Überstundenabbau durch Arbeitszeitverkürzung u. Jahresurlaub

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

Moderator: WernerSchell

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Bobo56
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Überstundenabbau durch Arbeitszeitverkürzung u. Jahresurlaub

Beitrag von Bobo56 » 10.05.2011, 19:00

Hallo,
ich habe mal wieder eine Anfrage.
Sind die HL/PDL berechtigt, die erarbeiteten Überstunden durch eine Arbeitszeitverkürzung abzubauen? Seit geraumer Zeit werden die Überstunden der Pflegehilfskräfte durch eine verkürzte Arbeitszeit abgebaut. Diese Verkürzung wurde hierbei willkürlich und ohne Ankündigung in den Monatsdienstplänen festgeschrieben. Während der Frühdienste muss eine halbe Stunde (30min) und im Spätdienst ebenfalls eine halbe Stunde weniger gearbeitet werden. Und bei einem sogenannten kurzen Wechsel beginnt der Spätdienst um 14.00 Uhr und endet um 20,00 Uhr, da der nachfolgende Frühdienst ja um 06.00 Uhr beginnt.
Sind diese Regelungen gesetzlich?
Ich bitte hier um eine klärende Rückinfo.
Noch ein Problem. Ich wollte in diesem Jahr, wie jedes Jahr auch von der PDL bewilligt, 15 Tage Jahresurlaub in Anspruch nehmen. Zeitpunkt Ende August bis Mitte September. Dies wurde nun mit dem Hinweis abgelehnt, es gibt nur 12 Tage, da das Unternehmen nur 10 Urlaubstage zusammenhängend genommen wünscht. Die restlichen drei Tage sollen aus den vorhandenen Überstunden genommen werden. Dies ist aber nicht realistisch, da sie ja aus den o.a. Arbeitszeitverkürzungen abgebaut sind. Bin ich nun berechtigt, diese 15 Tage aus Gewohnheitsrecht einzufordern, wurde ja über Jahre hinweg genehmigt oder muss ich mich mit den 12 Urlaubstagen zufrieden geben.
Auch hier würde ich mich über eine klärende Info sehr freuen.
BDRB

thorstein
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Beitrag von thorstein » 11.05.2011, 09:23

Diese Verkürzung wurde hierbei willkürlich und ohne Ankündigung in den Monatsdienstplänen festgeschrieben.
Hallo Bobo,

Gibt es einen Tarifvertrag?
Gibt es einen Betriebsrat?

Grundsätzlich kann der AG den freizeitausgleich nach billigem Ermessen gewähren, d.h. er muss auch die Interessen der AN berücksichtigen. Ob das hier der Fall ist, kann ich nicht beurteilen.

Als Mitarbeitervertreter würde ich aber auf folgender Regelung bestehen: Entstehen die Übersunden, weil der Mitarbeiter eine ganze Schicht einspringt, also einen freien Tag verliert, muss auch der Freizeitausgleich in einem freien Tag bestehen. Muss der Mitarbeiter eine h länger arbeiten, kann diese h an einem anderen Tag verkürzt werden.

Grüsse

Bobo56
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Arbeitszeitverkürzung

Beitrag von Bobo56 » 11.05.2011, 15:18

Hallo und danke für die Info. Einen Betriebsrat oder Mitarbeitervertreter gibt es nicht, geschweige denn einen Tarifvertrag. Diese Arbeitszeitverkürzungen laufen jetzt ständig schon über mehrere Monate. Und nur bei den Pflegehilfskräften. Dadurch sind sie ständig auf Arbeit. 10 Tage arbeiten, einen Tag frei. Oder die Spitze 18 Tage jobben und einen (1) Tag frei. Und hier soll mir keiner erzählen, dass das gesetzlich ist. Aber in Deutschland ist ja meines Erachtens alles in der Altenpflege erlaubt.
BDRB

thorstein
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Beitrag von thorstein » 11.05.2011, 15:58

Hallo Bobo,

es wäre zum Beispiel durchaus erlaubt, einen Betriebsrat zu gründen. Manche Kolleginnen reagieren bei 18 Tagen Dienst hintereinander auch konsequent mit einer Krankmeldung. Oder warum sollte ich meine Gesundheit gefährden? Und woher bekommt solch ein AG ausreichend Personal?

Frei nach Kant, ist die Unmündigkeit der Pflegekräfte selbst gewählt, auch wenn es viele gute Begründungen dafür gibt.

Erlaubt ist eigentlich immer alles, wogegen sich keiner wehrt: Wo kein Kläger...

Grüsse

WernerSchell
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Wer Arbeitszeit reduzieren will, bekommt oft Probleme

Beitrag von WernerSchell » 05.03.2017, 07:43

Wer Arbeitszeit reduzieren will, bekommt oft Probleme

(Quelle: Hans-Böckler-Stiftung) Beschäftigte sollten ihre Arbeitszeit je nach Lebensphase anpassen dürfen. Doch oftmals ist das unerwünscht. Vor allem Männer und hochqualifizierte Beschäftigte bekommen Probleme, wenn sie zeitweise kürzer treten wollen. Die Gründe: mangelndes Verständnis, rigide Arbeitsorganisation und knappe Personalausstattung. Das zeigt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung.*
Nicht für jeden und zu jeder Zeit ist eine Vollzeitstelle die passende Wahl. Gut, dass es Gesetze oder Tarifverträge gibt, die es erlauben, die Arbeitszeit an die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen. Das Problem ist nur: Wenn sie ihre Rechte durchsetzen wollen, stoßen Beschäftigte oft auf Widerstände.
Die Forscherinnen aus dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) und der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung haben anhand von 121 Interviews untersucht, wie Arbeitszeitoptionen - zum Beispiel Teilzeit, Elternzeit oder Freistellungen für Ehrenämter und Bildung - in der betrieblichen Praxis genutzt werden. Befragt wurden Beschäftigte und Expertinnen in zwei Industrieunternehmen, zwei Polizeibehörden und zwei Krankenhäusern. Dabei zeigten sich große Unterschiede nach Beruf, Geschlecht und Position in der Firmenhierarchie.
Das Fazit der Wissenschaftlerinnen: Wie flexibel sich die Arbeitszeit einteilen lässt, hängt stark vom beruflichen und betrieblichen Umfeld ab. In "typisch männlichen" Berufen sowie in Führungspositionen falle es nach wie vor schwer, Arbeitszeitverkürzungen oder Erwerbsunterbrechungen durchzusetzen (siehe auch die Infografik; Link unten). Hier gelte noch das Ideal, dass Beschäftigte - insbesondere Männer - in Vollzeit arbeiten, wenn nötig Überstunden machen und dem Arbeitgeber nach Bedarf zu Verfügung stehen. "Verletzen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese Normen, werden sie von Vorgesetzten und im Kollegenkreis oftmals stigmatisiert und diskriminiert", schreiben Klenner und Lott.
Zur Studie hier > http://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_studies_4_2016.pdf

Quelle: Mitteilung vom 05.03.2017
Verband Kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rheinland-Westfalen-Lippe
Beratgerstraße 36
44149 Dortmund
Tel.: 0231/ 579743
Fax: 0231/ 579754
E-Mail: info@vkm-rwl.de
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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