Inkontinenz-Patienten befürchten schlechtere Versorgung

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Inkontinenz-Patienten befürchten schlechtere Versorgung

Beitrag von Presse » 13.03.2009, 16:33

Inkontinenz-Patienten befürchten schlechtere Versorgung

Auf AOK-versicherte Patienten aus Berlin und Sachsen-Anhalt, die ableitende Inkontinenzprodukte für Dauerkatheterismus oder für intermittierenden (Selbst-)Katheterismus benötigen, kommen Veränderungen in der Versorgung zu. Sie dürfen nicht mehr selbst entscheiden, wer sie mit ihren medizinischen Hilfsmitteln versorgt. Zukünftig werden sie von den Ausschreibungsgewinnern beliefert, die den niedrigsten Preis geboten haben. Das berichtet das Aktionsbündnis „meine Wahl“.
Laut Ausschreibungsunterlagen der AOKs Berlin und Sachsen-Anhalt seien von diesen dramatischen Veränderungen über 8700 Versicherte betroffen. Diese sollen auf Anweisung der AOK Berlin und der AOK Sachsen-Anhalt seit dem 1. März 2009 vom jeweiligen Ausschreibungsgewinner auf Basis einer Monatspauschale versorgt werden. Akzeptieren die Betroffenen dies nicht, kommen hohe Mehrkosten auf sie zu. Spricht sich die Krankenkasse gegen den Wechsel des Leistungserbringers aus, müssen Versicherte ihre Hilfsmittelversorgung sogar komplett aus eigener Tasche bezahlen.
Viele Patienten befürchten auch aufgrund der bereits sehr schlechten Erfahrungen anderer Patienten, die von Ausschreibungen betroffen waren, den Verlust des vertrauten Ansprechpartners und eine schlechtere Versorgung: Mangelhafte Beratung und Service, verzögerte Lieferungen, ungewohnte, weniger geeignete, und unzureichende Mengen können zu folgenschweren Fehlversorgungen führen. Für den sehr intimen Bereich der Inkontinenz stellt das Einweisen in neue Produkte durch fremde Personen zusätzlich ein großes Problem dar.

Dass Betroffene bei schlechter Versorgung mit ihrer Stimme etwas bewirken können, zeigt die Inkontinenz-Ausschreibung der AOK Hessen. Sie hatte wenige Wochen nach dem Start der Belieferung am 1. Januar 2009 einem Ausschreibungsgewinner gekündigt. Grund dafür waren Beschwerden von Versicherten: Lieferungen kamen nicht oder stark verspätet, es mangelte an telefonischer Erreichbarkeit, Hausbesuche wurden nicht eingehalten. Die AOK Hessen regelt die Versorgung der betroffenen Patienten nun über Verträge, zu denen alle qualifizierten Leistungserbringer beitreten können. Den Versicherten bleibt dann die freie Wahl zwischen den Vertragspartnern der Kasse.

"Patienten dürfen diese Bevormundung durch Ausschreibungen und eine schlechtere Versorgung nicht widerstandslos hinnehmen", sagt Magdalene Kaminski, 1. Vorsitzende der Deutschen Parkinson Vereinigung. "Betroffene müssen sich wehren und die Probleme der Krankenkasse und dem Aktionsbündnis "meine Wahl!" mitteilen. Gemeinsam können wir etwas ändern und uns für Qualität und Mitsprache einsetzen."

Quelle: Mitteilung vom 13.03.2009
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Gerhard Schenker
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Was kommt? - Schlechte Versorgung für alle!

Beitrag von Gerhard Schenker » 14.03.2009, 08:43

Presse hat geschrieben: ... Inkontinenz-Patienten befürchten schlechtere Versorgung ...
Was hier für die Inkontinenz-Patienten beschrieben wird, dürfte für alle Krankenversicherten relevant sein. "Ökonomisierung und Wettbewerb", die Schlachtrufe verschiedener Gesundheitspolitiker, zeigen Wirkung. Es geht nur noch um billig, Qualität steht nur auf dem Papier. Die Klagen der Versicherten, überall, sind kaum überhörbar.
Beklagenswert ist auch die Medikamentenversorgung. Zig Rabattverträge mit den über 200 Krankenkassen sorgen für ein komplettes Durcheinander. Gäbe es nicht entsprechende Computerprogramme, wäre der Arzneimittelmarkt wegen Chaos geschlossen.
Wo führt das alles noch hin? Wäre es nicht besser, eine gute Kranken-Grundsicherung zu gewährleisten, und alles andere der individuellen Versorge zu überlassen? Das wäre zumindest ehrlich!

G.Sch.
Das Pflegesystem bedarf einer umfassenden Reform - Pflegebegriff erneuern und Finanzierung zukunftsfest machen!

Anja Jansen
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Der Patient stört nur im System !

Beitrag von Anja Jansen » 14.03.2009, 13:49

Gerhard Schenker hat geschrieben: ..... Was hier für die Inkontinenz-Patienten beschrieben wird, dürfte für alle Krankenversicherten relevant sein. "Ökonomisierung und Wettbewerb", die Schlachtrufe verschiedener Gesundheitspolitiker, zeigen Wirkung. Es geht nur noch um billig, Qualität steht nur auf dem Papier. Die Klagen der Versicherten, überall, sind kaum überhörbar.
Beklagenswert ist auch die Medikamentenversorgung. Zig Rabattverträge mit den über 200 Krankenkassen sorgen für ein komplettes Durcheinander. Gäbe es nicht entsprechende Computerprogramme, wäre der Arzneimittelmarkt wegen Chaos geschlossen.
Wo führt das alles noch hin? Wäre es nicht besser, eine gute Kranken-Grundsicherung zu gewährleisten, und alles andere der individuellen Versorge zu überlassen? Das wäre zumindest ehrlich! ...
Bestätige den Text. Kann ebenfalls über einschlägige Erfahrungen mit schlechter Hilfsmittelversorgung berichten. Patienteninteressen spielen offensichtlich keine Rolle mehr. Es zählen nur die Kosten!
Der Spruch: "Der Patient stört nur im System" wird Wirklichkeit.

Gruß Anja
Es ist mehr Aufmerksamkeit für dementiell erkrankte Menschen nötig. Unser Pflegesystem braucht deshalb eine grundlegende Reform!

Marlene Böttinger
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Ökonomisierung zu Lasten der Patienten / Versicherten

Beitrag von Marlene Böttinger » 15.03.2009, 07:53

In diesem Forum wird auch an anderen Stellen über Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen diskutiert, u.a. in der Rubrik "Arzt- und Patientenrecht":
viewtopic.php?t=11313
Dort habe ich soeben den nachfolgenden Text eingestellt. Er zeigt, wohin uns die Reformen führen:

Pfusch im Krankenhaus - Fehler überall

Der Film "Pfusch im Krankenhaus"
viewtopic.php?t=11177
brachte es an den Tag. Im Krankenhaus gibt es in allen Bereichen häufig Fehler, diese Fehler sind nicht auf die Intensistationen beschränkt.
Wir dürfen die Augen nicht verschließen und meinen, Fehler seien auf einzelne Bereiche beschränkt. Die Ökonomisierung unseres Gesundheitswesen zeigt Wirkung - die Unzulänglichkeiten kommen zunehmend beim Patienten an.

LB Grüße Marlene
Pflege braucht Zuwendungszeit!

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