Bundesteilhabegesetz – BTHG - Rechte verwirklichen
Verfasst: 04.05.2016, 08:52
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) am 26.04.2016 vorgelegt
Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
A. Problem und Ziel
Am 26. März 2009 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK) in Deutschland
in Kraft getreten. Die UN-BRK ist seither geltendes Recht und eine wichtige Leitlinie
für die Behindertenpolitik in Deutschland. Bund, Länder und Gemeinden sowie die Sozialversicherung
und andere Institutionen arbeiten ständig an der Weiterentwicklung der gleichberechtigten
Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Mit der Ratifikation der UN-BRK
hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu bekannt, das deutsche Recht grundsätzlich
in Übereinstimmung mit diesem Menschenrechtsübereinkommen weiterzuentwickeln.
Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen bei den Vereinten Nationen
hat der Bundesrepublik Deutschland in seinen „Abschließenden Bemerkungen über
den ersten Staatenbericht Deutschlands“ vom 13. Mai 2015 eine Vielzahl von Handlungsempfehlungen
zur weiteren Umsetzung der UN-BRK gegeben. So soll die Bundesrepublik
Deutschland unter anderem
– die gesetzliche Definition von Behinderung mit den allgemeinen Grundsätzen und Bestimmungen
der UN-BRK in Einklang bringen,
– ausreichende Finanzmittel verfügbar machen, um die Deinstitutionalisierung und
selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung zu fördern,
– die Voraussetzungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt schaffen,
– eine Prüfung des Umfangs vornehmen, in dem Menschen mit Behinderungen ihr persönliches
Einkommen verwenden, um ihre Bedarfe zu decken und selbstbestimmt zu
leben, und
– Menschen mit Behinderungen soziale Dienstleistungen zur Verfügung stellen, die
ihnen Inklusion, Selbstbestimmung und die Entscheidung, in der Gemeinschaft zu leben,
ermöglichen.
Hinsichtlich der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe haben Bund und Länder bereits
im Vermittlungsverfahren zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) im
Jahr 2003 die Vereinbarung getroffen, die Empfängerzahlen und Kosten in der Eingliederungshilfe,
die seit Jahren signifikant steigen, gemeinsam aufzuarbeiten und Lösungen zu
entwickeln. Die 84. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) hat am 15./16. November
2007 die Bundesregierung aufgefordert, „einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der
Eingliederungshilfe zu erarbeiten und eine Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungshilfe
zu prüfen“. Bis zur 91. ASMK wurde die Bundesregierung jährlich einstimmig
aufgefordert, die „Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen zu einem modernen
Teilhaberecht weiterzuentwickeln“. Zuletzt hat die 92. ASMK am 18./19. November
2015 das Vorhaben der Bundesregierung begrüßt, die Grundlagen der Eingliederungshilfe
für Menschen mit Behinderungen durch ein neues Bundesteilhabegesetz zu reformieren.
Die Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode
darauf verständigt, die Integration von Menschen mit Behinderungen in den
allgemeinen Arbeitsmarkt zu begleiten und so die Beschäftigungssituation nachhaltig zu
verbessern. Der Übergang zwischen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und
dem ersten Arbeitsmarkt soll erleichtert, Rückkehrrechte garantiert und die Erfahrungen mit
dem „Budget für Arbeit“ einbezogen werden.
Die Leistungen für Menschen, „die aufgrund einer wesentlichen Behinderung nur eingeschränkte
Möglichkeiten der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft haben, sollen aus dem
bisherigen „Fürsorgesystem“ herausgeführt und die Eingliederungshilfe zu einem modernen
Teilhaberecht weiterentwickelt werden. Die Leistungen sollen sich am persönlichen
Bedarf orientieren und entsprechend einem bundeseinheitlichen Verfahren personenbezogen
ermittelt werden. Leistungen sollen nicht länger institutionszentriert, sondern personenzentriert
bereitgestellt werden.“ Dabei soll die Einführung eines Bundesteilhabegeldes geprüft
werden. Die Neuorganisation der Ausgestaltung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
soll so geregelt werden, dass keine neue Ausgabendynamik entsteht. Darüber
hinaus sollen die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes
im Umfang von 5 Milliarden Euro jährlich von der Eingliederungshilfe entlastet werden.
Mögliche Inhalte eines Bundesteilhabegesetzes wurden in einem breit angelegten Beteiligungsprozess
vorab mit den Verbänden und Institutionen erörtert. Zu diesem Zweck hat
die Bundesministerin für Arbeit und Soziales die hochrangige „Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz“
eingesetzt. Nach dem Grundsatz der Selbstvertretung der Menschen mit Behinderungen
„Nichts über uns ohne uns“, der auch Eingang in den Koalitionsvertrag für die 18.
Legislaturperiode gefunden hat, stellten die Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände
die größte Anzahl an Mitgliedern in der Arbeitsgruppe. Die Arbeitsgruppe hat von
Juli 2014 bis April 2015 in insgesamt neun Sitzungen die möglichen Reformthemen und -
ziele eines Bundesteilhabegesetzes besprochen und die Kernpunkte der Reform erörtert
und abgewogen.
Folgende Ziele sollen im Lichte der UN-BRK mit dem Gesetz verwirklicht werden:
– Dem neuen gesellschaftlichen Verständnis einer inklusiven Gesellschaft soll durch einen
neu gefassten Behinderungsbegriff Rechnung getragen werden.
– Leistungen sollen wie aus einer Hand erbracht und zeitintensive Zuständigkeitskonflikte
der Träger untereinander sowie Doppelbegutachtungen zulasten der Menschen
mit Behinderungen vermieden werden.
– Die Position der Menschen mit Behinderungen im Verhältnis zu den Rehabilitationsträgern
und den Leistungserbringern soll durch eine ergänzende unabhängige Teilhabeberatung
gestärkt werden.
– Die Anreize zur Aufnahme einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollen auf
persönlicher und institutioneller Ebene verbessert werden.
– Die Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden
Lebensplanung und -gestaltung sollen unter Berücksichtigung des Sozialraumes bei
den Leistungen zur sozialen Teilhabe gestärkt werden.
– Die Leistungen zur Teilhabe an Bildung sollen insbesondere im Hinblick auf studierende
Menschen mit Behinderungen verbessert werden.
– Die Zusammenarbeit der unter dem Dach der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
befindlichen Rehabilitationsträger und die Transparenz des Rehabilitationsgeschehens
sollen verbessert werden.
– Gleichzeitig soll die Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe verbessert werden,
um keine neue Ausgabendynamik entstehen zu lassen und den insbesondere demographisch
bedingten Ausgabenanstieg in der Eingliederungshilfe zu bremsen.
– Im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II)
und im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB
VI) sollen präventive Maßnahmen ergriffen und neue Wege erprobt werden, um die
Erwerbsfähigkeit von Menschen mit (drohenden) Behinderungen zu erhalten und so
Übergänge in die Eingliederungshilfe zu reduzieren.
– Im Schwerbehindertenrecht soll das ehrenamtliche Engagement der Schwerbehindertenvertretungen
gestärkt, sollen Mitwirkungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen
in Werkstätten für behinderte Menschen verbessert und sollen die besonders
schweren Beeinträchtigungen von taubblinden Menschen berücksichtigt werden.
.... (weiter lesen im kompletten Entwurf - unten angefügt und abrufbar) ....
Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
A. Problem und Ziel
Am 26. März 2009 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK) in Deutschland
in Kraft getreten. Die UN-BRK ist seither geltendes Recht und eine wichtige Leitlinie
für die Behindertenpolitik in Deutschland. Bund, Länder und Gemeinden sowie die Sozialversicherung
und andere Institutionen arbeiten ständig an der Weiterentwicklung der gleichberechtigten
Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Mit der Ratifikation der UN-BRK
hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu bekannt, das deutsche Recht grundsätzlich
in Übereinstimmung mit diesem Menschenrechtsübereinkommen weiterzuentwickeln.
Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen bei den Vereinten Nationen
hat der Bundesrepublik Deutschland in seinen „Abschließenden Bemerkungen über
den ersten Staatenbericht Deutschlands“ vom 13. Mai 2015 eine Vielzahl von Handlungsempfehlungen
zur weiteren Umsetzung der UN-BRK gegeben. So soll die Bundesrepublik
Deutschland unter anderem
– die gesetzliche Definition von Behinderung mit den allgemeinen Grundsätzen und Bestimmungen
der UN-BRK in Einklang bringen,
– ausreichende Finanzmittel verfügbar machen, um die Deinstitutionalisierung und
selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung zu fördern,
– die Voraussetzungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt schaffen,
– eine Prüfung des Umfangs vornehmen, in dem Menschen mit Behinderungen ihr persönliches
Einkommen verwenden, um ihre Bedarfe zu decken und selbstbestimmt zu
leben, und
– Menschen mit Behinderungen soziale Dienstleistungen zur Verfügung stellen, die
ihnen Inklusion, Selbstbestimmung und die Entscheidung, in der Gemeinschaft zu leben,
ermöglichen.
Hinsichtlich der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe haben Bund und Länder bereits
im Vermittlungsverfahren zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) im
Jahr 2003 die Vereinbarung getroffen, die Empfängerzahlen und Kosten in der Eingliederungshilfe,
die seit Jahren signifikant steigen, gemeinsam aufzuarbeiten und Lösungen zu
entwickeln. Die 84. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) hat am 15./16. November
2007 die Bundesregierung aufgefordert, „einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der
Eingliederungshilfe zu erarbeiten und eine Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungshilfe
zu prüfen“. Bis zur 91. ASMK wurde die Bundesregierung jährlich einstimmig
aufgefordert, die „Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen zu einem modernen
Teilhaberecht weiterzuentwickeln“. Zuletzt hat die 92. ASMK am 18./19. November
2015 das Vorhaben der Bundesregierung begrüßt, die Grundlagen der Eingliederungshilfe
für Menschen mit Behinderungen durch ein neues Bundesteilhabegesetz zu reformieren.
Die Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode
darauf verständigt, die Integration von Menschen mit Behinderungen in den
allgemeinen Arbeitsmarkt zu begleiten und so die Beschäftigungssituation nachhaltig zu
verbessern. Der Übergang zwischen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und
dem ersten Arbeitsmarkt soll erleichtert, Rückkehrrechte garantiert und die Erfahrungen mit
dem „Budget für Arbeit“ einbezogen werden.
Die Leistungen für Menschen, „die aufgrund einer wesentlichen Behinderung nur eingeschränkte
Möglichkeiten der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft haben, sollen aus dem
bisherigen „Fürsorgesystem“ herausgeführt und die Eingliederungshilfe zu einem modernen
Teilhaberecht weiterentwickelt werden. Die Leistungen sollen sich am persönlichen
Bedarf orientieren und entsprechend einem bundeseinheitlichen Verfahren personenbezogen
ermittelt werden. Leistungen sollen nicht länger institutionszentriert, sondern personenzentriert
bereitgestellt werden.“ Dabei soll die Einführung eines Bundesteilhabegeldes geprüft
werden. Die Neuorganisation der Ausgestaltung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
soll so geregelt werden, dass keine neue Ausgabendynamik entsteht. Darüber
hinaus sollen die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes
im Umfang von 5 Milliarden Euro jährlich von der Eingliederungshilfe entlastet werden.
Mögliche Inhalte eines Bundesteilhabegesetzes wurden in einem breit angelegten Beteiligungsprozess
vorab mit den Verbänden und Institutionen erörtert. Zu diesem Zweck hat
die Bundesministerin für Arbeit und Soziales die hochrangige „Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz“
eingesetzt. Nach dem Grundsatz der Selbstvertretung der Menschen mit Behinderungen
„Nichts über uns ohne uns“, der auch Eingang in den Koalitionsvertrag für die 18.
Legislaturperiode gefunden hat, stellten die Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände
die größte Anzahl an Mitgliedern in der Arbeitsgruppe. Die Arbeitsgruppe hat von
Juli 2014 bis April 2015 in insgesamt neun Sitzungen die möglichen Reformthemen und -
ziele eines Bundesteilhabegesetzes besprochen und die Kernpunkte der Reform erörtert
und abgewogen.
Folgende Ziele sollen im Lichte der UN-BRK mit dem Gesetz verwirklicht werden:
– Dem neuen gesellschaftlichen Verständnis einer inklusiven Gesellschaft soll durch einen
neu gefassten Behinderungsbegriff Rechnung getragen werden.
– Leistungen sollen wie aus einer Hand erbracht und zeitintensive Zuständigkeitskonflikte
der Träger untereinander sowie Doppelbegutachtungen zulasten der Menschen
mit Behinderungen vermieden werden.
– Die Position der Menschen mit Behinderungen im Verhältnis zu den Rehabilitationsträgern
und den Leistungserbringern soll durch eine ergänzende unabhängige Teilhabeberatung
gestärkt werden.
– Die Anreize zur Aufnahme einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollen auf
persönlicher und institutioneller Ebene verbessert werden.
– Die Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden
Lebensplanung und -gestaltung sollen unter Berücksichtigung des Sozialraumes bei
den Leistungen zur sozialen Teilhabe gestärkt werden.
– Die Leistungen zur Teilhabe an Bildung sollen insbesondere im Hinblick auf studierende
Menschen mit Behinderungen verbessert werden.
– Die Zusammenarbeit der unter dem Dach der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
befindlichen Rehabilitationsträger und die Transparenz des Rehabilitationsgeschehens
sollen verbessert werden.
– Gleichzeitig soll die Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe verbessert werden,
um keine neue Ausgabendynamik entstehen zu lassen und den insbesondere demographisch
bedingten Ausgabenanstieg in der Eingliederungshilfe zu bremsen.
– Im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II)
und im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB
VI) sollen präventive Maßnahmen ergriffen und neue Wege erprobt werden, um die
Erwerbsfähigkeit von Menschen mit (drohenden) Behinderungen zu erhalten und so
Übergänge in die Eingliederungshilfe zu reduzieren.
– Im Schwerbehindertenrecht soll das ehrenamtliche Engagement der Schwerbehindertenvertretungen
gestärkt, sollen Mitwirkungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen
in Werkstätten für behinderte Menschen verbessert und sollen die besonders
schweren Beeinträchtigungen von taubblinden Menschen berücksichtigt werden.
.... (weiter lesen im kompletten Entwurf - unten angefügt und abrufbar) ....