Benachteiligung wegen Schwangerschaft bei Stellenbesetzung

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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Benachteiligung wegen Schwangerschaft bei Stellenbesetzung

Beitrag von Service » 25.04.2008, 07:09

Geschlechtsspezifische Benachteiligung wegen Schwangerschaft bei einer Stellenbesetzung

Bewirbt sich eine schwangere Arbeitnehmerin um eine Stelle und besetzt der Arbeitgeber, dem die Schwangerschaft bekannt ist, diese Stelle mit einem männlichen Mitbewerber, so hat die Arbeitnehmerin eine geschlechtsspezifische Benachteiligung dann glaubhaft gemacht, wenn sie außer der Schwangerschaft weitere Tatsachen vorträgt, welche eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts vermuten lassen. An diesen weiteren Tatsachenvortrag sind keine strengen Anforderungen zu stellen.

Die Klägerin ist bei der Beklagten im Bereich „International Marketing“, dem der „Vizepräsident“ E. vorstand, als eine von drei Abteilungsleitern beschäftigt. Im September 2005 wurde die Stelle des E. frei. Die Beklagte besetzte diese mit einem männlichen Kollegen und nicht mit der schwangeren Klägerin. Diese begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen Benachteiligung auf Grund ihres Geschlechts. Sie habe die Stelle wegen ihrer Schwangerschaft nicht erhalten. Bei der Bekanntgabe dieser Entscheidung sei sie auf ihre Schwangerschaft angesprochen worden. Die Beklagte behauptet, für die getroffene Auswahl sprächen sachliche Gründe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen. Er hat angenommen, die Klägerin habe Tatsachen vorgetragen, die ihre geschlechts- spezifische Benachteiligung nach § 611a Abs. 1 BGB (gültig bis 17. 08. 2006) vermuten lassen können. So habe die Beklagte die Schwangerschaft der Klägerin gekannt. Die weiteren Behauptungen der Klägerin, sie sei Vertreterin des E. gewesen und dieser habe ihr auch seine Nachfolge in Aussicht gestellt, muss das Landesarbeitsgericht ebenso berücksichtigen wie die Behauptung der Klägerin, sie sei bei der Mitteilung ihrer Nichtberücksichtigung damit getröstet worden, dass sie sich auf ihr Kind freuen solle.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 -Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 19. Oktober 2006 - 2 Sa 1776/06 und 10 Sa 1050/06 -

Quelle: Pressemitteilung vom 24.4.42008
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cg ... s=0&anz=35

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Benachteiligung wegen Schwangerschaft ...

Beitrag von Presse » 20.03.2011, 07:41

Geschlechtsspezifische Benachteiligung wegen Schwangerschaft bei einer Stellenbesetzung

Bewirbt sich eine schwangere Arbeitnehmerin um eine Stelle und besetzt der Arbeitgeber, dem die Schwangerschaft bekannt ist, diese Stelle mit einem Mann, so hat die Arbeitnehmerin eine geschlechtsspezifische Benachteiligung dann glaubhaft gemacht, wenn sie außer der Schwangerschaft weitere Tatsachen vorträgt, welche eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts vermuten lassen. An diesen weiteren Tatsachenvortrag sind keine strengen Anforderungen zu stellen.

Die Klägerin war bei der Beklagten im Bereich „International Marketing“, dem der „Vicepresident“ E. vorstand, als eine von drei Abteilungsleitern beschäftigt. Im September 2005 wurde die Stelle des E. frei. Die Beklagte besetzte diese mit einem Mann und nicht mit der damals schwangeren Klägerin. Diese begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts. Sie habe die Stelle wegen ihrer Schwangerschaft nicht erhalten. Bei der Bekanntgabe dieser Entscheidung sei sie auf ihre Schwangerschaft angesprochen worden. Die Beklagte behauptet, für die getroffene Auswahl sprächen sachliche Gründe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hatte sie zunächst abgewiesen. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen. Er hatte angenommen, die Klägerin habe Tatsachen vorgetragen, die ihre geschlechtsspezifische Benachteiligung nach § 611a Abs. 1 BGB (gültig bis 17. August 2006) vermuten lassen könnten. Bei seiner erneuten Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht nach Beweisaufnahme angenommen, dass auch die weiteren von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen keine Vermutung für eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts bei der Beförderungsentscheidung begründen. Es hat die Klage wiederum abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erneut aufgehoben und die Sache wieder zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, weil dem Landesarbeitsgericht bei der Tatsachenfeststellung und bei der Verneinung der Vermutung einer Benachteiligung der Klägerin Rechtsfehler unterlaufen sind.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Februar 2009 - 2 Sa 2070/08 -

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.01.2011

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Gleichbehandlung - Anspruch und Wirklichkeit

Beitrag von Rita Reinartz » 21.03.2011, 08:52

Diese Streiterein vor den Gerichten zeigen doch ganz deutlich auf, dass es erhebliche Differenzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit gibt.

R.R.
Menschenwürdegarantie bedarf bei der Umsetzung entsprechender Rahmenbedingungen. Insoweit gibt es aber Optimierungsbedarf!

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