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Beschneidungen nicht einwilligungsfähiger Jungen ...

Verfasst: 27.06.2012, 07:01
von Presse
Strafbarkeit von Beschneidungen nicht einwilligungsfähiger Jungen aus rein religiösen Gründen

Zu den nachfolgenden Beiträgen siehe auch unter
LG Köln, Urt. v. 07.05.2012 - 151 Ns 169/11 -

Kurzbeschreibung:
Ein Arzt, der die Beschneidung eines vierjährigen Jungen vornimmt, macht sich wegen
Körperverletzung strafbar, wenn die Beschneidung nicht aus medizinischen, sondern aus religiösen Gründen erfolgt. Dies
gilt sogar dann, wenn die Eltern in die Beschneidung einwilligen und die Beschneidung entsprechend den Regeln
ärztlicher Heilkunst erfolgt. Solange die Frage nach der Zulässigkeit der Beschneidung Minderjähriger aus religiösen
Gründen noch nicht abschließend geklärt ist, kann sich der Arzt unter Umständen auf einen Verbotsirrtum berufen.


Kurzbeschreibung verfasst von Rechtsanwalt Frank Feser
Angewendete Vorschriften: §§ 17, 223, 224 StGB
Vorinstanz: AG Köln, Urt. v. 21.09.2011 - 528 Ds 30/11 -
http://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/ ... _07.05.pdf
+++ Hinzufügung durch Moderation am 13.07.2012 +++

Urteile des Amtsgerichts und des Landgerichts Köln zur Strafbarkeit von Beschneidungen nicht einwilligungsfähiger Jungen aus rein religiösen Gründen

Aufgrund eines aktuellen Falles hatten das Amtsgericht Köln und das Landgericht Köln über die Strafbarkeit von Beschneidungen nicht einwilligungsfähiger Jungen aus rein religiösen Gründen zu entscheiden.

Den Entscheidungen lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Im November 2010 hatte der Angeklagte als niedergelassener Allgemeinmediziner in Köln fachlich einwandfrei die Beschneidung eines vierjährigen Jungen durchgeführt, ohne dass eine medizinische Indikation vorlag. Die Eltern des Kindes, die dem islamischen Glauben angehören, hatten zuvor eine entsprechende Einwilligung erteilt.
Das Amtsgericht Köln sprach den wegen gefährlicher Körperverletzung Angeklagten mit Urteil vom 21.09.2011 frei (Az. 528 Ds 30/11). Zur Begründung führte der Richter aus, dass der Eingriff aufgrund der wirksamen Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern gerechtfertigt gewesen sei. Die Entscheidung habe sich an dem Wohl des Kindes ausgerichtet, da die Zirkumzision als traditionelle Handlungsweise der Dokumentation der kulturellen und religiösen Zugehörigkeit diene, womit auch einer Stigmatisierung des Kindes entgegengewirkt werde. Ferner dürfe nicht verkannt werden, dass die Zirkumzision auch im amerikanischen und angelsächsischen Raum aus hygienischen Gründen einen wichtigen Stellenwert einnehme.
Die seitens der Staatsanwaltschaft Köln gegen das Urteil eingelegte Berufung hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 07.05.2012 verworfen (Az. 151 Ns 169/11), so dass der ursprüngliche Freispruch in Rechtskraft erwachsen ist. Zur Begründung führte die Kammer aus, dass der äußere Tatbestand der einfachen Körperverletzung zwar erfüllt sei. Dieser Eingriff sei insbesondere nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt, weil sie nicht dem Wohl des Kindes entspreche. Denn im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägung überwiege das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit vorliegend die Grundrechte der Eltern. Ihre Religionsfreiheit und ihr Erziehungsrecht würden nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie gehalten seien abzuwarten, ob sich das Kind später selbst für eine Beschneidung entscheidet.
Die Kammer hat den Freispruch im Ergebnis dennoch bestätigt, weil der Angeklagte sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunde habe. Er habe angenommen, dass sein Handeln rechtmäßig gewesen sei. Dieser Irrtum sei für ihn unvermeidbar gewesen, da die zugrunde liegenden Rechtsfragen in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet würden.

Quelle: Pressemitteilung vom 26.06.2012
Amtsgericht Köln
Luxemburger Straße 101
50939 Köln
Internet: http://www.ag-koeln.nrw.de
Ihre Ansprechpartner:
Richter am Landgericht
Dr. Jan F. Orth
Durchwahl: 0221 477-3304
Jan.Orth@lg-koeln.nrw.de
Richter am Amtsgericht
Jörg Baack
Durchwahl: 0221 477-2008
Joerg.baack@ag-koeln.nrw.de
http://www.lg-koeln.nrw.de/Presse/Press ... eidung.pdf

Religiöse Beschneidungen sind strafbar

Verfasst: 27.06.2012, 07:02
von Presse
Urteil des Landgerichts Köln:
Religiöse Beschneidungen sind strafbar
zuletzt aktualisiert: 27.06.2012
Die Beschneidung von Jungen im Islam oder im Judentum stellt nach einem Urteil des Kölner Landgerichts eine strafbare Körperverletzung dar. Schwerer als die Religionsfreiheit wiegt demnach das Selbstbestimmungsrecht des Kindes.
http://www.rp-online.de/panorama/deutsc ... -1.2887358

Beschneidung: Machen sich Ärzte strafbar?

Verfasst: 27.06.2012, 07:14
von Presse
Beschneidung: Machen sich Ärzte strafbar?
Für Amerikaner ist sie Teil der Hygiene, für Moslems und Juden ein Ritual ihrer Religion: die Beschneidung von Jungen. Für Kölner Richter ist sie aber vor allem eines: strafbar, und zwar für Ärzte. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=816 ... cht&n=2003

Expertin warnt Ärzte vor Beschneidungen

Verfasst: 28.06.2012, 06:06
von Presse
Expertin warnt Ärzte vor Beschneidungen
Es ist ein Urteil mit großer Wirkung: Das Landgericht Köln sieht in der Beschneidung aus religiösen Gründen eine Straftat - trotz Einwilligung der Eltern.
Jetzt stehen Ärzte bundesweit in einer rechtlichen Grauzone. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=816 ... cht&n=2007

Verfasst: 28.06.2012, 15:40
von janma
Das ist wieder so ein klassischer Fall, bei dem man denke ich, je nach Standpunkt, beide Sichtweisen verstehen kann. Wobei ich für meinen Teil dem Gericht hier zustimmen würde - der Körper eines Jeden fällt meiner Meinung nach unter dessen Selbstbestimmungsrecht...

Umstrittenes Beschneidungs-Urteil ist rechtskräftig

Verfasst: 29.06.2012, 15:16
von Gaby Modig
Die Ärzte Zeitung berichtet soeben:
Umstrittenes Beschneidungs-Urteil ist rechtskräftig
Wenn Jungen aus religiösen Gründen beschnitten werden, ist das strafbar. Mit diesem Beschluss hat das Landgericht Köln
für große Diskussion gesorgt - und Ärzte in eine Grauzone gebracht. Jetzt ist das Urteil rechtskräftig. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=816 ... cht&n=2012

Ich halte das Urteil für rechtlich korrekt.

Beschneidungen bei Minderjähren u.U. strafbar

Verfasst: 30.06.2012, 07:42
von Herbert Kunst
Hallo Forum!
Ich halte das Urteil des Landgerichts Köln, das die Beschneidung aus religiösen Gründen bei Minderjährigen als strafbare Körperverletzung einstuft, für richtig. Es ist mit unserer verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 1 und 2 GG) in Einklang stehend ein wichtiger Beitrag, die Selbstbestimmungsrechte - hier die körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 GG - zu stärken. Grundrechte können in Einzelfällen miteinander kollidieren. Dann ist eine Abwägung vorzunehmen. Und die hat das Landgericht Köln in der o.a. Angelegenheit völlig richtig vorgenommen, alternativlos! Dass einige Institutionen aus religiöser Sichtweise gegen das Urteil protestieren, muss hingenommen werden.
Gruß Herbert Kunst

Beschneidungen bei Minderjähren u.U. strafbar

Verfasst: 01.07.2012, 07:13
von Sabrina Merck
Herbert Kunst hat geschrieben: Ich halte das Urteil des Landgerichts Köln, das die Beschneidung aus religiösen Gründen bei Minderjährigen als strafbare Körperverletzung einstuft, für richtig. Es ist mit unserer verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 1 und 2 GG) in Einklang stehend ein wichtiger Beitrag, die Selbstbestimmungsrechte - hier die körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 GG - zu stärken. Grundrechte können in Einzelfällen miteinander kollidieren. Dann ist eine Abwägung vorzunehmen. Und die hat das Landgericht Köln in der o.a. Angelegenheit völlig richtig vorgenommen, alternativlos! Dass einige Institutionen aus religiöser Sichtweise gegen das Urteil protestieren, muss hingenommen werden. ....
Einfache Rückmeldung: Text gefällt mir!
S.M.

Beschneidungen bei Minderjährigen

Verfasst: 02.07.2012, 06:57
von Gaby Modig
Ich hatte bereits angemerkt, dass ich das hier in Rede stehende Urteil des Landgerichts Köln für korrekt halte. Mit dieser Entscheidung ist in eindrucksvoller Weise die Anwendung der Grundrechte, ggf. konkurrierend, dargestellt worden.
Nun melden sich aber einige Politiker in Berlin zu Wort und melden Verärgung bzw. Bedenken an. Es wird sogar davon berichtet, dass Gesetzesänderungen erwogen werden. Diese wäre m.E. eine völlig falsche Reaktion, zumal mit einer einfachen Gesetzesänderung das Verfassungsrecht nicht korrigiert werden kann.
Die in Düsseldorf erscheinende Rheinische Post zitiert heute die Herren G. Westerwelle und V. Beck als "aktuelle Bedenkenträger".

G.M.

Beschneidungen bei Kindern - Nein ist korrekt

Verfasst: 04.07.2012, 07:00
von Taube
Weil das Kölner Urteil Wellen schlägt, heute gab es in meiner Zeitung erneut einen Beitrag gegen die Entscheidung (Bezugnahme auf muslimusche und jüdische Ansichten), will ich auch Position beziehen:
Unsere rechtsstaatliche Ordnung unterwirft auch die Gerichte dem Verfassungsrecht. Daher war es richtig, dass die Kölner Richter dem Patienten-Selbstbestimmungsrecht Vorrang eingeräumt haben. Es ging ja bekanntermaßen um Kinder, die noch nicht selbst entscheiden können. Daher sind die gesetzlichen Vertreter in einer besonderen Pflicht, abgewogen zu urteilen. Dies hat das Urteil auf den Punkt gebracht. Und das ist auch gut so!

Taube

Muslime: Beschneidung muss ins Gesetz

Verfasst: 05.07.2012, 05:37
von Presse
Muslime: Beschneidung muss ins Gesetz
Die Kritik am umstrittenen Beschneidungs-Urteil reißt nicht ab. Muslimische Organisationen erhöhen den Druck auf die Politik:
Sie wollen eine gesetzliche Regelung für die religiöse Zirkumzision - und verweisen auf die WHO. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=817 ... hik&n=2023

Beschneidungs-Urteil und seine Folgen

Verfasst: 06.07.2012, 06:55
von Presse
Beschneidungs-Urteil und seine Folgen:
Jetzt ist Pandoras Büchse offen

Das umstrittene Urteil des Landgerichts Köln zur Beschneidung von Jungen bringt Ärzte wie Eltern in die Bredouille.
Denn streng genommen sind jetzt auch andere Operationen strafbar. mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=817 ... cht&n=2027

Chaos der Kulturen - Islam & Integration

Verfasst: 07.07.2012, 07:45
von Gerhard Schenker
Ich halte - mit anderen - die Klarstellung zur Beschneidung für geboten. Das Kölner Landgericht hat gezeigt, dass unsere rechtsstaatliche Ordnung funtioniert.
Wir brauchen hier nämlich eine kulturellen Einflüsse, die uns in das Mittelalter oder die Wüste zurückführen. Nötig sind allerdings weitere Klarstellungen, die die bundesdeutsche Werteordnung stärken.
Eindrucksvoll zur Thematik allgemein:
Chaos der Kulturen - Islam & Integration - Buchtipp
viewtopic.php?t=17454

G.Sch.

Streitfall Beschneidung - Landgericht Köln stellt klar

Verfasst: 08.07.2012, 06:46
von Gaby Modig
Die in Düsseldorf erscheinende Rheinische Post berichtete am 07.07.2012 zum Thema:

Nach Urteil des Kölner Landgerichts
Streitfall Beschneidung
VON LOTHAR SCHRÖDER - zuletzt aktualisiert: 07.07.2012
Seit das Kölner Landgericht die rituelle Beschneidung von Kleinkindern als strafbar erklärte, ist eine Debatte über Religionsfreiheit, den Glauben und die Zukunft des Judentums hierzulande entbrannt.
Wer glaubt, hat recht. Das ist das Recht einer persönlich erfahrenen Wahrheit und Gewissheit des Glaubens; es bewährt sich im Vollzug. Dieses Recht ist nicht mehr unbestritten, seit es – im Fall der Beschneidung – in Kollision geraten ist mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. .... (mehr)
http://www.rp-online.de/politik/deutsch ... -1.2901221

Ich werde in der Darstellung darin bestärkt, das Kölner Urteil als rechtsstaatlich völlig korrekt einzustufen. Ich wünsche mir mehr solcher Klarstellungen!

G.M.

Beschneidungen, Genitalverstümmlungen ... nein

Verfasst: 09.07.2012, 08:26
von Taube
Beschneidungen, Genitalverstümmlungen gehören nicht in die abendländischen Rechtsstaaten.
Das muss alles mit aller Macht unterbunden werden - der Menschenwürde wegen.
Taube