Zukunft der Pflege - Wandel durch Personalmangel?

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

thorstein
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Zukunft der Pflege - Wandel durch Personalmangel?

Beitrag von thorstein » 16.10.2010, 09:09

http://gruene-bundestag.de/cms/termine/ ... 53511.html
Zwar wird die professionelle Pflege weiterhin eine zentrale Rolle spielen, aber eine ausreichende Versorgung der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen wird dadurch in Zukunft nicht mehr gewährleistet werden können. Denn angesichts des bereits spürbaren Personalmangels in der Pflege bedarf es eines gesellschaftlichen Wandels, der sich das Prinzip der geteilten Verantwortung zu eigen macht.
Interessante Feststellung. Unterstellt natürlich, das jetzt noch eine ausreichende Versorgung gewährleitet ist. Da unterscheiden sich die Grünen nicht von anderen Parteien.

ProPflege
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Pflegereform - falsche Vorstellungen - falsche Akzente ?

Beitrag von ProPflege » 16.10.2010, 09:59

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative - Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ist Kooperationspartner der „Aktion Saubere Hände.“


16.10.2010
An
Bündnis 90/Die Grünen - Bundestagsfraktion
z.Hd. Frau Elisabeth Scharfenberg


Sehr geehrte Frau Scharfenberg,

in meinem Forum gibt es einen Hinweis zu Ihrem Fachgespräch am 25.10.2010
viewtopic.php?t=14950 = http://gruene-bundestag.de/cms/termine/ ... 53511.html

In der Ankündigung wird u.a. ausgeführt:
.... Zwar wird die professionelle Pflege weiterhin eine zentrale Rolle spielen, aber eine ausreichende Versorgung der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen wird dadurch in Zukunft nicht mehr gewährleistet werden können. Denn angesichts des bereits spürbaren Personalmangels in der Pflege bedarf es eines gesellschaftlichen Wandels, der sich das Prinzip der geteilten Verantwortung zu eigen macht. ....

Ich fürchte, dass hier falsche Vorstellungen bestehen. Es kommt offensichtlich in Mode, allerorten über Fachkräftemangel zu sprechen. Soweit die Pflege betroffen ist, mangelt es vornehmlich an den gebotenen Ausbildungs- und Einstellungsoffensiven (in Bayern werden aktuell Finanzmittel für die Altenpflegeausbildung gestrichen .... usw.). Wertschätzung und Anerkennung für die Pflege kann man eigentlich nur durch "Taten Pro Pflege" ausdrücken. Im Übrigen hat die Pflege höhere Vergütungen verdient! Es kann doch nicht ernstlich sein, dass die Ärzteschaft (zuletzt wieder 1 Milliarde plus) und die Pharmaindustrie im Gesundheits- und Pflegesystem abräumen, die menschliche Zuwendung aber, die im Wesentlichen durch das Pflegepersonal gewährleistet wird, an den Rand gestellt wird.

Mit Rücksicht auf unseren Pflegetreff am 16.11.2010 wäre ich Ihnen für eine baldmögliche Rückmeldung dankbar, wie Bündnis90/Die Grünen die Pflegesituation wirklich einschätzen und die gebotenen Reformen angehen wollen. Zum Pflegetreff am 16.11.2010 wird Frau Klein-Schmeink kommen. Im Zweifel wird Sie sich zur Thematik aktuell äußern (müssen).

Ich bin besorgt über die allgemeinen Diskussionen, Hilfs- und Pflegekräfte aus dem Ausland anzuwerben. Insoweit hat ja erst kürzlich die Kanzlerin unerfreuliche Gedanken geäußert und zurecht Kritik geerntet: viewtopic.php?t=14751&highlight=merkel

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de

Siehe auch die Beiträge in diesem Forum unter:viewtopic.php?t=14930
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Gaby Modig
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Pflegereform - falsche Vorstellungen - falsche Akzente ?

Beitrag von Gaby Modig » 16.10.2010, 12:37

ProPflege hat geschrieben: ....Ich bin besorgt über die allgemeinen Diskussionen, Hilfs- und Pflegekräfte aus dem Ausland anzuwerben. Insoweit hat ja erst kürzlich die Kanzlerin unerfreuliche Gedanken geäußert und zurecht Kritik geerntet: viewtopic.php?t=14751&highlight=merkel .....
Hi,
das ist da hoch interessant. Offensichtlich setzen jetzt auch die Grünen auf die Karte – Pflegekräfte aus dem Ausland – komme, was da wolle.
Ich hätte, wenn schon in solche Richtungen diskutiert wird, auch eine Anregung:
Alle hilfe- und pflegebedürftigen Menschen ins Ausland abschieben und dort billigst versorgen lassen. Das wäre dann wohl auch im Sinne der Leistungsträger-Partei. Vielleicht könnte das noch als eine Art Entwicklungshilfe deklariert werden.
MfG G.M.
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

christine
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Beitrag von christine » 16.10.2010, 19:15

Es gibt zu wenig Pflegepersonal und aus dem Ausland werden Arbeitskräfte geholt? -

Ist es nicht so, dass es viele Pflegefachkräfte und Betreuungsmitarbeiter gibt, die resignieren, aufgeben, da sie die Zustände nicht länger dulden wollen?

Aus welchem Grund bitte werden Pflegefachkräfte für 1 Jahr befristet eingestellt, danach wird gewürfelt ob sie bleiben dürfen? Zu beobachten ist doch, dass oftmals gute, engagierte Mitarbeiter freiwillig gehen. Somit entsteht ein Karussell oder hopping von einem Ort zum anderen.

Es werden Praktikantinnen u.a. gern eingesetzt und arbeiten für wenig/ kein Geld viele Stunden. Das sind lediglich Beobachtungen aus den letzten 10 Jahren in st. Einrichtungen.

Sabrina Merck
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Pflegekräfte anständig behandeln

Beitrag von Sabrina Merck » 17.10.2010, 07:13

christine hat geschrieben:Es gibt zu wenig Pflegepersonal und aus dem Ausland werden Arbeitskräfte geholt? - Ist es nicht so, dass es viele Pflegefachkräfte und Betreuungsmitarbeiter gibt, die resignieren, aufgeben, da sie die Zustände nicht länger dulden wollen?
Aus welchem Grund bitte werden Pflegefachkräfte für 1 Jahr befristet eingestellt, danach wird gewürfelt ob sie bleiben dürfen? Zu beobachten ist doch, dass oftmals gute, engagierte Mitarbeiter freiwillig gehen. Somit entsteht ein Karussell oder hopping von einem Ort zum anderen.
Es werden Praktikantinnen u.a. gern eingesetzt und arbeiten für wenig/ kein Geld viele Stunden. Das sind lediglich Beobachtungen aus den letzten 10 Jahren in st. Einrichtungen.
Hallo Christine,
Deine Zeilen treffen des "Pudels Kern". Wir brauchen eigentlich keine Hilfe / Unterstützung aus dem Ausland. Wir müssen nur unsere eigenen MitarbeiterInnen in der Pflege "gut behandeln". Die so oft beschriebene Wertschätzung und Anerkennung wird in Wirklichkeit allzu oft mit Füßen getreten.
Wer macht das den Politikern - und auch Frau Merkel - einmal klar?
Mit sonntäglichen Grüßen
Sabrina Merck
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
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christine
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Menschlichkeit, Freundlichkeit ... jeder ist gefordert

Beitrag von christine » 17.10.2010, 10:37

Hallo Sabrina,

die PolitikerInnen wissen um dieses Thema. Wenn sich eine Person aus der Politik o.a. anmeldet in einer Einrichtung, wird alles gereinigt, dekoriert..., der Weg des Politikers ist begrenzt, er sieht nur das, was er gezeigt bekommt. Er trifft nur BW, die ihm gezeigt werden. Doch könnte Politik auch eine Einrichtung besuchen - ohne Anmeldungen.

Es wird nichts geschehen.

Wir selbst sind es, die auf die Strasse gehen müssten. Doch vom Personal kann man kaum etwas erwarten, sie arbeiten und schweigen in der goßen Mehrheit. Sie benötigen ihr Geld für ihren täglichen Bedarf.

Leitbilder, die in den Einrichtungen aushängen, werden oft nicht gelebt. ganz im Gegenteil: Es sind oftmals "Leidbilder", denn einzelne viele leiden enorm unter dem Psychoterror, der ihnen entgegengebracht wird.

Immer wieder sind es auch PFK, die "mitmachen", Doku fälschen, BW anschreien, unerlaubte Dinge tun. Sollten diese alle einmal freundlich, menschlich zu jedem MA werden, wäre dieses schon die halbe Miete.

In den Tageszeitungen kann man derzeit von Benotungen 1,0 lesen. Wer glaubt denn so etwas? Wie kann eine Einrichtung mit 1,0 begutachtet werden? Es werden wohl nur die Papiere sein, und diese kann ein Externer in 6 Monaten erstellen für eine gesamte Einrichtung.

Sabrina, ich wünsche Dir Menschlichkeit in Deinem / Ihrem Bereich
liebe Grüße Christine

PflegeCologne
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Pflegefachkräfte in Deutschland qualifizieren

Beitrag von PflegeCologne » 18.10.2010, 06:48

Sabrina Merck hat geschrieben: .... Wir brauchen eigentlich keine Hilfe / Unterstützung aus dem Ausland. Wir müssen nur unsere eigenen MitarbeiterInnen in der Pflege "gut behandeln". Die so oft beschriebene Wertschätzung und Anerkennung wird in Wirklichkeit allzu oft mit Füßen getreten. Wer macht das den Politikern - und auch Frau Merkel - einmal klar? ....
Hallo und guten Morgen,
ich bin auch mehr als erstaunt, was da alles im politischen Bereich gedacht wird. Statt bundesdeutsche Reserven mobil zu machen, kommt wieder einmal der Ruf nach dem Ausland. Nein, das ist nicht der richtige Weg. Wir brauchen für die bundesdeutschen Pflegesituationen bessere Rahmenbedingungen. Dann können auch hier ausreichend gute Pflegefachkräfte gewonnen werden.
Ich bin noch hoffnungsvoll und setze auf die anstehenden Reformen.
Viele Grüße Pflege Cologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
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Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 18.10.2010, 07:01

Guten Morgen allseits im Forum.

Seit geraumer Zeit beschäftigt mich die Frage, was eigentlich die Pflege begehrt. Auch ich registriere, dass immer davon die Rede ist, dass insgesamt der Pflege mehr Anerkennung und Wertschätzung zuteil werden soll.

Worin besteht diese eigentlich? Vielleicht sieht sich eine(r) in der Lage, eine kurze Orientierung zu geben.

Der Präsident des DPR verspricht im aktuellen DPR-Newsletter einen "heißen Herbst". Was aber folgt hieraus? Er beklagt, dass die Pflegenden mit ihren Anliegen nicht ernst genommen oder bewusst ignoriert werden, obgleich es doch darum gehe, "Schaden vom Volke" abzuwehren und gerade dies haben die Volksvertreter in ihrem Eid bekundet.

Vielleicht hilft hier ein jährlich zu vergebender "Florence Nightingale-Preis", die Vergabe von 100 Bundesverdienstkreuzen oder ähnlichem? Was will die Pflege? Ist die berufsethische Seele der beruflich Pflegenden derart in Mitleidenschaft gezogen, dass sie Balsam bedarf, nach dem Motto: Du sollst die Pflegenden ehren, auf das es Dir wohl ergehe und Du lange lebest auf Erden?

Wo also liegt das Problem, wenn die Pflege insgesamt das Problem hat, nicht wahrgenommen zu werden? Ist es vielleicht die zu einseitig ausgerichtete Berufsideologie, gerne als öffentlich-rechtliche Körperschaft wahrgenommen zu werden? Welche Vorteile ergeben sich hieraus für ein durchaus ernstzunehmendes Anliegen der Pflegenden, auch (wenn nicht gar primär) für bessere Arbeitsbedingungen einzutreten? Oder soll letzteres Anliegen in den bewährten Händen der Gewerkschaften liegen, so dass die Pflegefunktionäre tatsächlich sich darauf konzentrieren können, im Konzert der Gesundheitsakteure wahrgenommen zu werden?
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

PflegeCologne
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Pflege - Wertschätzung und Anerkennung

Beitrag von PflegeCologne » 18.10.2010, 07:20

Lutz Barth hat geschrieben: .... Seit geraumer Zeit beschäftigt mich die Frage, was eigentlich die Pflege begehrt. Auch ich registriere, dass immer davon die Rede ist, dass insgesamt der Pflege mehr Anerkennung und Wertschätzung zuteil werden soll.
Worin besteht diese eigentlich? Vielleicht sieht sich eine(r) in der Lage, eine kurze Orientierung zu geben. ....
Hallo Lutz,
bin im Moment im Forum (und muss gleich weg). Daher eine kurze Rückmeldung von mir:
Ich verstehe Wertschätzung und Anerkennung u.a. darin, dass die pflegerischen Verrichtungen - nicht immer leichte Arbeit am Menschen, meist bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit - gesellschaftlich geachtet werden. In Wirklichkeit gibt es ständig Negativmeldungen, mit denen man meist die Pflegekräfte für schlechte organisatorische und personelle Situationen in die Verantwortung nimmt. Tatsache ist aber, dass diese Pflegekräfte fast ausnahmslos am Limit arbeiten und zweifelsfrei "lückenhaft" tätig sein müssen. Es muss ständig darüber nachgedacht werden, was man unterlässt, später macht usw. Standards können kaum umgesetzt werden. Dann die Dokumentation ...
Wertschätzung und Anerkennung bedeutet für mich auch eine deutlich bessere Personalausstattung. Die jetzigen Stellenschlüssel lassen in der Heimpflege keine angemessene Pflege zu.
Dann erscheint mir auch überfällig, die Pflege vergütungsmäßig besser zu dotieren.
....
Viele Grüße
Pflege Cologne
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thorstein
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Beitrag von thorstein » 18.10.2010, 10:49

Sehr geehrter Herr Barth,

auch wenn ich inzwischen weiss, dass sie bei diesem Thema argumentationsresistent sind, werde ich im Interesse von möglichen LeserInnen noch einmal antworten:

Die Frage, wie wir mit Pflegebedürftigen in diesem Lande umgehen, ist eine gesamtgesellschaftliche und lässt sich keinesfalls an die Gruppe der Pflegekräfte delegieren.

Für die unzureichenden, und damit auch menschenrechtsverletzende Rahmenbedingungen lassen sich ganz eindeutig die Verantwortlichen benennen. Hier versagt unter anderem auch die Judikative in diesem Land.

Pflege ist ein Frauenberuf mit der damit häufig verbundenen Doppel- und Dreifachbelastung. Der Anteil an Kolleginnen mit Migrationshintergrund ist zumindest in der Altenpflege sehr hoch. Pflege ist Akkordarbeit, mit der entsprechenden physischen und psychischen Belastung. Aus dieser – noch unvollständigen - Gesamtschau heraus ein kritisches Potential abzuleiten ist einfach unrealistisch. Aber für ihre Denkweise ist das wohl alles irrelevant.

Zudem: Kritische Pflegekräfte bleiben nicht in diesem System. Warum sollten sie das auch tun? Wer oft genug gegen eine Wand gelaufen ist, wird auch irgendwann die Konsequenzen ziehen.

Sie können bis an den Rest ihres Lebens darüber sinnieren, warum die Pflege sich nicht organisiert, warum sie nicht auf die Strasse geht usw. Das alles hilft den Pflegebedürftigen und Patienten in diesem Land sicher nicht.

Ich will hier nicht falsch verstanden werden: Was ich hier angebe sind nachvollziehbare Gründe, aber keine Generalentschuldigung. Mein Mitleid mit „der Pflege“ hält sich durchaus in Grenzen. Die Unfähigkeit der Pflege, ihre Interessen wahrzunehmen darf aber nicht als Begründung für die Situation der Pflegebedürftigen missbraucht werden. Der Satz: wenn sich die Pflegekräfte nicht wehren, sind sie doch selber schuld, wäre bezüglich der Pflegebedürftigen nur zynisch.
Seit geraumer Zeit beschäftigt mich die Frage, was eigentlich die Pflege begehrt.
Vielleicht sollten sie die Fragestellung ändern: Wie kann man die Situation der Pflegebedürftigen verbessern? Oder scheint ihnen diese Frage nicht so wichtig zu sein?
Ich verrate ihnen noch ein Geheimnis: Sie können die Situation der Pflegebedürftigen nur verbessern, wenn sie die Situation der Pflegekräfte verbessern.

Herbert Kunst
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Pflegekräfte & das Wohl der Pflegebedürftigen

Beitrag von Herbert Kunst » 18.10.2010, 11:01

thorstein hat geschrieben: .....Ich verrate ihnen noch ein Geheimnis: Sie können die Situation der Pflegebedürftigen nur verbessern, wenn sie die Situation der Pflegekräfte verbessern.
Hallo thorstein,
die Rückmeldung ist treffend. Der Leitgedanke von Pro Pflege ... ist folgerichtig:
»Angehörige und Pflegekräfte gemeinsam zum Wohle der Pflegebedürftigen«
Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Lutz Barth
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Argumentationsresistenz!?

Beitrag von Lutz Barth » 18.10.2010, 11:33

Mit Verlaub Thorstein: Mein Kommentar orientiert sich am vorliegenden Thread und hier geht es doch (auch) um die Zukunft der Pflege und damit partiell selbstverständlich auch um die beruflich Pflegenden, die für sich einen Anspruch auf Wertschätzung und Anerkennung reklamieren.

Nun sollen die beruflich Pflegenden zwar nicht die bürgerlichen Tugenden aufgeben und ein stückweit sich auch als "Engel der zu Pflegenden" generieren, aber es könnte zumindest Sinn machen, darüber nachzudenken, dass auch die beruflich Pflegenden mit ihrem Beruf schlicht und ergreifend ihre Existenzgrundlage absichern, will heißen: ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Mit keiner Silbe vertrete ich in diesem Zusammenhang die von Ihnen geäußerte These, dass es gleichsam zynisch wäre, dass das Unvermögen der Pflegekräfte von der eigenen Interessenwahrnehmung gleichsam zu Lasten der Pflegebedütftigen gereicht: Dies zu behaupten, wäre Unfug. Entscheidend allerdings ist, dass allein der Hinweis, dass die Barmherzigkeit an keinem Tag der Woche ruhen darf, nicht dazu führt, dass neben den berechtigten Bedürfnissen der zu Pflegenden auch die Pflegekräfte für ihre eigenen Interessen nachhaltig eintreten können.

Ihre "Offenbarung eines Geheimnisses" und die an mich gerichtete Frage führt indes nicht weiter, stehe ich doch allgemein dafür, dass die Pflege seit Jahren einen - wenn auch konsequenten - falschen Weg beschritten hat. Sehen wir es aus der Perspektive des Pflegebedürftigen, dann verbleibt es bei der allgemeinen Erkenntnis: wo kein Kläger, dort auch kein Richter und wohlmeinende Appelle - auch solche, die Charta zu verinnerlichen, bleiben letztlich fruchtlos, weil es primär darum geht, die Frage zu entscheiden, ob unsere Gesellschaft insgesamt bereit ist, die Pflege auf eine neue finanzielle Grundlage zu stellen.

Unabhängig hiervon verbleibt es aber auch bei der Erkenntnis, dass die Situation der Pflegebedürftigen nicht davon abhängen darf, ob sich die Pflege wertgeschätzt oder anerkannt fühlt, sondern dass eine übernommene (!) Pflege lege artis erfüllt wird, zumal gelegentlich der BGH sich zu der m.E. richtigen Erkenntnis durchgerungen hat, dass die ökonomischen Rahmenbedingungen jedenfalls nicht dazu führen, pflegerische und freilich auch ärztliche Primärpflichten zu suspendieren oder herabzumildern.

In diesem Sinne erblicke ich im Haftungsrecht durchaus ein regulatives Moment, auch wenn derzeit eher die gegenläufige These in der Fachliteratur vertreten wird, dass aus den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben zugleich auch eine partielle "Haftungsfreistellung" erfolgt - freilich mit der Konsequenz, dass die Situation der Pflegebedürftigen sich materiell nicht dauerhaft bessern wird.

Es steht nicht in Abrede, dass der Leitgedanke von Pro Pflege richtig ist, wenngleich hiermit allerdings noch kein "konkreter Blumentopf" gewonnen ist - so wenig wie es hilfreich erscheint, dass sich eine Institution ein "Leitbild" verordnet und meint, die "Würde" des zu Pflegenden zu schützen und zu beachten. Wir können die zentralen Leitgedanken der Charta über der Eingangstür als Relief anfertigen lassen und dennoch erleben wir eine andere Realität, wenn wir nur einen Schritt in die Gesundheitsinstitutionen gehen - vorzugsweise in solchen Einrichtungen, die sich der Pflege gewidmet haben, zumal auch Pflegeeinrichtungen privatwirtschaftliche Unternehmungen sind.
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

thorstein
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Beitrag von thorstein » 18.10.2010, 12:06

Mit Verlaub Herr Barth: Die Frage, die mich interessiert, ist, im Rahmen einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, welche Vorschläge Sie zur Verbesserung der Situation der Pflegebedürftigen beisteuern können?
die ökonomischen Rahmenbedingungen jedenfalls nicht dazu führen, pflegerische und freilich auch ärztliche Primärpflichten zu suspendieren oder herabzumildern.
Also mehr Pflegekräfte vor Gericht stellen? Klappt sicher.
die Pflege seit Jahren einen - wenn auch konsequenten - falschen Weg beschritten hat
Die Pflege- wenn wir damit die überwiegende Mehrheit der Pflegekräfte meinen - hat überhaupt keinen Weg beschritten und wird dies auch in Zukunft nicht tun. Siehe obigen Beitrag oder einfach weiter ignorieren.
dennoch erleben wir eine andere Realität
Und? Jetzt sind sie gefragt! Wie gewinnen wir einen konkreten Blumentopf? Aber vielleicht halten sie einen Florence Nightingale Preis tatsächlich für die Lösung? Dann bedanke ich mich schon mal im Namen der Pflegebedürftigen für ihren bahnbrechenden Beitrag.

Sabrina Merck
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Pflegekräfte sind qualifiziert und bemüht - aber ....

Beitrag von Sabrina Merck » 18.10.2010, 12:24

thorstein hat geschrieben: ....Mit Verlaub Herr Barth: Die Frage, die mich interessiert, ist, im Rahmen einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, welche Vorschläge Sie zur Verbesserung der Situation der Pflegebedürftigen beisteuern können? ....
Und? Jetzt sind sie gefragt! Wie gewinnen wir einen konkreten Blumentopf? ....
Hallo Diskutanten,
ich schließe mich den gestellten Fragen gerne an. Auch nach meinem Verständnis ist es so, dass die Pflegekräfte unter miserablen Bedingungen tätig sind - und die unguten Bedingungen schreiten voran. Lassen wir einmal die Erörterung darüber, dass es überall "schwarze Schafe" gibt, beseite:
Die Pflegekräfte sind meist gut ausgebildet und engagiert (zumindest zu Beginn des Berufslebens). Sie tuen, was sie können. Aber die Arbeitsbedingungen, die Vorgaben des Pflegerechts und der darauf beruhenden Verträge und Vereinbarungen, sind dramatisch schlecht. Vor allem die Stellenschlüssel, sogar regional unterschiedlich, reichen hinten und vorne nicht.
Daher sehe ich die Verantwortung für all das, was immer wieder moniert wird, nicht bei den Pflegekräften, sondern vornehmlich bei denjenigen, die Einfluss auf die Rahmenbedingungen der Pflege haben.
Und damit bin ich bei den Parlamenten und Ministerien - und auch bei den Heimträgerverantwortlichen bzw. deren Verbände.
Es grüßt Sabrina Merck
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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Zukunft der Pflege ....

Beitrag von Service » 19.10.2010, 10:40

Zuschrift (anonymisiert) vorgestellt:
....
ich stelle mir die Zukunft der Pflege so vor, dass alle Institutionen zusammenarbeiten und nicht jeder versucht, aus den Patienten das letzte an Pflegestufen und Profit herauszuholen (z.B. überflüssige Impfungen).
Die Würde des Einzelnen sollte gewahrt werden, z.B. dass schwerhörige alte Menschen von den Lippen ablesen können und dass sog. "pflegeerleichternde Maßnahmen" wie Katheter oder Sonden nur dann und nur so lange eingesetzt werden, wie es wirklich nötig ist. Das unendliche Schreiben der Dokumentationen bringt nicht ganz so viel, wenn der Mensch dabei auf der Strecke bleibt. Auch die besten OP´s bringen nichts, wenn die Nachversorgung auf der "Normalstation" durch fehlendes Pflegepersonal unterbleibt.
Auch muss das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Stationen der Klinik und den Angehörigen stattfinden, und wenn es keine Hoffnung mehr geben sollte, dann müssen die Grundlagen zur ärztlichen "Sterbebegleitung" der Bundesärztekammer zumindest befolgt werden, damit im Ansatz ein jedem zu wünschender würdevoller Tod ermöglicht wird. Auch sollte individuell im Notfall schnell ein breiteres Pflege- und Mobilisierungsbett für Korpulente von der Pflegekasse zur Verfügung gestellt werden, damit der Patient nicht aus dem Bett fällt bzw. sich auch selber z.B. in den Toilettenstuhl bewegen kann. Leider merken auch die politischen Entscheider erst wenn sie selber betroffen sind, wie wichtig Unterstützung ist, aber dort spielt das fehlende Geld nicht die entscheidende Rolle, wenn akute Maßnahmen nötig sind.

Herzliche Grüße
.... NN

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