Tiefe Hirnstimulation bei Alzheimer

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Tiefe Hirnstimulation bei Alzheimer

Beitrag von Presse » 30.06.2011, 17:39

Tiefe Hirnstimulation bei Alzheimer - Studienstart nach ersten erfolgreichen Ergebnissen

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste neurodegenerative Erkrankung. Sie ist
für 60 Prozent der weltweit etwa 24 Millionen Demenzerkrankungen verantwortlich.
Obwohl in den letzten Jahren viel über Alzheimer geforscht wurde und das Wissen
stetig gewachsen ist, fehlt nach wie vor ein Durchbruch in der Therapie. An der
Uniklinik Köln startet jetzt eine vielversprechende Studie zum erstmaligen
Einsatz der Tiefen Hirnstimulation bei Alzheimer.
In einem Gemeinschaftsprojekt haben die Kliniken für Psychiatrie und Stereotaxie
der Uniklinik Köln eine innovative Studie zur Behandlung leichter bis
mittelgradiger Alzheimer-Demenz mittels Tiefer Hirnstimulation initiiert.
Basierend auf verschiedenen aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen hoffen die
Wissenschaftler, dass sich die Tiefe Hirnstimulation positiv auf die neuronalen
Regelkreise auswirkt, die im Rahmen der Alzheimer-Demenz vom Zelluntergang
betroffen sind.


Als Ziel für die Stimulation im Gehirn haben die Kölner Wissenschafter vor allem
den sogenannten Nucleus basalis Meynert im Visier. Ein Kernareal im Bereich des
basalen Vorderhirns, das aussieht, wie eine flache Scheibe. „Die Zellen dieser
Region versorgen mit dem Botenstoff Acetylcholin vielfältige Bereiche der
Hirnrinde, die bei den Demenz-Kranken nicht funktionieren. Deswegen fallen
selbst einfachste Tätigkeiten wie Essen oder Zähneputzen so schwer“, so Prof.
Dr. Volker Sturm, Direktor der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle
Neurochirurgie der Uniklinik Köln.

Das Behandlungskonzept wurde von Prof. Volker Sturm gemeinsam mit dem Neurologen
Prof. Hans-Joachim Freund aus Düsseldorf entwickelt. Um das Zielareal genau zu
treffen, ist Millimeterarbeit notwendig. Für diese Feinarbeit arbeiten die
Mediziner der Kölner Uniklinik mit dem Düsseldorfer Neuroanatomen Prof. Jürgen
Mai zusammen.

Größte Hoffnung ist, dass die Stimulation das Voranschreiten der
Alzheimer-Krankheit beeinflusst und verzögert, wie Prof. Jens Kuhn, Oberarzt der
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, erklärt:
„Durch die Stimulation sollen Neurotrophine ausgeschüttet werden, also Schutz-
und Wachstumsfaktoren für die Nervenzellen. Sind diese in ausreichendem Maß
vorhanden, können sie den Fortbestand von neuronalen Verbindungen stabilisieren.
So könnte der Verfall aufgehalten werden.“

Allerdings betonen die Forscher auch, dass es für den derzeitigen
hoch-experimentellen Einsatz der Tiefen Hirnstimulation bei Alzheimer-Demenz
auch viele Grenzen gibt: „Für unsere Studie kommen nur Patienten in einem
frühen bis mittleren Stadium der Erkrankung in Frage. Dann, wenn die Diagnose
der Demenz gestellt ist und der Patient im Alltag noch alleine gut zurecht
kommt, ist der richtige Zeitpunkt für eine Stimulation“, erläutert Prof. Kuhn.
„Wartet man zu lang, bis zu viele Neuronen zerstört sind, macht eine
Hirnschrittmacher-Operation wahrscheinlich nur noch wenig Sinn. Darüber hinaus
müssen potentielle Patienten solch einem Eingriff auch noch zustimmen können.“

Voraussetzungen für die Teilnahme an der Studie sind: Erfüllte Diagnosekriterien
einer Alzheimer-Demenz, Deutsch als Muttersprache, Alter zwischen 60 und 80
Jahre, Fähigkeit zur Einwilligung und die Zustimmung engster Angehöriger. „Bei
Interesse an der Studie stehen wir für Patienten und Angehörige gerne in unserer
Gedächtnissprechstunde zu einem persönlichen Beratungsgespräch über die
verschiedenen hiesigen Therapieoptionen zur Verfügung“, sagt Prof. Kuhn.

„Wir hoffen, mit dem Einsatz der Tiefen Hirnstimulation bei Patienten, die an
einer Alzheimer-Demenz leiden, eine Therapie-Option schaffen zu können, die die
kognitive Leistungsfähigkeit verbessert und zumindest eine Erhaltung der
Lebensqualität bewirkt“, fügt Prof. Sturm hinzu.

Hintergrund Tiefe Hirnstimulation:
Das Verfahren der Tiefen Hirnstimulation wurde Ende der 1980er-Jahre zur
Behandlung von Bewegungsstörungen eingeführt. Bei diesem Verfahren werden dem
Patienten in beide Gehirnhemisphären Elektroden implantiert, die dann zeitlich
kurze elektrische Impulse abgeben, um den Funktionszustand gestörter neuronaler
Schaltungen zu beeinflussen. Die Tiefe Hirnstimulation hat sich über einen
langen Beobachtungszeitraum vor allem bei Parkinson und essentiellem Tremor als
sehr wirkungsvoll erwiesen.

Das Verfahren der Tiefen Hirnstimulation ist infolge seiner mittlerweile über
20-jährigen Anwendung gut bekannt und wegen seiner minimalen Invasivität nur mit
geringen und seltenen Nebenwirkungen behaftet. Auch im psychiatrischen
Fachgebiet stößt die Tiefe Hirnstimulation aufgrund der hohen Effektstärke
zunehmend auf Interesse.

Die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie beschäftigt sich
seit mehreren Jahren in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Stereotaxie und
Funktionelle Neurochirurgie der Uniklinik Köln mit der Anwendung der Tiefen
Hirnstimulation auf psychiatrische Krankheitsbilder.

Kontaktmöglichkeit zum Studienbüro sowie zur
Gedächtnis-Sprechstunde:
Diplom Psychologin Katja Hardenacke
Telefon: 0221 478-87232
E-Mail: gedaechtnis-sprechstunde@uk-koeln.de

Für Rückfragen:

Prof. Dr. Volker Sturm
Direktor der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie
Telefon: 0221 478-5112
E-Mail: stereotaxie@uk-koeln.de

Prof. Dr. Jens Kuhn
Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Telefon: 0221 478-4005
E-Mail: jens.kuhn@uk-koeln.de

Christoph Wanko
Pressesprecher Uniklinik Köln
Stabsabteilung Kommunikation
Telefon: 0221 478- 88757/ 5548
E-Mail: pressestelle@uk-koeln.de
Weitere Informationen:
http://Homepage der Arbeitsgruppen Tiefe Hirnstimulation:
http://neurologie-psychiatrie.uk-koeln. ... ie/forschu...

Quelle: Pressemitteilung vom 30.06.2011
Christoph Wanko Stabsstelle Kommunikation
Uniklinik Köln

URL dieser Pressemitteilung: http://idw-online.de/de/news430971

WernerSchell
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Neurotransmitter-Stoffwechsel bestimmt Wirksamkeit von Medikament bei früher Alzheimer-Erkrankung

Beitrag von WernerSchell » 03.04.2018, 14:56

Neurotransmitter-Stoffwechsel bestimmt Wirksamkeit von Medikament bei früher Alzheimer-Erkrankung

Gedächtnisstörungen bei der Alzheimer-Erkrankung werden unter anderem auf einen Mangel des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn zurückgeführt. Medikamentöse Behandlungen der Erkrankung zielen daher meist auf eine Erhöhung der Acetylcholin-Spiegel ab, sind aber nur in späten Erkrankungsphasen nachweislich wirksam. Forscher der Uniklinik Köln, des Forschungszentrums Jülich und des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung haben nun gemeinsam herausgefunden, welche Patienten bereits in frühen Erkrankungsstadien von der Behandlung profitieren könnten.

Der Botenstoff Acetylcholin ist für Gedächtnis und Aufmerksamkeit von zentraler Bedeutung. Dies zeigt sich auch daran, dass bei der Demenz vom Alzheimer-Typ Acetylcholin-produzierende Nervenzellen besonders früh und schwer betroffen sind. In einem pharmakologischen Experiment haben Wissenschaftler aus Köln und Jülich nun den Zusammenhang zwischen dem Acetylcholin-Stoffwechsel individueller Patienten und der Wirkung eines Alzheimer-Medikamentes untersucht. Mit einer Kombination mehrerer bildgebender Verfahren wurde die Wirkung auf die Hirnaktivität während der Gedächtnisbildung bei Patienten mit früher Alzheimer-Erkrankung und gleichaltrigen Gesunden dargestellt.

Es konnte erstmalig gezeigt werden, dass das Alzheimer-Medikament Rivastigmin bei einer frühen Alzheimer-Erkrankung nur dann gedächtnisrelevante Nervenzellaktivität normalisiert und die Gedächtnisleistung verbessert, wenn ein Acetylcholinmangel vorliegt. „In frühen Phasen der Alzheimer-Erkrankung liegt allerdings nicht bei jedem Patienten ein relevanter Acetylcholin-Mangel vor“, erläutert Dr. Nils Richter von der Arbeitsgruppe „Kognitives Altern und Demenz“ an der Klinik für Neurologie der Uniklinik Köln. „Mit den angewandten Verfahren ließen sich in Zukunft diejenigen genauer identifizieren, die von einer solchen Behandlung profitieren.“

Prof. Dr. Juraj Kukolja, Leiter der Arbeitsgruppe, fügt hinzu: „Die Studie ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer individualisierten Behandlung der Alzheimer-Erkrankung. Diese Ergebnisse sind deshalb besonders spannend, da die Entwicklung neuer Therapien für die Alzheimer-Erkrankung bislang nicht erfolgreich war.“

Originalpublikation:
Richter, Beckers, Onur, Dietlein, Tittgemeyer, Kracht, Neumaier, Fink und Kukolja. Brain. 2018 Jan 4. doi: 10.1093/brain/awx356.

Für Rückfragen:
Anja Schattschneider
Redakteurin / Pressereferentin
Stabsabteilung Unternehmenskommunikation und Marketing
Telefon: 0221 478-5548
E-Mail: presse@uk-koeln.de

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Uniklinik Köln, Christoph Wanko, 03.04.2018 12:05

Die gesamte Pressemitteilung können Sie im WWW abrufen unter:
http://idw-online.de/de/news691762
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