Behandlungsfehler: Strafverfahren werden meist eingestellt

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Ärztliche Praxix

Behandlungsfehler: Strafverfahren werden meist eingestellt

Beitrag von Ärztliche Praxix » 28.10.2006, 06:56

Klinikärzte werden doppelt so häufig beschuldigt wie Niedergelassene
Behandlungsfehler: Strafverfahren werden meistens eingestellt
Nicht selten sind sie in den Schlagzeilen: Ärzte, denen ein Behandlungsfehler nachgesagt wird. Doch laut einer jüngsten Studie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn werden die meisten Verfahren eingestellt, weil sich der Anfangsverdacht nicht erhärtet.


27.10.06 - Das Institut für Rechtsmedizin untersuchte strafrechtliche Verfahren zwischen den Jahren 1989 und 2003 in 210 Fällen. „Es kam nur in einem einzigen Fall zu einer rechtskräftigen Verurteilung“, sagte Institutsleiter Prof. Burkhart Madea. „In acht von zehn Fällen wurde das Verfahren wegen mangelnden Tatverdachts bald eingestellt. In den anderen Fällen kam es zum Freispruch oder zur Zahlung einer Geldstrafe.“ Es handle sich somit um Einzelfälle, in denen Ärzte wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung verurteilt werden, erklärt Madea.

In der Mehrzahl der verhandelten Fälle ging es um ungeklärte Todesfälle. An zweiter Stelle rangierten Vorwürfe nach Strafanzeigen der Angehörigen oder des Patienten selbst. Mit- oder nachbehandelnde Ärzte waren in 4,3 Prozent Auslöser des Ermittlungsverfahrens. In einem Fall wurde sogar der strafrechtliche Vorwurf des Mordes erhoben.

Ausführliche Dokumentation von Vorteil

Um sich frühzeitig von einem Verdacht zu befreien, rät Madea den Ärzten von der Möglichkeit einer Obduktion Gebrauch zu machen. „Die verschiedenen Fälle zeigen immer wieder, dass gerade bei ungeklärten Todesfällen die Obduktionen beschuldigte Ärzte entlasten können.“ Da der Sachbeweis im Arztstrafverfahren im Wesentlichen über Gutachten geführt werde, komme außerdem einer ausführlichen Dokumentation großer Stellenwert zu, führt der Rechtsmediziner weiter aus.

Soweit sich aus den Unterlagen der Status der Beschuldigten identifizieren ließ, waren Krankenhausärzte mit über 64 Prozent sehr viel häufiger betroffen als niedergelassene Ärzte (29,5 Prozent). „Interessant ist, dass von den 210 Beschuldigten weniger als 40 Prozent von einem Anwalt vertreten wurden“, so Madea. „Bei einem Teil der Verfahren dürften die betroffenen Ärzte von dessen Existenz nichts gewusst haben.“

Wie viele Ermittlungsverfahren tatsächlich jährlich gegen Ärzte laufen, ist unklar. „Die Datenlage zur Häufigkeit strafrechtlicher Ermittlungsverfahren in Deutschland gegen Ärzte sowie deren Ausgang ist sehr lückenhaft“, betont der Universitätsprofessor. Experten gingen jedoch von etwa 10 000 Schadensersatz- und Schmerzensgeldklagen und rund 3 000 staatsanwaltschaftlichen „Kunstfehler“-Verfahren pro Jahr aus. Nach einer Schätzung des Robert-Koch-Institutes ist bei insgesamt steigender Tendenz von jährlich sogar rund 40 000 Behandlungsfehlervorwürfen auszugehen.

alf

Quelle: Zeitung "Ärztliche Praxix", 27.10.2006
http://www.aerztlichepraxis.de/artikel_ ... 97.htm?n=1

Martina
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Strafverfahren: Behandlungsfehler werden meistens eingestell

Beitrag von Martina » 30.10.2006, 17:31

Hallo,
Strafverfahren gegen Ärzte werden fast immer eingestellt.
"Wir sind die Größten", dies ist die Selbsteinschätzung der Ärzte.
Für mein Empfinden wurde Größenwahn zum Arztgesetz und zum Schlachtfeld für Gesunde und Kranke.
Lieber Gott, hilf mir gegen meine 3 Erbsünden:
Selbstüberschätzung
Eigenkritikmangel und
Arroganz
Dies dürfte die Selbsteinschätzung der Ärzte sein, der Eid des Hippokrates macht es doch möglich!
Warum dürfen Ärzte wohl fälschen und lügen, daß sich die Balken biegen, weil dies von unseren Herren Staatsanwälten auch noch durch Einstellung belohnt wird.
Was will denn schon der "Otto Normalverbraucher" von den Ärzten?
Die Haftpflichtversicherungen nehmen über die Anwälte ebenfalls Einfluß
auf diese Ermittlungsverfahren, insbesondere wenn es Zeugen gibt.
:?:
MfG Martina

Herbert Kunst
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Strafverfahren: Behandlungsfehler kaum angeklagt

Beitrag von Herbert Kunst » 31.10.2006, 07:03

Martina hat geschrieben: ...
Strafverfahren gegen Ärzte werden fast immer eingestellt.
"Wir sind die Größten", dies ist die Selbsteinschätzung der Ärzte. ...
Hallo Marina,
dass Ärzte allzu häufig wie "Götter in Weiß" auftreten, ist allseits bekannt und bedarf dringend einer Korrektur.
Die Ermittlungen in Strafverfahren und die Entscheidung über Verfahrenseinstellung oder Anklage treffen Juristen, nicht Ärzte. Dies muss man fairerweise klar stellen. Zu diesen Einstellungen kommt es wohl hier und da, weil Juristen sich nicht genügend auskennen.
Gruß
Herbert
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Martina
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Behandlungsfehler:Strafverfahren werden meistens eingestellt

Beitrag von Martina » 31.10.2006, 09:24

Hallo Herbert Kunst,
man sollte meinen, daß Staatsanwälte loyal sind. Sind sie das wirklich?
Den Fall den ich kenne läßt mich an der Loyalität der Staatsanwälte und ihren Helfern zweifeln.
Beim "Otto Normalverbraucher" wird nicht vorher erst angerufen und mitgeteilt, daß eine Durchsuchung stattfindet. So wurde in dem mir vorliegendem Fall zur Sicherstellung der Krankenakte lt. Beschluß des AG der Verwaltungsleiter angerufen und über das Vorhaben informiert. Einen Tag später wurde von ihm dann mitgeteilt, weil die Akte angeblich für einen Arzt aus dem Archiv ausgetragen sei, daß die Akte sich nunmehr bei einem Rechtsanwalt befinde, wo sie sichergestellt wurde.
Das Rechtsanwälte und besonders die Haftpflichtversicherungen Einfluß auf das Ermittlungsverfahren nehmen, dürfte bekannt sein. Hier müßte angesetzt werden und nicht, weil diese Juristen sich in der Materie nicht auskennen.
MfG Martina

Rob Hüser
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Strafverfahren bei Medizinschäden eher entbehrlich

Beitrag von Rob Hüser » 02.11.2006, 07:56

Martina hat geschrieben: .... Strafverfahren gegen Ärzte werden fast immer eingestellt. ...
Hallo Marina,
dass Strafverfahren gegen Ärzte, aber nicht nur gegen Ärzte, oftmals eingestellt werden, ist bekannt. "Otto Normalverbraucher" versteht dann die Welt nicht mehr. Dies trifft auch für oftmals allzu milde Urteile zu.
Zu bedenken ist aber, dass ein großer Unterschied zwischen Zivil- und Strafrecht besteht. Im Strafrecht wird gezielter auf die persönliche Schuld, die näheren Umstände, abgestellt. Ich will nichts rechtfertigen, aber so ist die Rechtslage.
Wenn man gegen Ärzte vorgehen will, hat man ja überwiegend Schadensersatz vor Augen. Diesen kann man nur zivilrechtlich einklagen. Da hilft kein Strafverfahren. Daher raten auch Anwälte meist von solchen strafrechtlichen Verfahren ab.
MfG
Rob Hüser

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