Sterbehilfe - von den Bürgern gewollt... TV-Tipp 03.11.2015

Wichtige Hinweise zu Veranstaltungen - z.B. >>> "Pro Pflege -Selbsthilfenetzwerk" - Radio- und TV-Sendungen.

Moderator: WernerSchell

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Sterbehilfe - von den Bürgern gewollt... TV-Tipp 03.11.2015

Beitrag von WernerSchell » 03.11.2015, 08:02

02.11.2015, 21:00 Uhr Das Erste - Hart aber fair
Mehrfache Wiederholungen - u.a. am 03.11.2015, 08.45 Uhr WDR-Fernsehen

Thema:
Sterbehilfe - von den Bürgern gewollt, vom Staat verboten?

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Die große Mehrheit sagt: Ärzte sollen Todkranken helfen, wenn diese sterben wollen. Aber das Gesetz dazu ist hoch umstritten.
Werden Hoffnungslose mit ihrem Leid alleingelassen? Oder wird eine Gesellschaft unmenschlich, in der es den Tod auf Rezept gibt?


Gäste bei Frank Plasberg:
• Roger Kusch, Vorstand des Vereins "Sterbehilfe Deutschland"
• Prof. Dr. Karl Lauterbach, SPD, Gesundheitsexperte
• Dr. Susanne Riha, Palliativärztin
• Nikolaus Schneider, ev. Theologe, ehem. Ratsvorsitzender EKD
• Jürgen Domian, Journalist
• Kerstin Griese, SPD, Bundestagsabgeordnete
• Einzelgespräch: Anne Schneider, erkrankte 2014 an Krebs

Quelle und weitere Informationen - auch zu Wiederholungsterminen:
http://programm.ard.de/?sendung=2810615 ... 24&first=1

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Zu den Themen Sterbehilfe, Sterbebegleitung, Palliativersorgung und Hospiarbeit
gibt es im Forum von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk zahlreiche Texteinstellungen; z.B.
:
Gesetzentwurf zur Regelung der Suizidbeihilfe ...
viewtopic.php?f=2&t=20596
Sterbebegleitung als Kneipenthema - Bierdeckelaktion
viewtopic.php?f=2&t=21303
Mehrheit der Deutschen für aktive Sterbehilfe
viewtopic.php?f=2&t=20138
Hospiz- und Palliativgesetz – HPG -
viewtopic.php?f=2&t=20985

Vortrag mit Diskussion am 24.11.2015, 18.00 – 19.30 Uhr,
Volkshochschule Neuss: "Patientenautonomie am Lebensende"
Näheres unter > viewtopic.php?f=7&t=21179
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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WernerSchell
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Palliativversorgung, Hospizarbeit & Regelung der Sterbehilfe

Beitrag von WernerSchell » 04.11.2015, 07:51

Aus Forum:
viewtopic.php?f=2&t=21351


Gesetzesinitiativen: Palliativversorgung und Hospizarbeit & Regelung der Sterbehilfe
Nachfolgend eine Zuschrift an die Mitglieder des Deutschen Bundestages. Zu den Themen gibt es im hiesigen Forum bereits zahlreiche Beiträge u.a.:
viewtopic.php?f=2&t=20985
viewtopic.php?f=2&t=20596
viewtopic.php?f=2&t=21084
viewtopic.php?f=2&t=21303

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Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss


03.11.2015

An die
Mitglieder des Deutschen Bundestages


Sehr geehrte Damen und Herren,

in den nächsten Tagen stehen Beschlussfassungen zu einigen Gesetzesinitiativen an. Dazu wird in Kürze zur Entscheidungsfindung mitgeteilt:

Hospiz- und Palliativgesetz:
Es wird sehr begrüßt, dass hinsichtlich der Palliativversorgung und Hospizarbeit deutliche Verbesserungen vorgesehen sind. Allerdings erscheint es dringend geboten, die Erhöhung der Finanzierung von Hospizeinrichtungen nicht nur von 90% auf 95% vorzusehen. Es muss per Gesetz eine 100%-Finanzierung vorgegeben werden. Es gibt zwar von einigen Verbänden Äußerungen dergestalt, dass eine 95%-Finanzierung ausreiche. Dabei wird aber unterstellt, dass der Rest zur Hospizarbeit unproblematisch durch Spenden eingeworben werden kann. Dies ist auch bei einigen Anbietern gut möglich. Aber die Mehrzahl der Hospize kann damit nicht zurecht kommen, weil es die benötigten Spenden nicht gibt. Vor allem wird damit verhindert, dass in der "Fläche" ein weiterer Ausbau der Hospizversorgung stattfinden kann.
Im Übrigen muss im Gesetzestext deutlicher ausgeführt werden, dass die Stationären Pflegeeinrichtungen für die Palliativversorgung mehr Fachpersonal einfordern können und müssen. Die jetzt vorgesehenen Regelungen sind insoweit unzureichend und geben den Einrichtungen keine verlässliche Planungsgrundlage. - Das Sterben in den Pflegeeinrichtungen wird vielfach als Sterben zweiter Klasse beschrieben. Wie man das auch immer nennen mag: Verbesserungen sind dringlich. Der vorliegende Gesetzentwurf muss insoweit nachgebessert werden.

Regelung der Sterbehilfe:
Ich habe in den zurückliegenden Jahren zum Thema Bücher und Beiträge in Fachzeitschriften verfasst. Dabei habe ich bis vor einigen Jahren immer wieder deutlich gemacht, dass allein auf eine gute Sterbebegleitung gesetzt werden muss, Assistenz bei einer Selbsttötung müsse ausgeschlossen werden. Diese Auffassung vertrete ich nach vielfältigen Erfahrungen bei Menschen im Sterbeprozess so nicht mehr und neige dazu, die vorliegenden Vorschlägen von Hintze & Lauterbach für sinnvoll zu erachten. Dr. Borasio u.a. hat in ähnlicher Weise im Rahmen einer Buchveröffentlichung votiert.
Leider ist es so, dass trotz Verbesserungen in der Palliativmedizin nicht alle Leidenszustände so minimiert werden können, dass die Sterbenden dies für angemessen und ausreichend erachten. Wenn dann durch eine näher geregelte ärztliche Hilfe durch Verordnung geeigneter Medikamente geholfen werden kann, wäre das ein vertretbares Angebot. Die bloße Möglichkeit, dass ärztliche Hilfe in Betracht kommen kann, wird sicherlich mit dazu beitragen, den letzten Schritt in Richtung Selbsttötung nicht zu gehen. Korrekt und hilfreich ist natürlich, geschäfts- bzw. erwerbsmäßige Sterbehilfe durch Vereine etc. zu verbieten. Unstreitig ist, dass Tötung auf Verlangen weiterhin strafbar bleiben muss.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell

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Am 03.11.2015 wurde bei Facebook gepostet:
Palliativversorgung, Hospizarbeit & Regelung der Sterbehilfe - Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat sich am 03.11.2015 an die Mitglieder des Deutschen Bundestages gewandt und einige Hinweise zur Entscheidungsfindung gegeben. U.a. wurde die Vollfinanzierung der Hospize und eine auskömmliche Stellendotierung der Pflegeeinrichtungen, auch im Bereich der Palliativversorgung, gefordert. > viewtopic.php?f=2&t=21351
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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Organisierte Suizidbeihilfe in Deutschland

Beitrag von WernerSchell » 27.02.2016, 07:45

Organisierte Suizidbeihilfe in Deutschland: Fehlende Lebensperspektive und Angst vor Pflegebedürftigkeit sind häufige Motive

fzm, Stuttgart, Februar 2016 – Für die meisten Menschen, die sich zur Suizidbeihilfe an eine Hilfsorganisation wenden, spielt die Erlösung von Schmerzen und körperlichen Symptomen ihrer Erkrankung nicht die Hauptrolle für den Wunsch auf Selbsttötung. Die Beweggründe sind laut einer Studie in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2016) oft psychischer Natur und weisen auf gesellschaftliche Probleme hin.

Ein qualvoller Tod am Ende einer Krebserkrankung, das Siechtum im Verlauf/als Folge einer neurologischen Erkrankung wie Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose, die unerträgliche Luftnot von Menschen mit Herz- und Lungenerkrankungen: Die Bilder all jener Betroffenen stehen bei der öffentlichen Debatte um die Liberalisierung des ärztlich assistierten Suizids im Vordergrund. Die Lebenssituation der Menschen, die sich zwischen 2010 und 2013 mit Unterstützung des Vereins „Sterbehilfe Deutschland” (StHD) das Leben genommen haben, sah jedoch häufig anders aus. Dies zeigt eine Untersuchung von Dr. Florian Bruns vom Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin der Berliner Charité. Grundlage waren die Angaben in den Berichtsbänden, die der Verein jährlich veröffentlicht, und in denen die Motive der betroffenen Menschen genannt werden.

Nur etwa die Hälfte der Patienten litt unter einer fortgeschrittenen Krebserkrankung, einer neurologischen Erkrankungen, einer Erkrankung der Lungen oder des Herz-Kreislauf-Systems. Die Studie lässt dabei offen, ob das Leid dieser Patienten mit Mitteln der Palliativmedizin nicht hätte erträglicher gemacht werden können, so dass sie von einem Suizid Abstand genommen hätten.

Unter denen, die sich mit Unterstützung des Vereins das Leben nahmen, litten 23 Prozent unter altersbedingten Erkrankungen. Hierzu zählen laut Dr. Bruns Knochenschwund, Gelenkverschleiß, Sehstörungen oder auch Schwerhörigkeit. Knapp 15 Prozent litten unter psychischen Erkrankungen, rund acht Prozent befanden sich in einem altersentsprechenden körperlichen und seelischen Gesundheitszustand.

Die Motivation zum Freitod betraf nur selten rein medizinische Probleme: Unerträgliche körperliche Symptome wie Schmerzen oder Luftnot gaben nur etwa 13 Prozent als Hauptgrund für den Sterbewunsch an. Insgesamt 29 Prozent nannten eine fehlende Lebensperspektive angesichts schwerer Erkrankung als Beweggrund, ohne dass dabei körperliche Symptome im Vordergrund standen. Bei rund 20 Prozent war Lebensmüdigkeit ohne Vorliegen einer schweren Erkrankung Auslöser für den Wunsch, das Leben vorzeitig zu beenden. Bei 24 Prozent war es die Angst vor Pflegebedürftigkeit, die sie bewegte, ihrem Leben ein vorzeitiges Ende zu setzen.

Diese Motive verweisen nach Ansicht von Dr. Bruns auf eine gesellschaftliche Dimension des Problems. Ein würdiger Umgang mit dem Alter, Pflegebedürftigkeit und psychischen Erkrankungen beruhe auf menschlicher Zuwendung, Solidarität und der politischen Bereitschaft, die nötigen finanziellen Ressourcen bereitzustellen, schreibt der Medizinethiker. Eine gesetzliche Regelung zur Erleichterung der Selbsttötung sende in diesem Zusammenhang ein fragwürdiges Signal.

F. Bruns, S. Blumenthal, G. Hohendorf:
Organisierte Suizidbeihilfe in Deutschland: Medizinische Diagnosen und persönliche Motive von 117 Suizidenten
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2016; 141 (4); e32–e37

Quelle: Pressemitteilung vom 25.02.2016
Thieme Kommunikation
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Catrin Hölbling
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"Sterbehilfegesetz" verunsichert Ärzte und Pflegepersonal

Beitrag von WernerSchell » 08.04.2017, 06:59

Aus Forum:
viewtopic.php?f=2&t=20596&p=97409#p97409

„Sterbehilfegesetz“ verunsichert Ärzte und Pflegepersonal
fzm, Stuttgart, April 2017 – Das im November 2015 verabschiedete Gesetz, das die geschäftsmäßige Hilfe zum Suizid unter Strafe stellt, wird von Ärzten und Pflegepersonal in der Palliativmedizin als zwiespältig empfunden. In einer jetzt in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2017) veröffentlichten Umfrage kritisieren beide Berufsgruppen die unpräzise Formulierung des Gesetzes und die daraus resultierende unzureichende Rechtssicherheit. Rund 40 Prozent der befragten Ärzte und etwa 43 Prozent der Pflegekräfte halten das Gesetz in seiner jetzigen Form nicht für sinnvoll.
Pressemitteilung angefügt.
Quelle: Mitteilung vom 07.04.2017
Thieme Kommunikation in der Thieme Verlagsgruppe
http://www.thieme.de/presse | http://www.facebook.com/georgthiemeverlag | http://www.twitter.com/ThiemeMed
Service:
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Unpräzise Formulierung des Gesetzes und daraus resultierende unzureichende Rechtssicherheit!
So urteilen Ärzte und Pflegekräfte über den Paragraf 217 StGB, der die geschäftsmäßige Hilfe zum
Suizid unter Strafe stellt. © virtua73 – Fotolia.com


„Sterbehilfegesetz“ verunsichert Ärzte und Pflegepersonal

fzm, Stuttgart, April 2017 – Das im November 2015 verabschiedete Gesetz, das die geschäftsmäßige Hilfe zum Suizid unter Strafe stellt, wird von Ärzten und Pflegepersonal in der Palliativmedizin als zwiespältig empfunden. In einer jetzt in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2017) veröffentlichten Umfrage kritisieren beide Berufsgruppen die unpräzise Formulierung des Gesetzes und die daraus resultierende unzureichende Rechtssicherheit. Rund 40 Prozent der befragten Ärzte und etwa 43 Prozent der Pflegekräfte halten das Gesetz in seiner jetzigen Form nicht für sinnvoll.

Paragraph 217 des Strafgesetzbuchs (StGB) droht Personen, die „in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewähren, verschaffen oder vermitteln“ eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe an. Schon bevor der Bundestag das Gesetz verabschiedete, äußerten Juristen und Mediziner Bedenken. Rechtsexperten kritisierten es als „moralistisch und paternalistisch“, Ärzte befürchteten, dass sie sich bereits durch einen einmaligen Hinweis auf eine Suizidbeihilfe im Ausland strafbar machen würden.

Die Medizinstudentin Julia Zenz von der Ruhr-Universität Bochum, die ehemalige Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Ruth Rissing-van Saan und der Schmerztherapeut Professor Michael Zenz, Emeritus der Ruhr-Universität Bochum haben die Einstellung betroffener Ärzte und Pflegekräfte hierzu untersucht. Dazu befragten sie im März 2016 auf einer Fachtagung für Palliativmedizin beide Berufsgruppen nach ihrer Einschätzung. Den verteilten Fragebogen beantworteten insgesamt 138 Mediziner sowie 318 Pflegekräfte. Die meisten stießen sich an der unklaren Formulierung des Gesetzes. So gaben rund 54 Prozent an, dass aus dem Gesetz nicht genau hervorgehe, welche Form der Suizidbeihilfe erlaubt sei und welche nicht. Etwa 42 Prozent erklärten, dass das Gesetz die Selbstbestimmung der Patienten einschränke. Nur 32,5 Prozent waren der Meinung, das Gesetz stärke ihre Rechtssicherheit.

Gleichzeitig sahen rund 68 Prozent der Ärzte ihre Gewissensfreiheit durch das Gesetz nicht eingeschränkt. Auch hinsichtlich ihrer Therapiefreiheit fühlte sich die Mehrheit mit 77,5 Prozent nicht beschnitten. Dennoch hielten insgesamt nahezu 43 Prozent der Ärzte und fast 41 Prozent des Pflegepersonals das Gesetz nicht für sinnvoll.

Für die Autoren geben die Ergebnisse Anlass zum Nachdenken: Positiv sei zwar, dass der Begriff der „Sterbehilfe“ im Gesetz nicht verwendet werde. Dieser ist nach Ansicht der Experten missverständlich, da sowohl die zulässige Schmerztherapie mit starken Schmerzmitteln als auch eine strafrechtlich verbotene Tötung auf Verlangen darunter verstanden werden kann. Dennoch gäbe es viele Unklarheiten in den Begrifflichkeiten. Die Tatsache, dass über 50 Prozent der Befragten angeben, nicht zu wissen, welche Handlungen zukünftig erlaubt seien, zeige, dass das Gesetz Ärzten und Pflegekräften keinen sicheren Rahmen und den betroffenen Patienten nicht den vom Gesetzgeber gewünschten Schutz biete.

Darüber hinaus kritisieren die Autoren die Formulierung des Gesetzes in Absatz 2, der Angehörigen des Sterbewilligen sowie ihm nahestehende Personen von einer Strafverfolgung ausnimmt. Inwieweit Ärzte und Pflegende dem Patienten nahestehen, formuliert das Gesetz nicht. Sie werden mit keinem Wort erwähnt. Hier wäre mehr Klarheit wünschenswert. Für die Experten ist es deshalb nicht verwunderlich, dass Ärzte und Pflegekräfte in der Palliativmedizin verunsichert sind. Diese Unsicherheit behindere eine gute Behandlung schwer kranker Menschen und eine offene Kommunikation über ihre Ängste und einen damit verbundenen möglichen Sterbewunsch.

J. Zenz, R. Rissing-van Saan, M. Zenz:
Ärztlich assistierter Suizid – Umfrage zu § 217 StGB
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2017; 142 (5); e28–e33


Quelle: https://www.thieme.de/de/presse/sterbeh ... 113389.htm
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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WernerSchell
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Hohe Dunkelziffer in Bezug auf illegale Sterbehilfe ?

Beitrag von WernerSchell » 02.07.2017, 06:30

Aus Forum:
viewtopic.php?f=2&t=22196

Umfrage lässt hohe Dunkelziffer in Bezug auf illegale Sterbehilfe vermuten

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fzm, Stuttgart, Juni 2017 – Obwohl die Tötung auf Verlangen und Tötung ohne ausdrücklichen Wunsch in Deutschland strafbar ist, haben Ärzte, aber auch Kranken- und Altenpfleger Erfahrungen mit "aktiver Sterbehilfe". Das legt eine bundesweite Umfrage der Universität Witten/Herdecke nahe, deren Ergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2017) veröffentlicht wurden. Sie lässt vermuten, dass auch Tötungen ohne explizite Willensäußerung der Patienten erfolgten.

Immer wieder kommt es vor, dass Patienten Ärzte und Pflegepersonal um Unterstützung beim Sterben bitten. Die Frage „Ist schon einmal an Sie der Wunsch herangetragen worden, aktive Sterbehilfe zu leisten?“ bejahten 1.575 von 4.629. Das entspricht 34 Prozent der Ärzte, Kranken- und Altenpfleger, die von Professor Karl H. Beine und Mitarbeitern von der Universität Witten/Herdecke deutschlandweit angeschrieben wurden. 77 Personen (1,7 Prozent) machten in dem anonymen Fragebogen ein Häkchen bei der Frage „Haben Sie selbst schon einmal aktiv das Leiden von Patienten beendet?“ Darunter waren neben zwölf Ärzten (3,4 Prozent) auch 44 Kranken- (1,4 Prozent) und 21 Altenpfleger (1,8 Prozent) beiderlei Geschlechts. Allerdings kann der eine oder andere darunter auch legale indirekte Sterbehilfe oder auch gewollte Behandlungsabbrüche verstanden haben.

Dass lebensbeendende Handlungen in Deutschland kein Einzelfall ist, zeigten auch die Antworten auf die Frage „Haben Sie in den vergangenen zwölf Monaten schon einmal von einem oder mehreren Fällen gehört, bei denen an Ihrem Arbeitsplatz das Leiden von Patienten aktiv beendet wurde?“ Insgesamt beantworteten 172 Befragten (3,7 Prozent) die Frage mit ja. Darunter waren es mit vier Prozent häufiger Krankenpfleger als Ärzte (2,3 Prozent) oder Altenpfleger (1,8 Prozent). Allerdings könnten hier auch Patientenverfügungen oder palliative Maßnahmen, die zum Tod des Patienten führen, im Einzelfall eine Rolle gespielt haben. Die weitere Analyse ergab, dass Ärzte häufiger als Pflegende aktive Sterbehilfe leisten, und dass die Fälle auf Intensivstationen doppelt so häufig waren wie auf anderen Stationen. Auch waren Männer doppelt so häufig dafür verantwortlich wie Frauen.

Professor Beine und Kollegen sprechen von einem Dunkelfeld rechtswidriger „intentional lebensbeendender Handlungen“. Darunter waren vermutlich auch Tötungen ohne Zustimmung der Betroffenen. Denn mehr als ein Drittel der Personen, die angaben, „selbst schon einmal das Leiden von Patienten aktiv beendet" zu haben, hatten in einer anderen Frage geantwortet, dass sie nie um aktive Sterbehilfe gebeten worden waren. Diese Personen haben damit gegen Gesetze verstoßen, die in Deutschland aktive Sterbehilfe, Tötung auf Verlangen und andere Tötungsdelikte unter Strafe stellen. Lediglich die Bereitstellung eines Mittels zur Selbsttötung auf ausdrücklichen Wunsch bleibt unter bestimmten Umständen straffrei.

Die Ergebnisse überraschen die Wissenschaftler nicht. Auch in Ländern mit ähnlicher Gesetzeslage – wie etwa Dänemark, Schweden und England – sei in Studien der Anteil von Tötung ohne ausdrückliche Willensäußerung der Patienten durchgängig höher als Tötung auf Verlangen. Einschränkend merken die Autoren jedoch an, dass die Studienteilnehmer nicht explizit gefragt wurden, ob sie schon einmal ohne Zustimmung der Patienten Leben beendet haben.

Bisherige Untersuchungen zur Sterbehilfe in Deutschland hatten sich auf Ärzte beschränkt. Die Studie zeigt erstmals, dass auch das Pflegepersonal aktive Sterbehilfe leistet. Laut Professor Beine ergänzt die Untersuchung öffentlich bekannt gewordene Einzelfälle, in denen Pfleger und Schwestern wegen der Tötung von Patienten vor Gericht gestellt und verurteilt wurden.

K. H. Beine, T. Schubert:
Das Dunkelfeld intentional lebensbeendender Handlungen durch Ärzte und Pflegekräfte
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2017; online erschienen am 31.5.2017
DOI: 10.1055/s-0043-109889


Quelle: Pressemitteilung vom 30.06.2017
https://www.thieme.de/de/presse/hohe-du ... 115878.htm
Thieme Kommunikation
in der Thieme Verlagsgruppe
http://www.thieme.de/presse | http://www.facebook.com/georgthiemeverlag | http://www.twitter.com/ThiemeMed

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Siehe auch unter:
Karl H. Beine, Jeanne Turczynski
Tatort Krankenhaus
Wie ein kaputtes System Misshandlungen und Morde an Kranken fördert
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Droemer, April 2017
… (weitere Informationen) … viewtopic.php?f=2&t=22051
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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