Aufklärungspflicht & Einwilligung

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Martina
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Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Martina » 27.10.2003, 11:36

Hallo,
wenn ich mich zu  einer OP bei den Plast.-Chirurgen zur Deckung eines Defektes am Unterschenkel entscheide (Schließung eines Loches im Unterschenkel),
müßte die Aufklärung und Einwilligungserklärung von den Plast.-Chirurgen erfolgen oder dürfen diese Einwilligungserklärung etc.  auch die Ärzte der Orthop.-Abteilung vornehmen?
Danke für eine Antwort.
MfG Martina

Gast

Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Gast » 27.10.2003, 11:50

Hallo Martina,
zu Deiner Frage ganz allgemein folgender Hinweise:
Eine ärztliche Aufklärung ist in aller Regel immer dann rechtswirksam durchgeführt, wenn die im Einzelfall erforderlichen Informationen umfassend mitgeteilt worden sind und z.B. auch seitens des Patienten die Möglichkeit zu Fragen bestand. Entscheidend ist weniger, welcher Arzt aufklärt, entscheidend ist vielmehr, dass der Patient durch entsprechende Sachinformationen zum kompetenten Partner wird.
Die ärztliche Aufklärung ist innerhalb des ärztliches Dienstes delegationsfähig. Eine Einwilligung muss sich immer auf die Maßnahme beziehen, die ausreichend Gegenstand der Aufklärung war.
Siehe auch einige Beiträge in der Rubrik "Rechtsalmanach, Nr. 11", dieser Homepage.
Martina, ist damit Dein Problem gelöst? Ggf. nochmals melden!
Gruß Berti

Martina
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Re: Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Martina » 27.10.2003, 14:08

Hallo, Berti,
ganz kann ich Ihren Ausführungen nicht folgen.
Somit ist jeder Hunz und Kunz von Arzt prädistiniert, Aufklärungen und Einwilligungen vorzunehmen, obwohl er in diesem Fach nicht zu Hause ist.
Also könnte mein Hausarzt diese Erklärungen vornehmen, ebenso die Krankenpfleger/Innen.
Wer haftet denn dann dafür, wenn ohne Einwilligung operiert wird, es hierzu keine Erklärung noch sonst irgendetwas gibt, der Patient Machtlos ist, wenn dies geschieht??
Ist ja nach Ihrer Ansicht alles RECHTENS !!!
MfG Martina

Gast

Re: Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Gast » 27.10.2003, 18:31

Hallo Martina,
vielleicht bin ich missverstanden worden. Natürlich kann nicht "Hinz & Kunz" aufklären. Es muss schon ein Arzt sein, auf keinen Fall nichtärztliches Personal (z.B. Pflegekräfte). Dann muss der Arzt über die für den Einzelfall erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Natürlich muss der aufklärende Arzt die Aufklärung auch im Einvernehmen mit dem Arzt erledigen, der letztlich tätig wird. Die Aufklärung muss auf jeden Fall rechtzeitig und ausreichend genug erfolgen, es dürfen keine Fragen offen bleiben. Der Patient darf durch die Delegation der Aufklärung nicht fehler- oder mangelhaft aufgeklärt werden.
Im Übrigen: Wenn es sich um einen Privatpatienten handelt, muss natürlich immer der Arzt aufklären, der auch Vertragspartner ist.
Gibt es für den eingestellten Text ein konkretes Problem? Ggf. müßte man darauf, ohne in eine konkrete Rechtsberatung einzumünden, ein wenig näher eingehen.
Gruß Berti

Tom_Nollendorf

Re: Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Tom_Nollendorf » 27.10.2003, 18:54

Berti hat die rechtliche Seite m.E. völlig korrekt beschrieben.
Allerdings dürfte es eher die Ausnahme sein, dass ein für eine therapeutische Maßnahme zuständiger Arzt seine ihm grundsätzlich selbst obliegende Aufklärungspflicht an einen anderen Arzt delegiert. Dafür müßte es im Einzelfall auch wohl Gründe geben.
Wenn die Aufklärung durch den tatsächlich informierenden Arzt nicht ausreichend, d.h. mängelbehaftet, war, ergeben sich juristische Weiterungen. In einem solchen Fall ist die sog. Aufklärungsrüge möglich. Die Patienteneinwilligung kann dann u.a. ungültig sein.

Tom Nollendorf

Martina
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Re: Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Martina » 28.10.2003, 21:00

Hallo Berti, Hallo Tom,
aus rechtlicher Sicht habt Ihr mit Eurer Meinung Recht.
Nur wie sieht die Realität aus??
Es war so, daß ich auf der Sept.-Abteilung der Orthop.-Abteilung einer Klinik lag und ein kleiner Defekt am li US durch Muskelentnahme gedeckt werden sollte. Hierzu gab ich einem Arzt von der Plast.-Chirurgie die Einwilligung.
Während der OP entschied man sich für eine Lappendeckung die in die Hose ging, weil ich nach der OP eine Woche lang vergessen wurde, daß die angebrachte Folie erneuert wurde und mein li US bis zum Knie eine faulende Wunde war. Zu meiner Sicherheit habe ich ein Foto gemacht.
Jetzt, nachdem mir die Unterlagen endlich zur Verfügung stehen, stellte sich heraus, daß die Einwilligungserklärung von einem Assistenzarzt der Sept.-Abteilung unterschrieben war, der aber die Aufklärung gar nicht vorgenommen hatte. Hinzu kam, das nachträglich auf dieser Aufklärung etwas nachgetragen wurde, dies kann man in der Kopie deutlich sehen, daß mit zwei verschiedenen Kugelschreibern geschrieben wurde. Bis heute wurde mir die Original Einwilligungserklärung zur
Einsichtnahme verweigert, lediglich erhielt ich von dem Anwalt der Klinik eine beglaubigte Kopie.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich, daß ich danach noch einige Op's über mich ergehen lassen mußte. Zu diesen gab es bei fünfen keine Einwilligungserklärung. Ich wurde einfach aus dem Zimmer in den OP geholt. Mein Wunsch, die Klinik zu verlassen wurde verweigert. Heute weiß ich warum.
Dies ist mein Problem, mit dem ich zu kämpfen habe, und deshalb kann ich mir nicht erklären, daß dieser Assitenzarzt, der den Einwilligungbogen unterschrieben und ausgefüllt hatte (übrigens war er erst 3 Monate in der Klinik), hierzu berechtigt war, obwohl ein anderer Arzt diese Aufklärung, in Gegenwart von zwei Zimmerkolleginnén, auf meinem Zimmer bei mir vornahm.
MfG Martina

Gast

Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Gast » 28.10.2003, 21:45

Hallo Martina,
nachdem der konkrete Sachverhalt verdeutlicht wurde, spricht natürlich vieles dafür, dass gegen die medizinischen und juristischen "Spielregeln" verstoßen worden ist. Insoweit kann man nur raten, einen im Medizinrecht erfahrenen Anwalt einzuschalten, der den Fehlleistungen im Einzelnen nachgeht. Man kann auch die Krankenkasse einschalten, denn möglicherweise sind unnötige Kosten entstanden. Solches zu erfahren, sind die meisten Kassen sehr begierig. Sie können Erstattungsansprüche auf den Weg bringen. Daran kann man sich als betroffener Patient anhängen. Eine andere Möglichkeit wäre, die zuständige Gutachter- und Schlichtungsstelle einzuschalten.
Gruß Berti

Marlis_Jansen
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Re: Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Marlis_Jansen » 01.11.2003, 13:01

Hallo Martina,
wie schon ausgeführt wurde, ist wohl mit der Aufklärungspflicht geschludert worden. Wenn das so ist, kann man eine Klage ggf. gut begründen. Man hat nämlich die sog. Aufklärungsrüge zur Verfügung. Der zuständige Arzt muss im Zweifel den Beweis dafür antreten, dass gehörig aufgeklärt worden ist. Der Patient hat in einem solchen Fall "gute Karten". Dazu wird ein kompetenter Anwalt näher raten können!
MfG
Marlis Jansen

Gast

Re: Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Gast » 04.11.2003, 17:08

Hallo Zusammen,

Ich stimme den gemachten Ausführungen zur Aufklärung zwar zu. Ein wichtiger Punkt ist bis jetzt aber noch nicht zur Sprache gekommen: Die Aufklärungsrüge hat nur dann Erfolg, wenn man als Patient nachweisen kann, daß man nicht eingewilligt hätte, wäre die Aufklärung korret erfolgt. Hierzu muß man den "Entscheidungskonflikt" konkret plausibel (d.h. glaubhaft) machen, in dem man sich befunden hätte. Diesen sehe ich im vorliegenden Fall bzgl. der ersten OP nicht. Bei den Folge-OPs schon (im Sinne eines Vertrauensverlust).

Bzgl. der ersten OP scheint mir aber auch die Prüfung eines "groben Behandlungsfehlers" aussichtsreich, wenn nämlich 1 Woche lang nicht nach der Wunde gesehen wurde. Dies führt dann zur Umkehr der Beweislast für die Kausalität, mit entsprechend niedrigem Prozessrisiko. Zur Klärung dieser Frage wäre wohl ein Gutachten erforderlich. Einfach mal in Google nach "Kunstfehler Gutachter" suchen.

Viel Erfolg Hanno

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Re: Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Martina » 04.11.2003, 23:33

Hallo, Hanno,
erwähnt hatte ich bisher nicht, daß während der OP eine Änderung der Procedere erfolgte und nicht, wie eingewilligt, eine Muskeldeckung erfolgte, sondern eine Lappendeckung vorgenommen wurde. Über diese Methode wurde ich aber erst nach der OP informiert.
Hierzu heißt es im Anaestesiologie-Bericht: Änderung des chirurgischen Procedere: Kein Latissimus-Lappen.
Werte z.T. anzuzweifeln, da sich der chirurgische Assitent unbewußt auf die Manschette stützt. Umgeschwenkt wurde auf: Fasciocutaner Schwenklappen.
MfG Martina

Gast

Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Gast » 05.11.2003, 12:16

Hallo Hanno,
Deine Hinweise sind wichtig und richtig. Hier ein Hinweis auf ein Medizinischadensbüro mit Jurist und Mediziner: DOCSLAW@t-online.de.
Hallo Martina,
wenn die ärztliche Maßnahme vollständig geändert wurde – ohne Aufklärung- erscheint alles noch mehr fragwürdig – oder anders: rechtswidrig. Anwaltliche Hilfe ist wohl dringend anzuraten!
Gruß Berti

Gast

Ärztliche Aufklärungspflicht & Rechtsprechung

Beitrag von Gast » 17.12.2003, 10:53

Nachfolgend einige nützliche Hinweise aus der Rechtsprechung:

Ein Arzt muss Patienten vor einer Impfung umfassend auf eventuelle Risiken hinweisen
Dazu gehören neben einer Beschreibung der zu verhütenden Krankheit auch mögliche Nebenwirkungen und Impfkomplikationen. Außerdem muss der Arzt auf das richtige Verhalten nach der Impfung und die Notwendigkeit der Auffrischung hinweisen. Beachtet ein Mediziner diese Pflichten nicht, riskiert er, bei eventuell auftretenden Komplikationen zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt zu werden. So geschehen in einem Fall, der vor dem Landgericht Mönchengladbach (Az.: 3 O 253/00) verhandelt wurde. Ein Patient war gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten geimpft worden. Anschließend litt er unter einer impfbedingten Inkontinenz und teilweise gelähmten Beinmuskeln. Der Arzt hatte den Patienten dem Gericht zufolge nicht umfassend aufgeklärt, sondern nur hohes Fieber und eine Rötung der Impfstelle als Risiko genannt. Daher wurde der Mediziner zu einem Schmerzensgeld von 50.000 Euro verurteilt.

Aufklärungspflicht - Ärzte müssen ihre Patienten spätestens am Tag vor einer riskanten Operation über die Gefahren des Eingriffs aufklären
Das gilt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: VI ZR 131 / 02) bei stationären Behandlungen, aber auch bei größeren ambulanten Eingriffen mit beträchtlichen Risiken. Begründung: Der Patient müsse ausreichend Gelegenheit haben, sich für oder gegen eine Operation zu entscheiden. Damit gab der BGH einem Patienten Recht, der von seinem Arzt Schadenersatz und Schmerzensgeld verlangte, weil er erst Stunden vor seiner Bandscheibenoperation über das Risiko einer Lähmung der Blase aufgeklärt worden war. Tatsächlich trat ein Jahr nach der Operation eine Blasenlähmung auf. Bei einem solchen Eingriff an einer äußerst sensiblen Stelle hätte der Patient mehr Bedenkzeit benötigt, meinten die Richter. Dabei komme es nicht darauf an, wie häufig eine Operation tatsächlich zu Komplikationen führe.

Aufklärungspflicht - Ärzte müssen ihre Patienten über alle Behandlungsmöglichkeiten aufklären
Ein Eingriff ohne umfassende Information kann selbst dann rechtswidrig sein, wenn er sich nachträglich als medizinisch sinnvoll herausstellt. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az.: VI ZR 266/02) hervor. Geklagt hatte eine Frau, die nach Entfernung der Gebärmutter einen Schlaganfall erlitten hatte. Die Operation stellte sich zwar im nachhinein als medizinisch sinnvoll heraus, das rechtfertige den Eingriff aber nicht, entschieden die Karlsruher Richter. Da auch eine andere Behandlungsmethode denkbar gewesen wäre, von der die Patientin aber nichts wusste, sei die Operation faktisch ohne ihre Einwilligung vorgenommen worden und deshalb rechtswidrig.

Gast

Kostenaufklärung: Patient beweispflichtig

Beitrag von Gast » 18.02.2004, 21:00

Arzt kann Richter durch einen Nachweis in der Patienten-Akte überzeugen
Kostenaufklärung: Patient beweispflichtig
Grundsätzlich stehen Ärzte in der Pflicht, ausführlich zu informieren. Meinen Patienten, nicht informiert worden zu sein, liegt die Beweislast bei ihnen.

13.02.04 - Gelingt es einem Patienten nicht, die Versäumnisse des behandelnden Arztes glaubhaft zu begründen, hat er keinen Anspruch darauf, wegen Verstoßes gegen die Aufklärungspflicht Kosten erstattet zu bekommen. So hat das Amtsgericht Braunschweig entschieden (Az.: 116 C 4337/03).

Weiter unter
http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/ ... ik/aktuell

Martina
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Re: Aufklärungspflicht & Einwilligung

Beitrag von Martina » 19.02.2004, 13:31

Hallo ÄP,

ich glaube, daß Sie meine Frage falsch verstanden haben.

Es ging nicht um Aufklärung sondern darum, daß ein Arzt die Einwilligung zur OP bei den Plast.-Chirurgen unterschrieben hat, obwohl er zu der Orthop.-Abteilung gehört, diese Aufklärung aber selbst nicht vorgenommen hat. Außerdem war er erst 3 Monate in der Klinik anwesend.

MfG

Gast

Aufklärung über Behandlungskosten !

Beitrag von Gast » 15.04.2004, 14:56

Urteil: Vorlage der Gebührenordnung reicht nicht, um über Kosten zu informieren
Behandlungskosten: Patient unwissend, Arzt zahlt!

von Isabel Clages

Ärzte müssen Patienten vor der medizinischen Behandlung unbedingt detailliert über die gesamten Kosten von medizinischen Leistungen sowie über die Kosten einer eventuellen Folgebehandlung aufklären. Sonst könnte es sein, dass sie auf einer gestellten Rechnung sitzen bleiben.

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http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/ ... ik/patient

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