Kritik des Deutschen Pflegerates (DPR) am „Ulmer-Papier“
Moderator: WernerSchell
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Kritik des Deutschen Pflegerates (DPR) am „Ulmer-Papier“
Wie nicht anders zu erwarten, stoßen die die von der Bundesärztekammer auf dem 111. Deutschen Ärztetag in Ulm vorgelegten Grundsätze zur Weiterentwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen in Deutschland bei Vertretern des Deutschen Pflegerates (DPR) auf nachhaltige Kritik (Quelle: kma – Artikel v. 23.05.08).
Es werden die altbekannten Positionen wiederholt und mehr oder weniger direkt darauf hingewiesen, dass sich der DPR im guten Einvernehmen mit dem Sachverständigenrat im Gesundheitswesen und dem Deutschen Krankenhausinstitut weiß. Wenn letztlich Pflegekräfte insbesondere nach der Expertise des DKI ärztliche Aufgaben übernehmen sollen, werde man sich nicht verschließen, so die Präsidentin des DPR.
Der DPR ist freilich nunmehr zur Einsicht gelangt, dass hierfür besondere Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Ein solches gilt insbesondere für die berufs- und haftungsrechtlichen Implikationen, die mit einer Neuordnung der ärztlichen Tätigkeiten resp. Aufgaben verbunden sind.
Die „Garantieerklärung“ des DPR, wonach eine hohe fachliche Expertise, die sich auf wissenschaftliche Forschungen und Begründungen stütze, zugesichert werde könne, reicht für sich allein genommen nicht aus.
Der emanzipatorische Anspruch jedenfalls der Funktionäre der Berufsverbände und mancher rechtskundiger Pflegedirektoren nach dem Motto, „wir können das“, reicht nicht zu, um die pflegetherapeutische Ausrichtung des Pflegeberufs umfassend rechtlich absichern zu können.
Wir dürfen nunmehr gespannt sein, welche rechtspolitischen Vorschläge vom DPR unterbreitet werden, die letztlich zur Rechtssicherheit der von den Berufsverbänden vertretenen Pflegenden beitragen sollen. Hier beginnt die „Arbeit“ im Detail und ein bisheriges Wunschdenken wird konkreten Vorschlägen weichen müssen.
Neben dem obersten Ziel der Patientensicherheit wird der DPR darauf zu achten haben, dass auch die Belange der Pflegenden hinreichend berücksichtigt werden, die allen voran nach berechtigterweise nach Rechtssicherheit streben.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Hinweis mancher Pflegerechtler, dass das Risiko nicht sonderlich groß sei, weil dieses versicherungstechnisch ausgeschlossen, zumindest aber gemildert werde könne, überzeugt in der Gänze nicht. Hier entziehen sich die Pflegerechtsexperten einer dogmatischen Diskussion – wohlwissend um die Tragweite der geplanten Neuordnung der Aufgaben im Gesundheitswesen und die damit einhergehende Pflichtenbindung der Pflegenden.
Es ist dringend davor zu warnen, den „Pflegenden mehr Steine statt Brot“ zu geben.
Lutz Barth
Es werden die altbekannten Positionen wiederholt und mehr oder weniger direkt darauf hingewiesen, dass sich der DPR im guten Einvernehmen mit dem Sachverständigenrat im Gesundheitswesen und dem Deutschen Krankenhausinstitut weiß. Wenn letztlich Pflegekräfte insbesondere nach der Expertise des DKI ärztliche Aufgaben übernehmen sollen, werde man sich nicht verschließen, so die Präsidentin des DPR.
Der DPR ist freilich nunmehr zur Einsicht gelangt, dass hierfür besondere Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Ein solches gilt insbesondere für die berufs- und haftungsrechtlichen Implikationen, die mit einer Neuordnung der ärztlichen Tätigkeiten resp. Aufgaben verbunden sind.
Die „Garantieerklärung“ des DPR, wonach eine hohe fachliche Expertise, die sich auf wissenschaftliche Forschungen und Begründungen stütze, zugesichert werde könne, reicht für sich allein genommen nicht aus.
Der emanzipatorische Anspruch jedenfalls der Funktionäre der Berufsverbände und mancher rechtskundiger Pflegedirektoren nach dem Motto, „wir können das“, reicht nicht zu, um die pflegetherapeutische Ausrichtung des Pflegeberufs umfassend rechtlich absichern zu können.
Wir dürfen nunmehr gespannt sein, welche rechtspolitischen Vorschläge vom DPR unterbreitet werden, die letztlich zur Rechtssicherheit der von den Berufsverbänden vertretenen Pflegenden beitragen sollen. Hier beginnt die „Arbeit“ im Detail und ein bisheriges Wunschdenken wird konkreten Vorschlägen weichen müssen.
Neben dem obersten Ziel der Patientensicherheit wird der DPR darauf zu achten haben, dass auch die Belange der Pflegenden hinreichend berücksichtigt werden, die allen voran nach berechtigterweise nach Rechtssicherheit streben.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Hinweis mancher Pflegerechtler, dass das Risiko nicht sonderlich groß sei, weil dieses versicherungstechnisch ausgeschlossen, zumindest aber gemildert werde könne, überzeugt in der Gänze nicht. Hier entziehen sich die Pflegerechtsexperten einer dogmatischen Diskussion – wohlwissend um die Tragweite der geplanten Neuordnung der Aufgaben im Gesundheitswesen und die damit einhergehende Pflichtenbindung der Pflegenden.
Es ist dringend davor zu warnen, den „Pflegenden mehr Steine statt Brot“ zu geben.
Lutz Barth
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!
Sehr geehrter Herr Barth,
ihre in diesem Forum wiederholte Reduzierung des Problems auf das Motto „wie können das“ steht nach wie vor die Tatsache entgegen, dass zumindest in den Pflegeheimen gilt: „wir machen das“, und zwar seit Jahren. Von einer ärztlichen Delegation oder Überwachung behandlungspflegerischer Tätigkeiten wie Insulinspritzen, Wundversorgung oder Legen eines DK kann keine Rede sein. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass die Ärzte ja nicht präsent sind.
Zielführend auch im Sinne der Pflegekräfte wäre es daher, diese rechtliche Grauzone zu beseitigen, und ein entsprechendes Berufs- und Haftungsrecht einzuführen. Von Juristen würde ich mir konstruktive Vorschläge zur Aufhebung dieses Dilemmas wünschen und keine Verdrängung der Realität.
Der Hinweis, die rechtspolitischen Vorschläge haben jetzt gefälligst vom DPR zu erfolgen, ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar sondern hört sich mehr nach einer grundsätzlichen Verweigerungshaltung an.
ihre in diesem Forum wiederholte Reduzierung des Problems auf das Motto „wie können das“ steht nach wie vor die Tatsache entgegen, dass zumindest in den Pflegeheimen gilt: „wir machen das“, und zwar seit Jahren. Von einer ärztlichen Delegation oder Überwachung behandlungspflegerischer Tätigkeiten wie Insulinspritzen, Wundversorgung oder Legen eines DK kann keine Rede sein. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass die Ärzte ja nicht präsent sind.
Zielführend auch im Sinne der Pflegekräfte wäre es daher, diese rechtliche Grauzone zu beseitigen, und ein entsprechendes Berufs- und Haftungsrecht einzuführen. Von Juristen würde ich mir konstruktive Vorschläge zur Aufhebung dieses Dilemmas wünschen und keine Verdrängung der Realität.
Der Hinweis, die rechtspolitischen Vorschläge haben jetzt gefälligst vom DPR zu erfolgen, ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar sondern hört sich mehr nach einer grundsätzlichen Verweigerungshaltung an.
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"Wir machen das schon"
Guten Tag.
Nun – ich meine nicht, diesbezüglich eine Verweigerungshaltung einzunehmen oder entsprechende Verdrängungsmechanismen entwickelt zu haben.
Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt und wie Sie vielleicht wissen, begleite ich eher mit Skepsis die Professionalisierungsbemühungen der Pflege – insbesondere aber auch die Rechtsentwicklungen im Altenpflegebereich. Allein Ihr Hinweis darauf „wir machen das“ ist das Problem, da insoweit die Rechtsfragen rund um die Delegation – geschweige denn Substitution – ärztlicher Leistungen speziell in Alteneinrichtungen eben nicht hinreichend geklärt sind, auch wenn dies sog. Altenpflegerechts-Päpste der Praxis Glauben schenken wollen und im Zweifel sogar das BVerfG in seiner berühmten Entscheidung zur bundeseinheitlichen Altenpflegegesetz der Illusion erlegen ist, dass wie selbstverständlich davon auszugehen sei, dass wohl die Beziehung zwischen dem Altenpflegepersonal und dem betreuenden Hausarzt nicht als Arzt-Assistenz-Beziehung ausgestaltet sei.
Überdies vertrete ich im Übrigen zur Frage der Delegations- und Substitutionsproblematik eine differenzierte Auffassung und ich warne derzeit vornehmlich vor einer Paraprofessionalisierung, denn von ausreichenden Pharmakokenntnissen kann derzeit wohl nicht ausgegangen werden, so dass die entsprechende Weiterverordnung (durch das Pflegepersonal) insbesondere bei chronische Erkrankungen im Rahmen einer polypharmokologischen Therapie des multimorbiden und geriatrischen Patienten mehr als bedenklich erscheint.
Vorausgesetzt sind in erster Linie umfassende und daher fundierte Kenntnisse sowohl theoretischer als auch rein praktischer Natur. Hierzu sind entsprechende Ausbildungen vorzusehen, die im Übrigen durch das Berufsrecht abgesichert werden. Erst dann stellt sich die Frage des vertraglichen resp. des deliktischen Haftungsrechts.
Derzeit entsteht aber nicht selten der Eindruck, als dass durch eine bewusste Kompetenzüberschreitung der Pflegekräfte Tätigkeitsbereiche „erschlossen werden“ und dies von einzelnen Pflegerechtlern in sog. „Praxistipps“ gar angeraten wird, obgleich diesen die haftungsrechtliche Kategorie des Übernahmeverschuldens durchaus bekannt sein sollte.
Die Probleme, die einer rechtlichen Abklärung bedürfen, liegen freilich auf der Hand: Sofern tatsächlich im Rahmen der gewünschten Substitution ärztliche Leistungen durch die Pflege erbracht werden sollen, trifft den Berufsstand die gesamte Bandbreite des Haftungsrechts: die Pflegeanamnese und –diagnostik bis hin zur möglichen differenzialdiagnostischen Abklärung, die Implikationen der Aufklärung, der Einwilligung und freilich der „Standardfragen“ im Sinne einer pflegetherapeutischen lege artis Behandlung skizzieren künftig das Haftungsrisiko der Pflegenden und es wird nachzufragen sein, ob dies den Pflegenden – mit Ausnahme der Funktionäre – in dieser Deutlichkeit bekannt ist. Ich hege hier so meine Zweifel und demzufolge liegt es durchaus bei den Berufsverbänden, zunächst einmal ihre rechtspolitische Vorschläge zu unterbreiten, denn die Berufspolitik der Verbände muss nicht notwendigerweise den Interessen des Berufsstandes entsprechen, zumal der Organisationsgrad der Berufsverbände nicht sonderlich hoch ist. Hierüber kann auch nicht weggetäuscht werden, in dem stets von 1,2 Mio. Beschäftigten die Rede ist.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Barth
Nun – ich meine nicht, diesbezüglich eine Verweigerungshaltung einzunehmen oder entsprechende Verdrängungsmechanismen entwickelt zu haben.
Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt und wie Sie vielleicht wissen, begleite ich eher mit Skepsis die Professionalisierungsbemühungen der Pflege – insbesondere aber auch die Rechtsentwicklungen im Altenpflegebereich. Allein Ihr Hinweis darauf „wir machen das“ ist das Problem, da insoweit die Rechtsfragen rund um die Delegation – geschweige denn Substitution – ärztlicher Leistungen speziell in Alteneinrichtungen eben nicht hinreichend geklärt sind, auch wenn dies sog. Altenpflegerechts-Päpste der Praxis Glauben schenken wollen und im Zweifel sogar das BVerfG in seiner berühmten Entscheidung zur bundeseinheitlichen Altenpflegegesetz der Illusion erlegen ist, dass wie selbstverständlich davon auszugehen sei, dass wohl die Beziehung zwischen dem Altenpflegepersonal und dem betreuenden Hausarzt nicht als Arzt-Assistenz-Beziehung ausgestaltet sei.
Überdies vertrete ich im Übrigen zur Frage der Delegations- und Substitutionsproblematik eine differenzierte Auffassung und ich warne derzeit vornehmlich vor einer Paraprofessionalisierung, denn von ausreichenden Pharmakokenntnissen kann derzeit wohl nicht ausgegangen werden, so dass die entsprechende Weiterverordnung (durch das Pflegepersonal) insbesondere bei chronische Erkrankungen im Rahmen einer polypharmokologischen Therapie des multimorbiden und geriatrischen Patienten mehr als bedenklich erscheint.
Vorausgesetzt sind in erster Linie umfassende und daher fundierte Kenntnisse sowohl theoretischer als auch rein praktischer Natur. Hierzu sind entsprechende Ausbildungen vorzusehen, die im Übrigen durch das Berufsrecht abgesichert werden. Erst dann stellt sich die Frage des vertraglichen resp. des deliktischen Haftungsrechts.
Derzeit entsteht aber nicht selten der Eindruck, als dass durch eine bewusste Kompetenzüberschreitung der Pflegekräfte Tätigkeitsbereiche „erschlossen werden“ und dies von einzelnen Pflegerechtlern in sog. „Praxistipps“ gar angeraten wird, obgleich diesen die haftungsrechtliche Kategorie des Übernahmeverschuldens durchaus bekannt sein sollte.
Die Probleme, die einer rechtlichen Abklärung bedürfen, liegen freilich auf der Hand: Sofern tatsächlich im Rahmen der gewünschten Substitution ärztliche Leistungen durch die Pflege erbracht werden sollen, trifft den Berufsstand die gesamte Bandbreite des Haftungsrechts: die Pflegeanamnese und –diagnostik bis hin zur möglichen differenzialdiagnostischen Abklärung, die Implikationen der Aufklärung, der Einwilligung und freilich der „Standardfragen“ im Sinne einer pflegetherapeutischen lege artis Behandlung skizzieren künftig das Haftungsrisiko der Pflegenden und es wird nachzufragen sein, ob dies den Pflegenden – mit Ausnahme der Funktionäre – in dieser Deutlichkeit bekannt ist. Ich hege hier so meine Zweifel und demzufolge liegt es durchaus bei den Berufsverbänden, zunächst einmal ihre rechtspolitische Vorschläge zu unterbreiten, denn die Berufspolitik der Verbände muss nicht notwendigerweise den Interessen des Berufsstandes entsprechen, zumal der Organisationsgrad der Berufsverbände nicht sonderlich hoch ist. Hierüber kann auch nicht weggetäuscht werden, in dem stets von 1,2 Mio. Beschäftigten die Rede ist.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Barth
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!
Sehr geehrter Herr Barth,
mir ist es als praktizierender Altenpfleger wichtig, wenn sie die Formel: „wir machen das“ zunächst als Tatsache akzeptieren.
Voraussetzung dafür ist eine theoretische und praktische Ausbildung. Offensichtlich sind sie der Ansicht, dass diese Ausbildung zur selbständigen Durchführung der Tätigkeiten nicht ausreicht. Darüber kann man sich streiten, aber es hieße doch nur: die Ausbildung muß verbessert werden.
Wenn wir tatsächlich von einer regelmäßigen Kompetenzüberschreitung ausgehen, und da mögen sie juristisch recht haben, wäre ja die Frage, ob es ein Zurück hinter diese Kompetenzüberschreitungen gäbe. Dass die Diskussion derzeit genau in die andere Richtung geht, heißt ja nicht, dass auch andere Wege diskutiert werden könnten. Ich sehe aber keinen solchen Weg. Insofern bliebe, wenn es nicht zu einem ensprechenden Berufs- und Haftungsrecht kommt, der status quo erhalten. Und daran hat doch wohl niemand Interesse.
Nur damit hier keine Missverständnis entsteht: Altenpfleger haben genug sinnvolle Arbeit außerhalb der Behandlungspflege. Letzlich handelt es sich im stationären Bereich um unbezahlte Mehrarbeit. Aber ohne diese „Kompetenzüberschreitungen“ wäre entweder eine ständige ärztliche Präsenz notwendig oder aber die Versorgung der BewohnerInnen würde deutlich schlechter.
Und eine juritstische Frage zum Schluss: wenn das Problem seit Jahrzehnten bekannt ist, und es sich offensichtlich um ein juristisches Problem handelt, warum ist es dann nicht längst gelöst: und zwar von Juristen. Ich versteh nicht, warum diese Problem Aufgabe von Berufsverbänden sein sollte, die ja - wie sie auch zu recht anmerken - eigentlich keinen Vertretungsanspruch nachweisen können.
Grüße
mir ist es als praktizierender Altenpfleger wichtig, wenn sie die Formel: „wir machen das“ zunächst als Tatsache akzeptieren.
Voraussetzung dafür ist eine theoretische und praktische Ausbildung. Offensichtlich sind sie der Ansicht, dass diese Ausbildung zur selbständigen Durchführung der Tätigkeiten nicht ausreicht. Darüber kann man sich streiten, aber es hieße doch nur: die Ausbildung muß verbessert werden.
Wenn wir tatsächlich von einer regelmäßigen Kompetenzüberschreitung ausgehen, und da mögen sie juristisch recht haben, wäre ja die Frage, ob es ein Zurück hinter diese Kompetenzüberschreitungen gäbe. Dass die Diskussion derzeit genau in die andere Richtung geht, heißt ja nicht, dass auch andere Wege diskutiert werden könnten. Ich sehe aber keinen solchen Weg. Insofern bliebe, wenn es nicht zu einem ensprechenden Berufs- und Haftungsrecht kommt, der status quo erhalten. Und daran hat doch wohl niemand Interesse.
Nur damit hier keine Missverständnis entsteht: Altenpfleger haben genug sinnvolle Arbeit außerhalb der Behandlungspflege. Letzlich handelt es sich im stationären Bereich um unbezahlte Mehrarbeit. Aber ohne diese „Kompetenzüberschreitungen“ wäre entweder eine ständige ärztliche Präsenz notwendig oder aber die Versorgung der BewohnerInnen würde deutlich schlechter.
Und eine juritstische Frage zum Schluss: wenn das Problem seit Jahrzehnten bekannt ist, und es sich offensichtlich um ein juristisches Problem handelt, warum ist es dann nicht längst gelöst: und zwar von Juristen. Ich versteh nicht, warum diese Problem Aufgabe von Berufsverbänden sein sollte, die ja - wie sie auch zu recht anmerken - eigentlich keinen Vertretungsanspruch nachweisen können.
Grüße
Weiterentwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen
Weiterentwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen
Stellungnahme des Deutschen Pflegerates zum Ulmer-Papier des 111. Deutschen Ärztetages
Die Bundesärztekammer hat anlässlich des 111. Deutschen Ärztetages ihre Vorstellungen zur Weiterentwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen in Deutschland vorgelegt. Ein wichtiger Bestandteil des Ulmer Papiers sind die Grundsätze für das Zusammenwirken der Gesundheitsberufe. „Dieser Vorschlag erkennt zwar die Notwendigkeit muliprofessioneller Teams und berufsgruppenübergreifender Versorgungsstrukturen an“, so Marie-Luise Müller, Präsidentin des Deutschen Pflegerates, „er stellt jedoch immer noch das ärztliche Handeln auch dort in den Vordergrund, wo die Kompetenzen bereits heute und zukünftig eindeutig im pflegerischen Bereich liegen. „Der bevorstehende demografische Wandel mit einer wachsenden Zahl von hochbetagten, steigend mulitmorbiden oder pflegebedürftigen Menschen fordert einen Paradigmenwechsel in Medizin, Pflege und Sozialwesen“, so Müller weiter. „Ohne qualifizierte, ausreichende pflegerische Versorgung ist eine medizinische Intervention bei Menschen mit Pflegebedarf meist ohne nachhaltigen Erfolg.“
DPR-Presseinformation
Berlin (27. Mai 2008) – Viele Krankheiten entstehen aus einem Mangel an fachlich qualifizierter Pflege. Die Zunahme demenzieller Erkrankungen fordert einen Ausbau der pflegerischen Hilfs- und Betreuungsangebote. Dieser Einsicht wird auch die Überarbeitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes folgen. Suchterkrankungen oder Gewalt- und Vernachlässigungsproblematik in Familien zeigen, dass besondere Anstrengungen auch auf dem Gebiet der Prävention dringend notwendig sind. „Deshalb brauchen wir eine integrative Sicht auf die medizinischen und pflegerischen Bedürfnisse und die Leistungsangebote der verschiedenen Professionen im Gesundheitswesen“, erklärt die Präsidentin des Deutschen Pflegerates. Der Deutsche Pflegerat begrüßt daher ausdrücklich die Stellungnahme der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland, die in ihrem Positionspapier zur „Zukunftsorientierten Zusammenarbeit in der Patientenversorgung“ den nicht ärztlichen Heilberufen eine partnerschaftliche Kooperation in der Gesundheitsversorgung vorschlagen.
Der Deutsche Pflegerat sieht sich in dieser Sichtweise durch das 2007 veröffentlichte Gutachten des Sachverständigenrats im Gesundheitswesen bestätigt. Dieser empfiehlt einen Neuzuschnitt der Aufgaben der Professionen im Gesundheitswesen. „Das Monopol der Ärzteschaft in der Ausübung der Heilkunst, ist ein Modell der Vergangenheit“, so Marie-Luise Müller. „Heute sehen wir, dass verschiedene Professionen an der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung beteiligt sind. Sie müssen in den Bereichen, in denen sie ausgebildet sind, die Berechtigung erhalten, ihre Leistungen auch unabhängig von der ärztlichen Verordnung anzubieten und mit den Krankenkassen abzurechnen.“
Dem Deutschen Pflegerat geht es wie dem Deutschen Ärztetag um die Erhaltung und Förderung der medizinischen und pflegerischen Qualität. „Wer durch eine fundierte Ausbildung befähigt ist den Pflegebedarf eines Menschen zu ermitteln, der soll dies auch in der Praxis tun dürfen. Wer gelernt hat spezifische Gefährdungen, wie ein Dekubitusrisiko oder ein Sturzrisiko zu erheben, der sollte die Kompetenz erhalten, unverzüglich die notwendigen prophylaktischen Maßnahmen zu ergreifen und dafür auch die finanzielle Honorierung erhalten.“ erklärt die Präsidentin des DPR. Das bisherige medizingesteuerte System behindert dies durch das ärztliche Verordnungsmonopol und die Trennung der Versorgungssektoren in den Sozialgesetzbüchern V und XI. „Dem Deutschen Pflegerat geht es nicht um die Übernahme von ärztlichen Leistungen, für die Pflegende nicht hinreichend ausgebildet sind, wie dies in der Vergangenheit oftmals polemisch unterstellt wurde“, betont Marie-Luise Müller. Wenn Pflegende ärztliche Aufgaben übernehmen sollen, aber jüngst vom Deutschen Krankenhausinstitut gefordert, wird man sich dem nicht verschließen - so die Ansicht des Deutschen Pflegerates. Allerdings muss vorausgesetzt werden, dass die notwendigen Qualifikationen vorliegen und haftungsrechtliche und berufsrechtliche Fragen eindeutig geklärt wurden.
Angesichts der neuen Anforderungen an das Gesundheitssystem kann die professionelle Pflege in Deutschland ein differenziertes Leistungsangebot vorlegen. Garantiert werden kann eine hohe fachliche Expertise, die sich auf wissenschaftliche Forschungen und Begründungen stützt.
Die Kernaufgaben der professionellen Pflege liegen demnach
in der Ermittlung des Pflegebedarfes
in der Ermittlung von Gefährdungspotentialen durch Gesundheitsrisiken und Pflegedefiziten
in der Planung und Auswertung des Pflegeprozesses,
in der fachlich korrekten Durchführung pflegerischer Maßnahmen,
in der Integration medizinischer Maßnahmen in die Lebenswelt des Patienten und
in der Verbesserung der Lebensqualität durch pflegerische Interventionen bei chronischen Verläufen.
„Damit dieses Leistungsangebot ressourcenschonend und ohne Reibungsverluste beim Pflegebedürftigen und Patienten ankommt, ist ein ideologiefreier Diskurs, der im Gesundheitssystem tätigen Institutionen und Berufsgruppen unerlässlich.“ So fasst Marie-Luise Müller die Forderungen des Deutschen Pflegerates zusammen.
„Im Hinblick auf das Berufsrecht und auf die Vergütung müssen von der Politik die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Pflegeberufe auch im Sinne der Heilkunde dort tätig werden können, wo pflegerische Maßnahmen an der Vermeidung oder Heilung von Krankheiten beteiligt sind“, so abschließend die Präsidentin des DPR.
Anhänge:
DPR_Presseinformation_Stellungnahme des Deutschen Pflegerates zum Ulmer - Papier des 111. Deutschen Ärztetages_080527.pdf
( 429,1 KB )
http://www.deutscher-pflegerat.de/balk. ... 080527.pdf
Quelle: Pressemitteilung vom 27.5.2008
http://www.deutscher-pflegerat.de/dpr.n ... F0006B15F9
Stellungnahme des Deutschen Pflegerates zum Ulmer-Papier des 111. Deutschen Ärztetages
Die Bundesärztekammer hat anlässlich des 111. Deutschen Ärztetages ihre Vorstellungen zur Weiterentwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen in Deutschland vorgelegt. Ein wichtiger Bestandteil des Ulmer Papiers sind die Grundsätze für das Zusammenwirken der Gesundheitsberufe. „Dieser Vorschlag erkennt zwar die Notwendigkeit muliprofessioneller Teams und berufsgruppenübergreifender Versorgungsstrukturen an“, so Marie-Luise Müller, Präsidentin des Deutschen Pflegerates, „er stellt jedoch immer noch das ärztliche Handeln auch dort in den Vordergrund, wo die Kompetenzen bereits heute und zukünftig eindeutig im pflegerischen Bereich liegen. „Der bevorstehende demografische Wandel mit einer wachsenden Zahl von hochbetagten, steigend mulitmorbiden oder pflegebedürftigen Menschen fordert einen Paradigmenwechsel in Medizin, Pflege und Sozialwesen“, so Müller weiter. „Ohne qualifizierte, ausreichende pflegerische Versorgung ist eine medizinische Intervention bei Menschen mit Pflegebedarf meist ohne nachhaltigen Erfolg.“
DPR-Presseinformation
Berlin (27. Mai 2008) – Viele Krankheiten entstehen aus einem Mangel an fachlich qualifizierter Pflege. Die Zunahme demenzieller Erkrankungen fordert einen Ausbau der pflegerischen Hilfs- und Betreuungsangebote. Dieser Einsicht wird auch die Überarbeitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes folgen. Suchterkrankungen oder Gewalt- und Vernachlässigungsproblematik in Familien zeigen, dass besondere Anstrengungen auch auf dem Gebiet der Prävention dringend notwendig sind. „Deshalb brauchen wir eine integrative Sicht auf die medizinischen und pflegerischen Bedürfnisse und die Leistungsangebote der verschiedenen Professionen im Gesundheitswesen“, erklärt die Präsidentin des Deutschen Pflegerates. Der Deutsche Pflegerat begrüßt daher ausdrücklich die Stellungnahme der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland, die in ihrem Positionspapier zur „Zukunftsorientierten Zusammenarbeit in der Patientenversorgung“ den nicht ärztlichen Heilberufen eine partnerschaftliche Kooperation in der Gesundheitsversorgung vorschlagen.
Der Deutsche Pflegerat sieht sich in dieser Sichtweise durch das 2007 veröffentlichte Gutachten des Sachverständigenrats im Gesundheitswesen bestätigt. Dieser empfiehlt einen Neuzuschnitt der Aufgaben der Professionen im Gesundheitswesen. „Das Monopol der Ärzteschaft in der Ausübung der Heilkunst, ist ein Modell der Vergangenheit“, so Marie-Luise Müller. „Heute sehen wir, dass verschiedene Professionen an der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung beteiligt sind. Sie müssen in den Bereichen, in denen sie ausgebildet sind, die Berechtigung erhalten, ihre Leistungen auch unabhängig von der ärztlichen Verordnung anzubieten und mit den Krankenkassen abzurechnen.“
Dem Deutschen Pflegerat geht es wie dem Deutschen Ärztetag um die Erhaltung und Förderung der medizinischen und pflegerischen Qualität. „Wer durch eine fundierte Ausbildung befähigt ist den Pflegebedarf eines Menschen zu ermitteln, der soll dies auch in der Praxis tun dürfen. Wer gelernt hat spezifische Gefährdungen, wie ein Dekubitusrisiko oder ein Sturzrisiko zu erheben, der sollte die Kompetenz erhalten, unverzüglich die notwendigen prophylaktischen Maßnahmen zu ergreifen und dafür auch die finanzielle Honorierung erhalten.“ erklärt die Präsidentin des DPR. Das bisherige medizingesteuerte System behindert dies durch das ärztliche Verordnungsmonopol und die Trennung der Versorgungssektoren in den Sozialgesetzbüchern V und XI. „Dem Deutschen Pflegerat geht es nicht um die Übernahme von ärztlichen Leistungen, für die Pflegende nicht hinreichend ausgebildet sind, wie dies in der Vergangenheit oftmals polemisch unterstellt wurde“, betont Marie-Luise Müller. Wenn Pflegende ärztliche Aufgaben übernehmen sollen, aber jüngst vom Deutschen Krankenhausinstitut gefordert, wird man sich dem nicht verschließen - so die Ansicht des Deutschen Pflegerates. Allerdings muss vorausgesetzt werden, dass die notwendigen Qualifikationen vorliegen und haftungsrechtliche und berufsrechtliche Fragen eindeutig geklärt wurden.
Angesichts der neuen Anforderungen an das Gesundheitssystem kann die professionelle Pflege in Deutschland ein differenziertes Leistungsangebot vorlegen. Garantiert werden kann eine hohe fachliche Expertise, die sich auf wissenschaftliche Forschungen und Begründungen stützt.
Die Kernaufgaben der professionellen Pflege liegen demnach
in der Ermittlung des Pflegebedarfes
in der Ermittlung von Gefährdungspotentialen durch Gesundheitsrisiken und Pflegedefiziten
in der Planung und Auswertung des Pflegeprozesses,
in der fachlich korrekten Durchführung pflegerischer Maßnahmen,
in der Integration medizinischer Maßnahmen in die Lebenswelt des Patienten und
in der Verbesserung der Lebensqualität durch pflegerische Interventionen bei chronischen Verläufen.
„Damit dieses Leistungsangebot ressourcenschonend und ohne Reibungsverluste beim Pflegebedürftigen und Patienten ankommt, ist ein ideologiefreier Diskurs, der im Gesundheitssystem tätigen Institutionen und Berufsgruppen unerlässlich.“ So fasst Marie-Luise Müller die Forderungen des Deutschen Pflegerates zusammen.
„Im Hinblick auf das Berufsrecht und auf die Vergütung müssen von der Politik die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Pflegeberufe auch im Sinne der Heilkunde dort tätig werden können, wo pflegerische Maßnahmen an der Vermeidung oder Heilung von Krankheiten beteiligt sind“, so abschließend die Präsidentin des DPR.
Anhänge:
DPR_Presseinformation_Stellungnahme des Deutschen Pflegerates zum Ulmer - Papier des 111. Deutschen Ärztetages_080527.pdf
( 429,1 KB )
http://www.deutscher-pflegerat.de/balk. ... 080527.pdf
Quelle: Pressemitteilung vom 27.5.2008
http://www.deutscher-pflegerat.de/dpr.n ... F0006B15F9
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An Herrn Thorstein!
Sehr geehrter Herr Thorstein.
Ich kann Ihren Hinweis, dass Altenpfleger genug sinnvolle Arbeit haben, nur unterstützen! Und ich nehme an, Sie warten nun auf eine ehrliche Antwort.
Nun – da ich durchaus als streitbarer Jurist gelte, werde ich mich nicht scheuen, das Problem ganz konkret beim Namen zu nennen:
Seit Jahren beklagen nicht wenige AltenpflegerInnen völlig zu Recht die systemfremde Finanzierung der Behandlungspflege durch das SGB XI, zumal der historische Wille des Gesetzgebers eindeutiger nicht sein konnte. Der Altenpflege wurde ein Tätigkeitsfeld „übergestülpt“ und in Folge dieser Tätigkeitsverlagerung übernahmen andere Berufe die ehemaligen sozialpflegerischen Elemente des Altenpflegeberufs, namentlich an erster Stelle die Ergotherapeuten etc.
Das Problem wäre an sich relativ einfach juristisch zu lösen gewesen, in dem schlicht die Altenpflege sich ihrer „Berufung“ treu geblieben wäre. Allerdings sah sich diese in der Folge mit einer Interpretation des Rechts der Pflege alter Menschen konfrontiert, die zunehmend die medizinische Behandlungspflege als „Pflichtaufgaben“ deklarierte, ohne dass dies jemals – auch gegenwärtig – nicht der Fall war. Prominente Pflegerechtler spielten dabei sehr phantasievoll auf der Klaviatur des Rechts und haben hierbei – man könnte meinen, durchaus bewusst – einen von der Politik und sicherlich auch von manchen Trägern gewünschten Paradigmenwechsel nicht nur begleitet, sondern auch initiiert. Beredte Beispiele hierfür finden sich zuhauf in der Literatur und im Kern findet eine Haftungsverlagerung auf die Pflegenden statt. Problematisch hierbei ist, dass in der Debatte die Mähr von der herrschenden Lehre bemüht wird und es offensichtlich keiner wagt, in diesem Zusammenhang zu betonen, dass hier die herrschende Lehre über die angeblichen Pflichtaufgaben in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass die Pflegerechtler sich häufig selbst zitieren und so die herrschende Lehre selbst zu produzieren in der Lage sind. Eine kritische Diskussion kommt erst gar nicht auf, weil diese entweder nicht gewünscht ist oder aber diejenigen sich einem Begründungszwang ausgesetzt sehen, nicht einer „Ideen-Plagiat-Kultur“ vor dem Hintergrund des Krankenpflege- oder noch allgemeiner des Medizinrechtes zu frönen, sondern tatsächlich eine neue Kategorie des Altenpflegerechts zu entfalten. Es dürfte auf der Hand liegen, dass es durchaus erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesundheitsfachberufen gibt und dass gerade diese Unterschiede auch eine differenzierte rechtliche Bewertung erfahren (müssen). Dies gilt vornehmlich für die Rechtsfragen rund um den geriatrischen Bewohner, der sich den Mitarbeitern in aller Regel als gerontopsychiatrisch erkrankter, zudem multimorbider Patient erweist. Insofern ist das „Altenpflegerecht“ nach diesseitiger Auffassung nicht nur ein „Abklatsch“ des Rechts der Krankenpflegeberufe, sondern ein Rechtsgebiet eigener Art, bei dem komplexe Fragen zu lösen sind. Alten(Pflege)rechtlern ist also ein wenig mehr Dogmatik in der Debatte zuzumuten und in diesem Sinne haben Sie durchaus Recht mit Ihrer Frage, warum Juristen dieses Problem nicht schon längst gelöst haben.
Meiner Erachtens werden vielfach die Debatten interessenorientiert geführt und die Fahne hierbei jeweils in den ideologisch angenehmen Wind einer Profession gehängt. Das „Gespenst von der herrschenden Lehre“ wird nach wie vor genährt und sofern dann die dogmatischen Argumente „schweigen“, berufen sich die Pflegerechtler im Zweifel darauf, dass ein Versicherungsschutz zwingend notwendig sei und demzufolge keine materiellen Haftungsansprüche den Pflegenden drohen.
Dies entspricht nicht meinen Vorstellungen von einer inhaltlichen Diskussion über bedeutsame Rechtsfragen, die an der Schnittstelle zwischen den berechtigten Interessen der Bewohner resp. Patienten, aber auch der Mitarbeiter aufgeworfen werden. Erblicken wir in der Versicherbarkeit des beruflichen Risikos die Lösung der anstehenden Debatte über die Neuordnung der Gesundheitsberufe, brauchen wir die Debatte nicht mehr zu führen. Die Referate auf den noch anstehenden Kongressen können sich einzig auf dieses Argument fokussieren und hierbei die ratio legis etwa der Modellklausel im Pflege-Weiterentwicklungsgesetz nicht mehr hinterfragen, wobei eher sarkastisch anzumerken ist, dass seit Jahren die Altenpflege ohnehin nach einer „Modellklausel sui generis“ verpflichtet ist, über Gebühr fachfremde, weil einzig auf die medizinische Behandlungspflege konzentrierte Pflege zu leisten. Ein wenig rühmlicher Verdienst der engagierten Altenpflegerechtler, da im Ergebnis der Altenpflegeberuf sich nahezu vollständig von seinen tradierten Vorstellungen und Inhalten verabschiedet hat.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Barth
Ich kann Ihren Hinweis, dass Altenpfleger genug sinnvolle Arbeit haben, nur unterstützen! Und ich nehme an, Sie warten nun auf eine ehrliche Antwort.
Nun – da ich durchaus als streitbarer Jurist gelte, werde ich mich nicht scheuen, das Problem ganz konkret beim Namen zu nennen:
Seit Jahren beklagen nicht wenige AltenpflegerInnen völlig zu Recht die systemfremde Finanzierung der Behandlungspflege durch das SGB XI, zumal der historische Wille des Gesetzgebers eindeutiger nicht sein konnte. Der Altenpflege wurde ein Tätigkeitsfeld „übergestülpt“ und in Folge dieser Tätigkeitsverlagerung übernahmen andere Berufe die ehemaligen sozialpflegerischen Elemente des Altenpflegeberufs, namentlich an erster Stelle die Ergotherapeuten etc.
Das Problem wäre an sich relativ einfach juristisch zu lösen gewesen, in dem schlicht die Altenpflege sich ihrer „Berufung“ treu geblieben wäre. Allerdings sah sich diese in der Folge mit einer Interpretation des Rechts der Pflege alter Menschen konfrontiert, die zunehmend die medizinische Behandlungspflege als „Pflichtaufgaben“ deklarierte, ohne dass dies jemals – auch gegenwärtig – nicht der Fall war. Prominente Pflegerechtler spielten dabei sehr phantasievoll auf der Klaviatur des Rechts und haben hierbei – man könnte meinen, durchaus bewusst – einen von der Politik und sicherlich auch von manchen Trägern gewünschten Paradigmenwechsel nicht nur begleitet, sondern auch initiiert. Beredte Beispiele hierfür finden sich zuhauf in der Literatur und im Kern findet eine Haftungsverlagerung auf die Pflegenden statt. Problematisch hierbei ist, dass in der Debatte die Mähr von der herrschenden Lehre bemüht wird und es offensichtlich keiner wagt, in diesem Zusammenhang zu betonen, dass hier die herrschende Lehre über die angeblichen Pflichtaufgaben in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass die Pflegerechtler sich häufig selbst zitieren und so die herrschende Lehre selbst zu produzieren in der Lage sind. Eine kritische Diskussion kommt erst gar nicht auf, weil diese entweder nicht gewünscht ist oder aber diejenigen sich einem Begründungszwang ausgesetzt sehen, nicht einer „Ideen-Plagiat-Kultur“ vor dem Hintergrund des Krankenpflege- oder noch allgemeiner des Medizinrechtes zu frönen, sondern tatsächlich eine neue Kategorie des Altenpflegerechts zu entfalten. Es dürfte auf der Hand liegen, dass es durchaus erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesundheitsfachberufen gibt und dass gerade diese Unterschiede auch eine differenzierte rechtliche Bewertung erfahren (müssen). Dies gilt vornehmlich für die Rechtsfragen rund um den geriatrischen Bewohner, der sich den Mitarbeitern in aller Regel als gerontopsychiatrisch erkrankter, zudem multimorbider Patient erweist. Insofern ist das „Altenpflegerecht“ nach diesseitiger Auffassung nicht nur ein „Abklatsch“ des Rechts der Krankenpflegeberufe, sondern ein Rechtsgebiet eigener Art, bei dem komplexe Fragen zu lösen sind. Alten(Pflege)rechtlern ist also ein wenig mehr Dogmatik in der Debatte zuzumuten und in diesem Sinne haben Sie durchaus Recht mit Ihrer Frage, warum Juristen dieses Problem nicht schon längst gelöst haben.
Meiner Erachtens werden vielfach die Debatten interessenorientiert geführt und die Fahne hierbei jeweils in den ideologisch angenehmen Wind einer Profession gehängt. Das „Gespenst von der herrschenden Lehre“ wird nach wie vor genährt und sofern dann die dogmatischen Argumente „schweigen“, berufen sich die Pflegerechtler im Zweifel darauf, dass ein Versicherungsschutz zwingend notwendig sei und demzufolge keine materiellen Haftungsansprüche den Pflegenden drohen.
Dies entspricht nicht meinen Vorstellungen von einer inhaltlichen Diskussion über bedeutsame Rechtsfragen, die an der Schnittstelle zwischen den berechtigten Interessen der Bewohner resp. Patienten, aber auch der Mitarbeiter aufgeworfen werden. Erblicken wir in der Versicherbarkeit des beruflichen Risikos die Lösung der anstehenden Debatte über die Neuordnung der Gesundheitsberufe, brauchen wir die Debatte nicht mehr zu führen. Die Referate auf den noch anstehenden Kongressen können sich einzig auf dieses Argument fokussieren und hierbei die ratio legis etwa der Modellklausel im Pflege-Weiterentwicklungsgesetz nicht mehr hinterfragen, wobei eher sarkastisch anzumerken ist, dass seit Jahren die Altenpflege ohnehin nach einer „Modellklausel sui generis“ verpflichtet ist, über Gebühr fachfremde, weil einzig auf die medizinische Behandlungspflege konzentrierte Pflege zu leisten. Ein wenig rühmlicher Verdienst der engagierten Altenpflegerechtler, da im Ergebnis der Altenpflegeberuf sich nahezu vollständig von seinen tradierten Vorstellungen und Inhalten verabschiedet hat.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Barth
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!
Sehr geehrter Herr Barth,
vielen Dank für ihre ausführliche Stellungnahme.
Ich habe meine Ausbildung vor 16 Jahren in Ba-Wü. abgeschlossen und schon damals war Behandlungspflege vom DK-Legen bis zur I.M.-Spritze Bestandteil der Ausbildung. Der von Ihnen dargestellte Paradigmenwechsel muß also noch weiter zurückliegen.
Nach meiner Überzeugung ist und war die Übernahme von Behandlungspflege durch Altenpfleger eine rein ökonomische Entscheidung. Insofern haben wir uns als billigen Ersatz für ärztliche Aufgaben instrumentalisieren lassen. Ob bei diesem Prozeß auch Pflegerechtler mitgemischt haben, kann ich nicht beurteilen, erscheint mir aber plausibel.
Andererseits weisen sie aber auch daraufhin, dass wir es ständig, d.h. rund um die Uhr mit multimorbiden BewohnerInnen zu tun haben: Demenz, Diabetes oder Herzinsuffizienz sind zum Beispiel Krankheiten, die jederzeit eine medizinische bzw. behandlungspflegerische Intervention notwendig machen können. Insofern habe ich das Problem, dass ich mich einerseits nicht gern als Kostendämpfer der Sozial- und Krankenkassen sehe, andererseits auch keine gute Idee habe, wie die medizinisch-pflegerische Versorgung der BewohnerInnen – auch rund um die Uhr und zeitnah – erfolgen könnte. Ärzte werden es wohl kaum tun.
Insofern bitt ich sie um Verständnis für meine Sicht der Dinge. Wir führen diese medizinische Behandlungspflege tagtäglich durch – und zwar alternativlos. Und es fragt auch niemand ernsthaft, ob wir das können oder wollen. Darum möchte ich, dass dieser Zustand entweder legitimiert oder abgeschafft wird.
Übrigens bin ich nicht so naiv, zu glauben, durch ein entsprechendes Berufsrecht ändert sich die Situation in den Heimen. Ein Berufsrecht und die Finanzierung von Leistungen sind zwei verschiedene Themen.
Die Tragödie in den Heimen basiert auf vollkommen unzureichenden Personalschlüsseln, die von den Kostenträger – Sozialämter und Pflegekassen - diktiert werden. Selbst eine Gegenfinanzierung oder Verlagerung der Behandlungspflege würde an diesem Unheil nur wenig ändern.
Mit freundlichen Grüßen
vielen Dank für ihre ausführliche Stellungnahme.
Ich habe meine Ausbildung vor 16 Jahren in Ba-Wü. abgeschlossen und schon damals war Behandlungspflege vom DK-Legen bis zur I.M.-Spritze Bestandteil der Ausbildung. Der von Ihnen dargestellte Paradigmenwechsel muß also noch weiter zurückliegen.
Nach meiner Überzeugung ist und war die Übernahme von Behandlungspflege durch Altenpfleger eine rein ökonomische Entscheidung. Insofern haben wir uns als billigen Ersatz für ärztliche Aufgaben instrumentalisieren lassen. Ob bei diesem Prozeß auch Pflegerechtler mitgemischt haben, kann ich nicht beurteilen, erscheint mir aber plausibel.
Andererseits weisen sie aber auch daraufhin, dass wir es ständig, d.h. rund um die Uhr mit multimorbiden BewohnerInnen zu tun haben: Demenz, Diabetes oder Herzinsuffizienz sind zum Beispiel Krankheiten, die jederzeit eine medizinische bzw. behandlungspflegerische Intervention notwendig machen können. Insofern habe ich das Problem, dass ich mich einerseits nicht gern als Kostendämpfer der Sozial- und Krankenkassen sehe, andererseits auch keine gute Idee habe, wie die medizinisch-pflegerische Versorgung der BewohnerInnen – auch rund um die Uhr und zeitnah – erfolgen könnte. Ärzte werden es wohl kaum tun.
Insofern bitt ich sie um Verständnis für meine Sicht der Dinge. Wir führen diese medizinische Behandlungspflege tagtäglich durch – und zwar alternativlos. Und es fragt auch niemand ernsthaft, ob wir das können oder wollen. Darum möchte ich, dass dieser Zustand entweder legitimiert oder abgeschafft wird.
Übrigens bin ich nicht so naiv, zu glauben, durch ein entsprechendes Berufsrecht ändert sich die Situation in den Heimen. Ein Berufsrecht und die Finanzierung von Leistungen sind zwei verschiedene Themen.
Die Tragödie in den Heimen basiert auf vollkommen unzureichenden Personalschlüsseln, die von den Kostenträger – Sozialämter und Pflegekassen - diktiert werden. Selbst eine Gegenfinanzierung oder Verlagerung der Behandlungspflege würde an diesem Unheil nur wenig ändern.
Mit freundlichen Grüßen
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Pflegemisere durch fehlendes Pflegepersonal
Hallo,thorstein hat geschrieben: ... Die Tragödie in den Heimen basiert auf vollkommen unzureichenden Personalschlüsseln, die von den Kostenträger – Sozialämter und Pflegekassen - diktiert werden. ....
genau das ist der Punkt. Wir können noch soviele klugen Anmerkungen zur Pflegemisere machen: es mangelt hinten und vorne an Personal. Und insoweit haben die Politiker und die Pflegekassen die Verantwortung.
Siehe auch
Stellenschlüssel für das Heimpersonal
viewtopic.php?t=3917&highlight=stellenschl%FCssel
Behandlungspflegerische Maßnahmen werden seit vielen Jahrzehnten ohne tatsächliche und rechtliche Beanstandungen von entsprechend qualifizierten Pflegekräften durchgeführt. Insoweit sehe ich also keine Probleme.
MfG
Gaby
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Keine Probleme?
"Behandlungspflegerische Maßnahmen werden seit vielen Jahrzehnten ohne tatsächliche und rechtliche Beanstandungen von entsprechend qualifizierten Pflegekräften durchgeführt. Insoweit sehe ich also keine Probleme", so Frau Modig in Ihrer Stellungnahme.
Nun will ich zwar nicht der defizitären Pflege im Allgemeinen das Wort reden, aber einschlägige Berichte - nicht nur von Pflegekritikern - lassen keinen Zweifel aufkommen, dass hier durchaus ein beachtlicher Qualifizierungs- und daraus folgend auch für die Patientensicherheit ein Regelungsbedarf besteht. Ein solches gilt auch mit Hinweis darauf, dass in der Tat die Personalsituation mehr als unbefriedigend ist.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Barth
Nun will ich zwar nicht der defizitären Pflege im Allgemeinen das Wort reden, aber einschlägige Berichte - nicht nur von Pflegekritikern - lassen keinen Zweifel aufkommen, dass hier durchaus ein beachtlicher Qualifizierungs- und daraus folgend auch für die Patientensicherheit ein Regelungsbedarf besteht. Ein solches gilt auch mit Hinweis darauf, dass in der Tat die Personalsituation mehr als unbefriedigend ist.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Barth
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!
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Knackpunkt: unzureichende Stellendotierung in der Pflege
Hallo Herr Barth,Lutz Barth hat geschrieben:... Nun will ich zwar nicht der defizitären Pflege im Allgemeinen das Wort reden, aber einschlägige Berichte - nicht nur von Pflegekritikern - lassen keinen Zweifel aufkommen, dass hier durchaus ein beachtlicher Qualifizierungs- und daraus folgend auch für die Patientensicherheit ein Regelungsbedarf besteht. Ein solches gilt auch mit Hinweis darauf, dass in der Tat die Personalsituation mehr als unbefriedigend ist. ...
dass es Pflegemissstände gibt, kann als bekannt unterstellt werden. Diese Missstände betreffen aber zu einem großen Teil solche Maßnahmen, die in Leistungsverkürzungen oder gar fehlender Zuwendung bestehen. Daher kommt es auch zu sog. pflegeerleichternden Maßnahmen (Psychopharmaka, Katheter, Windel, PEG, kein Ausgang usw.). Grund: es fehlen ausreichend Pflegekräfte. Die Pflegekräfte wissen grundsätzlich, was sie tun müssten, können es aber nicht mangels ausreichender Personalausstattung. Es gibt auch sicherlich einen Qualifizierungsmangel, z.B. in der Dementenversorgung. Dieser Qualifizierungsmangel muss aber den Trägern (den Arbeitgebern) angelastet werden. Sie bieten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen nur ungenüngend an. Übrigens: die (fach)ärztliche Versorgung ist klar mangelhaft. Also wenn Kritik: Ärzte müssen einbezogen werden. Der Deutsche Ärztetag hat beide Themen angesprochen und auch genau diese Mangelsituationen problematisiert.
MfG
Gaby
Verbände fordern Beteiligung am Ulmer Papier
Verbände fordern Beteiligung am Ulmer Papier
Mittwoch, 28. Mai 2008
Berlin – Bei der Weiterentwicklung des sogenannten Ulmer Papiers freie Verbände und Berufsverbände stärker zu beteiligen hat der Vorsitzende des Hartmannbundes (HB), Kuno Winn, die Bundesärztekammer aufgefordert. Das Papier enthält gesundheitspolitische Leitsätze der Ärzteschaft und wurde auf dem Ärztetag in Ulm verabschiedet.
...
(weiter lesen - mit weiteren Hinweisen)
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=32502
Mittwoch, 28. Mai 2008
Berlin – Bei der Weiterentwicklung des sogenannten Ulmer Papiers freie Verbände und Berufsverbände stärker zu beteiligen hat der Vorsitzende des Hartmannbundes (HB), Kuno Winn, die Bundesärztekammer aufgefordert. Das Papier enthält gesundheitspolitische Leitsätze der Ärzteschaft und wurde auf dem Ärztetag in Ulm verabschiedet.
...
(weiter lesen - mit weiteren Hinweisen)
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=32502