
Unabhängige und gemeinnützige Interessenvertretung
für hilfe- und pflegebedürftige Menschen in Deutschland
Harffer Straße 59 - 41469 Neuss
Neuss, den 10.02.2016
An die
Sozial-, Pflege- bzw. Gesundheitsministerien
der Bundesländer
Nachrichtlich:
An das
Bundesgesundheitsministerium
Betr.: Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Pflegepersonalbedarfs in Pflegeeinrichtungen
Bezug: §§ 75 und 113c Sozialgesetzbuch (SGB XI)
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit vielen Jahren sind die Pflege-Rahmenbedingungen Gegenstand von Erörterungen und Mängelberichten. Es musste in diesem Zusammenhang immer wieder deutlich gemacht werden, dass die unbefriedigenden Pflege- und Versorgungssituationen vornehmlich mit den als unzureichend beschriebenen Stellenschlüsseln in den Pflegeeinrichtungen ursächlich zusammen hängen. Auch von hier wird seit über 15 Jahren auf die Mangelsituation aufmerksam gemacht, u.a. auch in bundesweit ausgerichteten Pflegetreffs.
"Zu wenig Zeit für zu viel Arbeit"
Franz Sitzmann in "Die Schwester / Der Pfleger", Ausgabe 1/2016 (Seite 60ff.).
Für den Neusser Pflegetreff am 13.05.2014 wurde von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk ein umfangreiches Statement zum Pflegenotstand vorgelegt und Hermann Gröhe, Bundesgesundheitsminister, übergeben. Dieses Statement beschreibt ausführlich die Erfordernisse hinsichtlich der Personalnot und ist unter folgender Adresse abrufbar:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... se2014.pdf
Die den Stellenbereich betreffenden Ausführungen sind trotz Pflegereform (PSG I und II) weiter zutreffend.

Werner Schell im Interview
beim Pflegetreff am 13.05.2014
Um auf die von der Großen Koalition (GroKo) in Gang gebrachten Re-formmaßnahmen im Sinne einer verbesserten Stellensituation beeinflussen zu können, befassten sich die Neusser Pflegetreffs am 14.04.2015 und 21.10.2015 erneut intensiv mit den Forderungen nach verbesserten Stellenschlüsseln. Die entsprechenden Erörterungen fanden u.a. in Anwesenheit von Karl-Josef Laumann, Pflegebeauftragter der Bundesregierung (14.04.2015), und Hermann Gröhe, Bundesgesundheitsminister (21.10.2015), statt. Nähere Hinweise zu diesen Veranstaltungen sind u.a. unter folgender Internetadresse abrufbar:
http://www.wernerschell.de/aktuelles.php Ergänzend konnten Gespräche im Bundesgesundheitsministerium geführt werden.
Leider wurden die hiesigen Forderungen hinsichtlich der Auflösung des Pflegenotstandes nur unvollkommen aufgegriffen. Denn der aufgrund des PSG II geschaffene neue § 113c SGB sieht lediglich die Entwicklung und Erprobung eines bundeseinheitlichen Personalbemessungssystems bis zum Jahre 2020 vor und gibt keine verbindliche Antwort, wie hinsichtlich der Personalbemessung bis zu diesem Zeitpunkt zu verfahren ist. Der Unterzeichnende hat diese „Lücke“ beim Pflegetreff am 21.10.2015 in Anwesenheit von Hermann Gröhe, Bundesgesundheitsminister, in aller Deutlichkeit angesprochen. Die dazu gemachten Ausführungen sind in einem Filmbeitrag zusammengestellt und abrufbar:
https://youtu.be/4cy5Ey-cBNg
Alle Filmbeiträge zu den letzten Neusser Pflegetreffs sind vollständig abrufbar unter folgender Adresse:
viewtopic.php?f=6&t=21070 .
Nun ist es unabhängig von der vorgetragenen Kritik so, dass der ab 01.01.2017 wirksam werdende neue Pflegebedürftigkeitsbegriff die nach § 75 SGB XI zuständigen Gremien in den Ländern veranlassen muss, schnellstmöglich die maßgeblichen Rahmenverträge der neuen Rechtslage anzupassen, so dass mit dem Wirksamwerden der neuen Pflegegrade die notwendigen personellen und sonstigen Folgerungen gezogen werden können.
Darüber hinaus sind die Leistungsverbesserungen im Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) zu berücksichtigen mit der Folge, dass für die Sterbebe-gleitung in den Pflegeeinrichtungen zusätzliche Stellenausweitungen vor-zusehen sind.
Nach all dem sehe ich das dringende Gebot, die von hier und anderen Institutionen seit Jahren angemahnten Verbesserungen der Stellenschlüssel in allernächster Zeit vorzunehmen. Dabei kann bei einer pauschalierten Betrachtung davon ausgegangen werden, dass die erforderlichen pflegerischen Verrichtungen bisher zwischen 20 – 30 % nicht durch Pflege - Personalstellen abgedeckt waren und genau zu den Mängelrügen geführt haben, die seit Jahren erhoben worden und bis heute nicht verstummt sind. Daher wird von hier die Forderung erhoben, nicht nur eine Anpassung der Stellenschlüssel aufgrund des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes und des HPG vorzunehmen, sondern auch gleichzeitig eine Anhebung wegen der bereits seit Jahren bestehenden personellen Unzulänglichkeiten vorzunehmen. Das wird zweifelsfrei zu einer deutlichen Stellenvermehrung in den Pflegeeinrichtungen führen müssen.

Dabei versteht sich, dass solche Folgerungen höhere Pflegekosten zur Folge haben werden. Diese werden sich aber nur nach und nach auswirken, weil das aufgrund von kräftigen Anhebungen der Stellenschlüssel zusätzlich vorzusehende Personal erst einmal qualifiziert und eingestellt werden muss. Es werden folglich Übergangsregelungen vorzusehen sein.
Angesichts der Tatsache, dass sich die pflegerischen Verrichtungen an § 11 SGB XI auszurichten haben, darf an der geltenden Fachkraftquote von 50% nicht gerüttelt werden.
"Heimpflege – Fachkraftquote von 50% zwingend geboten."
Weitere Informationen dazu unter folgender Adresse: viewtopic.php?f=3&t=21440
Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie in der Angelegenheit die notwendigen Maßnahmen alsbald in Angriff nehmen und diesbezüglich eine Rückmeldung geben könnten. Für weitere Informationen stehe ich natürlich gerne zur Verfügung.
M.E. ist das „Schwarze-Peter-Spiel“ bezüglich der Zuständigkeiten zur Neugestaltung der Stellenschlüssel beendet. Ab etwa dem Jahr 2020 wird insoweit der Bund die uneingeschränkte Zuständigkeit übernehmen (§ 113c SGB XI). Und bis dahin sind aufgrund des § 75 SGB XI die Gestaltungsmöglichkeiten auf der Länderebene zu nutzen. Ob dies eine gute Lösung darstellt oder nicht, kann unterschiedlich bewertet werden. Es muss aber jetzt im Interesse der pflegebedürftigen Menschen und der Pflegekräfte aufgrund der gegebenen Situation agiert werden.
Ergänzend wird noch darauf hingewiesen, dass der nächste Neusser Pflegetreff am 27.04.2016 stattfinden wird mit dem Thema: Arzneimittelversorgung, v.a. der älteren Menschen („weniger ist mehr“). Es versteht sich, dass dann zwangsläufig auch wieder über den Pflegenotstand gesprochen werden muss. Eine solche Diskussion ist auch jetzt schon für den übernächsten Pflegetreff im Herbst 2016 angedacht (voraussichtlich 05. oder 26.10.2016). Dann geht es um das Thema „Pflegebedürftigkeit: Die neuen Pflegegrade“.- Zu all diesen Veranstaltungen sind LändervertreterInnen herzlich eingeladen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell,
Diplom-Verwaltungswirt - Oberamtsrat a.D. - Buchautor/Journalist - Dozent für Pflege-recht, Mitglied im Verband der Medizin- und Wissenschaftsjournalisten e. V.
http://www.medizinjournalisten.de/ http://www.wernerschell.de - Pflegerecht und Gesundheitswesen - Infos auch bei https://www.facebook.com/werner.schell.7
Der vorstehende Text ist auch abrufbar unter
> http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... bedars.php
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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
führt regelmäßig Pflegetreffs mit bundesweiter Ausrichtung durch.
ist Initiator bzw. Mitbegründer des Quartierkonzeptes Neuss-Erfttal.
ist Unterstützer von "Bündnis für GUTE PFLEGE".
ist Unterstützer der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen".
tritt für wirksame Patientenrechte und deren Durchsetzung ein.
unterstützt im Rahmen der Selbsthilfe auch Patienten mit Schlaganfall einschließlich deren Angehörige.
ist Mitgründer und Mitglied bei "Runder Tisch Demenz" (Neuss).
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Die Medien bzw. die Öffentlichkeit wurde per Pressemitteilung wie folgt informiert:
Pressemitteilung vom 10.02.2016
Stellenschlüssel für das Personal in den Pflegeeinrichtungen müssen deutlich verbessert werden
Seit vielen Jahren sind die Pflege-Rahmenbedingungen Gegenstand von Erörterungen und Mängelberichten. Es musste in diesem Zusammenhang immer wieder deutlich gemacht werden, dass die unbefriedigenden Pflege- und Versorgungssituationen vornehmlich mit den als unzureichend beschriebenen Stellenschlüsseln in den Pflegeeinrichtungen ursächlich zusammen hängen.
Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk hat am 10.02.2016 mit einem „Brandbrief“ die zuständigen Länderministerien aufgefordert, das „Schwarze-Peter-Spiel“ bezüglich der Zuständigkeiten zur Neugestaltung der Stellenschlüssel zu beenden und schnellstmöglich eine deutliche Verbesserung durch Neugestaltung der Landesrahmenverträge zu veranlassen (§ 75 SGB XI). Ab dem Jahr 2020 wird insoweit der Bund die uneingeschränkte Zuständigkeit übernehmen (§ 113c SGB XI). Bis dahin sind die Gestaltungsmöglichkeiten auf der Länderebene zu nutzen.
Die Zuschrift an die Länder ist im Internet abrufbar unter folgender Adresse:
viewtopic.php?f=4&t=21511
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell
Dozent für Pflegerecht und Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk
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Die Medien berichten u.a. wie folgt:
http://www.openbroadcast.de/article/430 ... erden.html
http://www.presseanzeiger.de/pa/Stellen ... gen-817148
http://www.openpr.de/news/890139.html
http://www.ak-gewerkschafter.de/2016/02 ... erung-auf/
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