Vorsicht bei den Pflegenoten / bpa-Präsident Meurer: "Auf die Schnelle wird auch die Wissenschaft die eierlegende Wollmilchsau nicht anbieten können."
Berlin (ots) - Pflegeeinrichtungen haben sich über Jahre ganz erheblich für die stetige Verbesserung der Qualität engagiert, und dazu haben auch die sog. Pflegenoten beigetragen. Seit 2014 wird nicht mehr die Pflegedokumentation vorrangig geprüft, sondern die Mitarbeiter der Pflegeheime und Pflegedienste müssen gegenüber den Prüfern des MDK die tatsächliche Versorgung jedes einzelnen in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen begründen und verteidigen.
"Wir bedauern es, dass der mit der erfolgten Reform der Pflegenoten erfolgte Wechsel der Perspektive von der Prüfung der Dokumentation hin zur pflegefachlichen Begründung durch die Mitarbeiter von der Politik und in der Öffentlichkeit offenbar nicht zur Kenntnis genommen wird", sagt Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa).
"Wir bedauern das insbesondere deshalb, weil die Pflegefachkräfte mit der Begründung ihrer Arbeit in der Prüfsituation Zeugnis ablegen von ihrer fachlichen Kompetenz, meist die vereinbarten Anforderungen erfüllen und dafür bestenfalls überschaubare Wertschätzung erfahren. Es entsteht der Eindruck, als würde zwar das fachlich Notwendige erfüllt, aber ausreichen würde das noch lange nicht."
Der bpa-Präsident führt aus: "Die Pflegenoten der 24.000 Pflegeeinrichtungen unterscheiden sich dann, wenn die interessierten pflegebedürftigen Menschen bzw. deren Angehörige tatsächlich alle vorhandenen Informationen bewerten und mehr als die erste Seite betrachten. Zudem sind die Pflegenoten kein Allheilmittel. Von Beginn an wurde auch von uns darauf hingewiesen, dass z.B. die Auswahl eines geeigneten Pflegeheims immer damit verbunden sein soll, dass ich mir als Betroffener und auch als Angehöriger ein persönliches Bild vor Ort mache. Hierzu sollen die Pflegenoten wichtige Hinweise geben."
"Wer jetzt die Pflegenoten abschaffen will, wird auch die Verantwortung für ein aussagekräftigeres und wirkungsvolleres System übernehmen müssen. Die Information der Öffentlichkeit über die Qualität der Pflegeheime wird aber nicht deshalb aussagekräftiger, weil Ergebnisse veröffentlicht werden aus Prüfungen der Heimaufsicht oder des MDK. Bundesweit existiert kein Verfahren, welches z.B. die Prüfinhalte oder Ergebnisse der Prüfungen durch die Heimaufsicht vergleichbar machen könnte."
Meurer erinnert daran, dass die Leistungsanbieter sich seit langem für ein System einsetzen, welches die tatsächliche Situation fair darstellt und auf wissenschaftlich begründeter Basis bewertet. Trägerbashing sei insofern völlig unangebracht. Ob das sog. Wingenfeld-Modell nun politisch vorangetrieben werden soll oder ob hinter der Anregung, eine Gruppe von Pflegewissenschaftlern möge neue Kriterien für die Pflegenoten erarbeiten, ein völlig anderes Konzept verborgen ist, werde aus der jetzt angestoßenen öffentlichen Diskussion nicht deutlich. "Hier darf man sich aber keine Illusionen machen", sagt Meurer. "Auf die Schnelle wird auch die Wissenschaft die eierlegende Wollmilchsau nicht anbieten können."
Würden die Pflegenoten ausgesetzt, fehlte den pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen eine heute zugängliche Information. Diese würde fehlen, ohne dass ein neues System die gewünschte breite Akzeptanz und Aussagekraft liefern würde. Wer weder das Wingenfeld-System noch die jetzigen Pflegenoten will, läuft Gefahr, dass letztlich entweder kein Informationssystem besteht oder eines, welches eine willkürliche Differenzierung nach gut und schlecht bewirkt, der pflegebedürftige Menschen wie Pflegeeinrichtungen ausgeliefert wären.
Der bpa-Präsident dazu: "Wir zumindest haben keinerlei Interesse daran, dass wir auf die polemische Darstellung zurückfallen, wonach jeder Dritte im Pflegeheim Hunger leidet oder wundgelegen ist. Solche giftigen Darstellungen haben und hatten keinerlei Bezug zur tatsächlichen Situation in den Pflegeeinrichtungen."
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) bildet mit mehr als 8.500 aktiven Mitgliedseinrichtungen die größte Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der ambulanten und (teil-)stationären Pflege, der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind im bpa organisiert. Die Mitglieder des bpa tragen die Verantwortung für rund 260.000 Arbeitsplätze und circa
20.000 Ausbildungsplätze (siehe
http://www.youngpropflege.de oder auch
http://www.facebook.com/Youngpropflege). Das investierte Kapital liegt bei etwa 20,6 Milliarden Euro.
Quelle: Pressemitteilung vom 05.02.2015 bpa - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
Pressekontakt: Herbert Mauel, Bernd Tews, bpa-Geschäftsführer, Tel:. 030-30878860