Pflegebedürftigkeit u.a - Zu viel Zeitaufwand für Bürokratie

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

Antworten
Presse
phpBB God
Beiträge: 14256
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Pflegebedürftigkeit u.a - Zu viel Zeitaufwand für Bürokratie

Beitrag von Presse » 05.02.2008, 10:58

Studie der Bertelsmann Stiftung: Zu viel Zeitaufwand für Bürokratie
Belastung von Bürgern kann um über 20 Prozent verringert werden


Die Bundesbürger haben im Alltag erhebliche bürokratische Hürden zu überwinden - das kostet nicht nur Nerven, sondern auch viel Zeit und Geld. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung, mit der die Bürokratiebelastung der Deutschen erstmals gemessen wurde. Dabei wurden exemplarisch drei Gruppen untersucht: Eltern von behinderten Kindern, Angehörige von pflegebedürftigen älteren Personen und ehrenamtliche Vorstände von Fußballvereinen. Die Messung erfolgte nach dem sogenannten Standardkosten-Modell, mit dem auf Bundesebene bereits die Bürokratiebelastung von Unternehmen erhoben wird. Dabei wurde deutlich: Die Informationspflichten von Menschen in besonderen Lebenssituationen könnten um über 20 Prozent reduziert werden.

Demnach werden in Deutschland rund 162.000 behinderte Kinder von ihren Eltern gepflegt. Diese verbringen rund 40 Stunden im Jahr damit, ihre bürokratischen Pflichten zu erfüllen. Bei allen Eltern zusammengenommen sind das 6,4 Millionen Stunden im Jahr. Eine ihrer 23 Informationspflichten ist beispielsweise der Antrag auf nicht-technische Pflegehilfsmittel. So müssen Eltern durchschnittlich alle fünf Wochen den Weg zum Arzt antreten, um immer wieder neue Rezepte für Windeln oder Pflegesalben abzuholen, obwohl die Behinderung auf Dauer besteht. Längerfristige ärztliche Verordnungen könnten mindestens die Hälfte dieser Arztbesuche einsparen. Die Studie zeigt, der bürokratische Zeitaufwand von Eltern behinderter Kinder kann insgesamt um über ein Viertel verringert werden - durch einheitliche Formularvordrucke, bundesweite Infoportale, eine unabhängige Patientenberatung und Langzeitrezepte.

Auch für die beiden anderen Gruppen zeigt sich ein großer bürokratischer Aufwand. Die Angehörigen pflegebedürftiger älterer Menschen verwenden rund 32 Stunden im Jahr auf ihre gesetzlichen Informationspflichten. In Deutschland gibt es 1,2 Millionen pflegebedürftige ältere Menschen, für die deren Angehörige neben der Pflege insgesamt 36,6 Millionen Stunden bürokratischen Aufwand erfüllen müssen. Ein großes Problem für die Angehörigen ist die fehlende Zugänglichkeit von Informationen - sie brauchen summiert rund sieben Millionen Stunden im Jahr, um sich zu informieren und beraten zu lassen. Der zeitliche Aufwand von pflegenden Angehörigen könnte um 23 Prozent gesenkt werden.

Bei der Gruppe der ehrenamtlichen Vorstände von Fußballvereinen sind es sogar 42 Stunden im Monat, die sie unbezahlt und freiwillig für Bürokratie einsetzen müssen. Hier handelt es sich nur um die Pflichten gegenüber dem Staat. Die erheblichen Informationspflichten gegenüber dem Deutschen Fußball-Bund sind noch nicht berücksichtigt. Neben der zeitlichen Belastung kommt ein großer finanzieller Aufwand für die ehrenamtlichen Vorstände von Fußballvereinen hinzu. Kosteneinsparungen von bis zu einer Million Euro sind hier möglich.

"Mit dem Standardkosten-Modell können wir nicht nur aufzeigen, wie hoch die Belastung bestimm-ter Gruppen ist, sondern auch wie diese verringert werden kann", so Frank Frick, Projektleiter Agenda Moderne Regulierung in der Bertelsmann Stiftung. "Sicher muss der Staat über viele Leistungen, die er für seine Bürger erbringt, Bescheid wissen. Das ist wichtig für die Gesetzgebung. Aber Menschen in besonderen Lebenssituationen dürfen deshalb vom Staat nicht unnötig mit Bürokratie belastet werden. Und die Studie zeigt, dass Bürokratieabbau möglich ist, ohne berechtigte Informationsinteressen des Staates einzuschränken", so Frick.

Quelle: Pressemitteilung vom 3.2.2008
http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/ ... _84991.htm

Downloads:
Broschüre: SKM-Bürger Alltag Zwischen Aktendeckeln (1.2 MB)
http://de.sitestat.com/bertelsmann/stif ... 3721_2.pdf
SKM-Bürger - Abschlussbericht (1.6 MB)
http://de.sitestat.com/bertelsmann/stif ... 3723_2.pdf

Service
phpBB God
Beiträge: 1828
Registriert: 14.09.2006, 07:10

Kostentreiber Bürokratie

Beitrag von Service » 06.02.2008, 14:25

Kostentreiber Bürokratie

BERLIN (6. Februar 2008) – Der AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflege-einrichtungen e.V. (AVG)* sieht sich in seiner Forderung nach einer Entbürokratisierung der Pflege durch die neue Bürokratie-Studie der Bertelsmann-Stiftung bestätigt. In der Erhebung, die Anfang dieser Woche in Gütersloh vorgestellt wurde, wird u.a. die Bürokratiebelastung pflegender Angehöriger gemessen und festgehalten, dass ein vermeidbarer bürokratischer Aufwand unnötig viel Zeit und Geld kostet.

Für die pflegenden Angehörigen der rund 1,2 Mio. pflegebedürftigen älteren Personen stellt die Bertelsmann-Stiftung einen Bürokratieaufwand von insgesamt 36,6 Mio. Stunden pro Jahr fest. Dies entspricht anfallenden Kosten in Höhe von etwa 13,6 Mio. €. Im Schnitt ergibt sich dadurch pro Betroffenem ein Zeitaufwand von 32 Stunden pro Jahr, der allein für die Erledigung der gesetz-lichen administrativen Anforderungen verstreicht.

Um unnötige Bürokratie abzubauen, wird in der Studie u.a. vorgeschlagen, Rezepte für technische und nichttechnische Hilfsmittel zusammenzufassen sowie deren Gültigkeit zu verlängern. Der AVG stuft diesen Vorschlag als äußerst sinnvolle Maßnahme ein, die der Verband schon seit längerem gefordert hat.

Zudem werden in der Erhebung die Beratungsbesuche nach § 37 Abs. 3 SGB XI thematisiert. Hier gibt es nach Auffassung des AVG durchaus noch Luft, bürokratische Hürden abzubauen. So könn-ten die Beratungsbesuche aufgewertet und die professionelle Pflege mit mehr Kompetenzen aus-gestattet werden. Sinnvoll wäre es, den Pflegediensten das Verordnungsrecht von Pflegehilfsmit-teln zu übertragen. Die Verordnungen dürften natürlich nur von examinierten Pflegefachkräften ausgestellt werden. Weitere Besuche oder Beurteilungen der Notwendigkeit von Pflegehilfsmitteln wären hinfällig. Damit würden die Betroffenen in zweierlei Richtungen profitieren: Zum einen würde das Verfahren entbürokratisiert, zum anderen wären die benötigten Pflegehilfsmittel schneller vor Ort bei den Patienten.

Auch in der häuslichen Krankenpflege sind ausufernde Verwaltungsverfahren an der Tagesordnung. Hier dürften die Zahlen ähnlich drastisch ausfallen. In der Vergangenheit hat der AVG sich immer wieder kritisch zu Antrags- und Prüfverfahren geäußert, in denen sinnlose Übersendungen von Formularen, Papieren und Zustandsberichten den Alltag der ambulanten Krankenpflege be-stimmen. Hinzu kommen etliche Nachfragen von Kostenträgern, Korrekturen von Verordnungen und Forderungen nach Berichten, Messdaten sowie Pflegedokumentationen. Am Ende zahlt der Patient die Zeche: In diesen Fall 10 € pro Verordnung.

Es muss ja nicht immer der große Wurf sein. Kleine Schritte würden hier den Weg ebnen. So könnten Verordnungen für ausgesuchte Krankheitsbilder einfach länger ausgestellt und von den Kassen genehmigt werden. Es gibt sicherlich viele solcher „kleinen“ Ansätze, die auf ihre Umsetzung warten. Es ist an der Zeit, Transparenz in das Genehmigungsverfahren der häuslichen Krankenpflege zu bringen und die täglichen Ärgernisse mittels fundierter wissenschaftlicher Studien zu belegen.

*Der AVG - AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e.V. – die Berufstandsvertretung für ambulante und teilstationäre Pflege in Berlin – wurde im Sommer 2001 gegründet und vertritt derzeit mehr als 70 Anbieter. Ansprechpartner für die Presse: Thomas Meißner, Tel. (030) 49 90 53 80, mailto:info@avg-ev.com
Weitere Informationen: http://www.avg-ev.com


Quelle: Pressemitteilung vom 6.2.2008
Jörn Mohaupt
Geschäftsführer
AVG AnbieterVerband qualitätsorientierter
Gesundheitspflegeeinrichtungen e.V.
Schönholzer Straße 3
13187 Berlin
Tel. (030) 49 90 53 80
Fax (030) 49 90 53 88
E-Mail: info@avg-ev.com
Internet: http://www.avg-ev.com

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25302
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Bürokratie ab- und nicht aufbauen

Beitrag von WernerSchell » 08.03.2008, 07:53

Pressemitteilung:

Pflegereform muss Bürokratie abbauen und nicht neu auftürmen
Pflege-Selbsthilfeverbande e.V. hält Pflegestützpunkte für überflüssig


Der Pflege-Selbsthilfeverband e.V. (Pflege-SHV) hat bereits im August und Oktober 2007 ausführlich zu den geplanten Änderungen in der Pflegeversicherung Stellung genommen und das dem Deutschen Bundestag vorliegende "Pflege-Reförmchen" als völlig unzureichend eingestuft. Vor allem wurde kritisiert, dass die Reformvorstellungen die wirklichen Bedürfnisse der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen außer Acht lassen. Beitragserhöhung und damit einhergehende Veränderungen müssen uneingeschränkt den hilfe- und pflegebedürftigen Menschen zugute kommen. Dementiell erkrankte Menschen müssen mit ihren Bedürfnissen ohne Wenn und Aber in alle Leistungsangebote des Pflegesystems einbezogen werden.

Der Entwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der Pflegeversicherung sieht u.a. die Einrichtung von Pflegestützpunkten und Fallmanagern vor. Damit soll angeblich die Beratung der pflegebedürftigen Menschen und ihrer Angehörigen verbessert werden. Klingt zunächst gut und einleuchtend. Es handelt sich aber um eine glatte Fehlplanung, weil hierdurch nur neue Verwaltungsmonster geschaffen werden, die den Bürokratieaufwand in der pflegerischen Versorgung unnötig vermehren, statt zu reduzieren, und erhebliche Finanzmittel binden. Allein richtig ist, die Mini-Pflegereform mit einer Beitragserhöhung von 0,25 % so zu gestalten, dass die Mehrleistungen uneingeschränkt den pflegebedürftigen Menschen zugute kommen. Wir brauchen in den Pflegeeinrichtungen - und auch in den Krankenhäusern - mehr Pflegepersonal - zurückhaltend geschätzter Fehlbestand: 20%.

Es ist zu begrüßen, dass sich der pflegepolitische Sprecher der Union im Deutschen Bundestag, Willi Zylajew, erneut in aller Deutlichkeit gegen Pflegestützpunkte und Fallmanager ausgesprochen hat (die Rheinische Post berichtete am 8.2.2008). Stattdessen werden 10.000 zusätzliche Pflegekräfte gefordert. Das ist die richtige Vorgehensweise im Interesse der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen. Die Initiative für menschenwürdige Pflege schließt sich dem an!

Adelheid von Stösser, 1. Vorsitzende des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V.
Werner Schell, 2. Vorsitzender des Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V.
Verbandsanschrift:
Am Ginsterhahn 16,
D-53562 St.Katharinen
Tel: 02644-3686
Fax: 02644-80440
info@pflege-shv.de

Anschrift für den Raum Neuss/Düsseldorf: Werner Schell, Harffer Str. 59, 41469 Neuss - Telefon 02131/150779

Text zur Veröffentlichung frei!
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Antworten