Ärztliche Anordnung im Heim – Wer dokumentiert?
Seitens der Kassenärztlichen Vereinigungen wird die Auffassung vertreten wird, Ärzte bräuchten in der Dokumentation der Heime keine schriftlichen Anordnungen vorzunehmen. Diese Rechtsauffassung ist schlicht falsch und kann aus pflegerechtlicher Sicht nicht akzeptiert werden!
Nachfolgend eine Darstellung aus KV-Sicht und weitere Hinweise zu einschlägigen Beiträgen, die die Rechtslage zutreffend beschreiben.
Werner Schell
Zur ärztlichen Dokumentationspflicht
Die Rechtsabteilung erreicht immer wieder die Frage, ob ein Arzt, der Patienten in einem Alten- und Pflegeheim betreut, in der Heimdokumentation Einträge vornehmen muss oder verpflichtet ist, Eintragungen von Mitarbeitern des Heimes abzuzeichnen.
Ärzte sind gem. § 10 Abs. 1 der Berufsordnung verpflichtet, über die in Ausübung des Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu tätigen. Diese sind nicht nur Gedankenstützen für den Arzt, sondern sie dienen auch dem Interesse des Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.
Der Arzt schuldet dem Patienten als vertragliche Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag die ausführliche, sorgfältige und vollständige Dokumentation der ärztlichen Behandlung. Die ärztliche Dokumentation bezieht sich auf Anamnese, Diagnose und Therapie. Diagnostische Bemühungen, Funktionsbefunde, Art und Dosierung einer Medikation, ärztliche Hinweise und Anweisungen an die Funktions- und Behandlungspflege, eine Abweichung von Standardbehandlungen sind ebenso zu dokumentieren wie Verlaufsdaten, also die ärztliche Aufklärung, der Verlauf einer Operation oder Narkose.
Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die Verantwortungsbereiche des Arztes und der Pflegeeinrichtung auch gegeneinander abzugrenzen sind, weil ihnen unterschiedliche vertragliche Verpflichtungen zugrunde liegen.
Der Arzt ist aufgrund seines Behandlungsvertrages mit dem Patienten neben einer sorgfältigen Befunderhebung, Diagnosestellung und Aufklärung zu einer der ärztlichen Kunst entsprechenden Therapie verpflichtet. Für die Verschreibung von Medikamenten gilt, damit der Patient keinen vermeidbaren Risiken ausgesetzt wird, eine besondere Sorgfalt, z. B. muss der Arzt nach der herrschenden Rechtsprechung für den Fall von nicht ungefährlichen Medikamenten sicherstellen, dass die Anwendung in nicht gefährdender Weise erfolgt und dieses ärztlicherseits überwachen. Soweit der Arzt seinen Sorgfaltspflichten gegenüber dem Patienten gerecht wird, hat er seinen Behandlungsvertrag dem Patienten gegenüber ordnungsgemäß erfüllt.
Unabhängig von diesem Rechtsverhältnis schließt der Patient/Pflegebedürftige regelmäßig mit der Pflegeeinrichtung einen Heimvertrag. Bestandteil dieses Vertrages ist u. a. die Verpflichtung des Heimes und seiner Angestellten, für eine ordnungsgemäße pflegerische Betreuung zu sorgen. Hierbei sind ebenfalls Sorgfaltsmaßstäbe zu erfüllen. Von dieser Verpflichtung gegenüber dem Patienten/Pflegebedürftigen wird das Heim auch durch eine Unterschrift/ein Handzeichen des Arztes nicht entbunden.
Vor diesem Hintergrund ist weder eine gesetzliche Grundlage noch eine vertragliche Basis für eine generelle Dokumentationspflicht des Arztes in der Heimdokumentation oder für eine Gegenzeichnung zu erkennen. Vielmehr wird der Arzt im Einzelfall zu prüfen haben, ob diese zusätzliche Dokumentation für ihn eine Kontrollmöglichkeit oder eine Absicherung darstellt.
Solche Probleme lassen sich verhindern oder lösen, wenn die Pflege und Betreuung durch qualifizierte Mitarbeiter erfolgt und eine harmonische Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt stattfindet.
Die Möglichkeit, für eine Unterschrift in der Heimdokumentation gegebenenfalls eine Gebühr zu verlangen, besteht nach der GOÄ nicht.
Fundstelle:
http://www.aeksh.de/shae/200109/h019068a.htm
Die Delegation von ärztlichen Aufgaben ist grundsätzlich schriftlich zu fixieren!
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... fgaben.htm
Bedarfsmedikation – ein Dauerrechtsproblem in der Krankenversorgung
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... tion01.pdf
Dokumentation von ärztlichen Anordnungen in Heimen
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... 122003.pdf
Dokumentation durch den Arzt bzw. Pflegekraft - bis wann?
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... tation.htm
Eine gute Dokumentation ärztlicher Anordnungen dient der Absicherung medizinischer Behandlungsleistungen im Pflegeheim. Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegekräften noch verbesserungswürdig
http://www.haeverlag.de/archiv/n_beitrag.php?id=1031
Ärztliche Anordnung im Heim – Wer dokumentiert?
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Ärztliche Anordnung im Heim – Wer dokumentiert?
Zuletzt geändert von WernerSchell am 02.11.2007, 08:06, insgesamt 2-mal geändert.
Schriftliche Anordnung / Verordnung wichtig!
Sehr geehrter Herr Schell,
die beschriebene Verweigerungshaltung der Ärzte ist mir bekannt und muss problematisiert werden. Ich bin auch der Meinung, dass die Ärzte ihre Anordnungen / Verordnungen für das Pflegepersonal schriftlich abzuliefern haben. Sie müssen das ja nicht unbedingt in die Pflegedokumentation eintragen, sondern können, wie auch sonst, eine besondere Verordnung im Heim zurücklassen. Eine alleinige mündliche Erklärung, oft sogar nur per Telefon übermittelt, reicht aus Rechtsgründen nicht aus.
Bitte bleiben Sie am Thema dran - es ist für die Pflegekräfte von großer Wichtigkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Rob Hüser
die beschriebene Verweigerungshaltung der Ärzte ist mir bekannt und muss problematisiert werden. Ich bin auch der Meinung, dass die Ärzte ihre Anordnungen / Verordnungen für das Pflegepersonal schriftlich abzuliefern haben. Sie müssen das ja nicht unbedingt in die Pflegedokumentation eintragen, sondern können, wie auch sonst, eine besondere Verordnung im Heim zurücklassen. Eine alleinige mündliche Erklärung, oft sogar nur per Telefon übermittelt, reicht aus Rechtsgründen nicht aus.
Bitte bleiben Sie am Thema dran - es ist für die Pflegekräfte von großer Wichtigkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Rob Hüser
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Arzt ist selbstverständlich zur Dokumentation verpflichtet!
H. Krahforst, Jur. Geschäftsführer der LÄK Brandenburg hat im Brandenburgischen Ärzteblatt 2/2007 S. 53 die These vertreten, dass es keine Verpflichtung für die Ärzteschaft gäbe, entsprechenden Eintragungen in die Dokumentationen vornehmen zu lassen resp. diese abzuzeichnen. Er vertritt hierbei die Rechtsauffassung, dass aufgrund unterschiedlicher Pflichten (einerseits Heimvertrag, andererseits ärztlicher Behandlungsvertrag) und dem Nebeneinander von ärztlicher und pflegerischer Dokumentation es weder eine gesetzliche noch vertragliche Grundlage für eine generelle Dokumentationspflicht des Arztes in der Heimdokumentation oder für eine Gegenzeichnung gibt.
Quelle: Brandenburgisches Ärzteblatt 2/2007 S. 53 >>>
http://www.laekb.de/45/15Artikel/90119A20070207.html
In diesem Zusammenhang stehend darf auf die diesseitige Stellungnahme in der Zeitschrift PflegeRecht 09/2007, S. 418 ff. verwiesen werden.
In dem Beitrag komme ich zum gegenteiligen Ergebnis, wonach eine entsprechende Dokumentationspflicht begründet ist. Wesentlich ist hierbei, dass die Dokumentationspflicht in erster Linie zu Informationszwecken und damit unmittelbar den Patienteninteressen und der Patientensicherheit zu dienen bestimmt ist, so dass die ärztliche und die heimrechtlich gebotene Dokumentation funktional gleichgerichtet ist.
Danach gibt es für mich keinen Zweifel, dass der Arzt oder die Ärztin zur entsprechenden Dokumentation (auch in der Heimdokumentation) verpflichtet ist. Der Hinweis darauf, dass unterschiedliche Verträge ggf. unterschiedliche Rechte und Pflichten markieren, verfängt nicht, mal ganz abgesehen davon, dass das Berufsrecht der Ärzteschaft hierzu eindeutig ist.
Mit freundlichen Grüßen.
Lutz Barth
Quelle: Brandenburgisches Ärzteblatt 2/2007 S. 53 >>>
http://www.laekb.de/45/15Artikel/90119A20070207.html
In diesem Zusammenhang stehend darf auf die diesseitige Stellungnahme in der Zeitschrift PflegeRecht 09/2007, S. 418 ff. verwiesen werden.
In dem Beitrag komme ich zum gegenteiligen Ergebnis, wonach eine entsprechende Dokumentationspflicht begründet ist. Wesentlich ist hierbei, dass die Dokumentationspflicht in erster Linie zu Informationszwecken und damit unmittelbar den Patienteninteressen und der Patientensicherheit zu dienen bestimmt ist, so dass die ärztliche und die heimrechtlich gebotene Dokumentation funktional gleichgerichtet ist.
Danach gibt es für mich keinen Zweifel, dass der Arzt oder die Ärztin zur entsprechenden Dokumentation (auch in der Heimdokumentation) verpflichtet ist. Der Hinweis darauf, dass unterschiedliche Verträge ggf. unterschiedliche Rechte und Pflichten markieren, verfängt nicht, mal ganz abgesehen davon, dass das Berufsrecht der Ärzteschaft hierzu eindeutig ist.
Mit freundlichen Grüßen.
Lutz Barth
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Ärztliche Dokumentation in der Heimversorgung unabdingbar
Guten Morgen,
dass eine ärztliche Dokumentation in der Heimversorgung unabdingbar ist, kann aus vielerlei Gründen nicht bezweifelt werden. Die Weigerung vieler Ärzte zur Dokumentation ihrer Anordnungen usw. wird zum Teil mit einer fehlenden Vergütung begründet. Damit zeigen die Ärzte, mit welcher Berufsauffassung sie teilweise unterwegs sind. Überhaupt gibt es so manche Unzulänglichkeiten bei der ärztlichen Versorgung in den Heimen. Leider wird das Thema nicht gebührend öffentlich erörtert. Man scheut sich anscheinend, die Ärzte an ihre Pflichten zu erinnern:
Ärztliche Versorgung in Heimen oft mangelhaft!!
viewtopic.php?t=3387&highlight=%E4rztliche
Demenzpatienten werden in Pflegeheimen falsch behandelt
viewtopic.php?t=6314&highlight=%E4rztliche
Für so manchen sog. Pflegefehler sind m.E. eher die Ärzte (mit) verantwortlich. Warum schauen sie nicht intensiver hin ? ...
Ich meine, dass die Heimträger auf Kooperationsvereinbarungen mit den Ärzten, die im Heim ein- und ausgehen, abschließen sollten. Dabei könnten auch Dokumentationspflichten beschrieben werden.
Gruß
Herbert Kunst
dass eine ärztliche Dokumentation in der Heimversorgung unabdingbar ist, kann aus vielerlei Gründen nicht bezweifelt werden. Die Weigerung vieler Ärzte zur Dokumentation ihrer Anordnungen usw. wird zum Teil mit einer fehlenden Vergütung begründet. Damit zeigen die Ärzte, mit welcher Berufsauffassung sie teilweise unterwegs sind. Überhaupt gibt es so manche Unzulänglichkeiten bei der ärztlichen Versorgung in den Heimen. Leider wird das Thema nicht gebührend öffentlich erörtert. Man scheut sich anscheinend, die Ärzte an ihre Pflichten zu erinnern:
Ärztliche Versorgung in Heimen oft mangelhaft!!
viewtopic.php?t=3387&highlight=%E4rztliche
Demenzpatienten werden in Pflegeheimen falsch behandelt
viewtopic.php?t=6314&highlight=%E4rztliche
Für so manchen sog. Pflegefehler sind m.E. eher die Ärzte (mit) verantwortlich. Warum schauen sie nicht intensiver hin ? ...
Ich meine, dass die Heimträger auf Kooperationsvereinbarungen mit den Ärzten, die im Heim ein- und ausgehen, abschließen sollten. Dabei könnten auch Dokumentationspflichten beschrieben werden.
Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de
Ärztliche Dokumentation in der Heimversorgung unabdingbar
Dem kann man nur zustimmen. Die Frage ist aber, warum das Thema nicht aufgegriffen wird.Herbert Kunst hat geschrieben:.... Für so manchen sog. Pflegefehler sind m.E. eher die Ärzte (mit) verantwortlich. Warum schauen sie nicht intensiver hin ? ... Ich meine, dass die Heimträger auf Kooperationsvereinbarungen mit den Ärzten, die im Heim ein- und ausgehen, abschließen sollten. Dabei könnten auch Dokumentationspflichten beschrieben werden. ...
Cicero
Politisch interessierter Pflegefan!
Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!
Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!