Nachtwache statt Anbindung an`s Bett

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Herbert Kunst
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Nachtwache statt Anbindung an`s Bett

Beitrag von Herbert Kunst » 20.12.2011, 07:50

Siehe auch unter:
viewtopic.php?f=3&t=20665

Bild



Nachtwache statt Fixierung
Eingliederungshilfe in Form von Kostenübernahme einer Nachtwache nach dem 6. Kapitel des SGB XII
Das SG Freiburg hat den zuständigen Sozialhilfeträger mit Beschluss vom 15.12.2011 Aktenzeichen: S 9 SO 5771/11 ER im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtet, die Kosten für eine zusätzliche Nachtwache zu übernehmen, damit die 80-jährige und uneingeschränkt mobile Betroffene nicht Nacht für Nacht im Pflegeheim an ihr Bett gebunden werden muss.
Der Beschluss steht hier zum Download zur Verfügung. Hier ist auch das ganze Verfahren dokumentiert:
http://www.srif.de/plugin.php?menuid=66 ... tent_id=15
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Rob Hüser
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Nachtwache statt Fixierung

Beitrag von Rob Hüser » 23.12.2011, 08:08

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn statt Fixierung eine Nachtwache finanziert wird. Allerdings stellt sich die Frage,
wo in ähnlich gelagerten Fällen das Personal her kommen soll und ob nicht noch Gründe befunden werden, eine Finanzierung zu unterlaufen.

MfG Rob
Das Pflegesystem muss dringend zukunftsfest reformiert werden!

Presse
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Nachtwache statt Fesselung von Heimbewohnerin

Beitrag von Presse » 30.12.2011, 07:45

Sozialgericht : Nachtwache statt Fesselung von Heimbewohnerin

”Wer wissen will, wieso über Pflege in Deutschland viel zu wenig gestritten wird, der sollte eine Entscheidung lesen, die das Sozialgericht Freiburg gerade in einem Eilverfahren gefällt hat: eine in erheblichem Maße pflegebedürftige 80-jährige Frau darf demnach nicht länger nachts in ihrem Bett festgebunden werden. Stattdessen ist der Sozialhilfeträger verpflichtet worden, eine Nachtwache zu finanzieren – angesichts der über 6000 EUR zusätzlicher Kosten hatte er sich dagegen vehement gewehrt. ....
Die regionale „Badische Zeitung“ schreibt u.a.:
Für den Berufsbetreuer Christian Albiez war es „total schlimm“, als er beim Amtsgericht Titisee-Neustadt das nächtliche Festbinden für die von ihm betreute Frau beantragen musste. „Aber sie hätte sich sonst alle Knochen gebrochen. Es bestand Lebensgefahr.“
....
(SG Freiburg, S 9 SO 5771/11 ER )

Quelle:
http://faz-community.faz.net/blogs/biop ... nerin.aspx
http://www.badische-zeitung.de/suedwest ... 50772.html

WernerSchell
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Fixierung tunlichst vermeiden

Beitrag von WernerSchell » 05.01.2012, 16:01

Zum Thema Fixierung siehe u.a. auch die aktuellen Beiträge in diesem Forum unter
viewtopic.php?t=16812
viewtopic.php?t=15256&highlight=fixierung
viewtopic.php?t=15022&highlight=redufix
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk befasst sich seit Jahren mit dem Thema und informiert intensiv über die Vermeidung von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen bei pflegebedürftigen Menschen. Allerdings müssen in diesem Zusammenhang auch die Forderungen nach deutlichen Verbesserungen der Stellenschlüssel gesehen werden. Die Vermeidung von Fixierungsmaßnahmen hat in aller Regel einen höheren personellen Aufwand zur Folge und insoweit muss den Pflegeeinrichtungen auch die gehörige Ausstattung zugestanden werden.
Die o.a. Entscheidung des SG Freiburg darf ín ihren Auswirkungen nicht überbewertet werden. Damit wurde nur eine einstweilige Regelung getroffen. Nicht mehr und nicht weniger.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk sieht es als notwendig an, entscheidende Klarstellungen bei der anstehenden Pflegereform durchzusetzen und hat deshalb in einer umfangreichen Stellungnahme Verbesserungen im Stellenbereich und die Schaffung von Personalbemessungssystemen eingefordert. Nur mit Hilfe solcher Regelungen werden sich Veränderungen mit einer breiten Auswirkung, also über den Einzelfall hinaus, durchsetzen lassen.

Werner Schell

Siehe die Medienberichte hierzu u.a.:
http://www.heide-bote.de/index.php?name ... me=Printer
Zuletzt geändert von WernerSchell am 07.01.2012, 17:56, insgesamt 4-mal geändert.
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https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Nursing-Neuss
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Nachtwache statt Fixierung

Beitrag von Nursing-Neuss » 07.01.2012, 08:20

Text aus:
viewtopic.php?t=16798

Nachtwache statt Anbindung an`s Bett

Die Botschaft
Nachtwache statt Fixierung (oder so ähnlich)
viewtopic.php?t=16756
hört sich gut an. Solch eine personelle Zuwendung ist auch mehr als wunschenswert. Allerdings lassen die gegebenen Stellenschlüssel in Krankenhäusern und Heimen solche regelmäßigen Nachtwachen überhaupt nicht zu. Die gegebenen Aufgaben können noch nicht einmal korrekt ausgeführt werden. Und dann sollen auch noch zusätzliche Nachtwachen durchgeführt werden. Das wird mit dem vorhandenen Personal nicht möglich sein - und darüber sollte sich jeder Klarheit verschaffen.

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Menschenwürdegarantie und Pflegewirklichkeit

Beitrag von PflegeCologne » 07.01.2012, 15:48

Wir wissen doch alle in der Pflege, dass Fixierungen als sog. "Ultima ratio" einzustufen sind. Nur die gegebenen Möglichkeiten, der Pflege-Rahmen, lässt leider so manches nicht zu, was wünschenswert oder gar zwingend erscheint. Es freut mich daher sehr, dass hier die Entscheidung zurückhaltend diskutiert wird, statt, wie an anderer Stelle, in Jubel auszubrechen.
Wir brauchen in der Pflege erheblich verbesserte Rahmenbedingungen, u.a. mehr Personal. Erst wenn insoweit die "Fronten" geklärt sind, können auch alle pflegerelevanten Maßnahmen umgesetzt werden, die eigentlich zum Standardprogramm einer jeden Pflegeausbildung gehören.
Wir können noch so oft die Menschenwürdegarantie bemühen - wenn es nicht genügend Personen gibt, die insoweit auch tätig werden können, bleibt alles nur Theorie. Daran ändert auch ein einziger Beschluss eines Sozialgerichts, dem offensichtlich die Verhältnisse weniger vertraut sind, nichts.

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Rauel Kombüchen
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Nachtwache statt Fixierung - klingt gut

Beitrag von Rauel Kombüchen » 09.01.2012, 07:33

Unter
http://faz-community.faz.net/blogs/biop ... nerin.aspx
gibt es einige Statements zum Thema, in denen an dem konkreten Fall - es geht um eine Angelegenheit nach dem SGB XII und SGB IX - haarscharf vorbei geredet wird. Es genügt doch nicht, allein die Menschenwürde zu bemühen, um die von einem Sozialgericht für richtig befundene Nachtwache mit einem monatlichen Aufwand von 6.000 Euro zu rechtfertigen. Es muss, wenn schon diskutiert wird, auch das SGB XI ins Blickfeld genommen werden. Wollen und können wir für vielleicht mehr als 300.000 Demenzkranke demnächst Nachtwachen anstellen und finanzieren? Geht es nicht darum, endlich anzuerkennen, dass wir in der Pflege, wie schon ausgeführt wurde, einen Pflegenotstand haben? Muss das nicht alles einmal so richtig wahrgenommen und mit in die Erörterungen einbezogen werden? Wo sind die Schlaumeier, wenn es darum geht, die Pflege zu reformieren? Ich lese insoweit keine Beiträge?

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Lutz Barth
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"Schlaumeier"

Beitrag von Lutz Barth » 09.01.2012, 09:20

Nun - auch wenn ich mich aus dem Forum veranschiedet habe, möchte ich die aufgeworfene Frage aus meiner Sicht beantworten.
Wo sind die Schlaumeier, wenn es darum geht, die Pflege zu reformieren? Ich lese insoweit keine Beiträge?
Hier im Forum selbstverständlich, wie sich unschwer aus den Kurzbeiträgen ablesen lässt. Allerdings lassen die Kommentare darauf schließen, dass der Sinn und die Bedeutung des Beschlusses des SG Freiburg nicht erfasst wird, auch wenn es natürlich "nur" eine Einzelfallentscheidung ist.

In diesem Beschluss spiegelt sich eine höchst interessante Diskussion wider, die seit geraumer Zeit in der Rechtswissenschaft lebhaft geführt wird. Es geht um das Verhältnis zwischen Sozial- und Zivilrecht und insofern ist der Beschluss durchaus spektakulär und zwar jenseits einer hier im Forum überwiegend geführten Debatte um den berühmten Pflegenotstand!

Von daher kommt diesem Beschluss durchaus eine zentrale Bedeutung zu, auch wenn etwa W. Schell zur "Mäßigung" aufruft und ihm folgend hier im Forum - wie nicht anders zu erwarten - die Mitglieder beipflichten. Die "Fronten" sind hinlänglich geklärt, mal ganz davon abgesehen, dass die Rechtsprechung nicht darauf zuwarten kann, bis die Pflegekundler einschließlich der politisch Verantwortlichen den "Pflegenotstand" analysiert und "systemgerechte Entscheidungen" getroffen haben.

Die ständige Debatte um den "Pflegenotstand" ist mittlerweile ermüdend und die führenden Diskutanten tragen hierzu in entscheidender Weise bei. Nahezu jede Debatte wird in den Pflegenotstand eingebettet und es ist evident, dass hierdurch mit Blick auf gewichtige Anschlussfragen eine thematische Engführung stattfindet, die sich leider hier im Forum seit Monaten vortrefflich widerspiegelt.
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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Nachtwache statt Fixierung

Beitrag von Rauel Kombüchen » 09.01.2012, 10:52

Hallo Hr. Barth,

natürlich hat der Beschluss des SG Freiburg eine gewisse Bedeutung. Dies allein deshalb, weil hier eine Regelung vorläufig verfügt wurde, die das Pflegesystem auf den Kopf stellen würde; vorausgesetzt, die Aussagen des Gerichts würden Rechtsverbindlichkeit erlangen. Es hat übrigens in der Geschichte der BRD schon viele spektakuläre Entscheidungen von Untergerichten gegeben, die dann in dieser Form später keine Bestätigung gefunden haben.
Unterstellen wir einmal, dass die Beurteilung des SG Freiburg Bestätigung findet: Dann wird die Umsetzung der zu treffenden Folgerungen nicht funktionieren, weil das dafür erforderliche Personal weit und breit nicht aufzútreiben und zu finanzieren sein wird. Insoweit berührt die getroffene Entscheidung sehr wohl den Pflegenotstand.
Wer dies so nicht sehen will, hat keine Ahnung von dem, was in unseren Pflegeheimen tagtäglich abgeht und wie unsere Pflegekräfte bereits jetzt "auf dem Zahnfleisch" gehen.
Sobald der komplette Beschluss des FG Freiburg bekannt ist, wäre es im Übrigen auch geboten, die Entscheidung selbst näher zu beleuchten und vielleicht auch einmal zu fragen, ob denn im Vorfeld alles richtig gelaufen ist. Ist es nicht so, dass der zuständige Betreuer einmal eine Fixierung anordnet und sich genehmigung lässt und dann gleichzeitg mit Hinweis auf die Menschenwürdegarantie genau diese Fixierung in einem Streitverfahren beanstandet? Vielleicht hätte man auch gleich Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung stellen können? ....M.E. gibt es in Deutschland auch genügend Einrichtungen, die mit der betroffenen Person besser hätten umgehen können. Hat man sich wirklich um eine andere geeignetere Einrichtung bemüht? Und so kann viele weitere Fragen stellen.

MfG Rauel
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Fixierungen möglichst vermeiden

Beitrag von PflegeCologne » 09.01.2012, 13:45

Hallo,

es bestreitet eigentlich niemand, dass Fixierungen möglichst vermieden werden sollen. Dazu bedarf es keiner Projekte, um das heraus zu finden. Auch Betreuungsrichter müssten wissen, dass die Genehmigung von Maßnahmen nach § 1906 BGB nur in engen Grenzen vertretbar ist.
Daher ist zu begrüßen, dass die Zeitschrift "Die Schwester / Der Pfleger", 01/12, das Thema aufgegriffen hat. Die Aussagen von Prof. Klie klingen gut, sind aber doch zu wenig an den tatsächlichen Gegebenheiten ausgerichtet. Möglicherweise musste er auch in seinem Interview das "fixierungsfreie Pflegeheim" als möglich beschreiben, weil dies gut zu seinem Projektauftrag passte. Es ist doch aber eher so, dass der Verzicht auf Fixierungen meist mehr Personal erfordert. Und genau dies, so meint Prof. Klie, sei nicht nicht zwingend. Anders lautet es in dem Beitrag "Frei von Fesseln". Hier beschreibt eine Krankenschwester und Journalistin, dass z.B. die Nachtwache bei einem Bewohner mit der gegebenen personellen Besetzung kaum möglich ist. Sie hält daher insoweit den Einsatz von Angehörigen für geboten.
Ich bin - auch unter Berücksichtigung - der o.a. Zeitschriftenausführungen der Meinung, dass intensivere Zuwendung in den Pflegeheimen, z.B. durch Nachwacheneinsätze, erheblich mehr Personal erfordert. Oder aber die jeweiligen Angehörigen müssen einspringen. Dies wirft aber Fragen der Machbarkeit usw. auf.
Gerichte, die klüger sein wollen als die Praktiker, sollten in ihren Entscheidungen auch einmal herausarbeiten, wer welche Folgerungen aus ihren Einschätzungen zu tragen hat. Beschlussformulierungen, die in den allermeisten Fällen nicht umsetzbar sind, helfen allein so nicht weiter. Auch wenn es manchen Theortiker langweilt: In der Pflege ist mehr Personal vonnöten!

Es grüßt aus der Praxis
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Ich gebe es auf,

Beitrag von Lutz Barth » 09.01.2012, 15:16

hier im Forum zu weiterführenden Diskussionen anregen zu wollen.

Entscheidend ist, dass die Gerichte gelegentlich mehr Weitsicht walten lassen, als die sog. Professionellen. Selbst unter der Voraussetzung, dass hier in irgendeiner Form der Pflegenotstand berührt ist, ändert dies freilich nichts daran, dass hier ggf. das "Recht" zur Klärung herangezogen werden muss, und zwar insbesondere deshalb, dass hier individuelle Rechte der Bewohnerin zur Disposition stehen (Stichwort: Rechtsschutz und Rechtsweggarantie).
Zu erinnern ist, dass die Debatte nicht neu ist und bereits vor Jahren etwa im Krankenhausbereich vom BGH entschieden worden ist (Stichwort: Einrichtung einer Sitzwache) und im Übrigen gerade im Krankenhausbereich der BGH keinen Zweifel daran hat aufkommen lassen, dass der in einem Krankenhaus gebotene Standard grundsätzlich nicht (!) von den ökonomischen Rahmenbedingungen determiniert wird.

Von daher ist das Statement von Klie durchaus richtig, auch wenn er ansonsten anderenorts zumindest im stationären Pflegebereich die These des BGH vertritt, wonach "nur" das im Rahmen eines Vertrages geschuldet ist, was personell und wirtschaftlich vertretbar sei.

In diesem Sinne ist die Entscheidung durchaus "bahnbrechend", auch wenn sie nicht höchstrichterlich bestätigt werden sollte. Denn aus ihr ergibt sich ein Argumentationsansatz, der auch fachwissenschaftlich - und hier meine ich ausdrücklich die Rechtswissenschaft und nicht die Pflegewissenschaft - entsprechend weiter zu vertiefen sein wird und zwar unabhängig von einem Pflegenotstand!

Im Übrigen hilft uns im konkreten Fall der "Konjunktiv" nicht weiter...
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Nachtwache statt Psychopharmaka

Beitrag von Taube » 09.01.2012, 18:12

Wenn hier über die Zurückführung von Fixierungen geredet wird, müssen vor allem die Ärzte ins Boot geholt werden. Denn diese sind doch im Wesentlichen für die Verordnung der ruhigstellenden Medikamente verantwortlich. Siehe dazu u.a. unter viewtopic.php?t=15675&highlight=psychopharmaka Denn wenn über Fixierungen geredet wird, meint man damit nicht nur das Anbinden, sondern auch andere Maßnahmen, wie Bettgitter hoch ziehen oder eben ruhigstellende Medikamente verabreichen. Ich ärge mich immer wieder darüber, wenn im Zusammenhang mit Fixierungen nur die Pflege im Fokus steht. Nein, es sind in erster Linie die Ärzte, die Verantwortung tragen. Diese müssen ja die entsprechenden Einschätzungen vornehmen und Anordnungen treffen. Dann wäre auch noch zu fragen, was denn die Rechtlichen Betreuer und die Betreuungsrichter in Erwägung ziehen, um freiheitsentziehende Maßnahmen tunlichst auszuschließen?
Wenn die Entscheidung des SG Freiburg vom 15.12.2011, wie das Verfahren auch immer ausgeht, zu positiven Veränderungen beiträgt, wäre das ein Gewinn.

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Fixierungen manchmal unvermeidlich

Beitrag von Herbert Kunst » 22.01.2012, 08:34

Ich kenne eigentlich niemanden, der sich nicht gegen Fixierungen ausspricht. Grundsätzlich. Aber in so manchen Gefahrenlagen geht es offensichtlich nicht ohne.
Wenn das SG Freiburg mit seiner Entscheidung vom 15.12.2011 eine Diskussion zum Thema angestoßen hat, ist dies zu begrüßen. Allerdings ist es naiv anzunehmen, wir könnten in der BDR schlagartig alle Fixierungen beenden und durch einen Art "Personenschutz" für alle pflebedürftigen Menschen ersetzen. Es giilt insoweit so maches zu bedenken. Es geht einmal um das insoweit erforderliche Personal - und dann auch um die Kostenfolgen.
Ich bin sehr gespannt, wie sich die Diskussion weiter entwickelt.

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Nachtwache statt Fixierung - Beschwerde

Beitrag von WernerSchell » 23.01.2012, 15:49

Nach einer Mitteilung des Sozialgerichts Freiburg vom 23.01.2012 hat der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 15.12.2011
am 12.01.2012 Beschwerde eingelegt. Das Az. des LSG Baden-Württemberg lautet L 2 SO 72/12 ER-B .
Die Beschwerde war hier erwartet worden.

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Pflegebedürftige werden oft ans Bett gefesselt

Beitrag von Herbert Kunst » 11.02.2012, 11:59

Der nachfolgende Medienbericht verdient Aufmerksamkeit:

Pflege - Pflegebedürftige werden oft ans Bett gefesselt
09.02.2012

Düsseldorf. Die Zahl der Pflegebedürftigen, die in Heimen, Kliniken oder zu Hause ans Bett gefesselt oder mit Medikamenten ruhig gestellt werden, wächst. 32.000 richterliche Genehmigungen für solche Fixierungen wurden 2009 in NRW erteilt, die Dunkelziffer dürfte höher liegen. Der NRW-Landtag will das ändern - und die Zahl der Fixierungen auf ein Minimum reduzieren. .... (mehr)
http://www.derwesten.de/gesundheit/pfle ... 33767.html
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