Intinsivpflege - Einsatz von Aushilfskräften zulässig ?

Pflegespezifische Themen; z.B. Delegation, Pflegedokumentation, Pflegefehler und Haftung, Berufsrecht der Pflegeberufe

Moderator: WernerSchell

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Monika R.

Intinsivpflege - Einsatz von Aushilfskräften zulässig ?

Beitrag von Monika R. » 14.10.2007, 10:19

Intinsivpflege - Einsatz von Aushilfskräften zulässig ??

Sehr geehrter Herr Schell,

vielleicht könnten Sie mir weiterhelfen?

Ist der Einsatz von Medizinstudenten/Rettungsassisten/Rettungssanitätern als Aushilfskräfte in der Intensivpflege vertretbar? Dürfen sie Medikamente/Infusionen/Injektionen verabreichen? Was dürfen Zeitarbeitskräfte?

Konkret geht es um folgendes:
Da unser Stellenplan sehr knapp gehalten ist, werden bei mindestens 75% Belegung oben genannte Aushilfskräfte eingesetzt, um die Schichten voll abdecken zu können. In jeder Schicht ist ein Festangestellter mit dreijähriger Krankenpflegausbildung und evtl. Fachweiterbildung eingesetzt. Ich nehme an, daß man damit automatisch die Schichtleitung ist? Welche haftungsrechtlichen Konsequenzen sind für die Schichtleitung zu erwarten, wenn die Aushilfe Mist baut? An unsere Station angegliedert ist ein Aufwachraum, besetzt mit einem Früh- und einem Spätdienst. Da diese Schichten über zwei Teilzeitkräfte ebenfalls nicht abgedeckt sind, werden auch dort Aushilfen eingesetzt.

Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten ist es kaum möglich diese Mitarbeiter - egal ob Aufwachraum oder Intensivbereich - im Auge zu behalten. Zumal sie ja erst dann kommen, wenn es ohnehin "brennt" und kaum Zeit zur Einweisung bleibt. Aber sie sind halt billiger als Zeitarbeitskräfte.

Wir arbeiten nur mit Bauchgrummeln mit diesen Aushilfen zusammen, und meine PDL meinte, wir müßten uns keine Sorgen machen...was ich als schlechten Witz ansehe, zumal es bereits mehrfach zu gefährlichen Situationen gekommen ist.

Im Grunde stellt sich die gleiche Problematik mit den Zeitarbeitskräften, die zwar immerhin eine Krankenpflegeausbildung haben, aber oft keine Überwachungs- oder Intensiverfahrung.

Leider bin ich bislang noch nicht fündig geworden zu dieser Problemstellung; es gibt vieles zu Heimen, aber Krankenhäuser? Sind m.E. oft nicht besser als Heime, da hier der Sparzwang und damit Pflegenotstand genauso vorhanden ist. Aber der Fokus liegt auf der Altenpflege. Der DBFK konnte mir nicht weiterhelfen ...

Allein für Literaturtips zu dieser speziellen Thematik "Aushilfe & Intensivstation"wär ich schon sehr dankbar.

Mit freundlichem Gruß
Monika R.

WernerSchell
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Riskante Krankenpflege - Patienten in Gefahr!

Beitrag von WernerSchell » 14.10.2007, 10:42

Sehr geehrte Fragestellerin,

die von Ihnen angesprochene Problematik hat wohl damit zu tun, dass aus wirtschaftlichen Erwägungen Personalkosten eingespart werden sollen. Das ist eigentlich unverantwortlich und stellt sich zunehmend als ein Probleme der Patientengefährdung dar.

Siehe dazu in diesem Forum unter
Riskante Krankenpflege - Patienten in Gefahr!
viewtopic.php?t=6888
„KRANKENHAUS BAROMETER 2007“ vorgestellt
viewtopic.php?t=7338
Mittlerweile interessieren sich auch zunehmend die Medien für dieses Thema.

Siehe dazu:
Krankenhausbarometer - Frontal21 wird berichten
Frontral 21, ZDF, recherchiert für einen Beitrag anlässlich des DKG Barometers für Krankenhäuser. Gesucht werden u.a. Krankenschwestern, Pfleger oder PflegedienstleiterInnen, die von den Auswirkungen der Kürzungen im klinischen Bereich betroffen sind und bereit wären, darüber zu berichten. Interviews können auch anonymisiert werden. Außerdem wird eine Klinik oder Krankenhaus für Filmaufnahmen gesucht.
Bereitwillige für eine (kritsche) Stellungnahme bitte melden bei:
Adelheid von Stösser
Pflege-Selbsthilfeverband e.V.
Am Ginsterhahn 16
53562 St.Katharinen
Tel: 02644 - 3686
Fax: 02644- 80440
info@pflege-shv.de
http://www.pflege-shv.de

Vielleicht können Sie mit Ihren Feststellungen (ggf. anonym) mit Hinweisen zur Verfügung stellen? !

In der Sache selbst, ist in Kürze Folgendes festzustellen:

Dienstleistungen in der Gesundheitsversorgung haben immer mit der gebotenen Sorgfalt zu erfolgen. Dies bedeutet in aller Regel, dass das pflegerische Personal ausreichend für die jeweiligen Verrichtungen qualifiziert sein muss. Da, wo es an entsprechenden Kenntnissen und Fähigkeiten mangelt, liegen Fehler im System (Organisation) vor. Oftmals kann die unzureichende Qualifizierung von MitarbeiterInnen nicht durch Aufsicht kompensiert werden. Da gibt es zwangsläufig haftungsrechtliche Probleme.
Näheres dazu unter http://www.pflegerechtportal.de

Die konkret beschriebene arbeitsrechtliche Situation ist gefahrenträchtig, so dass der Arbeitgeber entsprechend informiert werden muss.

Dazu einige Hinweise zu Forumstexten:
Sorgfaltspflicht & Verantwortlichkeiten
viewtopic.php?t=6807&highlight=sorgfaltspflicht
Überlastungsanzeige - Sorgfaltspflicht - Gefährliche Pflege?
viewtopic.php?t=3518&highlight=sorgfaltspflicht
Anteil Fachkräftequote im Krankenhaus
viewtopic.php?t=5781&highlight=sorgfaltspflicht
Aufsichtspflicht im Krankenhaus
viewtopic.php?t=5401&highlight=sorgfaltspflicht
Ständige Überbelegung auf unserer internistischen Station
viewtopic.php?t=5307&highlight=sorgfaltspflicht
Pflege-Stellenschlüssel im Krankenhaus?
viewtopic.php?t=3807&highlight=sorgfaltspflicht
Katheterisierung, Spritzen - wer darf es ?
viewtopic.php?t=7164&highlight=sorgfaltspflicht
Medikamente - Richten, Stellen, Verabreichen
viewtopic.php?t=4480&highlight=sorgfalt
Patiententransfern im Krankenhaus – Qualifikation?
viewtopic.php?t=5940&highlight=sorgfalt

Lesen Sie auch nach im Rechtsalmanach Nr. 12:
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... erapie.htm

Sie sollten auf jeden Fall genau prüfen, welche Aufgaben von Ihnen verlangt werden und ob Sie eine sorgfältige Arbeitserledigung garantieren können. Wenn nicht, muss auf jeden Fall eine Überlastungsanzeige raus!

Wenn Sie mögen, können Sie mich auch anrufen. Dann kann ggf. vertiefend diskutiert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Herbert Kunst
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Beitrag von Herbert Kunst » 15.10.2007, 06:43

Hallo Monika,

Herr Schell hat schon umfangreiche Hinweise gegeben und aufgezeigt, wo der "Hase im Pfeffer" liegt. Es wird überall am Personal gespart nach dem Motto: wird schon gut gehen.
Da aber jeder Mitarbeiter in der Pflicht ist, ordentliche Arbeit abzuliefern, kann man nicht alles so einfach hinnehmen. Wo eine Aufgabenerfüllung nicht mehr mit der gebotenen Sorgfalt möglich ist, muss es eine "Wortmeldung" geben. Dazu dient die Überlastungsanzeige. Die muss m.E. raus. Darin sollte man exakt beschreiben, wo man die Mängel sieht und was nicht mehr zumutbar ist. Mängel können auch darin bestehen, dass bestimmte für notwendig befundene Aufsichtsaufgaben nicht ordentlich erledigt werden können.

Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Rob Hüser
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Überlastungsanzeige dient auch der Entlastung

Beitrag von Rob Hüser » 16.10.2007, 06:11

Guten Morgen allerseits,

auf einer Intensivstation werden überwiegend Aufgaben erledigt, die eine besondere Ausbildung bzw. Weiterbildung erfordern. Die Beschäftigung von Aushilfskräften, Personen ohne eine solche Qualifizierung, kann ich mir nur ganz konkret aufgabenbezogen und daher nur sehr, sehr eingeschränkt vorstellen.
Wenn man an Personaleinsparung / Kostendämpfung denkt: Je mehr Aushilfen, umso größere Anforderungen an die Aufsichtsaufgaben. Wird nämlich nicht ausreichend qualifiziertes Personal beschäftigt, gehen zwangsläufig viele Verantwortlichkeiten an die anderen Mitarbeiter über. Sie werden damit weiter unter Druck gesetzt, und das wohl auch noch ohne bessere Vergütung.
Klar, dass man sich gegen solche Praktiken zur Wehr setzen muss. Ich würde auch sachlich argumentierend eine "Wortmeldung" abgeben und damit haftungsrechtlich ein wenig Entlastung schaffen. Eine Überlastungsanzeige ist nämlich auch haftungsrechtlich zur Entlastung gedacht. Die "Oberen" sollen wissen, dass ihre Organisationsentscheidung nicht in Ordnung geht und ihnen eine größere Last der Verantwortung auferlegt. Dann werden sie vielleicht "wach".

MfG
Rob

Cicero
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Intensiv erfordert hohen Qualitätsstandard - von allen!

Beitrag von Cicero » 17.10.2007, 06:28

Habe die Texte aufmerksam gelesen - und kann mich nur wundern. Dass man auch in der Pflege minder qualifizierte Mitarbeiter und Aushilfen einsetzt, kann ich grundsätzlich nachvollziehen. Es gibt genügend Bereiche, wo solche Kräfte sinnvoll eingesetzt werden können - zur Entlastung. Dass aber solche Mitarbeiter gerade in einem Bereich eingesetzt werden, wo eigentlich von allen beste Qualifikation verlangt werden muss, ist mir nicht verständlich, geht nicht in meinen Kopf. Aushilfen müssen doch bei all ihren Verrichtungen exakt kontrolliert / beaufsichtigt werden. Damit geht wieder Arbeitszeit bei den Aufsichtskräften verloren. Ich frage mich also, wer solch absonderliche Gedanken betreffend Personaleinsatz hatte? Ich jedenfalls kann die beschriebene Personalsituation auf Intensiv das nicht nachvollziehen.

Cicero
Politisch interessierter Pflegefan!
Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!

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