Pharmakonzern Janssen prämiert drei Projekte

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Pharmakonzern Janssen prämiert drei Projekte

Beitrag von Presse » 12.09.2012, 10:38

Neuss
Pharmakonzern Janssen prämiert drei Projekte
zuletzt aktualisiert: 12.09.2012 Neuss (NGZ). Der Pharmakonzern Janssen-Cilag hat gestern zum neunten Mal seinen Zukunftspreis verliehen,
diesmal hat er ihn gleichberechtigt dreigeteilt: Das Online-Portal "washabich.de", der "Werdenfelser Weg" und das "Brandenburger Telemedizin-Netzwerk" erhalten je 5000 Euro.
.... weiter lesen unter
http://www.ngz-online.de/neuss/nachrich ... -1.2990229

Gaby Modig
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Gewinn für die Menschenwürde

Beitrag von Gaby Modig » 17.09.2012, 06:38

Die Ärzte Zeitung informiert am 17.09.2012 zum Janssen-Cilag-Zukunftspreis und verweist dabei auf Firmeninformationen, u.a. zum Werdenfelser Weg:

Gewinn für die Menschenwürde
Zweiter Preisträger des Abends war der "Werdenfelser Weg", ein verfahrensrechtlicher Ansatz aus dem bayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Er bietet deutschlandweit die erste rechtliche Grundlage für die Vermeidung von Fixierungsmaßnahmen bei pflegebedürftigen Menschen. "Der häufigste Grund für den Einsatz von Bauchgurten, Bettgittern oder ähnlichen Fixierungsmaßnahmen ist die Angst vor Haftung. Doch die Initiatoren sehen nicht nur das Rechtsproblem, sondern auch den Verlust an Lebensqualität, der mit einer Fixierung einhergeht. Der "Werdenfelser Weg" macht es Einrichtungen und Angehörigen nun leichter, sich gegen eine Fixierung zu entscheiden", so die Jury.
Quelle: http://www.janssen-cilag.de/bgdisplay.j ... ign=zkpr13
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

WernerSchell
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Werdenfelser Weg statt Fachlichkeit in der Pflege?

Beitrag von WernerSchell » 06.08.2013, 07:02

Heike Bohnes hat bei Facebook geschrieben ->
https://www.facebook.com/werner.schell. ... ion=stream

Werdenfelser Weg statt Fachlichkeit in der Pflege?

Hallo lieber Facebook Freund! Wenn Dir dieser Artikel gefällt, dann hilf, ihn zu verbreiten und teile dieses Posting mit Deinen Facebook-Freunden.
Seit einiger Zeit wird ein Verfahrensweg der Betreuungsgerichte hoch gelobt. Dabei frage ich mich, ob mit diesem Verfahrensweg den Pflegefachkräften nicht ein Großteil ihrer pflegefachlichen Kompetenz genommen wird. Ich frage also: sind wir wirklich auf dem richtigen Weg?
Der Werdenfelser Weg -> http://de.wikipedia.org/wiki/Werdenfelser_Weg ist ein Verfahrensweg im Betreuungsrecht, um freiheitseinschränkende Maßnahmen in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen zu vermeiden. Ich möchte betonen, dass das Ziel des Verfahrens – also die Vermeidung von Bettgitter, Bauchgurt & Co – absolut richtig und erstrebenswert ist. Doch ist es Aufgabe der Betreuungsgerichte für Alternativen zu Freieheitseinschränkungen zu sorgen?
Brauchen wir einen Werdenfelser Weg, oder reicht es aus, wenn sich die Pflegefachkräfte wieder auf ihr fachliches Wissen und Können besinnen?
Der Werdenfelser Weg hat – ebenso wie die Studie ReduFix -> http://www.redufix.de/ - einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung von Freiheitseinschränkungen insbesondere in der Altenpflege geleistet. Jetzt pflanzt er sich durch die Republik. Das ist auch gut so.
Ich bemängel allerdings, dass inzwischen aus einem lobenswerten Verfahren ein Produkt entstanden ist. Diverse Weiterbildungsinstitute bieten die Weiterbildung zum “Verfahrenspfleger Werdenfelser Weg” für einen Preis zwischen 300 € und 500 € an. Damit wird suggeriert, dass das Verfahren zur Freiheitseinschränkung unumgänglich ist.
Doch ist das so?
Aus meiner Sicht ist der “Verfahrenspfleger Werdenfelser Weg” überflüssig. Denn jede Pflegefachkraft sollte in der Lage sein, abzuwägen, ob im individuellen Fall eine Freiheitseinschränkung unumgänglich erforderlich ist. Auch der Einsatz der zahlreichen Alternativen zum Schutz eines sturzgefährdeten Bewohners / Patienten sollte für Pflegefachkräfte selbstverständlich sein. Die fachlich fundierte Handlungsweise der Pflegefachkraft im Bereich der Sturzprophylaxe wird auch im Expertenstandard “Sturzprophylaxe in der Pflege“, gefordert (und nicht der Werdenfelser Weg!). Der Expertenstandard entspricht dem aktuellen Stand der pflegerischen Erkenntnisse und spricht sich eindeutig gegen Freiheitseinschränkungen zur Sturzvermeidung aus. Es wird explizit auf die möglichen Alternativen hingewiesen. Auch in der Studie ReduFix wird die Vermeidung von Freiheitseinschränkungen als Aufgabe der Pflegefachkräfte und nicht der Betreuungsgerichte gesehen.
Wichtiger als der Werdenfelser Weg ist meines Erachtens, dass im Hinblick auf die Anwendung von Bettgitter und Gurt ein Umdenken in der Pflege erfolgt. Pflegekräfte (und vor allem ihre Vorgesetzten) müssen sich von ihrem Wunsch nach möglichst 100 %tiger Sicherheit verabschieden.
Sie müssen statt einen Antrag bei Gericht zu stellen, ein Fallgespräch im Team führen und gemeinsam überlegen, welche Alternative zur Freiheitseinschränkung besteht. Darüber hinaus ist abzuwägen, ob die beabsichtigte Einschränkung im Verhältnis zum tatsächlich erzielbaren Nutzen steht.
Kurzum: es sollte gar nicht erst zum schnellen oder unreflektierten Antrag auf Genehmigung einer Freiheitseinschränkung beim Betreuungsgericht kommen. Der Antrag sollte erst dann gestellt werden, wenn die Pflegekräfte die Einschränkung genau abgewogen haben und alternative Maßnahmen nicht erfolgreich waren.
In der Praxis fehlt dieser Abwägungsprozess und das Testen alternativer Möglichkeiten regelmäßig. Aus meiner Sicht kann und sollte dieses pflegefachliche Vorgehen nicht durch einen “Verfahrenspfleger Werdenfelser Weg” ersetzt werden. Gefragt sind die Pflegekräfte, die täglichen Umgang mit dem Betroffenen haben!
Kurzum: Der Werdenfelser Weg war erforderlich, um ein Umdenken in der Pflege anzustossen. Doch er muss und sollte keinesfalls die pflegefachlichen Entscheidungen zum Wohle des Patienten oder Bewohners ersetzen. Deshalb bitte ich alle Pflegekräfte: Lasst Euch nicht von Verfahrenspflegern ablösen! Nehmt das Ruder (wieder) selbst in die Hand. Ihr habt das Wissen dazu! Nehmt Euch die Kompetenz, abzuwägen und Entscheidungen im Sinne der Euch Anvertrauten zu treffen, wieder zurück!

Dazu wurde am 29.07.2013 von mir folgendes Statement abgegeben:

Sehr geehrte Frau Bohnes,
ich teile Ihre Auffassung hinsichtlich des "Werdenfelser Weges". Anstösse zur Verringerung von freiheitsentziehenden Maßnahmen sind zwar richtig, aber daraus, wie Sie das nennen, ein Produkt zu machen, erscheint mir völlig entbehrlich. Ärzte, Pflegefachkräfte, Bevollmächtigte und Betreuer müssen aufgrund ihres Wissens und Könnens in der Lage sein, die richtigen Beurteilungen vorzunehmen und dann korrekt zu entscheiden. Offensichtlich ist der "Werdenfelser Weg" zu einem Verfahren umstilisiert worden, bei dem sich alle an sich Zuständigen an einer Entscheidung vorbei drücken wollen. Ich habe hier (im Rhein-Kreis Neuss) wiederholt für eine Verringerung von Fixierungen geworben (-> viewtopic.php?t=17044&highlight=fixierungen ) und dabei auch die Nutzung des "Werdenfelser Weges" als eher entbehrlich bezeichnet. Mittlerweile wird dieses Verfahren offensichtlich vom Amtsgericht Grevenbroich praktiziert - und es gibt schon erste Beschwerden. Ich beabsichtige daher, die Angelegenheit noch einmal grundsätzlicher anzugehen. Ich würde in diesem Zusammenhang gerne Ihre Stellungnahme verwenden. Sind Sie einverstanden?
Viele Grüße
Werner Schell

Der Text wurde mir von Frau Bohnes aufgrund der o.a. Zuschrift zur weiteren Verwendung zur Verfügung gestellt (Erlaubnis vom 29.07.2013).
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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