VdK-Verfassungsbeschwerde für menschenwürdige Pflege eingereicht
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. So steht es in Artikel 1 des Grundgesetzes. Es ist das elementarste Recht, das wir haben. Doch in Pflegeheimen kommt es leider viel zu oft zu Verstößen gegen dieses Grundrecht. Dem können und wollen wir nicht länger zusehen. Deshalb haben sieben Betroffene mit Unterstützung des Sozialverbands VdK Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt, um gegen die Verletzungen der Grundrechte in deutschen Pflegeheimen vorzugehen“, erklärt Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland.
Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist es zwar nicht, gesetzgeberisch tätig zu werden. Wenn die Richter in Karlsruhe aber zu dem Schluss kommen, dass der Staat seine Schutzpflichten gegenüber Pflegebedürftigen bislang verletzt, muss der Gesetzgeber in einer bestimmten Frist Abhilfe schaffen. Im ersten Schritt wird nun in Karlsruhe die Zulässigkeit der Beschwerden geprüft, die Dauer des Verfahrens lässt sich noch nicht vorhersagen. „Es ist ein ungewöhnlicher Weg, den wir beschreiten“, so Mascher, „aber der VdK wird alle Möglichkeiten nutzen, um Pflegebedürftige zu schützen. Jeder hat das Recht auf ein würdiges Leben bis zuletzt.“
„Vernachlässigung, Druckgeschwüre, mangelnde Ernährung, Austrocknung und freiheitsentziehende Maßnahmen mit Fixiergurten oder durch Medikamente kommen leider hierzulande viel zu häufig vor. Wir können deshalb nicht von bedauerlichen Einzelfällen sprechen. Schuld daran sind aber nicht die Pflegekräfte, sondern die Bedingungen, unter denen sie arbeiten müssen. Deren Pflegealltag ist aufgrund von Personalmangel häufig gekennzeichnet von Zeitdruck, hoher Arbeitsbelastung und Überstunden. Dazu kommt eine viel zu geringe Vergütung der Pflegekräfte“, erklärt VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. „Die bisherigen gesetzlichen Vorgaben reichen nicht aus, um die offenkundigen Missstände zu bekämpfen. Die aktuellen Maßnahmen, die im Pflegestärkungsgesetz gebündelt sind, genügen nicht, um beispielsweise die Situation von Menschen mit seelisch-geistigen Beeinträchtigungen nachhaltig zu verbessern.“
Beschwerdeführer sind sieben Menschen aus ganz Deutschland, die aufgrund ihrer Lebenssituation damit rechnen müssen, in einem Pflegeheim untergebracht zu werden. Eine fortschreitende schwere Erkrankung, eine bestehende Behinderung, eine bereits vorhandene Pflegebedürftigkeit oder eine familiäre Vorbelastung prägen die Schicksale dieser Menschen. „Es ist bei allen absehbar, dass sie der Pflege in einer stationären Einrichtung bedürfen werden. Sie führen diese Beschwerden, weil die Wahrscheinlichkeit, in ihren Grundrechten verletzt zu werden, sehr groß ist“, erklärt Prof. Alexander Graser, Verfassungsrechtler an der Universität Regensburg, der zusammen mit dem Rosenheimer Rechtsanwalt und Menschenrechtsexperten Dr. Christoph Lindner im Auftrag des Sozialverbands VdK die Beschwerdeschriften ausgearbeitet hat.
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Bericht der Süddeutschen vom 8. November 2014
Verfassungsklage Aufschrei gegen den Pflegenotstand
• Sieben Beschwerdeführer klagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die Zustände in deutschen Altenheimen.
• Die Kläger bezeichnen die Pflegereform der schwarz-roten Regierung als "völlig unzulänglich".
• Moniert werden vor allem sogenannte "freiheitsbeschränkende Maßnahmen" wie das Fesseln von Patienten.
Von Heribert Prantl
So eine Verfassungsklage hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben: Sieben Musterkläger fordern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auf, gegen den Pflegenotstand in Deutschland einzuschreiten und den Gesetzgeber "zur Einhaltung seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtungen" zu bewegen…. weiter lesen unter > http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/v ... -1.2209786
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Anmerkung der Moderation:
Es gibt weitere Verfassungsbeschwerden, die die Wahrnehmung der staatlichen Schutzpflichten gegenüber pflegebedürftigen Menschen einfordern. Siehe dazu unter:
(1) "Verletzungen von Schutzpflichten der öffentlichen Gewalt gegenüber den Bewohnern von Pflegeheimen in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund der weitgehenden Untätigkeit"
Quelle: viewtopic.php?f=4&t=20148&hilit=Frey
(2) Für bessere Bedingungen: Heimchef zieht vors Verfassungsgericht - Heimleiter Armin Rieger will bessere Bedingungen in der Pflege einklagen. Denn er sagt: „Ich verletze Menschenrechte“.
Quelle: viewtopic.php?f=3&t=20582&hilit=rieger
Im Übrigen:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk hat sich in jüngster Zeit wiederholt
zu Pflegenotstand und die Reformerfordernisse geäußert - Es ist alles gesagt!
Das anlässlich des Pflegetreffs am 13.05.2014 Herrn Bundesminister Gröhe übergebene Papier mit den
"Anforderungen an die von der Großen Koalition (GroKO)
in Aussicht gestellte Pflegereform 2014"
ist im Netz unter folgender Adresse verfügbar: http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... lungen.php
Dieses Statement wird auch die Grundlage für die weiteren Erörterungen, z.B. im Rahmen des 2. Pflegestärkungsgesetzes, sein.
Insoweit wird v.a. in den beiden nächsten Pflegetreffs in Neuss-Erfttal zu diskutieren sein.
