Pflegenot = Pflegetod

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

Antworten
WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25302
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Pflegenot = Pflegetod

Beitrag von WernerSchell » 18.01.2014, 08:04

Pflegenot = Pflegetod

Hier der Entwurf meines Briefes an Frau Dr. Merkel anläßlich unseres flashmobs der Pflegeaktivisten am 1.3.2014.
Seid dabei, denn menschenwürdige Pflege geht uns alle an!!


Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,
die Menschenwürde ist ein in unserem GG gemäß § 1 verankertes Grundrecht und wird in unserem maroden Gesundheitssystem täglich neu mit Füßen getreten.

Seit über 30 Jahren habe ich meinen schwerstbehinderten Sohn gepflegt und betreut und seit nunmehr sechs Jahren meine an Alzheimer erkrankte Mutter.

Ich bin eine von den ca. 1,4 Millionen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen und zum Teil nach Beendigung der Pflege in die durch die schwierigen Bedingungen in unserem Land vorprogrammierte Altersarmut fallen, in unseren Berufen finden wir nach so vielen Jahren der Pflege meist alle nicht mehr zurück und wenn, mit erheblichen finanziellen Einbussen. Wir pflegenden Angehörigen stellen den größten Pflegedienst der Nation.

Noch nie wurde uns die Pflege so schwer gemacht, insbesondere auch durch zermürbenden Verwaltungsaufwand, Papierkrieg etc. Dokumentationen etc.

Während der zurückliegenden Betreuungs- und Pflegezeit meiner Mutter habe ich auch mit diversen Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern Bekanntschaft gemacht. Was sich dort für mich als Gesunder abgespielt hat, spottet jeder Beschreibung.

Es ist erschreckend zu erfahren, dass kranke Menschen nicht als geheilt aus Krankenhäusern entlassen werden, sondern im Gegenteil mit noch schlimmeren Folgekrankheiten aufgrund der oft fatalen medikamentösen Behandlung, die im Ruhigstellen von insbesondere alten Patienten ihren Grund hat. Jhrl. werden in Pflegeheimen gegen ihren Willen ca. 240.000 Patienten und Bewohner sediert. Die Chemische Gewalt am alten Menschen hört nicht auf und resultiert daraus, dass immer weniger qualifiziertes Personal eingestellt wird. Das verbliebene Personal für eine Station ist oftmals dermaßen überfordert, dass Fehlleistungen in ihrer Praxis nicht selten sind. Überforderung, Bournout und Mobbing sind oft die Folge davon, die uns heute schon die Aussicht aufs Altern in einem erschreckenden Licht erscheinen lassen. Wir sind die nächsten Alten …

Ich habe mich mit den Pflegeaktivsten bei facebook seit ein paar Jahren solidarisch erklärt und auch mit anderen Pflegegruppen diverse Petitionen, die eine Forderung auf verbesserte Pflege in unserer Gesellschaft zum Inhalt hatten, nämlich Menschenwürde statt Gewinnmaximierung im Gesundheitssystem, ein besserer Personalschlüssel, damit Fehlleistungen in der Pflege vermieden werden, und eine respektable Entlohnung des Pflegepersonals in unserem Land.

Es geht nicht an, dass Sie, insbesondere unsere Alten, die nach dem Krieg diesen Staat unter schwierigsten Bedingungen mit aufgebaut haben, heute so allein lassen, indem ihnen eine dem Grundgesetz nach gebührende menschenwürdige Pflege verwehrt wird und sämtliche Trittbrettfahrer in diesem Gesundheitssystem bedient werden, sich goldene Nasen verdienen durch unserer aller Krankenkassenbeiträge. Da, wo das Geld hingehört, kommt es nie an. Nämlich bei den zu Pflegenden, dem Pflegepersonal und den pflegenden Angehörigen.

Ich hätte gerne gewußt, wann endlich nach all den Jahren die von Ihnen und Ihrem Stab gemachten Wahlversprechen eingehalten werden. Nehmen Sie sich dieses sehr wichtigen und ernsten Themas bitte schnellstmöglich an, denn in der Pflege ist es bereits fünf nach zwölf. Das Maß an menschenverachtender Ignoranz ist schon lange voll ..

Es geht nicht an, dass Pfleger wegen der Chemischen Gewalt am alten Menschen, die Personal einspart und die noch verbliebenden Vitalfunktionen des alten Menschen zerstört, ja oft zum vorzeitigen Tode führt, bereits von “subtiler Euthanasie” sprechen.

Selbst in Krankenhäusern ist dies mittlerweile gang und gebe. Selten kommt ein Patient oder ein alter Mensch heil aus diesen zurück. Im Gegenteil, oftmals mit vorher nicht vorhanden gewesenen Folgekrankheiten, die durch die oft nicht ausgiebig genug erprobten Medikamente entstehen. Warum gebieten Sie, als Verantwortliche für diese Missstände in unserem Gesundheitssystem all dem nicht endlich Einhalt?

Ich habe seit sechs Jahren alles darüber dokumentiert, wie mit meiner alten Mutter in Pflegeheimen und Krankenhäusern verfahren wurde. Ich bin immer noch entsetzt und gehe mit dem Pflegepersonal, das sich dagegen auflehnt, weil es so nicht menschenwürdig arbeiten kann, unbedingt einig.

Nicht nur den Patienten, Pflegebedürftigen, sondern auch dem Pflegepersonal und ebenso uns Pflegenden Angehörigen gebührt Respekt, den ich in dieser Gesellschaft, die auf Gewinnmaximierung aus ist, so sehr vermisse. Menschenwürdige Pflege geht uns alle an! Und dazu gehört auch ein besserer Personalschlüssel!

Euthanasie hatten wir in diesem Land schon einmal! Das sollte Sie doch hellhörig machen und endlich handeln lassen.

Menschenwürde ist ein Grundrecht und wird in dieser Gesellschaft täglich neu mit Füßen getreten. Wie können Sie dabei immer wieder Wahlversprechungen machen, die Sie nicht einhalten?

Schauen Sie doch einfach mal genauer hin und lesen Sie unsere seit Jahren von Tausenden von Betroffenen unterzeichneten Petitionen, damit Sie endlich erkennen, was an der Peripherie krankt und schaffen unbedingt schnelle Abhilfe!

Ich halte nichts von den jahrelangen Versprechungen, die positive Veränderungen zum Inhalt hatten, dann aber nie in die Tat umgesetzt wurden. Das macht Sie unglaubwürdig.

Ich könnte in Ihrer Position, in der Sie die Macht haben, all das abzuändern und es doch nicht tun, angesichts der herrschenden maroden Zustände im Gesundheitssystem nicht mehr ruhig schlafen.

Es reicht eben nicht aus, an das Ehrenamt zu appellieren. Gute Pflege ist Vertrauenssache und braucht mehr gutes examiniertes Personal und keine Chemische Gewalt am Menschen als Kompensator für diese Misere, wie sie sich derzeit in Deutschland in unserem Gesundheitssystem stellt.

In der Hoffnung, dass Sie diesen Brief lesen und ihn, sowie die vielen anderen Petitionen auch, endlich ernst nehmen, verinnerlichen und kraft Ihres Amtes schnellstmöglich für Verbesserungen eintreten,

verbleibe ich als pflegende Angehörige,
und Mitglied der Pflege Aktivisten
mit freundlichen Grüßen
Marion Reinartz

Anmerkung:

Der vorstehende Brieftext, eingestellt bei Facebook, wird mit Erlaubnis von Frau Reinartz vorgestellt. Es wird an dieser Stelle auf den Pflegetreff am 13.05.2014 aufmerksam gemacht. -> viewtopic.php?f=7&t=19125 Er wird sich ausschließlich mit dem Pflegenotstand befassen und die insoweit vorrangig gegebenen Reformnotwendigkeiten noch einmal auf den Punkt bringen. Nach der Veranstaltung wird es eine Stellungnahme für Regierung und Parlament geben. Damit soll dann ergänzend und gezielt Druck gemacht werden.
Werner Schell
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25302
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Pflegenotstand - Hauptknackpunkt einer Pflegereform

Beitrag von WernerSchell » 18.01.2014, 08:18

Pflegenotstand - Hauptknackpunkt einer Pflegereform

Näheres zum Treff im Forum Werner Schell -> viewtopic.php?f=7&t=19125
Siehe dazu auch unter -> http://www.ak-gewerkschafter.de/2013/12 ... dankeschn/

Vgl. auch:
Pflegereform ist ein Thema der Koalitionsverhandlungen : Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk votiert gegenüber der "Arbeitsgruppe Gesundheit" und fordert die Auflösung des Pflegenotstandes:
Ohne deutlich mehr Personal wird es keine bessere Pflege geben!
Brief vom 30.10.2013 hier (PDF) http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... Pflege.pdf
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25302
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Pflegenotstand - Hauptknackpunkt einer Pflegereform

Beitrag von WernerSchell » 27.01.2014, 18:38

Beitrag aus Forum:
viewtopic.php?f=3&t=20178

Bild Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss


Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk fordert seit Jahren die Auflösung des Pflegenotstandes
und bundesweit verbindliche Personalbemessungssysteme für die Pflege.


Siehe dazu u.a.:

"Mehr Personal, bessere Pflege" - Interview mit Werner Schell am 11.08.2010:
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/neu ... d-1.316561
Pflegepersonal - bedarfsgerecht qualifizieren - dringend !
viewtopic.php?f=3&t=18558
Pflegenotstand - Personalbemessungssystem muss her
viewtopic.php?f=3&t=18285

Es ist erfreulich, dass nunmehr Barbara Steffens, Gesundheits- und Pflegeministerin NRW, die
Personalnot deutlich angesprochen und verbindliche Regeln zur Verbesserung gefordert hat.
Siehe den angefügten Pressetext.

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk:

Der Mangel an Pflegekräften muss ursächlich darauf zurück geführt werden,dass
die Pflege-Rahmenbedingungen unzureichend sind. Vor allem die Stellenschlüssel
sind nicht auskömmlich. Nur etwa 70 - 80 % der gebotenen Pflege-Verrichtungen
sind durch Personal abgedeckt. Dies alles produziert im Zusammenwirken mit nicht
angemessener Vergütung schlechte Arbeitsbedingungen mit hohen Krankenständen,
Berufsflucht usw. Daher muss vorrangig der Pflegenotstand aufgelöst werden.
Bild
>>> Darüber wollen wir beim Pflegetreff am 13.05.2014 informieren.

Der Bundesgesundheitsminister, Herr Gröhe, wird beim Pflegetreff anwesend sein!

Siehe dazu unter: viewtopic.php?f=7&t=19125

Werner Schell


+++ Pressemitteilung des WDR vom 27.01.2014: +++

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens forderte heute, 27.01.2014, im WDR Fernsehen eine verbindliche Anzahl an Pflegekräften
in Kliniken:
„Wir brauchen für die Krankenhäuser eine verbindliche Quote, wie viele Pflegekräfte
auf einer Station arbeiten müssen. Damit kann man dann auch mit den Krankenkassen
über die Finanzierung verhandeln.“


Dazu hat der WDR die nachfolgende Mitteilung öffentlich gemacht:

Pflegekräfte in Krankenhäusern
Steffens fordert verbindlichen Personalschlüssel

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens forderte heute im WDR Fernsehen eine verbindliche Anzahl an Pflegekräften in Kliniken:
„Wir brauchen für die Krankenhäuser eine verbindliche Quote, wie viele Pflegekräfte auf einer Station arbeiten müssen. Damit kann man
dann auch mit den Krankenkassen über die Finanzierung verhandeln.“
Seit Jahren werden an deutschen Krankenhäusern Stellen für Krankenschwestern und Pfleger gestrichen. Und das, obwohl gleichzeitig
immer mehr Patienten zu versorgen sind. Nach Erhebungen der Katholischen Hochschule NRW in Köln gibt es in den vergangenen 20 Jahren
drei Millionen Patienten mehr, während rund 38.000 Stellen in der Krankenhauspflege abgebaut wurden.
Die meisten Krankenhäuser in Deutschland stehen aber unter großem finanziellen Druck. Allein in NRW schreibt jedes zweite Krankenhaus
mittlerweile rote Zahlen. Am Pflegepersonal zu sparen, hält Gesundheitsministerin Barbara Steffens aber nicht für den richtigen Weg.
„Es geht nicht, dass auf einer Station im Nachtdienst nur eine Pflegefachkraft arbeitet und 40 Patienten versorgen muss. Da kann man die
Patienten nur fixieren oder sedieren und gucken, wie man über die Nacht kommt. Solche Arbeitsbedingungen sind unzumutbar.“
Quelle: Pressemitteilung vom 27.01.2014,
https://presse.wdr.de/plounge/tv/wdr_fe ... _eins.html

Beitrag (vorübergehend) anschaubau:
http://www1.wdr.de/mediathek/video/send ... ch100.html
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Presse
phpBB God
Beiträge: 14256
Registriert: 10.11.2006, 12:44

Mehr Pflegepersonal für die Krankenhäuser

Beitrag von Presse » 02.02.2014, 14:22

Krankenhäuser mit viel Pflegepersonal sollen mehr Geld bekommen
Laut einem Bericht der Welt am Sonntag will die Bundesregierung entschiedener als bisher den Pflegermangel an deutschen Krankenhäusern bekämpfen.
Demnach sollen Kliniken künftig finanziell dafür ... »
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/5 ... d-bekommen

Pflegeinstitut zweifelt an Trendwende bei der Pflege
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/5 ... der-Pflege
Pflegekräfte am Limit
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/5 ... e-am-Limit
Sozialverband prüft Klage zur Verbesserung der Pflege
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/5 ... der-Pflege

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25302
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Pflegende Angehörige – Deutschlands größter Pflegedienst

Beitrag von WernerSchell » 27.11.2015, 12:01

7% der Frauen und Männer in Deutschland pflegen ihre Angehörigen
http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheit ... onats.html

Bild

Nach den Ergebnissen der GEDA-Studie 2012 pflegen 6,9 % der Erwachsenen regelmäßig eine pflegebedürftige Person. Bei den Frauen fällt dieser Anteil mit 8,7 % deutlich höher aus als bei den Männern mit 4,9 %. Damit sind fast zwei Drittel der Pflegenden Frauen, gut ein Drittel sind Männer. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil pflegender Angehöriger insbesondere bei den Frauen schnell an. Frauen übernehmen dann anteilig deutlich häufiger als Männer Aufgaben im Rahmen der Pflege nahestehender Personen. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in der aktuellen Ausgabe von GBE kompakt 3/2015: Pflegende Angehörige – Deutschlands größter Pflegedienst (PDF, 195KB, Datei ist nicht barrierefrei).
Stand: 01.09.2015

Siehe >>>
Pflegende Angehörige – Deutschlands größter Pflegedienst
Report Pflege - September 2015

Kernaussagen
▶ 6,9% der Erwachsenen pflegen regelmäßig eine pflegebedürftige Person. Das sind hochgerechnet etwa 4,7 Millionen Menschen.
▶ 65% der Pflegenden sind Frauen, 35% Männer.
▶ Ein Drittel der Pflegenden erbringt täglich mindestens zwei Stunden Pflegeleistungen.
▶ Im Vergleich zu Nicht-Pflegenden gehören Pflegende mit hohem Betreuungsumfang häufiger niedrigen Bildungsgruppen an, sind seltener erwerbstätig und erfahren häufiger nur geringe soziale Unterstützung.
▶ Pflegende mit hohem Betreuungsumfang schätzen im Vergleich zu Nicht-Pflegenden ihren Gesundheitszustand häufiger als nicht gut ein und berichten zu höheren Anteilen gesundheitliche Einschränkungen und psychische Belastungen.

Quelle und weitere Informationen:
http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheit ... cationFile
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

WernerSchell
Administrator
Beiträge: 25302
Registriert: 18.05.2003, 23:13

Angehörigenpflege

Beitrag von WernerSchell » 07.12.2015, 15:20

Am 07.12.2015 bei Facebook gepostet:

7% der Frauen und Männer in Deutschland pflegen ihre Angehörigen. - Der RKI-Pflege-Report 09/2015 informiert
> viewtopic.php?f=4&t=20147&p=89410#p89410
Weitere Beiträge im Forum informieren über das aktuelle Geschehen im Gesundheits- und Pflegesystem
> viewtopic.php?f=6&t=20756
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
Bild

Antworten