Recht auf freie Wahl der Pflegeperson - Grundsatzurteil

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

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Pflegefan
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Recht auf freie Wahl der Pflegeperson - Grundsatzurteil

Beitrag von Pflegefan » 26.06.2007, 09:00

Pflegebedürftige haben ein Recht auf freie Wahl der Pflegeperson

Wer sich seine Pflegehilfen selbst organisiert, ist bei der Wahl der Pflegeperson frei, wenn die Qualität der häuslichen Pflege sichergestellt ist. Das entschied in einem heute (25.06.2007) veröffentlichten Urteil der 8. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.
Im vorliegenden Fall hatte ein heute 60jähriger Pflegebedürftiger aus Kassel Pflegegeld beantragt. Dass er die Voraussetzungen für die Pflegestufe I erfüllte, war unstreitig. Die AOK wollte ihn jedoch auf Pflege-Sachleistungen verweisen, weil sie durch die vom Kläger ausgesuchte Pflegeperson die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung nicht in geeigneter Weise sichergestellt sah. Eine Sachverständige hatte gewisse Pflegedefizite festgestellt. Der Kläger hatte als Pflegeperson seines Vertrauens einen Bekannten ausgesucht, der Frührentner ist und ihn täglich beim Waschen, Kleiden und im Haushalt unterstützt.
Die Darmstädter Richter hoben das Urteil der Vorinstanz auf und verurteilten die AOK zur Zahlung von Pflegegeld. Nach dem Grundsatz der Selbstbestimmung des Pflegebedürftigen bleibe es ihm überlassen, seine Pflege selbst zu organisieren und eine Pflegeperson auszuwählen, der er vertraue. Da die vom Gesetz geforderte Sicherstellung der Pflege „in geeigneter Weise“ schwer zu konkretisieren sei, könnten auch vereinzelt auftretende Pflegemängel nicht automatisch zur Ablehnung selbstorganisierter Pflegehilfe führen. (AZ L 8 P 10/05 – Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil wird unter http://www.rechtsprechung.hessen.de ins Internet eingestellt.)

Quelle: Pressemitteilung des Landessozialgerichts Hessen vom 25.06.2007
http://www.lsg-darmstadt.justiz.hessen. ... gegeld.pdf
"Die Menschenwürde ist unanstastbar" (Art. 1 Grundgesetz). Dies muss in der Pflege oberste Handlungsmaxime sein - für alle!

Hildegard Kaiser
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Recht auf freie Wahl der Pflegeperson - Grundsatzurteil

Beitrag von Hildegard Kaiser » 06.07.2007, 06:41

Pflegefan hat geschrieben: ... Wer sich seine Pflegehilfen selbst organisiert, ist bei der Wahl der Pflegeperson frei, wenn die Qualität der häuslichen Pflege sichergestellt ist. ... Nach dem Grundsatz der Selbstbestimmung des Pflegebedürftigen bleibe es ihm überlassen, seine Pflege selbst zu organisieren und eine Pflegeperson auszuwählen, der er vertraue. Da die vom Gesetz geforderte Sicherstellung der Pflege „in geeigneter Weise“ schwer zu konkretisieren sei, könnten auch vereinzelt auftretende Pflegemängel nicht automatisch zur Ablehnung selbstorganisierter Pflegehilfe führen. ....
Eine gute und der Menschenwürdegarantie voll entsprechende Entscheidung eines Gerichts. Bravo!

Hilde

WernerSchell
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Selbstbestimmung des Pflegebedürftigen hat Vorrang !

Beitrag von WernerSchell » 27.07.2007, 06:34

Auch in der häuslichen Pflege hat die Selbstbestimmung des Pflegebedürftigen absoluten Vorrang!

Siehe dazu in diesem Forum auch unter
viewtopic.php?p=27662#27662
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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enno
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Beitrag von enno » 28.07.2007, 04:40

na endlich,gilt dies auch in der stationären einrichtung ?,oder muß man sich dem pflegepersonal beugen.kann man die pflege von einer bestimmten person wirklich ablehnen ?drohen einem da nicht repressalien ?

Gerhard Schenker
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Pflegepersonal: Im Heim keine Auswahlmöglichkeit

Beitrag von Gerhard Schenker » 28.07.2007, 06:47

Pflegepersonal: Im Heim keine Auswahlmöglichkeit

Hallo enno,

die vorgestellte Entscheidung betrifft nur die häusliche Pflege. Hier hat der pflegebedürftige Mensch weitgehend freie Wahl. Er kann am "Markt" auswählen.
In der stationären Einrichtung bestimmt der Träger den Einsatz des Personals, so dass der Bewohner / die Bewohnerin nicht wählen kann. Allenfalls kann man Wünsche äußern, aber mehr nicht.

MfG
Gerhard Sch.

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