Brutalisierung und Verharmlosung von Gewalt

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Brutalisierung und Verharmlosung von Gewalt

Beitrag von Presse » 11.06.2009, 11:43

Brutalisierung und Verharmlosung von Gewalt
in unserer Gesellschaft keinen Vorschub leisten


Stellungnahme von DGPPN, DGKJP und DGN gegen Ultimative Fighting

Die geplanten Ultimate Fighting-Kämpfe am kommenden Samstag, den 13.
Juni 2009, in der Lanxess-Arena in Köln betrachtet die Deutsche
Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapie
(DGPPN) mit großer Sorge. Gemeinsam mit den anderen wissenschaftlich-
medizinischen Fachgesellschaften, der Deutschen Gesellschaft für
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
(DGKJP) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) warnt die
DGPPN vor einer schleichenden Brutalisierung und Verharmlosung von
Gewalt in unserer Gesellschaft, der mit dieser extremen Kampfsportart
Vorschub geleistet werde.

Ultimate Fighting, eine US-amerikanische Variante des Boxens, wird mit
dem Kampf in Köln auch in Deutschland seinen Einzug halten. Der
Auftritt stellt nur den Auftakt für weitere bundesweit folgende
Kampfsportveranstaltungen in Deutschland dar. Angefeuert von johlenden
Fans prügeln Kämpfer in einem Drahtkäfig aufeinander ein. Nahezu
unbegrenzte Freiheit von Regeln, Aggression ohne gesellschaftliche
Grenzen und der Verzicht auf menschliche Tabugrenzen lässt die
Zuschauer den Atem anhalten. Die fast nackte Hand ersetzt den
Boxhandschuh und eine multikulturelle Mischung von Kampftechniken löst
die Trennung von Boxen, Ringen und Karate sowie die damit verbundenen
Regularien auf.

DGPPN, DGKJP und DGN vertreten als wissenschaftlich-medizinische
Fachgesellschaften mit mehr als 10.000 Mitgliedern sowohl Ärztinnen
und Ärzte als auch Angehörige anderer Berufgruppen, die in Deutschland
auf den Gebieten Psychiatrie, Psychotherapie, Nervenheilkunde und
Neurologie arbeiten. Zu ihren Aufgaben gehört es, sich für die Belange
psychisch und neurologisch kranker Menschen jeglichen Alters
einzusetzen. Wie in allen medizinischen Fächern kommt dabei auch der
Prävention eine entscheidende Rolle zu. Nach wie vor gehört Gewalt im
privaten und im öffentlichen Bereich zu den ursächlichen Faktoren von
psychischen Störungen und Erkrankungen. Soziales Lernen vollzieht sich
an Vorbildern und Modellen. Für psychische Gesundheit und eine
positive Entwicklung menschlichen Verhaltens sind deshalb positive und
gewaltfreie Erfahrungen und Erlebnisse entscheidend.

DGPPN, DGKJP und DGN weisen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme mit
Nachdruck darauf hin, dass in unserer Gesellschaft die öffentliche
Darstellung von Gewalt in Form von Computerspielen und in Filmen schon
lange ein sehr bedenkliches Ausmaß erreicht hat. Als Live-Darstellung
verleiht Ultimate Fighting diesem Trend nun eine neue Dimension, indem
Brutalität in die Nähe tolerabler Verhaltensnormen gerückt sowie
körperliche Agressivität und die Inszenierung von Gewalt durch Kampf
als quasi heroisches Handeln stilisiert werden. Die Fachgesellschaften
warnen ausdrücklich vor einer solchen Inszenierung von Gewalt.

Auch aus medizinischer Sicht ist Ultimate Fighting äußerst gefährlich:
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass diese Sportart mehr
Verletzungen provoziert als das klassische Boxen. Gewalt und
Verletzungen während des Kampfes werden von den Veranstaltern nur zu
oft verharmlost. Die Möglichkeit von schwersten Kopfverletzungen
stellt jedoch ein unvorhersagbares Risiko dar.

In ihrer gemeinsamen Stellungnahme sprechen sich DGPPN, DGKJP und DGN
als wissenschaftliche und medizinische Fachgesellschaften daher gegen
öffentliche Gewaltdarstellungen und Gewaltinszenierungen wie das
Ultimate Fighting aus und hoffen in ihrem Bemühen auf einen breiten
gesellschaftlichen Konsens, der einer Kultur der Toleranz und
Gewaltlosigkeit in unserer Gesellschaft das Wort redet.

Die Stellungnahme ist Online abrufbar unter:
http://www.dgppn.de/de_stellungnahmen-2009_207.html

Quelle: Pressemitteilung vom 11.6.2009
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und
Nervenheilkunde (DGPPN), Dr. Thomas Nesseler

Kontakt:
Prof. Dr. med. Dr. rer.soc. Frank Schneider
Präsident DGPPN
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Aachen
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen
Tel.: 0241- 80 89633,
Fax: 0241-80 82401
E-Mail: fschneider@ukaachen.de

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