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Wohn- und Teilhabegesetze NRW: Bessere Rahmenbedingungen für Pflegeeinrichtungen

Verfasst: 25.07.2018, 05:32
von WernerSchell
Novelle des Wohn- und Teilhabegesetzes: Landesregierung plant bessere Rahmenbedingungen für Pflegeeinrichtungen

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Die Landesregierung hat in ihrer Kabinettsitzung am Dienstag den Gesetzentwurf zur Änderung des Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) und den Entwurf der dazugehörigen Durchführungsverordnung beschlossen. Mit einem ganzen Maßnahmenbündel sollen die Rahmenbedingungen für die Versorgung und Betreuung in Pflegeeinrichtungen deutlich verbessert und vereinfacht werden. Ziele der geplanten Gesetzesänderungen sind u. a. eine leichtere Pflegeplatzsuche im Internet, ein flächen-deckender Internetzugang in allen Pflegeheimen sowie der Abbau von überbordender Bürokratie.

„Immer noch machen viel zu viele Vorschriften den Menschen in unseren Heimen das Leben unnötig schwer. Mit der Gesetzesnovelle wollen wir den Pflegealltag erleichtern – und zwar sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für die Pflegekräfte. Auch die Träger der Pflegeeinrichtungen gehören zu den Gewinnern“, erklärt Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.

Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs sind:

Leichtere Suche nach einem Pflegeplatz
Künftig sollen die Bürgerinnen und Bürger über eine zentrale Internetplattform sehen können, welche Pflegeplätze in ihrer Region frei sind. Bisher gibt es lediglich in vereinzelten Kommunen eigene Plattformen und Systeme. (Artikel 1 Nummer 6 Verordnungsentwurf)

Flächendeckender Internetzugang in allen Pflegeeinrichtungen
Alle Pflegeeinrichtungen sollen verpflichtet werden, mit entsprechenden WLAN-Netzen einen flächendeckenden Internetzugang für die Bewohnerinnen und Bewohner sicherzustellen. Ihr Teilhabeanspruch umfasst schließlich auch die fortschreitende Digitalisierung. (Artikel 1 Nummer 3 Gesetzentwurf)

Keine unnötigen Doppelprüfungen mehr in den Einrichtungen
Die Regelprüfungen der WTG-Behörden sollen künftig nicht mehr die Pflegequalität der Einrichtungen umfassen. Schließlich wird diese bereits vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüft. Die Einrichtungen sollen sich auf eine gute Versorgung und Betreuung der Pflegebedürftigen konzentrieren können. (Artikel 1 Nummer 9 Gesetzentwurf)

Einfachere Regeln für Einrichtungsleitungen
An die Leitungen der Einrichtungen sollen künftig keine überzogenen Qualifikationsanforderungen gestellt werden. Die bisherigen Vorschriften haben sich als nicht umsetzbar und in höchstem Maße bürokratisch erwiesen. (Artikel 1 Nummer 14 Gesetzentwurf)

Stärkung der Position der Pflegedienstleitung
Die Position der Pflegedienstleitungen soll gestärkt werden. Sie sollen in ihren pflege- und betreuungsfachlichen Entscheidungen künftig weisungsunabhängig sein – ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen und organisatorischen Entscheidungen des Trägers. (Artikel 1 Nummer 14 Gesetzentwurf)

Förderung der Entstehung von Kurzzeitpflegeplätzen
Es sollen Anreize für die Entstehung von Kurzzeitpflegeplätzen gesetzt werden. Übersteigt die vorhandene Zahl an Doppelzimmern den gesetzlich zulässigen Anteil von 20 Prozent, können diese vorübergehend für die Kurzzeitpflege genutzt werden. Solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen sollen Doppelzimmer sogar dauerhaft weiternutzen dürfen. Und: Neue Einrichtungen sollen die zulässige Platzzahlobergrenze überschreiten dürfen, wenn sie sich verpflichten, zusätzliche Kurzzeitpflegeplätze zu errichten. (Artikel 1 Nummer 23 und 30 Gesetzentwurf sowie Artikel 1 Nummer 8 Verordnungsentwurf)

Rechtsgrundlage für eine bessere Personalausstattung
Es soll zunächst an der Fachkraftquote von 50 Prozent festgehalten werden. Aber: Die WTG-Novelle schafft bereits die Rechtsgrundlage für die Umsetzung des wissenschaftlich fundierten Personalbemessungsinstruments, das derzeit auf Bundesebene erarbeitet wird. Sobald das Instrument vorliegt, würde dies unmittelbar angeordnet. (Artikel 1 Nummer 14 Gesetzentwurf)

Mehr Rechtssicherheit für ambulante Wohngemeinschaften
Es gibt eine Vielfalt von Pflegeangeboten. Dabei ist oftmals nicht immer klar: Handelt es sich bei einem Angebot um eine selbstverantwortete oder eine anbieterverantwortete Wohngemeinschaft? Oder ist das Angebot sogar als Pflegeheim einzustufen? Für mehr Rechtssicherheit und eine eindeutige Abgrenzung dieser Angebotsformen sollen hier klare Kriterien geschaffen werden. Dabei wird zum Beispiel auch festgelegt, dass sogenannte „Intensiv-Wohngemeinschaften“ (etwa für wachkomatöse Patientinnen und Patienten) ordnungsrechtlich als Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot, sprich: Pflegeheime, eingestuft werden. Denn: Ein für eine Wohngemeinschaft typisches selbstverantwortetes und gemeinsames Leben findet hier nicht statt. (Artikel 1 Nummer 11, 13 und 17 Gesetzentwurf)

Artikel in den Westfälischen Nachrichten > http://www.wn.de/Welt/Politik/3342669-L ... App-finden
Faktenblatt zur Pflege in Nordrhein-Westfalen - PDF, 153.4 KB > https://www.mags.nrw/sites/default/file ... in_nrw.pdf


Quelle: Pressemitteilung vom 12. Juni 2018
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW
https://www.mags.nrw/pressemitteilung/n ... ere-rahmen

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Die aktuell noch geltenden Fassungen von WTG und DV:
Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) > https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_an ... 0000000678
Verordnung zur Durchführung des Wohn- und Teilhabegesetzes (Wohn- und Teilhabegesetz-Durchführungsverordnung - WTG DVO) > https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_det ... d_id=14628

Wohn- und Teilhabegesetze NRW: Bessere Rahmenbedingungen für Pflegeeinrichtungen

Verfasst: 31.07.2018, 05:43
von WernerSchell
Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss


Neuss, 25.07.2018

An das
Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen
z.Hd. Herrn Dirk Suchanek - Leiter des Referats für Landesrecht Pflege, Wohn- und Teilhabegesetz (VI B 3)
Fürstenwall 25, 40219 Düsseldorf
Außenstelle: Roßstr. 120, 40476 Düsseldorf
E-Mail: dirk.suchanek@mags.nrw.de; florian.engelberg@mags.nrw.de;


Nachrichtlich:
• An die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Landtages NRW
• Medien

Betr.: Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Wohn- und Teilhabegesetzes sowie Entwurf der Verordnung zur Änderung der Wohn- und Teilhabe-Durchführungsverordnung – Einleitung der Verbändeanhörung
Bezug: Allgemeines Anschreiben vom 12.06.2018 – VI B 3 - sowie E-Mail-Zuschrift vom 13.06.2018

Sehr Herr Suchanek,
sehr geehrte Damen und Herren,

da die Vorschriften des WTG und DV in einem Gesamtzusammenhang mit aktuellen bundesrechtlichen Erwägungen zur Neugestaltung der Pflegeversicherung gesehen werden müssen, möchte ich zunächst auf die hiesige Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein „Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetzes“ aufmerksam machen, die Sie unter der Internetadresse > http://www.wernerschell.de/aktuelles.php sowie im hiesigen Forum mit weiteren Beiträgen abrufen können > viewtopic.php?f=4&t=22697 . Darin sind bereits ausführlich alle wesentlichen Aspekte nachlesbar, die das derzeit in der Kritik befindliche Pflegesystem betreffen.

Die aktuellen Aktivitäten, bundes- und landesrechtliche Vorschriften, die auf die Pflege und sonstige Versorgung pflegebedürftiger Menschen abzielen, zu reformieren, laufen parallel und im Wesentlichen unabgestimmt ab. Dies muss kritisch gesehen werden.

Es war wohl ein großer Fehler, 2006 im Rahmen der Föderalismusreform die insoweit maßgeblich Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern aufzuteilen. Das wurde seinerzeit (erfolglos) von hier kritisiert – siehe insoweit http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... eilung.php bzw. http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... eilung.php

Es wäre wünschenswert gewesen, eher alle Zuständigkeiten auf der Bundesebene zu konzentrieren. Nun gibt es in 16 Bundesländern die unterschiedlichsten Regelungen bezüglich des Heimrechts. Da blickt kaum noch jemand so richtig durch. Daher sollte zumindest versucht werden, die Ländervorschriften, auch die jetzt in Rede stehenden Korrekturen, auf der Länderebene abzustimmen.

Ich halte die Absicht, die Heimträgerseite zu stärken, grundsätzlich für richtig. Denn wir werden in der Zukunft viele zusätzliche Heimplätze benötigen. Insoweit sehe ich keine alternativen Möglichkeiten. Andererseits ist natürlich auch zu bedenken, dass eigentlich niemand ins Heim will und daher die pflegerische Versorgung zu Hause unterstützt werden muss. Damit wäre dann dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ Rechnung getragen.

Da aufgrund der demografischen Entwicklung zahlreiche zusätzliche stationäre Pflegeeinrichtungen nötig sein werden, darf die Bereitschaft, insoweit zu investieren, nicht eingeschränkt oder gar behindert werden. Es werden auch gewerbliche Initiativen (Investoren) benötigt. Dabei dürfen auch angemessene Gewinne nicht ausgeschlossen sein. Denn das entspricht auch der gegebenen Situation in anderen Bereichen des Gesundheitssystems. Dies grundlegend zu verändern, muss als nicht machbar angesehen werden. Allerdings darf darüber nachgedacht werden (ggf. im Zusammenhang mit bundespolitischen Aktivitäten), aufgrund welcher Erwägungen und in welchem Umfang Gewinnerwartungen realisiert werden dürfen. Auf keinen Fall sollte zugelassen werden, dass mit eingesparten Personalaufwendungen Gewinne abgeschöpft werden. Es ist daher daran zu denken, insoweit einen Riegel vorzuschieben dergestalt, dass ggf. nicht in Anspruch genommene Personalkostenansätze in den Topf der Pflegeversicherung zurückfließen bzw. den HeimbewohnerInnen durch Reduzierung der Entgelte zugute kommen.

Die Planung und der Bau von Pflegeeinrichtungen muss sich in gewisser Weise am „Pflegemarkt“ (Angebot und Nachfrage) ausrichten. Es ist daher nicht vertretbar, freie Pflegebetten in einer Region als Grund für die Verweigerung der Genehmigung neuer Pflegeheime vorzusehen. Solche Erwägungen gibt es u.a. hier im Rhein-Kreis Neuss. Damit wird aber den Interessen der pflegebedürftigen Menschen, die vor Ort einen Heimplatz wünschen, nicht gebührend Rechnung getragen. Ich habe dazu am 21.01.2015 in einer Pressemitteilung, auch dem MAGS übermittelt, wie folgt Stellung genommen:

Planung von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere und behinderte bzw. pflegebedürftige Menschen

Das Alten- und Pflegesetz Nordrhein-Westfalen - APG NRW - vom 02.10.2014 (GV. NRW - Ausgabe 2014 Nr. 29 vom 15.10.2014 1) regelt die Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und beschreibt Grundsätze zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen.
Dabei ist das Ziel die Sicherstellung einer leistungsfähigen und nachhaltigen Unterstützungsstruktur für ältere Menschen und pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige durch die Förderung der Entstehung, Entwicklung und Qualität von Dienstleistungen, Beratungsangeboten, Pflegeeinrichtungen und alternativen Wohnformen. Sämtliche Maßnahmen nach diesem Gesetz sind darauf auszurichten, das Selbstbestimmungsrecht von älteren Menschen und pflegebedürftigen Menschen in jeder Lebensphase zu sichern (§ 1 APG NRW).
Ausgangspunkt für Planungen und die Gestaltung der Angebote sind die Bedarfe älterer Menschen, pflegebedürftiger Menschen und deren Angehöriger. Die Angebote sollen orts- beziehungsweise stadtteilbezogen vorgehalten und weiterentwickelt werden und den älteren oder pflegebedürftigen Menschen weitestgehend ermöglichen, an dem Ort ihrer Wahl wohnen zu können; die besonderen Bedarfe des ländlichen Raums sind zu berücksichtigen (§ 2 APG NRW).
Die Kreise und kreisfreien Städte sind nach dem APG NRW verpflichtet, eine den örtlichen Bedarfen entsprechende pflegerische Angebotsstruktur sicherzustellen, und beziehen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ein (§ 4 APG NRW). Dabei ist der quartiersnahen Versorgung höchste Priorität zugedacht (§ 5 APG NRW).
Die Planung der Kreise und kreisfreien Städte hat übergreifende Aspekte der Teilhabe einer altengerechten Quartiersentwicklung zur Sicherung eines würdevollen, inklusiven und selbstbestimmten Lebens, bürgerschaftliches Engagement und das Gesundheitswesen einzubeziehen. Die örtlichen Planungsergebnisse sowie die Umsetzung von Maßnahmen sind durch Beschluss der Vertretungskörperschaft festzustellen, beginnend mit dem Stichtag 31.12.2015. Dieser Beschlussfassung muss zwingend eine Beratung in der Kommunalen Konferenz Alter und Pflege voraus gehen (§ 7 APG NRW).

Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk erklärt aus gegebenem Anlass:

Die den Kreisen und kreisfreien Städten obliegenden Planungsaufgaben nach dem APG NRW sind danach auszurichten, dass den älteren und pflegebedürftigen Menschen möglichst wohnortnahe Angebote zur pflegerischen und sonstigen Versorgung zur Verfügung stehen sollten. Dabei müssen Auswahlmöglichkeiten bestehen.

Wenn es auch richtig erscheint, bei den hier in Rede stehenden Planungen bereits vorhandene Angebote zu berücksichtigen, darf und kann das nicht dazu führen, diesbezügliche Planzahlen als wichtigstes oder gar als alleiniges Entscheidungskriterium heranzuziehen. Würde man diesem Grundsatz folgen, wären die Auswahlmöglichkeiten der älteren und pflegebedürftigen Menschen unverhältnismäßig eingeschränkt und eine selbstbestimmte Entscheidung über die gewünschte bzw. erforderliche (stationäre) Versorgung ausgeschlossen. Im Übrigen wären die Kriterien der marktwirtschaftlichen Ordnung komplett ausgehebelt.

Daher müssen zum Beispiel neben den Bettenzahlen der bereits am Markt befindlichen stationären Pflegeeinrichtungen auch andere Erwägungen eine Rolle spielen. Die auf der Grundlage von Qualitätsprüfungen des MDK vorgestellten Berichte und Pflegenoten sollen gerade ausdrücklich dazu animieren, unter den vorhandenen Angeboten auswählen zu können. Die Pflegenoten sollen – gesetzgeberisch gewollt - bei der Heimauswahl eine maßgebliche Rolle spielen. Eine Regelung dergestalt, dass die Wahlfreiheit durch Verweis auf freie Betten bei einem Träger mit weniger guten Noten eingeschränkt wäre, ist unter keinen Umständen hinnehmbar. 2)

Bei der Heimauswahl sind unter Umständen auch weitergehende Überlegungen von Bedeutung: 3)
Werden ein gutes medizinisches Netzwerk und eine bestmögliche Arzneimittelversorgung garantiert? Gibt es ausreichend absenkbare Betten (u.U. zur Vermeidung von Fixierungen)? Was bietet die Einrichtung zu den folgenden Dienstleistungsbereichen? … Schmerzmanagement, Dekubitusprophylaxe einschließlich Wundversorgung, Inkontinenzversorgung, Ernährungs- und Flüssigkeitsversorgung … Steht insoweit entsprechend geschultes Personal zur Verfügung?
Können durch andere geeignete Maßnahmen freiheitsentziehende Maßnahmen (Fixierung, Psychopharmaka) ausgeschlossen werden (absenkbare Betten - siehe oben)? Gibt es eine funktionierende Palliativpflege mit entsprechend qualifiziertem Personal oder ggf. gute Zusammenarbeit mit einem ambulanten Hospizdienst? Gibt es die Möglichkeit, eine Patientenverfügung durch eine hausärztliche Notfallanordnung zu ergänzen (zur Vermeidung von unnötigen Krankenhausaufenthalten – siehe dazu das Projekt „beizeiten – begleiten“)? Erscheinen die Führungskräfte besonders geeignet und sind sie in der Lage, ihre MitarbeiterInnen trotz schlechter Pflege-Rahmenbedingungen zu motivieren und Ehrenamtler für ergänzende Hilfen einzuwerben? Wird die Einrichtung offen geführt und ist sie ggf. Teil eines altengerechten Quartiers? …

Die Träger sind nach all dem aufgefordert, bestmögliche Dienstleistungen anzubieten und zu gestalten. Dazu gehört auch, vorhandene Zweibettzimmer in Einbettangebote umzuwandeln. „Normale“ Pflegebetten können ggf. auch in Kurzzeitpflegeplätze umgewandelt werden. Auch andere ergänzende Angebotsveränderungen sind vorstellbar: Tages- oder Nachtpflegeplätze. …

Die Entscheidungen der Kreise und kreisfreien Städte für oder gegen eine weitere stationäre Pflegeeinrichtung müssen nach Auffassung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk immer nach den maßgeblichen örtlichen Gesichtspunkten getroffen werden. Daher ist es auch mit dem APG NRW unvereinbar, allein auf Planzahlen abzustellen. Auch die Regelungen des SGB XI, die auf eine pflegwissenschaftlich gründende Pflege abstellen (vgl. z.B. § 11 SGB XI) wären eingeschränkt.

Es macht daher zum Beispiel wenig Sinn, pflegebedürftige Menschen bzw. ihre Angehörigen einfach auf wohnortfern vorhandene Einrichtungen mit freien Betten verweisen zu wollen. Zu bedenken ist nämlich u.a., dass bei einer Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung immer der möglichst unkomplizierte Kontakt zu Familie, Nachbarschaft oder Freunden ermöglicht werden sollte. Dies sind ja auch Erwägungen, die im Zusammenhang mit der Entwicklung und Gestaltung von altengerechten Wohnquartieren wichtig sind.

Die Kreise und kreisfreien Städte dürften unter Berücksichtigung des ausreichend vorliegenden Datenmaterials in der Lage sein, die gebotenen Entscheidungen mit eigenen Dienstkräften vorzubereiten. Soweit aber die Einschätzung einer externen Institution für erforderlich erachtet wird, müsste durch einen entsprechend formulierten Gutachterauftrag sichergestellt werden, dass neben dem Datenmaterial (Zahl der Einrichtungen, Bettenzahlen) auch andere wichtige Faktoren angemessen gewichtet werden. Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk steht insoweit auch für eine Mitbeurteilung zur Verfügung.

Werner Schell
Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk

1) https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_det ... g=0&menu=1
2) Hier soll unberücksichtigt bleiben, dass der bestehende Pflege-TÜV seit Jahren in der Kritik steht und durch eine bessere Regelung abgelöst gehört.
3) Siehe hierzu auch den 4. Pflege-Qualitätsbericht des MDS, vorgelegt am 14.01.2015 >>> viewtopic.php?f=4&t=20851
Quelle: viewtopic.php?f=4&t=20866

Die Stärkung der Stellung der Pflegefachkräfte ist zu begrüßen. Hingegen wird die Herabstufung der Anforderungen an die Einrichtungsleitungen für inakzeptabel erachtet (§ 21 WTG). Dazu habe ich dem Ministerium mit einer Zuschrift am 19.05.2018 u.a. bereits mitgeteilt:

„Dies erscheint aber völlig unvertretbar. Es wird, wie Ihnen bekannt sein dürfte, immer wieder darauf verwiesen, dass der "Fisch vom Kopf her stinkt" und daher können Reduzierungen von Anforderungen an dieser Stelle nicht als wünschenswert angesehen werden. Es sollte eher darüber nachgedacht werden, wie die Eignung und Qualifizierungsanforderungen für das gesamte Führungspersonal in Pflegeeinrichtungen (von Wohnbereichsleitungen über Pflegedienstleitungen bis hin zu Einrichtungsleitungen) verstärkt werden können.
Aufgrund der gegebenen unzureichenden Pflege-Rahmenbedingungen, die überwiegend im Verantwortungsbereich des Bundes liegen, können die Pflegeeinrichtungen entgegen den MDK-Pflegenoten (Pflege-TÜV) nur mit ausreichend minus bis mangelhaft bezeichnet werden. Zu fordern ist bekanntlich, dass, dem Gesetzeswortlaut folgend, nur auf die Ergebnisqualität und nicht auf die Dokumentation abgestellt wird.
Nur diejenigen Einrichtungen, die über gutes Führungspersonal verfügen, können die Versorgungsstrukturen durch Motivation des Personals, Einwerbung von Ehrenamtlern usw. günstiger gestalten (und solche Einrichtungen werden dann als gut bezeichnet). Wenn nun aber "von oben", die Anforderungen an die Einrichtungsleitungen zurückgenommen, statt verstärkt, werden, ist nichts Gutes zu erwarten.“

Ich stelle daher den Antrag, die geplanten erleichterten Anforderungen für die Einrichtungsleitungen zu korrigieren und auch insoweit Eignungs- und Qualifizierungsvorschriften vorzusehen, mit denen den vielfältigen Aufgaben einer Pflegeeinrichtung gebührend Rechnung getragen werden kann. Es kann nicht als ausreichend angesehen werden, allein die Pflegefachkraft in ihren Kompetenzen zu stärken. Die Einrichtungsleitung wird im Zweifel dominant sein – und daher sind entsprechende Qualifizierungsanforderungen dringend geboten. Statt diese Anforderungen abzumildern oder gar für gänzlich entbehrlich zu erachten, müssen sie eher gestärkt werden.

Bezüglich der Personalbemessung wird auf die zu erwartenden bundesgesetzlichen Regelungen verwiesen. Diese sind für 2020 bzw. später zu erwarten. Das erscheint grundsätzlich richtig, löst aber den derzeitigen Pflegenotstand, der dringend behoben werden muss, nicht auf. Insoweit mache ich auf meine eingangs angesprochene Stellungnahme aufmerksam, mit der umfassende Verbesserungen eingefordert werden. Ich sehe auch die Verpflichtung aller Bundesländer, bereits jetzt auf eine deutliche Verbesserung der Stellenausstattung hinzuwirken.

Es wird im Übrigen eingefordert, dass von Erleichterungen, die Pflege-Fachkraftquote von 50% zu erfüllen, komplett abgesehen wird. Regelungen, die insoweit vorübergehend Ausnahmen zuzulassen, sind unter den gegebenen Personalausstattungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar. Man muss sich nur die MDS-Prüfberichte der letzten Jahre ansehen. Dann weiß man, dass zur Reduzierung der vielfältigen Pflegemängel jede Fachkraft dringend benötigt wird.

Bezüglich der Überprüfung der Pflegeeinrichtungen darf an alsbaldige Veränderungen gedacht werden. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Heimaufsichten und MDK verursachen einen Aufwand, der wohl in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Ob es richtig ist, den Umfang der Überprüfungen durch die kommunalen Heimaufsichten zu reduzieren darf bezweifelt werden. Es erscheint sinnvoll abzuwarten, in welcher Form zukünftig der „Pflege-TÜV“ seine Prüfaufgaben wahrnehmen wird (z.Zt. sind die diesbezüglichen Vorschriften noch in der Planung). Wenn es nämlich endlich dazu kommen sollte, dass insoweit überwiegend die Ergebnisqualität und nicht die Dokumentation in den Blick genommen wird, sind insoweit möglicherweise Ergebnisse und Folgerungen zu erwarten, die eher zur Aufdeckung und Auflösung von Pflegemängeln beitragen können. Zur Zeit muss die Prüftätigkeit, die in der Regel mit Vergabe der Note eins bis zwei abgeschlossen wird, als höchst entbehrlich angesehen werden. Ein Gericht hat dazu vor Jahren einmal treffend formuliert: Der Pflege-TÜV ist rechtswidrig und eine einzige Verbrauchertäuschung.

Da es im Übrigen darum gehen muss, auch die Pflege zu Hause zu stärken, halte ich die flächendeckende Ausgestaltung von kommunalen Quartiershilfen für dringend geboten. Insoweit sollten entsprechende Handlungserfordernisse vorgesehen werden. Es versteht sich, dass insoweit auch auskömmliche Finanzmittel einzuplanen sind. Dem Vernehmen nach, sollen die ministeriellen Aktivitäten des Ministeriums für diesen wichtigen Pflege-Unterstützungsbereich reduziert werden. Wenn dies zutreffen würde, wäre das eine pflegerische Fehlentwicklung, die dringend beendet werden muss.

Soweit eine kurzgefasste Stellungnahme, die gerne mündlich erläutert werden kann.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell

Pflegeeinrichtungen in NRW: Leitungskräfte ohne fachspezifische Qualifikation

Verfasst: 11.04.2019, 18:11
von WernerSchell
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SPD kritisiert Gesetzesnovelle: Pflegeheimbewohner verlieren Schutz

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Änderung des Wohn- und Teilhabegesetzes in Nordrhein-Westfalen mindert nach Auffassung der SPD-Opposition die Schutzrechte von Bewohnern in Pflege- und Behinderteneinrichtungen. Die am späten Mittwochabend im Düsseldorfer Landtag verabschiedete Novelle erlaube, dass Einrichtungsleitungen gar keine fachspezifische Qualifikation mehr vorweisen müssten, kritisierte die SPD-Landtagsfraktion am Donnerstag in einer Mitteilung. Ein Studium in Pflege- und Gesundheitsmanagement gehört künftig nicht mehr zu den Voraussetzungen. „Ab jetzt wäre es denkbar, dass ein ehemaliger Leiter eines Lebensmittelmarktes die Verantwortung für eine Pflegeeinrichtung übernehmen kann“, hieß es in der Mitteilung.

Das Parlament hatte die Gesetzesänderung mit den Stimmen der Regierungsmehrheit von CDU und FDP verabschiedet. SPD und Grüne stimmten dagegen, die AfD-Fraktion enthielt sich. Mit der Novelle wurden unter anderem Möglichkeiten zur digitalen Pflegeplatzsuche, mehr Kurzzeitpflegeplätze und Internet in allen Heimen beschlossen. Und die Stellung der Pflegedienstleitung in Heimen soll gestärkt werden: Die Geschäftsführung darf sie künftig in Pflege-Fragen nicht mehr anweisen.

Wichtige Regelungen zu Verbraucherschutz, Barrierefreiheit sowie zum Schutz von Nichtrauchern seien aber abgelehnt worden, kritisierte die SPD. „Das Schicksal der Menschen in den Einrichtungen soll nun der Markt lenken und Entbürokratisierung ist wichtiger als Schutzrechte.“ Die Zahl der Pflegebedürftigen in NRW stieg zuletzt rasant und lag Ende 2017 bei fast 770 000 Menschen.

Quelle: Mitteilung AOK - Bundesverband vom 11.04.2019
https://aok-bv.de/presse/dpa-ticker/index_22003.html

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Bei Facebook wurde in der o.a. Angelegenheit wie folgt gepostet:

Das Wohn- und Teilhabegesetzes in NRW wurde u.a. dahingehend geändert, dass Einrichtungsleitungen von Pflegeheimen keine fachspezifische Qualifikation nachweisen müssen. Damit hat sich der Landtag NRW über eine Stellungnahme von Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk vom 25.07.2018 hingesetzt - siehe > http://www.wernerschell.de/forum/neu/vi ... 46#p104748 Ein Studium in Pflege- und Gesundheitsmanagement gehört künftig nicht mehr zu den Anstellungsvoraussetzungen. Dies ist in aller Deutlichkeit zu kritisieren! Die Opposition erklärte dazu: „Ab jetzt wäre es denkbar, dass ein ehemaliger Leiter eines Lebensmittelmarktes die Verantwortung für eine Pflegeeinrichtung übernehmen kann. Das Schicksal der Menschen in den Einrichtungen soll nun der Markt lenken und Entbürokratisierung ist wichtiger als Schutzrechte“ - siehe > http://www.wernerschell.de/forum/neu/vi ... 46#p108446