Qualitätsdaten für therapeutische Herzkatheter

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Qualitätsdaten für therapeutische Herzkatheter

Beitrag von Presse » 18.07.2013, 09:38

Qualitätssicherung mit Routinedaten: Erstmals Klinikvergleich mit Qualitätsdaten für therapeutische Herzkatheter veröffentlicht

Berlin (ots) - Bei der Behandlung mit einem therapeutischen Herzkatheter bei Patienten ohne Herzinfarkt unterscheidet sich die Qualität des Eingriffs von Klinik zu Klinik erheblich. Bei dem Viertel der Krankenhäuser mit den meisten Komplikationen oder qualitätsrelevanten Folgeeingriffen ist die Rate solcher Ereignisse laut einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) gegenüber dem Viertel mit den wenigsten Ereignissen um mindestens 51 Prozent erhöht. Im Durchschnitt kommt es bei 7,5 Prozent der Eingriffe zu Komplikationen und bei 11,4 Prozent zu qualitätsrelevanten Folgeeingriffen. Mit welcher Qualität die Kliniken therapeutische Herzkatheterbehandlungen bei Patienten ohne Herzinfarkt durchführen, ist nun erstmals im AOK-Krankenhausnavigator veröffentlicht.

Herzkatheteruntersuchungen zählen zu den häufigsten Eingriffen bei koronarer Herzkrankheit. Bei der Koronarangiographie wird ein Katheter in die Herzarterien eingeführt und die Herzkranzgefäße werden mit einem Kontrastmittel sichtbar gemacht. Sind sie verengt, können sie durch eine perkutane koronare Intervention (PCI) über den Katheter gedehnt und mit einem Stent versehen werden. Allein 2010 erfolgten in Deutschland mehr als 880.000 Koronarangiographien. Etwa bei jeder dritten Untersuchung wurde ein therapeutischer Herzkatheter, eine perkutane koronare Intervention (PCI), durchgeführt.

"In Deutschland gibt es gut die Hälfte mehr therapeutische Herzkatheterbehandlungen pro Einwohner als in der Schweiz oder Österreich. Von anderen Erkrankungen wissen wir, dass sich die Behandlungsqualität der Kliniken stark unterscheiden kann. Das war für uns Grund genug, uns diese Behandlung genauer anzusehen", sagt Jürgen Klauber, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Deshalb hat das WIdO die Qualität von PCIs mit Hilfe des Verfahrens "Qualitätssicherung mit Routinedaten" (QSR) für Patienten ohne Herzinfarkt untersucht. Ausgewertet wurden die Daten von 443 Kliniken. Insgesamt wurden rund 100.500 PCIs aus den Jahren 2008 bis 2010 analysiert.

"Im Ergebnis zeigte sich, dass es bei jedem sechsten therapeutischen Herzkatheter zu einer Komplikation oder einem qualitätsrelevanten Folgeeingriff kam", so Klauber. Von Komplikationen wie Gefäßverletzungen, Blutungen oder Nierenschäden waren 7,2 Prozent der Patienten betroffen. 0,7 Prozent der Patienten verstarben gar innerhalb von 30 Tagen nach der PCI. Bei 10,0 Prozent erfolgte im Zeitraum von 91 Tagen bis zu einem Jahr eine erneute Katheterintervention. 1,7 Prozent mussten sich im Zeitraum von 31 Tagen bis zu einem Jahr nach der Erstbehandlung einer Bypass-OP unterziehen. Insgesamt kam es bei 7,5 Prozent der Patienten zu einer Komplikation, bei 11,4 Prozent zu einem qualitätsrelevanten Folgeeingriff und bei 17,7 Prozent zu mindestens einem dieser Ereignisse (Abbildung 1). Dazu kommt, dass das Risiko einer Komplikation oder eines Folgeeingriffs sehr ungleich zwischen den Krankenhäusern verteilt ist. So lag der Anteil der Komplikationen und Folgeeingriffe in 63 Kliniken bei höchstens 12 Prozent. 120 Kliniken hatten dagegen Ereignisraten von 20 Prozent oder darüber (Abbildung 2). Insgesamt gab es bei einem Viertel der Kliniken mindestens 51 Prozent mehr Komplikationen und Folgeeingriffe als bei dem Viertel der Kliniken mit den geringsten Raten. Die großen Unterschiede in der Behandlungsqualität der Kliniken bleiben auch dann erhalten, wenn die unterschiedliche Patientenstruktur berücksichtigt wird.

Klinikvergleich mit dem AOK-Krankenhausnavigator: Diese QSR-Ergebnisse werden im AOK-Krankenhausnavigator auf Basis der Weissen Liste veröffentlicht. Bei der kostenfreien Internetsuche können sich Patienten auf www.aok-krankenhausnavigator.de schnell einen Überblick verschaffen, wie gut die Krankenhäuser in ihrer Nähe die Behandlung durchführen. Anhand von Symbolen wird sowohl die Gesamtqualität als auch die Bewertung der einzelnen Indikatoren dargestellt. Je nach der Gesamtqualität der Behandlung kann ein Krankenhaus ein, zwei oder drei Lebensbaumsymbole für unterdurchschnittliche, durchschnittliche oder überdurchschnittliche Qualität erhalten. Außer für die therapeutischen Herzkatheter bei Patienten ohne Herzinfarkt bietet der AOK-Krankenhausnavigator auch Qualitätsdaten für Gallenblasen-Operationen sowie für planbare Eingriffe am Knie- und Hüftgelenk und bei Oberschenkelhalsbrüchen.

10 Jahre Qualitätssicherung mit Routinedaten:

"Unsere Methode zur Qualitätsmessung ist besonders innovativ, weil wir den Blick nicht nur auf den Krankenhausaufenthalt richten, sondern auch Ereignisse im Therapieverlauf einbeziehen. Das ist wichtig, denn bei vielen Behandlungen treten qualitätsrelevante Ereignisse erst nach dem stationären Aufenthalt ein", so Jürgen Klauber. "Außerdem verursacht unser Verfahren den Krankenhäusern keinen bürokratischen Mehraufwand, denn als Datengrundlage dienen die bundesweiten Routinedaten der 24 Millionen AOK-Versicherten." Dazu zählen anonymisierte Abrechnungsdaten, die Informationen u.a. zu Erkrankungen, Eingriffen, Verweildauern, Verlegungen und Entlassungsgründen enthalten. Daneben gehen anonymisierte Versichertenstammdaten wie das Alter und Geschlecht in die Analysen ein. Für einen fairen Krankenhausvergleich sorgt ein aufwendiges statistisches Verfahren, das unter anderem das Alter, das Geschlecht und Begleiterkrankungen von Patienten berücksichtigt.

Die Qualitätssicherung mit Routinedaten gibt es seit nunmehr 10 Jahren. Sie entstand Ende 2002 aus einem gemeinsamen Forschungsprojekt des AOK-Bundesverbandes, der HELIOS Kliniken, des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und des Forschungs- und Entwicklungsinstituts für das Sozial- und Gesundheitswesen Sachsen-Anhalt (FEISA) und sollte die Möglichkeiten der Qualitätsberichterstattung auf der Basis von Routinedaten der Krankenkassen prüfen. Heute wird die QSR-Methodik durch das WIdO kontinuierlich weiterentwickelt. Dieser Prozess wird von Experten aus Wissenschaft und Praxis begleitet und unterstützt.

Nähere Informationen auf
www.qualitaetssicherung-mit-routinedaten.de und auf www.wido.de.

Quelle: Pressemitteilung vom 18.07.2013 Wissenschaftliches Institut der AOK
Pressekontakt: Michael Bernatek
Tel.: 030/34646-2655
Fax.: 030/34646-2507
E-Mail: presse@bv.aok.de

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Herzkatheter - Qualitätsunterschiede bei Kliniken

Beitrag von WernerSchell » 19.07.2013, 07:11

Siehe weiter unter
Herzkatheter - Qualitätsunterschiede bei Kliniken
viewtopic.php?t=19296
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https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Medikamentenfreisetzende AK-Stents -Kein Anhaltspunkt für Nu

Beitrag von WernerSchell » 22.11.2015, 07:56

Medikamentenfreisetzende AK-Stents bei koronarer Herzkrankheit: Kein Anhaltspunkt für Nutzen

Patientenrelevanter Nutzen von medikamentenbeschichteten AK-Stents ist unklar / Datenlage bei den meisten Endpunkten unzureichend

Nach wie vor unklar ist der Nutzen einer Behandlung mit antikörperbeschichteten, medikamentenfreisetzenden Stents (AK-DES) im Vergleich zu allein medikamentenfreisetzenden Stents (DES) bei Patientinnen und Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK), die eine Stent-Implantation benötigen. Zu diesem Ergebnis kommt ein am 20. November 2015 veröffentlichter Abschlussbericht, den das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) erstellt hat.

Die beiden einzigen Studien zum Vergleich von AK-DES mit DES waren zu klein, um verlässliche Aussagen zu patientenrelevanten Endpunkten abzuleiten, und die Datenlage für die meisten Endpunkte ist unzureichend. Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsoptionen als DES ließen sich nicht identifizieren. Auch das Stellungnahmeverfahren nach dem Vorbericht brachte keinen Zugewinn an Erkenntnissen. Deshalb gibt es keinen Anhaltspunkt für einen Nutzen von AK-DES im Vergleich zu DES.

AK-DES sollen Blutverdünnung überflüssig machen

AK-DES sind auf ihrer Außenseite (zur Gefäßwand hin) mit Medikamenten zur Immunsuppression beschichtet und auf ihrer Innenseite (zur Gefäßinnenseite hin) mit Antikörpern, um das Anwachsen von Endothelzellen auf den Stent-Streben zu fördern. Dadurch soll sich die Dauer der Behandlung mit Blutverdünnern verkürzen lassen, ohne das Risiko einer erneuten Gefäßverengung (Restenose) oder einer Gerinnselbildung (Thrombose) zu erhöhen.

Die Behandlung mit Blutverdünnern über mehrere Monate hinweg ist nach DES-Implantation Standard, kann aber bei bestimmten Patientengruppen problematisch sein, z. B. wenn eine größere Operation bevorsteht. Auch wenn ein Patient bereits wegen einer anderen Erkrankung Tabletten zur Blutverdünnung dauerhaft einnehmen muss, ist eine DES-Implantation oft nicht ratsam, weil dann in der Regel gleich drei Medikamente zur Blutverdünnung parallel notwendig würden. Daher wäre es hilfreich, wenn es Stents gäbe, die die Wirksamkeit von DES besäßen, jedoch keine längerfristige Blutverdünnung erforderten.

Verfügbare Studien liefern keine relevanten Unterschiede

Die Ergebnisse in den beiden einzigen verfügbaren Studien REMEDEE und REMEDEE OCT liefern keine relevanten Unterschiede zwischen AK-DES (Handelsname Combo) im Vergleich zu Stents verschiedener Hersteller, die allein mit Medikamenten beschichtet sind (DES).

In REMEDEE sollte gezeigt werden, dass AK-DES (bei 124 Patienten) den DES in der Kontrollgruppe (mit 59 Patienten) nicht unterlegen sind. In REMEDEE OCT sollte die Überlegenheit von AK-DES (bei 29 Teilnehmern) gegenüber DES (bei 31 Teilnehmern) gezeigt werden. Auf den patientenrelevanten Nutzen war keine der beiden Studien ausgerichtet, sondern auf das Einwachsverhalten des AK-DES im Vergleich zu DES.

Die beiden Studien liefern zwar Daten zu den patientenrelevanten Endpunkten Sterblichkeit, Herzinfarkt, kardiale Bypass-Operation, Gesamtrate schwerwiegender Nebenwirkungen, Gefäßkomplikationen, zerebrovaskuläre Ereignisse und Blutungen. Allerdings ist die Datenlage zu mehreren Endpunkten unzureichend und in vielerlei Hinsicht unsicher. Aufgrund der unterschiedlichen Medikamentenbeschichtung der verschiedenen DES-Typen ist auch unklar, welchen Anteil die AK-Beschichtung tatsächlich an den Studienergebnissen hat.

Nutzen oder Schaden im Vergleich zu DES unklar

Welchen Nutzen oder Schaden die neue Stent-Generation AK-DES also im Vergleich zu DES für Patientinnen und Patienten bringt, bei denen aufgrund einer KHK eine Stent-Implantation angezeigt ist, bleibt weiterhin unklar.

Aus einer Bewertung des IQWiG im Oktober 2012 (Rapid Report N12-01) ergaben sich für Patientinnen und mit Patienten hohem Restenose-Risiko Hinweise auf einen geringeren Nutzen von AK-Stents, die allein mit Antikörpern beschichtet sind, im Vergleich zu DES. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) schloss daraufhin im März 2013 die Erstattung von AK-Stent-Implantationen bei solchen Patienten, bei denen auch ein DES-Einsatz in Betracht kommt, durch die gesetzlichen Krankenversicherungen aus.

Offen ist, ob die zurzeit noch laufenden Studien HARMONEE und RECOVERY die Frage nach dem Nutzen und Schaden von AK-DES im Vergleich zu DES für Patientinnen und Patienten mit KHK und Indikation für einen Stent beantworten können. Keine der laufenden Studien ist auf den patientenrelevanten Nutzen ausgerichtet.

DES dominieren Stent-Implantationen bei KHK-Patienten

Im Jahr 2013 wurde in Deutschland bei knapp 80 Prozent der Patientinnen und Patienten mit einer Indikation zur Stent-Implantation ein DES verwendet, bei den restlichen 20 Prozent kamen reine Metallstents (BMS) zum Einsatz. Die BMS eignen sich vor allem dann, wenn eine Behandlung mit Blutverdünnern aufgrund der Begleiterkrankungen des Patienten problematisch ist. AK-DES spielen dagegen bisher keine relevante Rolle in der klinischen Versorgung und finden beispielsweise weder in deutschen noch in internationalen Leitlinien größere Beachtung.

Ein Grund für die steigende Zahl von Stent-Implantationen ist u. a. die ständige Weiterentwicklung der Stents. „Es zeigt sich, dass moderne DES zunehmend auch Verwendung bei Patienten finden, die früher ausschließlich mit BMS behandelt wurden“, erläutert Stefan Sauerland, Leiter des Ressorts Nichtmedikamentöse Verfahren beim IQWiG, die Versorgungssituation. „Die Eigenschaften von DES der zweiten Generation ändern allmählich auch die Empfehlungen zur Dauer der notwendigen dualen Antiplättchentherapie im Anschluss an die Implantation: Die verkürzte Einnahme von Blutverdünnern erhöht die Zahl der Patienten, die für eine DES-Implantation infrage kommen – und senkt damit den Bedarf für AK-DES.“

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG im Juli 2015 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und als Abschlussbericht im September 2015 an den Auftraggeber versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen Sachverständigen erstellt.

Einen Überblick über Hintergrund, Vorgehensweise und weitere Ergebnisse des Abschlussberichts gibt die Kurzfassung.

Weitere Informationen:
https://www.iqwig.de/download/N13-01_Ab ... koerperbes... - Kurzfassung zum Abschlussbericht
https://www.iqwig.de/de/projekte-ergebn ... se-verfahr... - zum Abschlussbericht

Quelle: Pressemitteilung vom 20.11.2015
Dr. Anna-Sabine Ernst Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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WernerSchell
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Bio-Stents erhöhen Herzinfarkt-Risiko

Beitrag von WernerSchell » 02.11.2017, 15:06

Bio-Stents erhöhen Herzinfarkt-Risiko

Biologisch abbaubare Stents galten als Ideal-Lösung bei verengten Herzkranzgefässen. Doch statt sich in Wohlgefallen aufzulösen, führen die «Bio-Stents» paradoxerweise häufiger zu weiteren Infarkten als herkömmliche Metall-Stents. Eine Studie der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital kommt dem Rätsel auf die Spur.

Seit dem ersten erfolgreichen Einsatz eines Ballonkatheters 1977 suchen Forscher weltweit den idealen Stent zur Behandlung von verengten Herzkranzgefässen. Grosse Hoffnungen lagen auf einem 2011 zugelassenen Polymer-Stent aus Milchsäure, der sich innerhalb von drei bis vier Jahren komplett auflöst. Doch Studien diesen Jahres zeigen, dass der Bio-Stent sein Versprechen nicht einlöst, sondern sogar mittelfristig das Risiko weiterer Herzinfarkte erhöht. Berner Kardiologen fanden nun heraus, warum das so ist.

Wenn «Bio» krank macht

Da mit dem Bio-Stent kein Fremdkörper im Gefäss verbleibt, hoffte man ursprünglich, Irritationen der Gefässwand würden weniger häufig auftreten. Das Gefäss sollte sich selbst regenerieren. Die jüngsten Studien zum Stent zeigen nun aber, dass Bio-Stents zu bedeutend mehr Komplikationen führen – insbesondere auch mehr als ein Jahr nach der Implantation. Als Folge nahm der Hersteller das Produkt vor wenigen Wochen weltweit vom Markt.

Warum Komplikationen auftraten, war zunächst unklar. Nun haben Forscher des Inselspitals unter Leitung des Kardiologen Prof. Dr. Lorenz Räber die Ursache entdeckt. Die Kardiologen des Berner Universitätsspitals hatten in Zusammenarbeit mit Universitäten aus Europa und Asien 36 Patienten und Patientinnen untersucht, die späte Bio-Stent-Verschlüsse, also über ein Jahr nach Implantation, erlitten hatten. Erst mittels optischer Kohärenztomographie, einem Bildgebungsverfahren, das nahezu mikroskopische Bilder aus dem Inneren der blockierten Gefäss liefert, wurde die Ursache sichtbar:

«Die Befunde haben uns überrascht», sagt Lorenz Räber. «Obwohl die Stents korrekt implantiert wurden, sahen wir Einbrüche des Stentgerüsts ins Innere des Gefässes.» Eigentlich macht der Stent das, wofür er konzipiert wurde: Er löst sich in einzelne Fragmente auf. «Sind diese Fragmente aber noch nicht vollständig in die Gefässwand eingewachsen, können sie im Rahmen des Auflösungsprozesses in den Blutstrom fallen. Dort führt dies zu einer gefährlichen Gerinnselbildung und damit zum Herzinfarkt.»

Blutverdünner essentiell

«Als direkte Konsequenz dieser Resultate empfehlen wir unseren Patienten mit solchen Stents, die Blutverdünnung mit zwei Plättchenhemmern weiterzuführen. Und zwar über drei bis vier Jahre anstelle von normalerweise einem Jahr», erklärt Räber. «So schützen wir die Bio-Stent-Träger vor unerwarteten Gefässverschlüssen.»
Die aktuellen Forschungsergebnisse wurden erstmalig am 31. Oktober am amerikanischen Kardiologie-Kongress in Denver präsentiert und zeitgleich in der Fachpresse publiziert.

Stent quo vadis?

Die Erkenntnisse der Studie sind auch wichtig, um Nachfolgemodelle zu verbessern. Dünnere Stentstreben und eine schnellere Auflösung wären wichtige Verbesserungen, um die aktuellen Probleme zu lösen. Eine Arbeitsgruppe der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) unter Leitung von Prof. Dr. Stephan Windecker, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital, Universitätsspital Bern, hat hierzu kürzlich Leitlinien veröffentlicht.

Das Berner Inselspital ist weltweit anerkannt für die Erforschung und klinische Anwendung von Stents und der intrakoronaren optischen Kohärenztomographie. Am Inselspital wurden Bio-Stents fast ausschliesslich im Rahmen von Studien implantiert und fanden bislang keine Anwendung in der klinischen Routine.

Kontakt:
Prof. Dr. med. et phil. Lorenz Räber, Leitender Arzt Invasive Kardiologie, Universitätsklinik für Kardiologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Lorenz.Raeber@insel.ch

Weitere Informationen:
http://www.onlinejacc.org/content/70/19 ... nload=true
https://academic.oup.com/eurheartj/arti ... 08/2398203

Anhang
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Quelle: Pressemitteilung vom 02.11.2017
Monika Kugemann Bereich Kommunikation und Marketing
Universitätsspital Bern
https://idw-online.de/de/news683866
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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