„Pflegende Angehörige brauchen Zeit zum „Luftholen"!

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

WernerSchell
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„Pflegende Angehörige brauchen Zeit zum „Luftholen"!

Beitrag von WernerSchell » 24.06.2009, 12:31

Pressemitteilung der Beauftragten für behinderte Menschen des Landes NRW vom 23.06.2009 zum 8. Pflegetreff in Neuss-Erfttal:
viewtopic.php?p=44587#44587

Bild

Landesbehindertenbeauftragte Angelika Gemkow:
„Pflegende Angehörige brauchen Zeit zum „Luftholen"!
Hilfen im Haus weiter ausbauen


Die Behindertenbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen teilt mit:

„Wir müssen die „Hilfen im Haus“ zum wichtigen Thema machen, da sie Dreh- und Angelpunkt für die Zukunft der Pflege in Nordrhein-Westfalen sind. Wer die Pflege behinderter und älterer Menschen auch morgen sicherstellen will, muss Familien entlasten, unterstützen und beraten. Pflege in der Familie bedeutet für die Angehörigen, dass sie sich Tag für Tag, rund um die Uhr um die pflegebedürftigen oder behinderten Familienangehörigen kümmern. Sie ist oft ein Vollzeitjob und nicht an Bürostunden gebunden. Um pflegende Angehörige vor Überforderung und Erschöpfung zu schützen, brauchen wir dringend noch mehr Entlastungsangebote. Familien müssen im oft schwierigen Alltag auch einmal „Luft holen“ können. Die „Hilfen im Haus“ wie zum Beispiel Hol- und Bringdienste, Hauswirtschaftsdienste, Pflegebegleiter müssen deutlich ausgebaut werden. “ Dies erklärte die Landesbehindertenbeauftragte Angelika Gemkow heute (23.06.2009) anlässlich des 8. Pflegetreffs „Pro Hilfe – Selbsthilfenetzwerk“ in Neuss.

In NRW leben fast 1,7 Mio. Menschen mit einer Behinderung von 50 % und mehr. Von den 1,7 Mio. Menschen mit Behinderung sind 1,1 Mio. Menschen über 60 Jahre alt.

Dazu kommen 460.000 pflegebedürftige Menschen.

Quelle: Pressemitteilung vom 23.06.2009
http://www.mags.nrw.de/06_Service/001_P ... index.html
Zuletzt geändert von WernerSchell am 07.08.2009, 06:49, insgesamt 2-mal geändert.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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WernerSchell
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Situation der pflegenden Angehörigen in den Pflegesystemen

Beitrag von WernerSchell » 25.06.2009, 10:39

Der Neuss-Erfttaler Pflegetreff am 23.06.2009 informierte
vor „vollem Haus“ über die Situation der pflegenden Angehörigen
in den Pflegesystemen.


Bild

Lesen Sie
--- die Pressemitteilung von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk vom 24.06.2009 bitte hier:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... eilung.php
--- den Bericht der Neuss-Grevenbroicher Zeitung vom 25.06.2009 hier:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 250609.php
-- die Mitteilung des Landrates des Rhein-Kreises Neuss vom 22.07.2009 hier:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 220709.php

Landesbehindertenbeauftragte Angelika Gemkow:
„Pflegende Angehörige brauchen Zeit zum „Luftholen"! Hilfen im Haus weiter ausbauen.
Lesen Sie die Pressemitteilung hier:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... 250609.php
.....
Siehe auch unter
http://www.pflegen-online.de/nachrichte ... ftigen.htm
Zuletzt geändert von WernerSchell am 27.07.2009, 05:42, insgesamt 1-mal geändert.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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johannes
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Pflegende Angehörige brauchen Zeit zum "Luft holen"

Beitrag von johannes » 25.06.2009, 22:28

Wenn sich die Pflegenden und Pflegebedürftigen nicht gegenseitig das Leben schwer machen würden, wäre die Situation bereits heute schon entspannter.

1. Wissen pflegende Angehörige flächendeckend, daß sie im Jahr 56 Tage direkt und vollständig entlastet werden können?
a) 28 Tage oder bis max. 1.470 € (je nach dem, was zuerst erreicht ist) steht ihnen nach dem SGB XI Kurzzeitpflege zu. Kurzzeitpflege dient dazu, zwischendurch einmal auszuspannen.
b) 28 Tage oder bis max. 1.470 € (je nach dem, was zuerst erreicht ist) steht ihnen nach dem SGB XI Verhinderungspflege zu. Verhinderungspflege dient dazu, eigene Verhinderung abzudecken (Urlaub, Kur, Krankenhausaufenthalt, usw.)

Das bedeutet in jedem Vierteljahr eine komplette Entlastung (pflegefrei) von 14 Tagen.

2. Zusätzlich zum Pflegegeld in den verschiedenen Pflegestufen haben Pflegebedürftige einen Anspruch, mtl. bis zu 420 € für Tagespflege/Nachtpflege geltend zu machen. Damit können die pflegenden Angehörigen monatlich weitere bis zu 10 Tage Pflegeentlastung, also Zeit zum "Luft holen" finanzieren, ohne auf eigene Mittel zurück greifen zu müssen.

Das sind weitere 30 Tage der Entlastung im Vierteljahr.

Allein von der finanziellen Seite her ließe sich ohne Eigenmittel somit die pflegerische Belastung auf 44 Tage im Vierteljahr reduzieren = rd. 50 %.

3. Ist die Belastung dann immer noch zu groß, besteht auch die Möglichkeit, zeitweise stationäre Versorgung in Anspruch zu nehmen. Auch hier leistet die Pflegekasse - bei Geringverdienern (Minimalrente) und geringes Einkommen der Kinder zusätzlich das Sozialamt.

Ich halte es bei diesen Möglichkeiten für nicht angemessen, immer nach dem Staat zu rufen, der mehr tun muß. Wir sollten nicht aus den Augen verlieren, daß alle Leistungen des Staates zuerst von den Bürgern in Form von Steuern und Sozialabgaben aufgebracht werden müssen. Ich denke, auch wenn es unmodern geworden ist, daß jeder Einzelne verpflichtet ist, Verantwortung zu übernehmen, für sich selbst und seine Angehörigen. Erst, wenn er damit überfordert ist, sollte er jene in Anspruch nehmen, die nicht zu seiner Familie gehören.
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thorstein
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Beitrag von thorstein » 26.06.2009, 09:56

Zunächst einmal ging es hier vorrangig um Behinderte und damit ist der Hinweis auf SGB 11 in den meisten Fällen hinfällig.

Außerdem ist die stationäre Kurzzeitpflege für viele Behinderte und meiner Ansicht nach auch für die allermeisten Demenzkranken der falsche Weg. Jemanden für 14 Tage aus seinem gewohnten Umfeld herauszureissen schafft mehr Probleme, als es löst.

Will man schon über Kosten reden, sollten einmal die Unsummen gegengerechnet werden, die durch die gesundheitlichen Schäden aufgrund der absurden Überlastungssituation bei Pflegekräften anfallen.

Das schlechte=günstige Rahmenbedingungen auch enorme Kosten verursachen, sowohl bei den Patienten selbst als auch bei den Pflegenden, spielt in der Diskussion leider nie eine Rolle.

enno
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Beitrag von enno » 30.06.2009, 01:55

ich wuerde meinen pflegling nie in eine kurzzeitpflege geben,die "professionelle" pflege ist nichst als standartpflege--nichts sehen und hoeren,nur job machen,meine erfahrung--sie werden pflegebeduerftiger gemacht und mit medikamenten vollgepumt,um sie pflegeleicht zu machen.
der"pflegeberuf" ist eine sichere verdienstquelle.
deshalb bleibt menschlichkeit auf der strecke--es"herrscht"pflegemangel,und somit geht alles in die pflege nicht um "menschen" zu pflegen--sondern um selbst zu ueberleben.

mfg enno

Elke
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Re: Pflegende Angehörige brauchen Zeit zum "Luft holen&

Beitrag von Elke » 01.07.2009, 09:12

johannes hat geschrieben:Wenn sich die Pflegenden und Pflegebedürftigen nicht gegenseitig das Leben schwer machen würden, wäre die Situation bereits heute schon entspannter.
1. Wissen pflegende Angehörige flächendeckend, daß sie im Jahr 56 Tage direkt und vollständig entlastet werden können?
a) 28 Tage oder bis max. 1.470 € (je nach dem, was zuerst erreicht ist) steht ihnen nach dem SGB XI Kurzzeitpflege zu. Kurzzeitpflege dient dazu, zwischendurch einmal auszuspannen.
b) 28 Tage oder bis max. 1.470 € (je nach dem, was zuerst erreicht ist) steht ihnen nach dem SGB XI Verhinderungspflege zu. Verhinderungspflege dient dazu, eigene Verhinderung abzudecken (Urlaub, Kur, Krankenhausaufenthalt, usw.)
Das bedeutet in jedem Vierteljahr eine komplette Entlastung (pflegefrei) von 14 Tagen.
2. Zusätzlich zum Pflegegeld in den verschiedenen Pflegestufen haben Pflegebedürftige einen Anspruch, mtl. bis zu 420 € für Tagespflege/Nachtpflege geltend zu machen. Damit können die pflegenden Angehörigen monatlich weitere bis zu 10 Tage Pflegeentlastung, also Zeit zum "Luft holen" finanzieren, ohne auf eigene Mittel zurück greifen zu müssen.
Das sind weitere 30 Tage der Entlastung im Vierteljahr.
Allein von der finanziellen Seite her ließe sich ohne Eigenmittel somit die pflegerische Belastung auf 44 Tage im Vierteljahr reduzieren = rd. 50 %.
3. Ist die Belastung dann immer noch zu groß, besteht auch die Möglichkeit, zeitweise stationäre Versorgung in Anspruch zu nehmen. Auch hier leistet die Pflegekasse - bei Geringverdienern (Minimalrente) und geringes Einkommen der Kinder zusätzlich das Sozialamt.
Ich halte es bei diesen Möglichkeiten für nicht angemessen, immer nach dem Staat zu rufen, der mehr tun muß. Wir sollten nicht aus den Augen verlieren, daß alle Leistungen des Staates zuerst von den Bürgern in Form von Steuern und Sozialabgaben aufgebracht werden müssen. Ich denke, auch wenn es unmodern geworden ist, daß jeder Einzelne verpflichtet ist, Verantwortung zu übernehmen, für sich selbst und seine Angehörigen. Erst, wenn er damit überfordert ist, sollte er jene in Anspruch nehmen, die nicht zu seiner Familie gehören.
Guten Morgen Johannes,

die pflegenden Angehörigen, die ich kenne, die zu mir kommen, wissen sehr wohl

daß flächendeckend sie im Jahr 56 Tage direkt und vollständig entlastet werden können! Mit der Maßnahme allerdings, sie geben den Angehörigen in Kurzzeit- oder Tagespflege.
Meine Erfahrungen bezüglich Kurzzeitpflege sollten dir ausreichend bekannt sein, wir kennen uns schon einige Jahre aus den unterschiedlichsten Foren.

Unsere letzte Erfahrung kannst du hier nachlesen:
viewtopic.php?t=11046&highlight=

Was jetzt nicht heißen soll, ich misstraue allen Pflegeeinrichtungen.
Leider habe ich noch keine Einrichtung gefunden, die auch nur annähernd meinen Mann versorgt, wie er es von zu Hause gewohnt ist (externe Urinableiter, aktivierende Pflege sind nur ein Beispiel).

Vermutlich werde ich - aus einer Not heraus - es immer wieder versuchen.

Mir sind pflegende Angehörige bekannt, die wollen ihre Pflegebedürftigen Zuhause versorgt wissen. Sie organisieren Hilfen (Nachbarn, Freunde, Familie) die in die Wohnung kommen.

Hast du eine Idee - eine Hochrechnung - wie das zu finanzieren ist?
Diesbezüglich werden an mich immer wieder Nachfragen herangetragen.
Ehemann Hirnblutung 1995, Hemiplegie rechts, schwere Globalaphasie, Epilepsie, Pflegestufe 3. Pflege Zuhause

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Beitrag von Elke » 01.07.2009, 18:19

Regina hat geschrieben: Der Herr Johannes hat von Selbstbestimmung und Mündigkeit der Pflegebedürftigen noch nicht viel gehört.
Man kann nicht vorschreiben wie sich wer pflegen und versorgen lässt!
Steuern bezahlen wir Alle ,aber wir möchten auch das Sie für die schwächeren Menschen in unserer Gesellschaft eingesetzt werden.
Denn wir Alle können die Pflegebedürftigen von morgen sein und wie und wo und von wem wir dann versorgt werden möchten, wollen wir wir selbstbestimmen!
Es ist nicht ausschließlich die Verpflichtung der Familie allein. Die Familie muß auch leistungsfähig sein sonst kommt es schnell zur Überforderung.
Viele Menschen wollen nicht in ein Heim,nicht von fremden versorgt werden und Pflegende Angehörige wollen auch ein bischen Privatsphäre wenn Sie einen pflegebedüftigen Angehörigen bei
sich aufnehmen.
Eine Versicherung hat im Versicherungsfall zu leisten und zwar in einer Form das jeder selbst entscheiden kann wie, wo und von wem er sich versorgen lassen will. Diese freie Entscheidung
sieht die Pflegeversicherung nicht vor.
Deshalb laufen die meisten dieser "Entlastungsangebote" ins Leere. Sie sind nicht mit den Wünschen und Willen der Pflegebedürftigen und Ihrer Angehörigen kompatibel und deshalb in den
überwiegenden Fällen praxisuntauglich.
Wollte ein paar Zeilen schreiben aber ich bin bei Herrn Schell im Forum nicht angemeldet.
Elke,Du kannst das aber gern weitergeben![/size]
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Re: Pflegende Angehörige brauchen Zeit zum "Luft holen&

Beitrag von Rauel Kombüchen » 02.07.2009, 12:02

Elke hat geschrieben: .... Mir sind pflegende Angehörige bekannt, die wollen ihre Pflegebedürftigen Zuhause versorgt wissen. Sie organisieren Hilfen (Nachbarn, Freunde, Familie) die in die Wohnung kommen.
Hast du eine Idee - eine Hochrechnung - wie das zu finanzieren ist?
Diesbezüglich werden an mich immer wieder Nachfragen herangetragen.
Hallo Elke,
auf diese Frage kann es keine befriedigende Antwort geben. Denn die pflegenden Angehörigen erledigen Aufgaben, die ihnen niemand - auch nur annähernd - bezahlt. Unser Pflegesystem - eigentlich mit guten Aussagen unterwegs - honoriert vorrangig die stationäre Pflege, während Angehörige Zuhause weitgehend im Stich gelassen werden. Dass muss sich grundlegend ändern. Daher begrüße ich auch sehr, dass der Neusser Pflegetreff das Thema aufgegriffen und damit (erneut) öffentlich gemacht hat. Es wird sicherlich darum gehen müssen, bei der nächsten wirklichen Pflegereform die häusliche Versorgung in ihrer Bedeutung zu erkennen und den Mittelfluss entsprechend zu gestalten.
MfG Rauel K.
Pflegeversicherung - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung nachhaltig sichern! BürgerInnen müssen mehr Informationen erhalten - z.B. wg. Individualvorsorge!

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Zeit zum "Luft holen"

Beitrag von johannes » 02.07.2009, 23:07

Hallo Elke,

schön, sich wieder mal zu lesen. Zu deiner konkreten Frage

Hast du eine Idee - eine Hochrechnung - wie das zu finanzieren ist?
Diesbezüglich werden an mich immer wieder Nachfragen herangetragen.


So, wie es gewünscht ist, läßt es sich nicht finanzieren. Jedenfalls nicht mit 1,7 % Beitrag zur Pflegeversicherung.

ca. 1.600.000 Pflegebedürftige werden in der Familie gepflegt. Wollte man eine häusliche Versorgung über 24 Stunden sicherstellen, ist es gut, einmal über die deutschen Grenzen zu sehen. In der Schweiz z. B. kostet ein Tag € 235,20. Dies wird ganz öffentlich gesagt, man ist ehrlich. Doch das will in Deutschland niemand hören. Da heißt es, das ist viel zu teuer.

Aber mal angenommen, es würde realisiert, nur für jeweils 28 Tage im Jahr, qualifiziert und zuhause, selbstverständlich hat dann auch jeder Pflegebedürftige diesen Anspruch und nicht nur ein paar Auserwählte:

1.600.000 Pflegebedürftige x 28 Tage x € 235,20 = € 10.536.960.000, das sind also rd. 10,537 Milliarden Euro, nur für 28 Tage Urlaub für pflegende Angehörige im Jahr. Die Jahreseinnahmen der Pflegeversicherung betrugen im Jahre 2007 18 Mrd. €. Somit würden allein für die Urlaubsvertretung nach dem Wunsche der Angehörigen 58,5 % aufgewendet.

Nun sind die Angehörigen allerdings auch mit den regelmäßigen Zahlungen nicht zufrieden. Nehmen wir einmal an, daß eine Verdoppelung der derzeitigen Leistungen (2010) von € 225/€ 430/€ 685, also insgesamt auf 11 Monate € 6,558 Mrd. erfolgt, haben wir bereits nur für diesen Bereich € 13,116 Mrd. zu den Urlaubskosten zu berücksichtigen. Zusammen also € 23,653 Mrd.

Jetzt kommen noch die Leistungen der regelmäßigen Unterstützung durch ambulante Pflegedienste hinzu, die mit € 14,627 Mrd. zu Buche schlagen, so summieren sich die Ausgaben auf € 38,280 Mrd. Man bedenke, hierbei sind die rd. 500.000 Pflegebedürftigen, die in häuslicher Umgebung nicht mehr verantwortlich gepflegt werden können, noch nicht berücksichtigt!

Die Einnahmen der Pflegeversicherung betrugen € 18,000 Mrd., die Ausgaben würden nach den Wünschen der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen 38,280 Mrd. betragen. Das ist das 2,13 - fache. Die Beiträge zur Pflegeversicherung müssten also um das 2,13 - fache steigen.

Du siehst also, finanzierbar ist es - nur ist das Volk dazu bereit? Da habe ich meine großen Zweifel. Und hier handelt es sich nur um die 75 % in häuslicher Umgebung gepflegten Mitbürger!

Daß die Angehörigen von Pflegebedürftigen bereit wären, den 2,13 - fachen Beitrag zu bezahlen, glaube ich unbesehen. Aber wie sieht es bei jenen aus, die keine pflegebedürftigen Angehörigen haben?
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Beitrag von johannes » 02.07.2009, 23:27

Regina hat geschrieben: Der Herr Johannes hat von Selbstbestimmung und Mündigkeit der Pflegebedürftigen noch nicht viel gehört. Man kann nicht vorschreiben wie sich wer pflegen und versorgen lässt!

Steuern bezahlen wir Alle ,aber wir möchten auch das Sie für die schwächeren Menschen in unserer Gesellschaft eingesetzt werden. Denn wir Alle können die Pflegebedürftigen von morgen sein und wie und wo und von wem wir dann versorgt werden möchten, wollen wir wir selbstbestimmen!
Nun, der Herr Johannes weiß schon etwas von Selbstbestimmung und Mündigkeit.

Wenn Sie selbst bestimmen wollen, wie, wo und von wem Sie versorgt werden wollen, dann fangen sie schon mal an zu sparen. Was Sie mit Ihrem eigenen Geld machen, geht nämlich niemand etwas an, das ist richtig.

Aber versuchen Sie doch nicht, über den Geldbeutel ihrer Mitmenschen zu bestimmen. Denen steht nämlich das gleiche Recht auf Selbstbestimmung zu wie Ihnen.

Weil diese nach gültigem Recht gezwungen werden, mit der Pflegeversicherung für Ihre Angehörigen, Frau Regina, aufzukommen - nicht einer ist gefragt worden, ob er für Fremde zahlen will - ist wohl das Selbstbestimmungsrecht für diese außer Kraft gesetzt. Ja, man nennt das sozial.

Sie sehen, es ist nicht so einfach mit Selbstbestimmung und Mündigkeit. Zur Mündigkeit gehört m. E. auch, daß Leistungen und Ansprüche in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.

Daß unsere Staatsdiener Milliarden verschleudern, macht der jährliche Rechenschaftsbericht wohl deutlich. Aber das wird sich wegen der menschlichen Natur wohl kaum ändern. Oder können Sie erkennen, daß verantwortungslose Politiker jemals zur Rechenschaft gezogen wurden so wie Sie und ich?
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Beitrag von enno » 03.07.2009, 00:48

hallo elke
schön dich hier zu lesen,du spricht mir aus dem herzen,johannes lese ich nicht mehr,er ist eben nur ein heimbesitzer mit hochglanzseiten.
du hast recht,pflegende angehörige sind nicht gern gesehen.

mfg enno

johannes
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Beitrag von johannes » 03.07.2009, 09:17

Aber enno, wie kann man nur?

Wieviel Hochglanzseiten hast du denn schon von mir in der Hand gehabt? Gerade, weil nicht Hand in Hand gearbeitet wird, sondern sich angegiftet, liegt die Pflege darnieder. Sonderbar, daß du Feindbilder benötigst, um in den Spiegel sehen zu können. Konstruktives habe ich allerdings noch nicht von dir gelesen. Das gibt zu denken.
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thorstein
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Beitrag von thorstein » 03.07.2009, 12:16

Einige Fragen und Anmerkungen:

Wie schafft man es in der Schweiz, für ca 240 Euro eine 24h-Versorgung darzustellen? Das wären ja nur 10Euro/h, also sehr günstig!

Die Frage, wie die Bevölkerung insgesamt zu einer besseren Finanzierung der Pflege steht, wird ja nicht wirklich gestellt. Immerhin haben wir bald eine Bundestagswahl und es wird wohl wieder kein Thema sein.

Wer glaubt, die Kosten von ambulanter und stationärer Pflege gegeneinander aufrechnen zu können, macht einen schweren Fehler. Damit ermöglicht man der Politik ein schönes Spielfeld, ohne die notwendigen Gesamtkosten für eine angemessene ambulante und stationäre Pflege diskutieren zu müssen.

Die Zahl der Pflegebedürftigen wird steigen, woraus sich ein Mehrbedarf sowohl im stationären als auch ambulanten Bereich ergibt. Schon deshalb werden die Beiträge zur Pflegeversicherung nicht ausreichen. Auch eine Bürgerversicherung (in welcher Variante auch immer) wird meiner Ansicht nach nur den status quo sicherstellen. Und der ist sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich nicht mehr ausreichend.

Und gerade weil johannes dass in seiner Berechnung vollkommen ignoriert, weise ich noch einmal auf die Folgekosten einer schlechten Versorgung hin, die dann gegengerechnet werden müßten. Ich kenne praktisch keine Kollegin mehr, die nicht über chronische Rückenprobleme klagt. Was würden die Krankenkassen einsparen, wenn bei besserer Besetzung diese Probleme auf die Hälfte reduziert würden? Ich bin überzeugt, das sich auch in dieser Richtung, auch was die gesundheitlichen Folgen bei pflegenden Angehörigen und die damit verbundenen Kosten angeht, Berechnungen lohnen würden.

johannes
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Beitrag von johannes » 03.07.2009, 17:06

Hallo Thorstein,

in der Schweiz wird nicht in € gerechnet. Bei denen sind das 420 SFR/Tag. Und das ist für die Schweiz dann auch nicht mehr gerade wenig.

Nun, ich ignoriere nicht die Folgekosten schlechter Versorgung, sondern wurde von Elke nach der Finanzierbarkeit gefragt. Auf diese bin ich eingegangen. Sachliche Auseinandersetzungen mit einer verbesserten Personalausstattung können ja immer noch diskutiert werden.

Damit dies meinen Mitarbeitern nicht passiert, kaputte Rücken z. B., leiste ich mir den Luxus, mehr Mitarbeiter zu beschäftigen, als in der LQV vorgeschrieben sind. Dafür verzichte ich auf große Gewinne. Das ist mein Beitrag zu einer besseren Versorgung und Gesundheit. Außerdem habe ich die Arbeitszeit auf ca. 35 Std./Woche reduziert, damit die MA Zeit zur Erholung haben. Mehr ist derzeit bei diesen Rahmenbedingungen nicht drin.

Eines sollte aber bei meiner Ausführung deutlich geworden sein. Die derzeitigen 18 Mrd. € reichen nicht aus, den Wünschen von Angehörigen auch nur im entferntesten entgegen zu kommen. Wie du bemerkt haben wirst, habe ich die rd. 500.000 Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen noch gar nicht berücksichtigt. Dennoch sind die Wünsche und Begehrlichkeiten utopisch. Und das habe ich, denke ich, deutlich herausgestellt.

Ich bin der Auffassung, daß

a) in jedem Fall eine bessere Personalausstattung erforderlich ist. Ich wäre schon glücklich, wenn die Politik die Mindestpflegezeiten in den jeweiligen Pflegestufen zwingend vorschreiben würde (ich weiß, eine Utopie)
b) jeder von uns sich klar machen muß, daß Pflege, so wie wir sie wünschen, derzeit nicht bezahlbar ist
c) jeder in der Zukunft erheblich tiefer in die Tasche greifen muß, um halbwegs akzeptable Ergebnisse zu erreichen. Nach meiner unmaßgeblichen Meinung müßte der Beitrag zur Pflegeversicherung auf rd. 4 % des steuerlichen Brutto steigen (ich weiß, eine Utopie)
d) ich nicht warten kann, bis alles zusammenbricht. Darum haben wir bereits seit fast 10 Jahren eine Dokumentation eingeführt, in der jede erbrachte Leistung in Echtzeit dokumentiert wird und den jeweiligen Kostengruppen zugeordnet ist. Schließlich wird man ohne Nachweise keinen Fuß auf die Erde bekommen.

Ansonsten wünsche ich ein erholsames Wochenende
Ein Mensch funktioniert nicht - er lebt!

Sabrina Merck
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Pfleg-Rahmenbedingungen grundlegend verändern

Beitrag von Sabrina Merck » 04.07.2009, 06:43

johannes hat geschrieben: .... Ich bin der Auffassung, daß
a) in jedem Fall eine bessere Personalausstattung erforderlich ist. Ich wäre schon glücklich, wenn die Politik die Mindestpflegezeiten in den jeweiligen Pflegestufen zwingend vorschreiben würde (ich weiß, eine Utopie)
b) jeder von uns sich klar machen muß, daß Pflege, so wie wir sie wünschen, derzeit nicht bezahlbar ist
c) jeder in der Zukunft erheblich tiefer in die Tasche greifen muß, um halbwegs akzeptable Ergebnisse zu erreichen. Nach meiner unmaßgeblichen Meinung müßte der Beitrag zur Pflegeversicherung auf rd. 4 % des steuerlichen Brutto steigen (ich weiß, eine Utopie)
d) ich nicht warten kann, bis alles zusammenbricht. Darum haben wir bereits seit fast 10 Jahren eine Dokumentation eingeführt, in der jede erbrachte Leistung in Echtzeit dokumentiert wird und den jeweiligen Kostengruppen zugeordnet ist. Schließlich wird man ohne Nachweise keinen Fuß auf die Erde bekommen. ....
Hallo Johannes,
wer sich einigermaßen auskennt und gutwillig ist, wird Dir uneingeschränkt zustimmen, dass (fast) alles an einer besseren Personalausstattung hängt. Insoweit ist ein Ausrufezeichen angebracht. Herr Schell argumentiert seit Jahren genau in diese Richtung und hat in Veranstaltungen immer wieder auf diesen Punkt hingewiesen.
Wir müssen in der Tat auch zur Kenntnis nehmen, dass die sog. gute Pflege, die immer gerne öffentlich eingefordert wird, unter den gegebenen Umständen nicht leistbar ist.
Es ist daher eine Diskussion überfällig zu der Frage: Welche Pflege wollen wir uns leisten?? Dies ist, wie ich den Ankündigungen in diesem Forum entnehmen konnte (Rubrik Veranstaltungen), Thema des ersten Pflegetreffs in 2010.
Wenn es demnächst - hoffentlich - zu einer vernünftigen Pflegereform kommt, wird alles deutlich teurer. Der Anstieg der Beitragsbelastung der Versicherten wird enorm sein. Die Diskussionen reichen sogar bis zu 7% Beitragssatz, wenn es ungünstig kommt. 4% sind dann allemal fällig.
Das alles sollte man zeitgerecht den Menschen sagen, damit die Systeme bzw. die persönlichen Bedingungen darauf ausgerichtet werden können: "Konsum oder Vorsorge" ? - wird eine Frage von vielen sein!
LG
Sabrina
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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