20. Band der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO „Ärztlich assistierte Selbsttötung – Umgang mit Anfragen von Krebspatientinnen und Krebspatienten. Beiträge zur Gestaltung einer herausfordernden Praxis“ kann heruntergeladen werden unter: https://www.dgho.de/publikationen/schri ... e-selbstto...

Über die DGHO

Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. besteht seit über 80 Jahren und hat heute mehr als 3.800 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, mit der Erstellung der Onkopedia-Leitlinien, mit der Wissensdatenbank, mit der Durch­führung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesund­heitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versor­gung von Patientinnen und Patienten im Fachgebiet. In mehr als 30 Themen-zentrierten Arbeitskreisen engagieren sich die Mitglieder für die Weiterentwicklung der Hämatologie und der Medizinischen Onkologie.
Informationen unter: https://www.dgho.de

Weitere Informationen:
https://www.dgho.de/publikationen/schri ... bsttoetung - 20. Band der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO „Ärztlich assistierte Selbsttötung – Umgang mit Anfragen von Krebspatientinnen und Krebspatienten. Beiträge zur Gestaltung einer herausfordernden Praxis“
https://www.dgho.de - DGHO e.V.

Quelle: Pressemitteilung vom 01.09.2022
Michael Oldenburg Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.
https://idw-online.de/de/news800510


+++
Siehe auch den Bericht unter > https://www.aerztezeitung.de/Politik/DG ... 20[rundate]
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Stärkung von Suizidprävention und Selbstbestimmung - Stellungnahme des Deutschen Ethikrates

Beitrag von WernerSchell »

Bild

Ethikrat: Stärkung von Suizidprävention und Selbstbestimmung

Bild

Am 22. September 2022 stellt der Deutsche Ethikrat in der Bundespressekonferenz in Berlin seine Stellungnahme „Suizid – Verantwortung, Prävention und Freiverantwortlichkeit“ vor. Damit verfolgt der Rat drei zentrale Anliegen: ein angemessenes Bewusstsein für die Vielschichtigkeit von Suizidalität schaffen, die Voraussetzungen freiverantwortlicher Suizidentscheidungen präzisieren und die unterschiedlich gelagerten Verantwortungen verschiedener Akteurinnen und Akteure im Kontext von Suizidentscheidungen und -prävention aufzeigen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 26. Februar 2020 den Straftatbestand der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für verfassungswidrig und nichtig erklärt hatte, brandeten die schon lange bestehenden Debatten zum angemessenen Umgang mit suizidalen Krisen und dem umstrittenen Thema der Suizidassistenz und seiner Regulierung erneut auf.

Der Deutsche Ethikrat hat sich in der Vergangenheit bereits in zwei Ad-hoc-Empfehlungen mit Fragen der Suizidassistenz beschäftigt. Mit dieser Stellungnahme nimmt er die Thematik erneut auf und betont dabei vor allem die Bedeutung der Suizidprävention. Denn „wer sich damit beschäftigt, ob und gegebenenfalls wie die Beihilfe zum Suizid in Deutschland reguliert werden soll“, so die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Alena Buyx, „der muss gleichzeitig die Bedingungen und Verantwortlichkeiten einer echten und umfassenden Suizidprävention in den Blick nehmen.“

Der Deutsche Ethikrat veranschaulicht anhand ausgewählter Fallvignetten die personalen, sozialen und gesellschaftlichen Seiten von Suizidalität, um die Möglichkeiten und Grenzen des Einflusses auf freiverantwortliche Suizidentscheidungen sowie mögliche Interventionsformen auszuloten. Dabei wird deutlich, dass in aller Regel ein längerer Prozess innerer und äußerer Einengungen und Belastungen den Suizidgedanken vorausgeht. Dieser Prozess muss keineswegs notwendig und unmittelbar zur Suizidhandlung führen. Die Motive reichen dabei von psychischen und insbesondere depressiven Störungen sowie körperlichen Leiden über Isolation und Einsamkeit bis hin zur Lebenssattheit. Neben individuellen Faktoren nehmen auch die soziale und die gesellschaftliche Umwelt Einfluss auf Suizidgedanken und deren Entwicklung. Die Dynamik von Suizidgedanken und suizidalen Handlungen unterstreicht die Bedeutung einer Suizidprävention, die mögliche Risikofaktoren angemessen in den Blick nimmt.

Dennoch weist der Ethikrat darauf hin, dass eine freiverantwortliche Entscheidung rechtlich und ethisch auch dann als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts zu respektieren ist, wenn es um die Beendigung des eigenen Lebens geht. Aufgrund ihrer Irreversibilität müssen freiverantwortliche Suizidentscheidungen jedoch einem besonders hohen Maß an Selbstbestimmung genügen. Das setzt eine hinreichende Kenntnis der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte und die Fähigkeit voraus, diese Punkte ausreichend und realitätsbezogen zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ebenso braucht es eine hinreichende Überlegtheit, Festigkeit und Eigenständigkeit der Entscheidung. Im Ethikrat werden verschiedene Auffassungen dazu vertreten, wann genau ein hinreichendes Maß an Selbstbestimmung erreicht ist und wie dies gegebenenfalls sichergestellt werden kann. Einigkeit besteht jedoch darin, dass die Anforderungen an die Freiverantwortlichkeit der betroffenen Person nicht den Verfügungsspielraum über ihr Leben nehmen dürfen. Auch freiverantwortliche Suizidentscheidungen resultieren jedoch überwiegend aus Lebenslagen, in denen die Verwirklichung von Grundbedürfnissen massiv erschwert ist. „Das auch in solchen Fällen zu respektierende Selbstbestimmungsrecht“, so erklärt der Sprecher der ratsinternen Arbeitsgruppe Helmut Frister, „entlastet Staat und Gesellschaft in keiner Weise von der Verantwortung, so weit wie möglich dafür Sorge zu tragen, dass Menschen nicht in Situationen geraten und verbleiben, in denen sie sich genötigt sehen, den Tod als vermeintlich kleineres Übel dem Leben vorzuziehen.“

„Will man betroffenen Menschen inmitten einer psychosozial verdichteten suizidalen Lebenssituation wirklich eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen – und das muss der Anspruch sein –, dann stehen auf verschiedenen Ebenen viele Akteurinnen und Akteure in großer Verantwortung“, betont der stellvertretende Sprecher der Arbeitsgruppe Andreas Lob-Hüdepohl. Auf der Ebene professioneller und alltagsweltlicher Einzelpersonen liegt die Letztverantwortung bei der suizidalen Person. Allerdings tragen auch An- und Zugehörige sowie Fachkräfte Verantwortung dafür, Perspektiven auf alternative Handlungs- und Entscheidungsoptionen zu eröffnen und somit freiverantwortliche Entscheidungen zu ermöglichen. Die Verantwortung von Einrichtungen sieht der Ethikrat vor allem darin, ihre Angebote konsequent an den Zielen der Suizidprävention zu orientieren und Lebensbindungen zu stärken. Sollte sich allerdings der Suizidwunsch einer Person zu einem festen, freiverantwortlichen Willen verdichten, kann Suizidassistenz angeboten werden. Einrichtungen sollten ihr Leitbild um Überlegungen zur Sterbekultur weiterentwickeln. So machen sie transparent, ob und gegebenenfalls wie in ihrem Haus mit Suizidassistenz umgegangen wird. Gesamtgesellschaftliche und staatliche Institutionen stehen demgegenüber vor allem in der Verantwortung, eine umfassende Suizidprävention zu ermöglichen – über die gesamte Lebensspanne, in allen relevanten Lebensbereichen, zeitnah und flächendeckend. Nur wenn alle beteiligten Akteurinnen und Akteure sich vernetzen, kann es gelingen, Personen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen und den anspruchsvollen Anforderungen an freiverantwortliche Entscheidungen Rechnung zu tragen.


Der vollständige Wortlaut der Stellungnahme „Suizid – Verantwortung, Prävention und Freiverantwortlichkeit“ ist abrufbar unter: > https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publ ... suizid.pdf

Quelle: Pressemitteilung vom 22.09.2022
Ulrike Florian Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutscher Ethikrat
https://idw-online.de/de/news801664


Bild

Die Stellungnahme des Ethikrates "SUIZID – VERANTWORTUNG, PRÄVENTION UND FREIVERANTWORTLICHKEIT" ist auch in Broschürenform abrufbar. Siehe insoweit die näheren Hinweise unter folgender Adresse: > https://www.ethikrat.org/publikationen/ ... d6d9afeed8

+++
Dazu die Info in den sozialen Medien:

Der Deutsche Ethikrat hat sich zur Stärkung von Suizidprävention und Selbstbestimmung geäußert und seine Stellungnahme „Suizid – Verantwortung, Prävention und Freiverantwortlichkeit“ vorgestellt. Damit verfolgt der Rat drei zentrale Anliegen: ein angemessenes Bewusstsein für die Vielschichtigkeit von Suizidalität schaffen, die Voraussetzungen freiverantwortlicher Suizidentscheidungen präzisieren und die unterschiedlich gelagerten Verantwortungen verschiedener Akteurinnen und Akteure im Kontext von Suizidentscheidungen und -prävention aufzeigen. … Näheres hier > viewtopic.php?f=3&t=20&p=6528#p6528 - (Statement angefügt zahlreichen weiteren Beiträge zur Sterbehilfe und Selbstbestimmung …).

Bild
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 3659
Registriert: 06.02.2021, 16:16

Umfrage zu Suizidbeihilfe: Psychiater setzen auf Prävention

Beitrag von WernerSchell »

Bild


Umfrage zu Suizidbeihilfe: Psychiater setzen auf Prävention

Die Mehrheit der Mitglieder der DGPPN hält Suizidbeihilfe nur unter bestimmten Umständen für legitim. Sie fordert eine gesetzliche Regelung, welche die Freiverantwortlichkeit einer Suizidentscheidung sicherstellt und die Suizidprävention stärkt. Dies ist ein Ergebnis einer Mitglieder-Umfrage, die jetzt in der Fachzeitschrift Der Nervenarzt veröffentlicht wurde.

Suizid und Suizidprävention sind zentrale Themen der Psychiatrie und Psychotherapie. Im Jahr 2020 kamen 9206 Personen in Deutschland durch Suizid zu Tode, die meisten davon im Rahmen einer psychischen Erkrankung. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom Februar 2020, die das Recht auf selbstbestimmtes Sterben betont, postuliert auch das Recht darauf, Hilfe Dritter bei einem Suizid annehmen zu dürfen. Sie berührt Psychiaterinnen und Psychiater ganz besonders. Auch die Beurteilung der Freiverantwortlichkeit der Suizidentscheidung, die vom BVerfG zur Voraussetzung für eine legitime Assistenz gemacht wurde, fällt wesentlich in die fachärztliche Kompetenz von Psychiaterinnen und Psychiatern. Ihre Einstellungen und Erfahrungen sollten in die Diskussion um die Neuregelung der Suizidbeihilfe einfließen.

Die DGPPN hat deshalb eine Online-Befragung ihrer Mitglieder durchgeführt. Die Ergebnisse wurden nun im Fachblatt Der Nervenarzt veröffentlicht.

„Diese Umfrage ist bundesweit die erste Erhebung der Einstellungen von in Deutschland in der Psychiatrie und Psychotherapie tätigen Personen zu diesem Thema“, erläutert der Präsident der DGPPN, Prof. Dr. Thomas Pollmächer. „Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Befragten eine klare gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe wünschen. Sie sollte u. a. eine Begutachtung der Freiverantwortlichkeit umfassen, die nicht von derselben Person durchgeführt wird wie die Suizidassistenz.“

Insgesamt liegen Daten von 2048 Befragten und damit von mehr als einem Fünftel der Mitglieder der DGPPN vor. Der überwiegende Teil hält die Beihilfe bei freiverantwortlichen Suiziden nur unter bestimmten Umständen für legitim, z. B. im Angesicht einer terminalen Erkrankung mit hohem Leidensdruck. Jeder fünfte Befragte findet allerdings, es gebe keinerlei Umstände, die eine Assistenz beim Suizid legitimierten.

Das Vorliegen einer psychischen Erkrankung schließt nach Einschätzung von drei Viertel der Befragten eine selbstbestimmte Entscheidung nicht per se aus. Allerdings kann, so die einhellige Meinung, die Freiverantwortlichkeit durch psychotische Symptome, depressive Symptome, kognitive Beeinträchtigungen und Suchterkrankungen deutlich eingeschränkt sein.

„Es ist deshalb unbedingt notwendig, auch die Suizidprävention gesetzlich zu stärken. Und natürlich muss die sorgsame Begutachtung der Freiverantwortlichkeit ein zentraler Aspekt der gesetzlichen Regelung sein“, leitet Präsident Pollmächer ab. „Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sind aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung dafür gut qualifiziert.“

Die Ergebnisse der Umfrage leisten einen wichtigen Beitrag zur Positionierung der psychiatrischen Fachgesellschaft. Sie sind in ein Eckpunktepapier eingeflossen, welches die DGPPN-Forderungen für eine Neuregelung der Suizidassistenz an die Politik skizziert.

Weitere Informationen
Originalveröffentlichung: Wassiliwizky M, Gerlinger G, Domschke K et al (2022) Der assistierte Suizid. Nervenarzt. doi.org/10.1007/s00115-022-01391-2 > https://klick.dgppn.de/info/1tlwkz2zserkz1vnedfzz1zzqz3
DGPPN-Eckpunkte für eine Neuregelung der Suizidassistenz > https://klick.dgppn.de/info/1tlwkz3zserkz1vnedfzz1zzqz3
Video-Aufzeichnung des Hauptstadtsymposiums "Suizidbeihilfe neu regeln"> https://klick.dgppn.de/info/1tlwkz4zserkz1vnedfzz1zzqz3

Quelle: Pressemitteilung vom 04.10.2022
Kontakt
DGPPN-Pressestelle
Reinhardtstraße 29
10117 Berlin
Telefon: 030 2404772-11
pressestelle@dgppn.de
Gesperrt