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Pflegegesetz: Harte Kritik von Aktivisten

Verfasst: 19.08.2015, 06:10
von WernerSchell
Bild - muss schnellstens aufgelöst werden. Politische Entscheidungsträger sind gefordert - jetzt!
>>> viewtopic.php?f=3&t=21218

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Bundesgesundheitsminister
Hermann Gröhe
Friedrichstr. 108
10117 Berlin-Mitte


14.08.2015 - Offener Brief:

Pflegestärkungsgesetze beseitigen nicht den Pflegenotstand
- Pflege-Selbstverwaltung auflösen, sie hat kläglich versagt!


Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister Gröhe,

auch das am Mittwoch 12.08.2015 vom Bundeskabinett verabschiedete Pflegestärkungsgesetz II löst
leider die bestehenden Pflegemängel nicht auf. Gute Pflege ist nur möglich, wenn es bessere Arbeitsbedingungen
und eine bessere Bezahlung in der Pflege gibt. Das hat u.a. Frau Rundt von der Niedersächsischen
Landesregierung klargestellt: "Bei einem weiteren Scheitern der Pflegeselbstverwaltung,
muss der Bund den Ländern eine Eingriffsmöglichkeit in Form einer Verordnungsermächtigung
gewähren. Drohende Versorgungsengpässe durch Fachkräftemangel infolge unzureichender Pflegesätze,
müssen ein ausreichender Grund für Interventionen der Strukturverantwortlichen Länder sein."

Wir sehen das genauso und fordern das unverzügliche Handeln des Gesetzgebers, denn die
Pflegeselbstverwaltung in den Bundesländern hat kläglich versagt!


Ein wesentlicher Grund dafür ist der heute bereits vorhandene Fachkräftemangel, den die Anbieter zwar
selbst beklagen - aber bisher nichts dagegen unternommen haben. Befristete Arbeitsverträge, geringe
Bezahlung, hohe physische und psychische Belastungen, geringe Wertschätzung durch Leitungskräfte
u.v.m. steigern weiter die Unattraktivität der Pflegeberufe.

Die Anbieter sind über ihre Trägerverbände in der Pflegeselbstverwaltung für menschenwürdige Pflege
verantwortlich - das hat der Gesetzgeber in §75 SGB XI (Rahmenvertrag) festgelegt. Damit wurde ihnen
die Aufgabe zugewiesen, dies in selbst organisierter Form umzusetzen. Leider hat es bis heute nicht
funktioniert und wird auch in Zukunft nicht funktionieren, da die Trägerverbände in Konkurrenz zueinander
stehen. Zudem wurde eine menschenwürdige Pflege durch Pflegekassen und Sozialhilfeträgern
(Kostenträger) nie eingefordert, weil dies entsprechende Kostensteigerungen zur Folge hätte. Im
Gegenteil werden bis heute von den Kostenträgern eher Kostensenkungen verlangt. Letztlich auch, weil
immer mehr pflegebedürftige Menschen auf Unterstützung durch Sozialämter angewiesen sind.

Seit Einführung der Pflegeversicherung vor 20 Jahren hat sich am Stellenschlüssel des Pflegepersonals
kaum etwas geändert. In Niedersachsen liegt der Stellenschlüssel im unteren Bereich aller 16 Bundesländer.
Dagegen hat sich aber in dieser Zeit die Arbeitsbelastung für Pflegekräfte so dramatisch
gesteigert, dass eine menschenwürdige Pflege faktisch nicht mehr gewährleistet werden kann. Im neuen
Pflegestärkungsgesetz werden die Rahmenbedingungen für stationäre Einrichtungen weiter verschärft,
was eine weitere Verdichtung der Belastung für Pflegekräfte bedeutet, da eine Anpassung der
Personalschlüssel nicht zu erwarten ist. Hinzu kommt - nach Feststellungen des Pflege-Beauftragten der
Bundesregierung Karl-Josef Laumann - dass Pflegekräfte in Niedersachsen circa 500 Euro pro Monat
weniger für die gleich Tätigkeit, als die in NRW bekommen.

Die Attraktivität der Berufe in der Pflege muss deutlich gesteigert werden, um mehr Menschen für diesen
physisch und psychisch anstrengenden Beruf zu gewinnen und möglichst lange im Beruf zu halten. Die
Berufsflucht - Pflegekräfte sind oft nur ca. 7-8 Jahre als solche tätig - muss unbedingt gestoppt werden.
Im übrigen können

Berufsrückkehrer nur gewonnen werden, wenn sie neben einem deutlichen Anreiz auch eine gute und
begleitete Wieder-Einarbeitungsphase haben.

Wir Unterzeichner appellieren an ihre soziale Verantwortung und fordern Sie hiermit auf:
1. Lösen Sie die Pflegeselbstverwaltung in der jetzigen Form auf, um die Angelegenheiten
gesetzgeberisch neu zu regeln!
2. Sorgen Sie dafür, dass mehr Menschen wieder gerne und langfristig im Pflegebereich arbeiten
wollen und können und ausreichend Zeit für ihre wertvolle Arbeit haben!
3. Leiten Sie unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zur deutlichen Verbesserung der
Versorgungssituation pflegebedürftiger Menschen, insbesondere durch verbindliche
nachprüfbare Personalschlüssel, ein!


Im Sinne der hilfs- und pflegebedürftigen Menschen, deren Angehörigen sowie des Pflegepersonals
freuen wir uns auf Ihre baldige Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Kollmitz, Feldhausen 4, 28865 Lilienthal
Tel.: 0174 / 6973590 - eMail: kontakt@menschenwuerde-inder-altenpflege.de
Web: http://www.menschenwuerde-inder-altenpflege.de

Reinhard Leopold - c/o HEIM-MITWIRKUNG - Unabhängige Selbsthilfe-Initiative
für Pflegebetroffene, Rembertistr. 9, 28203 Bremen
Tel.: 0421 / 33659120 - eMail: info@heim-mitwirkung.de
Web: http://www.heim-mitwirkung.de

Michael Thomsen, Moorkamp 1, 49143 Bissendorf
Tel.: 05402 / 1578 - eMail: michael.thomsen@osnanet.de
Web: http://www.michael-thomsen.de

sowie diverse Mitunterzeichner (alphabetische Reihenfolge), u.a.:

 Wolfram-Arnim Candidus, Bürger Initiative Gesundheit e.V.
 Wolfgang Eric Frank, Pflege-Forum-Augsburg
 Claus Fussek, Pflege-Kritiker München
 Hans J. Göers, Betreuungsverein Bremerhaven e.V.
 Jill Kamphöner, Geronto Pro
 Marita Mauritz, DBfK Nord-West
 Armin Rieger, Verfassungsbeschwerde Pflege
 Werner Schell, Pro Pflege Selbsthilfenetzwerk
 Monika Skibicki, Förderverein Pflegekammer Niedersachsen
 Dr. Manfred Stegger, BIVA e.V.
 Adelheid von Stösser, Pflege-Selbsthilfeverband e.V.
  ...

Ergänzende Hinweise::
Über die dpa-Presseagentur haben wir heute die ersten Veröffentlichungen gefunden und zusätzlich viele weitere Redaktionen angeschrieben.
TAGES-PRESSE INLAND
- http://www.augsburger-allgemeine.de/pol ... 77492.html
- http://www.faz.net/agenturmeldungen/adh ... 55782.html
- http://www.mainpost.de/dpa/branchen/pha ... 22,8873052
AUSLAND
- http://osterreich-nachrichten.eu/nachri ... tand-nicht
Unsere diesbezügliche Presse-Info ist u.a. online unter http://www.heimmitwirkung.de/smf/index.php?topic=2272.0. Dort kann auch der offene Brief heruntergeladen werden. Bitte die Info weiter verbreiten - Wir sind sehr gespannt ... ;-)

Weitere Medienberichte:
Expertenkritik: Pflegereform beseitigt Pflegenotstand nicht
In einem Brief fordern Pflege-Experten Gesundheitsminister Gröhe auf, Maßnahmen zu ergreifen, um Pflegeberufe attraktiver zu machen. mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=892 ... ege&n=4423

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Am 19.08.2015 bei Facebook gepostet:
"Dass der Arbeitsalltag in der Pflege seit langem von großer Belastung, Zeitdruck und wenig motivierenden Bedingungen geprägt ist, wissen die politisch Verantwortlichen sehr wohl. Die deutsche Pflegezukunft wird düster werden, wenn hier nicht schnellstens – und spürbar – eine Verbesserung herbeigeführt wird." - Quelle: Presseinfo des DBfK vom 14.07.2015 - Karl-Josef Laumann, Pflegebeauftragter der Bundesregierung, wurde am 09.07.2015 dazu passend in der Rheinischen Post wie folgt zitiert: "Wir brauchen mehr Pflegekräfte".
viewtopic.php?f=3&t=21165

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Siehe auch unter:
Die Ignoranz der Gesundheitsminister – die Sonntagsreden der Verantwortlichen – die Ohnmacht der Betroffenen?
Von: Harald Wendler 16. August 2015
... Dem Menschen im Heim, der dort 24Stunden am Tag im Bett liegt, dem nützt dieses Gesetz nicht. Für ihn ist es nicht gedacht. Er wird wieder einmal vergessen, ignoriert. ...
Quelle: http://www.mg-heute.de/40322/die-ignora ... troffenen/

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Am 24.08.2015 bei Facebook gepostet:
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff löst noch keine Probleme im Pflegesystem. Dazu ein Zitat: "Ich bin Gegnerin einer immer weiteren Differenzierung. Mehr Schubladen heißt noch nicht mehr Inhalt". - So die Erklärung der Sozialministerin Cornelia Rund (SPD), Niedersachsen, zum PSG II. Fünf Pflegegrade statt drei Pflegestufen werden nicht zwingend eine Verbesserung für die Pflegebedürftigen bedeuten, sondern zunächst nur mehr Bürokratie (Quelle: Zeitschrift "CAREkonkret" vom 21.08.2015). - Demenz und neuer Pflegebegriff sind Thema beim Neusser Pflegetreff am 21.10.2015 - auf dem Podium u.a. der Bundesgesundheitsminister!
viewtopic.php?f=4&t=21044

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Siehe auch unter:
Pflegegesetz: Harte Kritik von Aktivisten
Kristina Mohr - 20.08.2015
In einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe haben die Pflege-Experten Werner Kollmitz, Reinhard Leopold und Michael Thomsen (Initiative „Pflege am Boden“) das Pflegestärkungsgesetz II scharf kritisiert. Gute Pflege sei nur möglich, wenn sich Arbeitsbedingungen und Bezahlung verbessern würden. Dazu trage die Reform jedoch nicht bei.
... (weiter lesen unter) ... https://cne.thieme.de/cne-webapp/p/home ... 1B3B69.htm