Verbandwechsel & Wundkontrollen durch Pflegekräfte?

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Ludger Riedel

Verbandwechsel & Wundkontrollen durch Pflegekräfte?

Beitrag von Ludger Riedel » 26.12.2005, 08:38

Sehr geehrte Damen und Herren,

darf eine examinierte Pflegekraft postoperativ ohne Arzt während des gesamten Krankenhausaufenthaltes selbstständig Verbandwechsel und Wundkontrollen durchführen und dokumentieren?
Wie wird in diesem Zusammenhang die Verantwortung des Arztes und der Pflegekraft bei eventuellen Komplikationen juristisch gesehen und welche Argumentation könnte die Pflege haben, die Durchführung abzulehnen?
Hat ein Patient im Rahmen des Behandlungsvertrages Anspruch darauf, dass der Arzt die Wunde in regelmäßigen Abständen begutachtet und eine Dokumentation vornimmt?

Über eine rasche Antwort würden wir uns freuen. Schon im Voraus vielen Dank für Ihre Bemühungen.

Mit freundlichen Grüßen
Ludger Riedel

Herbert Kunst
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Heilkunde ist Sache des Arztes!

Beitrag von Herbert Kunst » 26.12.2005, 11:40

Sehr geehrter Herr Riedel,
diagnostische und therapeutische Maßnahmen gehören grundsätzlich in die Hand des Arztes. Von daher muss auch der Arzt die Grundentscheidungen im Rahmen der Wundversorgung treffen. Dabei kann er das pflegerische Personal – nach Wissen und Können – in die Patientenversorgung einbeziehen (Durchführung von Verbandwechsel, Dokumentation dieser Verrichtung usw.). Die Delegation richtet sich nach den Einzelumständen. Wann und in welchem Umfang solche Delegationsentscheidungen getroffen werden können, ist nachlesbar unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... erapie.htm
konkret
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... gation.htm
Siehe auch den Beitrag
Die Rechtsprobleme Pflegender in der Wundversorgung: Interview mit Prof. Dr. Volker Großkopf
unter
http://www.wernerschell.de/Medizin-Info ... orgung.htm
Weitere Beiträge können mit Hilfe der Suchfunktion gefunden. Bitte auf der Einführungsseite http://www.wernerschell.de „Wundversorgung“ eingeben!
Der Arzt bleibt m.E. dem Patienten gegenüber für die ärztliche Tätigkeit verantwortlich und muss daher die Verrichtungen des nichtärztlichen Personals überwachen und ggf. in die Versorgung eingreifen.
Gruss
Herbert Kunst

Klara-Maria

Wundversorgung - Behandler und seine Helfer

Beitrag von Klara-Maria » 26.12.2005, 13:34

Ludger Riedel hat geschrieben: (1) ...
darf eine examinierte Pflegekraft postoperativ ohne Arzt während des gesamten Krankenhausaufenthaltes selbstständig Verbandwechsel und Wundkontrollen durchführen und dokumentieren?
(2) Wie wird in diesem Zusammenhang die Verantwortung des Arztes und der Pflegekraft bei eventuellen Komplikationen juristisch gesehen und welche Argumentation könnte die Pflege haben, die Durchführung abzulehnen?
(3) Hat ein Patient im Rahmen des Behandlungsvertrages Anspruch darauf, dass der Arzt die Wunde in regelmäßigen Abständen begutachtet und eine Dokumentation vornimmt? ...
(1) Der Arzt ist vorrangig zuständig; Pflegekräfte wirken bei der Heilkunde nur mit. Was zu tun ist, entscheidet im Zweifel der Arzt.
(2) Jeder muss für sein eigenes Handeln (Tun oder Nichtun) einstehen. Wer etwas nicht kann, damit den Patienten gefährdet, muss sich verweigern.
(3) Patient hat Anspruch auf einwandfreie Behandlung durch seine Vertragspartner. Wie dies gewährleistet wird, hängt von den Einzelumständen ab. Ärzte sind nach der Berufsordnung zur ärztlichen Dokumentation verpflichtet.

Mit weihnachtlichen Grüßen
Klara-Maria

Carlo

Wundversorgung ist Arztsache!

Beitrag von Carlo » 27.12.2005, 07:40

Verbandwechsel & Wundkontrollen durch Pflegekräfte?

Hier im Forum wurde wiederholt zu ähnlichen Fragestellungen geschrieben. Dazu stelle ich folgende Hinweise zusammen und ergänze damit Herbert Kunst:

Ärztliches und nichtärztliches Personal hat mit der gebotenen Sorgfalt tätig zu sein (§§ 276, 278 BGB). Jeder, der tätig wird, hat immer zu bedenken, ob er für die konkrete Verrichtung die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Man spricht insoweit von der Übernahmeverantwortung. Die Patientensicherheit muss auf jeden Fall gewährleistet werden!!! Wer handelt – und dabei schädigende Fehler macht – haftet! Einmal kann eine Anordnung fehlerhaft sein – dann haftet der Anordnende; zum anderen gibt es Fehler in der Ausführung – dann haftet die ausführende Kraft.

Zu den allgemeinen Delegationsgrundsätzen finden Sie in unserem „Rechtsalmanach“, Nr. 12, zwei interessante Artikel. Eine umfangreiche Beschreibung des Haftungsrechts mit nahezu 300 komprimierten Gerichtsentscheidungen unter http://www.pflegerechtportal.de

Über allgemeine Rechtsfragen kann man immer wieder lange Ausführungen machen. Einfacher wäre es, konkrete Fälle zu beschreiben. Dann kann man vielleicht noch gezielter antworten.

Es grüßt
Carlo

KFH NW Köln

Wundversorgung & rechtliche Probleme für die Pflege

Beitrag von KFH NW Köln » 08.04.2006, 12:59

Wundversorgung. Absolventin gefragte Expertin
16.03.2006

Auf dem PflegeCongress 2006 der Johanniter in Bonn sprach Diplom-Berufspädagogin Uschi Laag (40), Absolventin des Studiengangs Pflegepädagogik zur "Rechtlichen Stellung der Pflegekraft im Rahmen des Wundmanagements." Diplom-Berufspädagogin Laag hat auch ihre Diplomarbeit an der KFH NW zu diesem Thema geschrieben.

Die Relevanz des Themas zeigt sich allein schon dadurch, dass die potentielle Haftung für eine fehlerhafte Wundbehandlung nicht selten einer uneindeutigen, allgemeinen Aufteilung der Verantwortungsbereiche geschuldet ist. So liegt die Anordnung der Wundbehandlung im Verantwortungsbereich des Arztes, die Durchführung hingegen in der Verantwortlichkeit der Pflegenden. Betroffen sind von dieser Problematik vor allem die Bereiche der ambulanten und stationären Altenpflege: hier existiert kein ärztliches Weisungsrecht gegenüber der Pflege. Doch darf die Pflege nicht ohne Anordnung des Arztes in der Wundversorgung tätig werden.
Trotz der Zuordnung der Verantwortungsbereiche sind auch die Pflegenden nicht von zivil- oder strafrechtlicher Haftung ausgeschlossen, zumal viele Pflegende über umfassende Kenntnisse in der Wundversorgung verfügen. Je nach Fall sind sie deshalb auch verpflichtet, die Ausführung fehlerhafter Anordnungen zu verweigern. Um nun eine flächendeckend zufriedenstellende Versorgung der Patienten mit Problemwunden sicher zu stellen, so Laag, ist eine fachliche Qualifikation sowohl von Pflegenden, als auch von Ärzten notwendig.
Dazu gehört auch die Diskussionsbereitschaft untereinander, beides möglich durch die Zusammenarbeit in Wundzentren. Beider Seiten Sorgfaltspflicht ist, Leistungen entsprechend dem medizinischen bzw. pflegerischen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu erbringen.

Uschi Laag, Dipl.-Berufspädagogin (FH), arbeitet sowohl an der Pflegekrankenschule als auch in der Weiterbildung des Bildungszentrums Diakonie im Ruhrgebiet gGmbH und beginnt nun ein von der Bosch-Stiftung gefördertes Forschungsprojekt am Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung e. V., Köln, dip.
Im vergangenen Semester hat die Absolventin gemeinsam mit Prof. Dr. Volker Großkopf eine Lehrveranstaltung zu "Rechtlichen Fragen der künstlichen Ernährung" gegeben.

Kontakt: Prof. Dr. Volker Großkopf

Quelle: http://www.kfhnw.de/presseinfos/sp_auto_7991.php

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